Volltext Seite (XML)
Drittes Vtatt Nr. 260 Sonnabead/Svuntag, den S./6. November ISST AM» M WMM gS. Die Schullandheimbewegung in Sachsen. Tie Fachgruppe „Schullandheime" im Sächsischen Philologenverein hielt kürzlich in Gohrisch sCächsische Schweiz) im Heim der Dresdner Tiirerschule ihre diesjährige Tagung ab. Der Lorsihende, Dr. Nicolai-Annaberg, konnte in seinem Bericht über daS vergangene Jahr mit Genugtuung feststellen, daß trotz aller wirtschaft lichen Nöte der Zeit die Schullandheime sich gut ' gehalten haben. Das sei dem Umstand zu dan ken, daß einerseits durch die Opferwilligkett der Elternschaften bet der Gründung der Heime hiese von vornherein auf eine gesunde wirtschaft liche Grundlage gestellt wurden und daß anderer seits diese Opferwilligkeit auch in der Notzeit sich bewährt. Leider seien die früher vom Mini sterium für Bolksbildung gewährten Unter stützungen für bedürftige Schüler zum Aufent halt in Schullandheimen infolge der Sparmaß nahmen wcggefallen. Da aber gerade solchen Echiilern ein Aufenthalt im Landheim besonders nottue, eigene Mittel aber für solche Unter stützungen von den Landheimen nur in beschränk tem Maße aufgebracht werden könnten, so soll taS Ministerium für Bolksbildung in einer Ein gabe erneut gebeten werden, sich dafür einzu setzen, daß die früher für diese Zwecke zur Ver fügung stehende Summe in den neuen HauShalt- xlan wieder ausgenommen wird. Weiter be- schästigte sich die Tagung mit Wirtschafts- und Belegungsfragen und behandelte eingehend die Hygiene im Landheim. gö. Scharfe Protesterklärung des Reichsver- iandcs des Deutschen Gartenbaues. Der Reichsverband des Deutschen Gartenbaues e. V. Berlin teilt zu dem Beschluß des Reichskabinetts, tie Entscheidung über die Veröffentlichung der Kontingente erst dann zu fällen, wenn das von der Kontingentskommission gesammelte Material verarbeitet worden ist, u. a. folgendes mit: Diese Nachricht muß im Gartenbau tiefste Entrüstung auslSsen, ba sie erkennen läßt, daß tie Relchsregierung trotz mehrfacher Erklärun gen nicht nur des Reichsernährungsministers, sondern insbesondere des Reichskanzlers, nicht gewillt ist, den für den Gartenbau lebensnot wendigen Schutz gegen die übermäßige Einfuhr in Kraft treten zu lasten. Die Annahme, -aß tie von der NeichSregierung Ende September nsolgte Ankündigung der Kontingentierung mit Rücksicht auf die bevorstehende Wahl erfolgt ist, Das seltene Fest des 60jährigen Ehejubiläums konnten am Donnerstag die Eheleute Paul Ulbrich und Frau Aletta in Meißen be gehen. Paul Ulbrich, der gxstern, also einen Tag nach seiner diamantenen Hochzeit 85 Jahre alt wird, diente im 2. kgl. sächs. Jäger-Bataillon Nr. 13 und nahm als Oberjäger am Kriege 1870/71 teil. Gern erzählt der alte Herr von seinen Kriegserlebnissen bei der Schlacht von Sedan, der Belagerung von Paris usw. Heimgekehrt aus Frankreich heiratete er tie Fabrikbcsitzerstochter Aletta Brückner, tie vor wenigen Tagen in das 83. Lebensjahr trat. Nachdem der junge Ehemann im Be triebe seines Schwiegervaters gearbeitet hatte, war er längere Zeit als selbständiger Kauf mann tätig, um dann seine Arbeitskraft dem ländlichen Spar- und Vorschubverein zu Bonitzsch A. G. in Meißen zur Verfügung zu stellen. Dreißig Jahre war er Direktor dieses Instituts und verhalf diesem durch seine uner müdliche Arbeitskraft zu grobem Erfolg. — Bis ins hohe Alter war Direktor Ulbrich be- ruslich tätig, erst seit acht Jahren lebt er mit seiner Gattin im wohlverdienten Ruhestand in Meisten ans der Zscheilaer Straße Nr. 16. In stiller Beschaulichkeit lasten sie daS Leben an sich vorüberziehen und unterrichten sich von allem, was draußen vor sich geht, indem sie in ihren Mußestunden sehr viele Zeitschristen und Zeitungen von der ersten bis zur letzten Seite durchlesen. Von Zeit zu Zeit wird diese Stille unterbrochen, wenn die Tochter oder der Sohn oder eins von den sechs Enkelkindern — das drei Monate alte Ur- enkelchen kann leider noch nicht — zu Besuch kommen. Da hebt dann ein großes Erzählen an: denn sie wollen alles, alles wissen, die anten Großeltern, um dann mit ihrem er- sahreueu Rat überall zu Helle« «üb detsusteße«. Zum 200. Todestag Gustav