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Drittes Blatt irr. 141 Gonnabend/Gonntag, -en 1S./19. Lum 19S2 Aus dem Lande — Chemnitz. TodeSstnrz mit dem Motor- Md. Am Freitagvormittag stieß auf der Leipziger Straße m der Nähe des Kismarcktnrms ein Motorrad mit einem Lastkraftwagen zusammen. Der Motorrad fahrer war auf der Stelle tot. — Kamenz. Tödlicher Unfall im Stein- bmch. Der in den fünfziger (Zähren stehende Steinbrucharbeiter Urbanke verunglückte da durch schwer, daß ihm eine Brechstange gegen den Unterleib schlug. Er muhte ins hiesige Darmherzigkeitssttft gebracht werden, wo er bald darauf den erlittenen inneren Verlet zungen erlag. — Leipzig. Den Verletzungen erlegen. Der 13 Jahre alte Knabe, der bei der Vorstellung einer Artistentruppe in der Hünerbeinstraße vom Trapez stürzte, ist m Krankenhaus seinen Verletzungen er- legm. — Leipzig. Drei Personen gaSvergiftet afgefunden. Die 34 Jahre alte Frau Aricda Starke wurde am Freitag früh in ihrer Wohnung in der Wunderlich paße 5 in Probstheida mit ihrem 15 Aahre alten Sohn und einem einjährigen Pflegekind gasvergiftet aufgefunden. Glück licherweise stellten sich die Vergiftungen nur als leicht heraus. Alle drei Per sonen fanden Aufnahme im Krankenhaus. Das Gas war in den unter der Wohnung der Fran Starke gelegenen Räumen durch eine undicht gewordene Muffe ausgeströmt und in die darüderliegende Wohnung ein- Mungen. — Leipzig. Versuchter RaubüberfaN auf die Girokasfe Leipzig-Reudnitz. Am Frei- tagmittag gegen 12.15 Uhr ist auf die Giro- lasse in der Dresdner Straße von einem Anbekannten ein Raubversuch ausgeführt werden. Er betrat plötzlich den Kassenraum mit den Warten „Hände hoch- und richtete dabei eine Pistole auf die Beamten, von denen einer dieser Aufforderung nicht Folge leistete. Als er seitwärts trat, gab der Un^ bekannte einige Schüsse auf ihn ab. Hierauf flüchtete der Räuber in den Hof, überkletterte die Umzäunung nach dem Nachbargrundstück, W er ein Aa^rad stehen hatte. Mit diesem fitzte er die Flucht bis in den Durchgang des Grundstücks Gabelsbergerftrahe 9 fort. Dort lieh er das Rad stehen, da sich an diesem ein Kettenschaden eingestellt hatte. Lon hier aus fehlt die weitere Spur des etwa 20 bis 25 Jahre alten Täters, dov bei Ausführung des versuchten Raubüber falles eine schwarze Maske vor dem Ge sicht trug. Vor dem Betreten des Kassen- raumes hatte der Räuber, um ungestört ar beiten zu können, die Haustür durch eine Kette mit Vorhängeschloß versperrt und ein Schild mit der Aufschrift „Sofort wieder offen, kleine Reparatur- an das Fenster der Tür gehängt. Eine genaue Personenbeschrei bung des Entkonrmenen liegt vor. Meerane. Guter Erfolg der Frei willigen Nothilfe. Die im September 1931 auf Veranlassung des Jndustrievereins ge gründete Freiwillige Nothilfe Meerane, die als Winterhilfswerk gedacht war, ist nun mehr geschlossen worden. Dank vieler Lpenden aus Industrie-, Handels-, Ge- werbckreisen und von privater Seite konnte das Hilfswerk großen Segen stiften. Insgesamt wurden kostenlos an die notleidende Bevölkerung verteilt: 34 584 Portionen Mittagessen, 1061 Paar neue Schuhe, 477 neue Hosen, 387 Paar reparierte Schuhe, 752 Paar besohlte Stühe, 7682 Stück Wert- und Gut- scheinmarken, darunter 