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Drittes Blatt Ar. 129 Gonnabend/Gonntag, den 4/3. Juni 1932 Aus aller Wett Der Berliner Sportpalast schließt. Ter Berliner Sportpalast in der Potsdamer Straße, das dem „deutschen Sport" gewid mete Haus, soll in Zukunft als Bürohaus oder Grotzgarage Verwendung finden. Als Begründung für diese Entwicklung werden von der Sportpalastleitung die untragbaren Lasten, Steuern usw. ange geben. Flugzeugabsturz bei Berlin. Freitag nachmittag stürzte auf dem Flugplatz Jo hannisthal ein Flugzeug der Temmler- Werke ab. Das Flugzeug schlug auf einen Arbcitsraum auf und durchschlug das Tach. Hierbei wurden mehrere Arbeiter schwer verletzt. Das Flugzeug ist voll kommen zertrümmert. Tie Feuerwehr mußte fünf Schwer- und drei Leichtver letzte ins Krankenhaus schaffen. Der Flugzeugführer ist unverletzt geblieben. Familiendrama. In der Nacht zum Freitag erschlug der in der Augustastraße in Breslau wohnende 28jährige Büro- aehilfe Kuhle seine Ehefrau und tötete dann seinen dreijährigen Sohn und feine einjährige Tollster mit einem Dolch. Er brachte sich darauf selbst mehrere Stiche' in den Unterarm mit einem Taschenmesser bei. Ne Tat wurde erst am Freitagnach mittag entdeckt. Aus Aeußerungen, die die Frau einige Tage vor der Tat gegen über anderen Personen gemacht hatte, acht hervor, daß die Bluttat im Einver ständnis erfolgt ist. Auch Kuhle gibt an, -aß er die Tat aus wirtschaftlicher Nor begangen habe. Er wurde in ein Kranken haus geschafft, doch sind seine Verletzun gen nicht lebensgefährlich. Große Unterschlagungen. Der Buchhal ter Becher einer Magdeburger Firma für Hoch- und Tiefbau ist gestern verhaftet worden. Es werden ihm Veruntreu- ukgen zur Last gelegt, die während der letzten acht Jahre verübt wurden und die sich auf 200 000 Mark belaufen sollen. Becher ist geständig. mit Feldarbeiten beschäftigte Frauen, die unter einem Birnvaum Schutz gesucht hatten, vom Blitz getroffen. Zwei Frauen wurden getötet, eine schwer und die vierte leicht verletzt. Dr. Emanuel Nobel s. In seinem Heim in Stockholm starb im Alter von 72 Jahren Tr. Emanuel Nobel, das Haupt )er weltbekannten Erfinder- und PreiS- tifterfamilie. Tr. Nobel war der Neffe Alfred Nobels, des Stifters des Nobel- ireises. Er wurde in Petersburg ge- wren und lebte als Leiter des großen russischen Nobel-Trustes bis zur Revolu tion in Rußland, wo er eine führende Stellung einnahm. Düsseldorf abgeholt hatte, ins Schleudern und wurde gegen einen Baum geschleu dert. Von den sechs Insassen wurden vier verletzt, zwei kamen mit leichteren Verletzungen davon. Englischer Rennfahrer zu Tode gestürzt. Auf dem englischen Tauscndmeilenrennen in Brookslands verunglückte der englische Rennfahrer Leeson tödlich. Leeson, der im Privatleben Metzgermeistr »var und erst vor kurzem das Rennsahren ausge nommen hatte, fuhr in seinem Midget- ivagen mit großer Geschwindigkeit in einer der gefährlichsten Kurven der Renn bahn. Plötzlich kam der Wagen, anschei nend infolge Versagens der Bremsen Dichter-Tagung auf der Wartburg Nationalsozialist vo« einem Kommu nisten erschossen. In der Nacht zum Frei tag entstand in einer Gastwirtschaft in ,Lünen bei Dortmund eine politische Aus einandersetzung zwischen anwesenden Na tionalsozialisten und einem Kommunisten, die sich auf der Straße fortsctzte. Dabei gab der Kommunist Seibel aus Dort mund-Huckarde, der früher dem Rot- srontkämpferbunde angehörte, auf die Andersgesinnten aus einer Selbstlade pistole einige Schüsse ab. Der National sozialist Fröse wurde durch einen Kopf schuß getötet. Der Täter wurde verhaftet. Bier Opfer eines Blitzschlages. Bei einem in der Umgebung von Kassel nie dergegangene» Gewitter wurden vier Gustaaf de Loor als „Radames" Ter Hcldentenor der Chemnitzer Oper, Gustaa de Loor, ist für einen Teil der nächsten Spiel zeit an die Metropolitan-Oper in Neuyork verpflichtet worden. Gustaaf de Loor, der im Verlaufe der zu Ende gehenden Spielzeit un eingeschränkt« Anerkennung der Kritik in den Partien des „Tristan", des Malers Eavara- -ossi in „Tosca", Pedro in „Tiefland", des Ton Jost in „Lärmen", des Radames in „Aida", des Othello, des Baiazzo usw. gefun den hat, bleibt hoffentlich trotz der Gastspiele an der ersten Oper Amerikas unserer Ehem- «ttzer Bühne erhalten. L. D. Im Sängersaal der Wartburg fand ein Dichtertag der Warkburgstiftung statt, an dem zahl reiche Ehrengäste aus der deutschen Schriftwelt teilnahmen. Zum ersten Mal« wurd« bei dieser Gelegenheit di« silberne Wartburgrose verliehen, und zwar an -i« Schriftsteller Kol- benheyer, v. Münchhausen, Stehr, Lilicnfein und Paul Ernst. — Eine Teilnehmergruppe an der Dichtertagung vor