Adolfs Am 2. November veranstalteten, wie gestern berichtet, die Gustav-Adolf-Vereine zusammen mit Lem Evangelischen Bund in der Sporthalle Wilmersdorf eine Erinnerungsfeier an den großen Schwedenkönig, der am 6. November vor 300 Jahren in der Schlacht bei Lützen seinen Tod fand. Stahlhelm, Studenten und evangelische Jugendorganisationen hatten Fahnenabordnungen entsandt. Im Mittelpunkt der Ver anstaltung stand eine Rede des Reichsinnenministers, Freiherr von Gayl, der über die konfessionclleSpaltung hinaus für den christlichen Staat eintrat, in dem alle auf gemeinsamer Grundlage den Kampf um die Zukunft unseres Volkes führen müssen. — Uebersichtsbilü über die Feier. findet damit ihre Bestätigung. Die ^Schuld an Lem vorläufigen Scheitern der Kontingentierung tragen diejenigen Kreise, die es verstanden haben, diese Maßnahmen zu hintertreiben. Die Reichsregierung hat der Industrie kürzlich für 200 Erzeugnisse Zollerhöhungen gegeben und außerdem beschlossen, eine Ausfuhrvergütung in Höhe von v. H. zu gewähren, die gleichfalls nahezu ausschließlich der Großindustrie zugute kommt. Dcmgegeniiber werden lebensnotwen- -ige Forderungen deS Gartenbaues auf die lange Bank geschoben. Der ReichSverband deS Deutschen Gartenbaues hat geeignete Schritte zum Schutze des deutschen Gartenbaues vor dem drohenden weiteren Zusammenbruch unter nommen. as. Gegen Ueberlastung des Kraftver kehrs. Die volkspartetliche Fraktion im Sächsischen Landtag hat einen Antrag ein- aebracht, in dem auf die zunehmende Still legung von Kraftfahrzeugen hingewiesen wird. Die Ursache sei in den meisten Fällen die untragbar hohe Belastung des Kraftverkehrs. Die Leidtragenden dieses bedauerlichen Rückganges seien die Kraft- fahrzeugindustrie, der auf dem Kraftver kehr beruhende Mittelstand (Handel usw.), endlich der Staat infolge verminderten Steuereingangs und erhöhter Erwerbs- losenunterstiitzung. In Sachsen, das mit seiner Fahrzeugdichte an der Spitze der deutschen Länder stehe, seien diese Wir kungen besonders fühlbar. Beantragt wird eine Senkung der Betriebsstofs- preise und der Kraftsahrzeugsteuer im Benehmen mit den Organisationen der Fahrzeughalter. gs. Bon Ler Sächsischen Landwirtschaftlichen Berussgenossenschaft. In Landwirtschaftskreisen ist vielfach die irrige Auffassung vertreten, daß für die Sächsische Landwirtschaftliche Berufs- genostenschaft nur Beiträge bezahlt werden müßten, aber keine oder nur ungenügende Rente gewährt würde. Demgegenüber weist die Pressestelle der Landwirtschaftskammer dar auf hin, wie groß die Aufwendungen -er Be rufsgenostenschaft für einen einzigen Unglücks- sall sein können. Ein Wirtschaftsgehilfe fiel von einem Haferstapel herunter und zog sich hierbei einen Wirbelsäulenbruch sowie eine Verstauchung der linken Schulter zu. Die Auf wendungen für die entstandenen Behandlungs kosten übernahm die Berufsgenossenschaft und zahlte insgesamt für den einzigen Fall 1321,50 RM. Ter von dem Unfall belastete Betrieb muß etwa 30 Jahre Beiträge zahlen bis zur Deckung der vorstehenden Leistung der Berufs genossenschaft. Im Jahre 1931 hatte die Be rufsgenossenschaft allein 3073 Fälle neu zu ent schädigen, darunter 93 Todesfälle, zwei dauernd völlig erwerbsunfähige und 2978 teilweise er werbsunfähige. Aus früheren Jahren sind für 16 427 Fälle Entschädigungen weiterzuzahlen, so daß insgesamt für 19 500 Unfälle Entschädi gungen zu zahlen sind. Nur Sorgfalt und Vor- sicht im Betriebe sind die besten Sparmaßnah men. Deshalb sollten die Arbeitgeber die Durchführung ihrer Unfallverhütungsvorschrif ten dauernd überwachen. gs. Der Deutsche Verband der Soziakbeam» tinneu und der Bund der Bezirkspflegerinnen in Sachsen hielten in Dresden eine gemeinsame Tagung ab. Die Verbanbsvorsitzende Frau Besser befaßte sich in einem Vortrag eingehend mit der Krise der Frauenberufsarbeit. Wenn auch die heutige weibliche Jugend der Berufs arbeit oft skeptisch gegenüberstehe und Ebe und Familie als ihr Ideal betrachte, so müsse die Frau Loch prinzipiell für ihr Recht auf Beruf Erleichterung der Wohlsahrtslasten Amtlich wirb mitgeteilt: Als die Neichs- regierung in ihrer kurz nach ihrem Amtsantritt ergangenen Notverordnung