4329 Brikettkarten und 1517 Brotkarten. Neuölsnitz im Erzgebirge. Unterstand gegen Luft- und Gasangriffe. Die Gewerk« scbast Gottessegen in Lugau beschäftigt sich geaei wärtig mit dem Gedanken, unter di« Halden des Kaiserin-Augusta-Schachtes einen Unterstand zum Schutze gegen evtl. Luft- und Gasangriffe bauen zu lassen. In die Halde soll ein Stollen eingetrieben werden und außer dem Anterstand eine Sanitäts stube errichtet werden. Insgesamt soll für 15 002 Personen Schutz geschaffen werden. Die Verhandlungen über die Kostendeckung sind im Gange. — Rochlitz. Steinwürfe auf die Amis- hauvtmannschaft. Vor dem Amtshauptmann schaftsgebäude kam es am Freitag zu poli tischen Ansammlungen, wobei auch Steine gegen das Gebäude geworfen wurden. Einige Fensterscheiben gingen dabei in Trümmer. Ein rasch herbeigeeiltes Polizeikommando aus Chemnitz konnte die Demonstranten mühelos zerstreuen. Zu irgendwelchen wei teren Ausschreitungen ist es dann nicht mehr gekommen. — Rohrsdorf bei Chemnitz. Beim Aeber- holen in deu Tod. Am Freitagvormittaa verunglückte der aus Penig stammende 30 Jahre alte Friedhofsverwalter A.tßur Pißier mit seinem Motorrad tödlich. Der Verunglückte wollte einen Lieferwagen Über holen, obwohl die Fahrbahn für ihn nicht frei war. Da er eine große Ge schwindigkeit angeschlagen hatte, stieß er mit dem Lieferkraftwagen zusammen. Er blieb sofort tot hegen. — Taucha bei Leipzig. Das seltene Fest der eisernen Hochzeit feiert« das Ehepaar Gottlieb Wilhelm und Frau Wilhelmine geb. Uhlemann in voller körperlicher und geistiger Frische. 65 Jahre haben die beiden Gatten zusa minengelebt. Der Ehe mann ist 86 Jahre und die Frau 85 Jahre alt. — Zittan. Da» Wittighaus eingeäfchert. Am Donnerstagabend gegen 20 Uhr brach in dem weit bekannten Gasthaus Wittig haus im Isergebirge <im Zuge der Tafel fichte) ein schweres Schadenfeuer aus, das innerhalb weniger S unden dir Gastwirt schaft vollkommen in Asche legte. Während die Gaststätte früher von Deutschen be- wrrtscha>et wurde, war infolge der Ver staatlichung den beiden Pächtern gekündigt worden, um einem Tschechen Platz zu machen, der nunmehr seit dem 15. Januar 1931 die Gastwirtschaft in Pacht hatte. Ueber die Entstehungsursache des Schaden feuers war noch nichts zu erfahren. hätten ihre Gelder ganz öffentlich «ndi unter aller Augen ausgegeben. Rechts anwalt Dr. Nübell bat um Freispruch wegen Bestechung, Betrug und Konkurs verbrechen und um eine gerechte, also« milde Strafe wegen einfachen Konkurs oergehens durch unordentliche Buchführung und übermäßigen Aufwand. Lchwurger cht Dresden. Tas Dresdner Schwurgericht verurteilt» am Freitag nach geheimer Sitzung den ^jäh rigen Oberpostschasfner Paul Schmidt aus Dresden, wegen gemeinschaftlicher gewerbs mäßiger Abtreibung zu sieben und seine K2jäh> rige Ehefrau Olga geb. Kaubisch zu vier Monaten Gesängnis. Aufraumungsarbeiten am Schauplatz der Eisenbahnkatastrophe bei Unna Die AufräumungSarbeiten an der Stelle des Eisenbahnunglücks bet Unna sWestfalenf schreiten eifrig fort. Mit Spezial-Kränen hat man die vom Bahndamm in den Kolk gestürzten Eisenbahnwagen gehoben und wieder aus die Schienen gestellt, so daß die Strecke in Kürze wieder für den Berkohr zur Verfügung