vom 14. Juni den Gemeinden zur Erleichterung ihrer Wohlfahrts lasten und der Krisenfiinftellast einen Gesamtbe trag von 672 Millionen RM. für das Rech nungsjahr 1932 zur Verfügung stellte, wurde da von ausgegangen, daß die Gemeinden 680 Mil lionen aus eigenen Mitteln tragen könnten und müßten: den Restbetrag gab das Reich. Seit Juni hat sich das finanzielle Bild der Arbeits losenhilfe nicht unwesentlich geändert. Die Arbeitsmarktlage in den letzten Mona, ten hat sich günstiger gestaltet, als angenom men wurde, so daß für das Winterhalbjahr 1932/33 mit einer niedrigeren Durchschnittszisfer gerechnet werden kann. Es ist nicht zu verkennen, daß eine große Reihe von Gemeinden in eine äußerst schwierige Lage gekommen ist. Vielfach werden eben nur noch Lie Gehälter und die Wohlfahrtslasten ge- zahlt. Alle übrigen Verpflichtungen wurden zurllckgestellt. Das ist ein Zustand, der auf die Dauer nicht bestehen bleiben kann. Wenn nicht vielerorts die Wohlfahrtszahlun- gen inS Stocken kommen sollen, müssen sofort be stimmte Maßregel»» getroije» werd««» Das geschieht, und zwar schon mit Wirkung vom November ab, aus vierfache Weise: 1. Für den November wird die Zahlung aus dem Wohlfahrtserwerbslosenfonds gegenüber dem Oktober um 5 Millionen, -as heißt auf 65 Millionen, erhöht. 2. Weiter werden für die Monate November 1932 bis März 1933 insgesamt 50 Millionen aus Mitteln der Alu für die Wohlu verwendet. Es werden also im November für die Ver teilung 75 Millionen zur Verfügung stehen. Diese Beträge werden sich für Lie härtesten Wintermonate dadurch noch weiter erhöhen, daß später die Zuwendungen aus den Wohlfahrts- sonds noch gesteigert werden. 3. Der auf den Gemeinden unerträglich la stende fortgesetzte Zustrom der Arbeitslosen soll dadurch vorübergehend gestoppt werden, daß in der Zeit vom 28. November bis 81. März Arbenslose aus der Krisensürsorge nicht mehr in die Wohlfahrtsuutcrstützung kommen, also während dieser Zeit in der Krisensürsorge bleiben. 4. Die Verfeinerung deS Schlüssels durch Staffelung und Veredelung wird den veränder te« B«rßäUMß<« «»gepaßt. eintreten. Die Rednerin ging dann auf die Kris« im Beruf der Sozialbeamlinuen ein und hob hierbei insbesondere di« seelischen und körper lichen Anforderungen hervor, di« in -er gegen wärtigen Notzeit an die Sozialbeamtin gestellt würden. — Einen weiteren Vortrag hielt Pro fessor Keßler-Leip-ig über „Die Frag« d«r Ar beitsbeschaffung". In einer Konferenz der Be- ztrkSpflegerinnen hielt Frau Els« Mich-Beil ei« Referat über „DaS Problem der zerrütteten Ehe und Familie". gS. Ja Sachsen sind Wahlversammlungen er» lanbt. (In einem Teil der Auslage wiederholt.) Nach einer der sächsischen Regierung am Freitag vormittag zugegangenen Mitteilung, ist dem Wunsche Sachsens aus Abänderung der Verord nung des Reichspräsidenten zur Sicherung deS inneren Friedens vom 2. November 1932 ent sprochen und dem 8 1 der Verordnung folgender zweiter Absatz angegliedert worden: Tie ober sten Landesbehördcn oder die von ihnen be stimmten Stellen sind ermächtigt, Ausnahmen von der Vorschrift des Absatz 1 für solche öffentliche politische Versammlungen in geschloffenen Räu men zuzulaffen, die der Vorbereitung von Wah len zu öffentlichen Körperschaften dienen, sofern diese Wahlen im November 1932 stattsinden. Die sächsische Regierung wird im Hinblick auf die am 13. November stattfindenden Gemeinde wahlen von dieser Ermächtigung Gebrauch ma chen und sofort eine entsprechende Verordnung sür die Zeit bis zum 12. November einschließlich erlassen. gS. Keine einheitliche Regelung der Ber» kaufssonntage vor Weihnachten. Aus die Eingabe des Deutschen Handwerks- und Gewerbekam mertages, betreffend einheitliche Regelung -er Verkaufssonntage vor Weihnachten, hat der Reichsarbeitsminister nunmehr mitgetcilt, daß seine Bemühungen, durch eine Vereinbarung der Landesregierungen eine einheitliche Rege lung der Vcrkaufssonntage vor Weihnachten herbeizuführen, keinen Erfolg hatten. Für das laufende Jahr ist mit einer Regelung der Frage durch Gesetz von Reichs wegen kaum mehr zu rechnen. Ihre« 85. Geburtstag feiert am Sonntag in voller Rüstigkeit Fra« S-hauL« VLok vaula, LreL-au Straße L