stehen wird, nachdem die nötigen Stützungsarbeiten am Bahndamm durchgeführt worden sind. Ein Bild von den Hebungs arbeiten am Unfallort. Aus dem Gerichtssaale Die guten Sllarels! Im Berliner SNcrrek-Prozeß kam der erste Verteidiger der Gebrüder Leo und Willy Sklarek, Rechtsanwalt Dr. Nübell, mit seiner Verteidigungsrede zu Wort. Dr. Nübell schilderte zunächst den Entwicklungsgang der Gebrüder Sklarek, die durch enormen Fleiß und große kaufmännische Tüchtigkeit sich aus kleinen Anfängen emporgearbeitet und schon bald einen glänzenden Aufstieg ge nommen hätten. Leider seien sie schon früh der Großmannssucht der neuen Reichen verfallen, und dies erkläre alles, was später geschehen und eingetreten sei. Zu dem Vorwurf der Bestechung führte er aus, daß hier ein arger Wider spruch in der Auffassung der Anklage- behörde zutage trete. Die Sllarels hätten ja nicht nur den hier angeklagten Per ¬ sonen Zuwendungen aller Art in Klei dungsstücken, Geschenken, Renngewinnen und barem Gelds gemacht, sondern asten, wohl über 100 Beamten und Nicht be- amten, mit denen sie überhaupt zu tun hatten. Auch diese hätten sich zum großen Teile für die Sllarels verwendet und doch sei in diesen Fällen von der Staats anwaltschaft nicht eine Bestechung ange nommen worden. Von einem Konkursverbrechen endlich könne man.überhaupt nicht sprechen, denn die Sllarels hätten ihre Geschäfte in der Form der offenen Handelsgesellschaft als persönlich haftende Ge'el schäfter betrieben und keine Schein- und Schachtelgesell schaften gegründet, keine Grundstücke auf fremden Namen eintragen lassen oder irgendwelche Vermögenswerte verheimlicht oder beiseitegeschafft. .Im Gegenteil, sie Gregor Straßer vor dem Rundfunk Zum erstenmal war es dieser Tage einem Nationalsozialisten gestattet, im Mundfunk eine Wahlrede zu halten. Die Reichsregieruna beabsichtigt, Vertreter aller Parolen, mit Aus nahme der Kommunist >, im Rundfunk zu Worte kommen zu lassen. 11. B. zeigt Gregor Straßer während feiner Red« vor deu» Mikrophon. Bon der Anklage des Hochverrats sreigesprochen. Ter 4. Strafsenat des Reichsgerichtes ver handelte am Freitag gegen den kommunistischen Stadtrat Paul Gruner, Tresden, gegen den ein Hochverratsversahren wegen seiner Ausführungen als Diskussionsredner in einer am 2-8. August 1931 im Keglerheim IN Dresden abgehaltenen Straßenbahncrbetriebsversamm. lung eingeleitet worden war. Ta »veder der Wortlaut noch die Reihenfolge der strittigen Aeußerungen einwandfrei sestzustellen war und da es sich um eine gewerkschaftliche und nicht um eine politische Versammlung gehandelt hat, wurde der Angeklagte freigesprocl>en. Vierfacher Mörder Hingerichtei. Im Hofe des Gerichtsgcsängnisses in Tst- bingen wurde am Freitag morgen um 5 Uhr, wie schon in einem Teile der gestrigen Auflag« mitgeteilt, der wegen vierfachen Mordes zum Tode verurteilte Eugen Beule aus Engels brand tOberamt Neuenbüxgj hingerichtet. Beule hatte in der Nacht zum 28. März 1931 sein« Schwiegereltern, seine Frau und sein acht jähriges Söhnchen durch Beilhiebe getütet. Tas Urteil im Osfenbnrger SterilisationS- prozeß. Tas Offenburger Schwurgericht fällte am Tonnerstagnachmittag nach mehrwöchentlicher Verhandlung in den mit großer Spannung in der Oesfentlichkeit verfolgten Steriliste- rungsprozeß gegen drei bekannte Aerzte aus Kehl folgendes Urteil: Ter Angeklagte Me dizinalrat und frühere Bezirksarzt Dr. Karl Merk wurde wegen versuchter Abtreibung in drei und vollendeter Abtreibung in fünf Fäl len in Tateinheit mit fahrlässiger und gefähr licher Körperverletzung zu einer Gesamtstrafe von einem Jahr Gefängnis verurteilt. Die Angeklagte Frau Dr. Paula Bauer erhielt wegen versuchter Abtreibung in vier Fällen und vollendeter Abtreibung in drei Fällen in Tateinheit mit fahrlässiger und gefährlicher Körperverletzung eine Gesamtstrafe von sechs Monaten Gefängnis und der Angeklagte Dr. Julins Weber wegen vollendeter Abtreibung in einem Falle in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung eine Gesamtstrafe von sechs Wochen Gefängnis. In den übrigen Fällen wurden die Angeklagten sreigesprochen. Sechs Jahre schweren Kerker für Matufchka Aus Wien wird vom Freitag gemeldet: Um 8.20 Uhr verkündete das Gericht daS Urteil im Prozeß gegen Matuschka. Matuschka erhält sechs Jahre schweren Kerker, verschärft durch einen Fasttag und hartes ^ager an jedem 31. Tezember und 30. Januar. Nach abgebüßter Strafe wird er des Landes verwiesen. Die Proießkosten hat er zu ersetzen und einen Leliabenersatz in Höhe von 4199 Schilling 72 Grosct>en an die österreichische Bundesbahn zu zahlen. Die Uutersuchungshait vom 7. Oktober 1931 2 Uhr nachmittags bis zur Stunde der Urteilsverkündung wird in die Strafzeit eingerechnet. In der Begründung betonte der Vorsitzende, als erschwerender Umstand sei in Betracht ge kommen: die Wiederholung der Anschläge und die Absicht des Täters auf die Herbeiführung einer Gefahr. In diesem Zusammenhang ver wies der Vorsitzende aus das furchtbare Un glück in Bia Torbagn. Als mildernd ange sehen wurden dys Geständnis des Angeklagten, der Umstand, daß beim ersten Attentat kein Unglück geschah, die Unbescholtenheit des An geklagten, seine psnchisä>e Minderwertigkeit und seine Sorge um Frau und Kiud. Matuschka nahm das Urteil vollkommen ruhig aus. Auf die Frage, ob er Rechtsmittel zu ergreifen gedenke, verneigte er sich und er widerte: „Ich will nur das sagen: Es war mein einziges Ziel, was ich hier habe gesagt, bis mein letztes Herz klopft." * Am letzten BcrhandlungStage war unter größter Spannung noch die Frau Matuschkas als Zeugin vernommen worden. Sie schilderte wie sie Matuschka kennengelernt habe. Dann erzählte sie von einem Zusammentresscn, das Matuschka, als sie mit ihm an» Plattensee weilte, mit einem Telepathen namens Leo ge habt bat. Er hätte auch einmal erklärt, er werde diesen Leo im Leben nie vergessen. Er besuchte auch gern und oft Hnpnotiseurvvrstel- lungcn. Matuschka, der bisher ziemlich in teresselos der Bernehmung zugehört hat, sprang hieranf plötzlich aus und machte seiner Frau eine LiebeSerklärnng. Die psychiatrischen Sachverständigen er klärte»» in ihrem Gutachten übereinstimmend, daß Matuschka ein vollkommen gesunder Simu- lant sei. Bei den angeblichen GeisteSerschei- nungen handele es sich nicht nm Halluzinatio nen. Anch die Frage der Bcrteidignng, ob Matuschka bet Anzbach in einem magischen Zu stand gehandelt habe, wurde von den Sach verständigen mit voller Sicherheit verneint.