der Wartburg, von links nach rechts lvom Beschauer): Heinrich Ltlienfein, Hermann Stehr, Börries, Freiherr v. Münchhausen, Guido Kolbenheyer. Eine „Alltagskirche" wurde vor einiger Zeit in Amsterdam eröffnet. An den Pla- atsäulen und in den öffentlichen Ver kehrsmitteln laden Plakate Angehörige aller Bekenntnisse zum Besuch dieser Kirche ein. In den Bergen verunglückt. An den Steilhängcn des Köniassees stürzte ein sächsischer Wanderbursche Wolfgang Pre scher ab. Er wollte über den sogenannten Archenkopf nach St. Bartholemä wan dern. Da er nicht entsprechend ausgerüstet war, ist er offenbar auf einer Steinplatte ausgeglitten und über den Abhang in den See gestürzt. Trotz sofortiger Nachfor schungen konnte die Leiche nicht geborgen werden. Ein Rechenkünstler, der nicht rechnen konnte. Im Budapester Armenhaus ist Moritz Frankl gestorben, nachdem er die letzten Jahre seines Daseins sich als Almofenempfänger durchgeschleppt hatte. Moritz Frankl war vor einer Generation berühmt als „Fürst der Rechenkünstler", er konnte mit unglaublichen Zahlen jong lieren die verzwicktesten Ausgaben spie lend lösen, doch nicht die Ausgaben, die das Leben dem einzelnen stellt. Hier hatte er sich verrechnet und aus dem Wunder knaben wurde ein Armenhäusler. Als zehnjähriger Knabe war er ein Stern aller europäischen Varietebühncn und verblüffte die Welt durch seine unheim lichen Fähigkeiten. Als er dem alten Kaiser Franz Joseph vorgestellt wurde, las ihm ein Generalstabsoffizier die Zahl der Soldaten der österreichisch-ungari schen Armee vor, zählte die einzelnen Rangklassen aus, nannte den Sold jeder einzelnen Klasse und fragte den Knaben, wieviel pro Tag für die gesamte Armee an Sold ausbezahlt werden müsse. Nach kaum fünf Sekunden lmtte Frankl die Summe genau errechnet. Auf die weitere Frage, wieviel der Jahressold des Heeres betrage, gab der Knabe sofort die richtige Antwort, er hatte dabei sogar berücksich tigt, daß am Geburtstag des Kaisers doppelte Löhnung bezahlt wird. Sein Ruhm hielt nicht lange an, mit 16 Jah ren war er schon erledigt und fand mit vieler Mühe einen Posten als Büro angestellter. In den letzten zehn Jahren seines Lebens war er meistens arbeitslos und landete schließlich im Budapester Armenhaus. Ein schweres Automobilunglück ereig nete sich am Freitag auf der Chaussee am Nordkanal. Dort kam ein holländisches Privatautomobil, das Hochzeitsgäste aus oder durch zu scharfes Bremsen ins Schleudern, raste über die Böschung hin aus und stürzte sieben Meter tief auf die Straße hinunter. Leeson wurde noch lebend unter dem Wagen hervorgezogen, starb aber nach wenigen Sekunden. — Kurze Zeit darauf wurde der Weltrekord fahrer Campbell beinahe von demselben Schicksal ereilt. Plötzlich platzte ein Rei fen eines Hinterrades seines mächtigen Mercedes bei einer Geschwindigkeit von 160 Stundenkilometern. Es gelang jedoch Campbell, die Herrschaft über sei nen Wagen zu behalten. Obsternte durch Hagel schlag vernichtet. Von einem schweren Hagelschlag wurde am Freitagnachmittag der Südhang des Solling heimgesucht. Hagel von Tauben- cigröße vernichtete in Uslar und in der näheren Umgebung in kurzer Zeit die ganze Obsternte. Fensterscheiben wurden zerschlagen und Telegraphen- und Tele phonleitungen zerrissen. Große Regen mengen ergossen sich in die Keller der niedriger gelegenen Häuser, die von der Feuerwehr ausgepumpt werden mußten. Ein „Unterhändler" Lindberghs ver haftet. Der amerikanischen Polizei ge lang es, bei einer Razzia den Gangster Salvatore Spitale, der bekanntlich im Auftrage Lindberghs Verhandlungen mit der Unterwelt wegen Herausgabe des geraubten Kindes geführt liatte, zusam men mit fünf weiteren Personen zu ver haften. Riefenüberschwemmuugeu. In der Stadt Oklahoma ist der North Canadian River infolge tagelanger Regengüsse über die Ufer getreten und hat ein Riesen- aebiet verwüstet. Bisher wurden fün Tote gemeldet. Ueber 1000 Familien sin- obdachlos geworden. Explosion auf einem amerikanischen Kriegsschiff. Einer russischen Meldung aus Schanghai zufolge kam es aus bisher noch nicht aufgeklärter Ursache auf einem vor Schanghai liegenden amerikanischen Kriegsschiff zu einer Explosion. Ein Sol dat wurde getötet, zwölf wurden schwer verletzt. 61 VVO Lichtspieltheater gibt es nach den neuesten Erhebungen des amerikanischen Handelsministeriums zurzeit auf der Welt; davon sind ungefähr 30 000 Ton- filmtheater. Mit 21 000 Kinos, darunter 14 000 Tonfilmbühnen, steht Nordamerika natürlich weitaus an der Spitze, während auf sämtliche europäische Staaten ins gesamt nur 26 000 Kino- entfalle». Reichsbanner - General Hörfing soll aus der sozialdemokratischen Partei ausgeschlossen werden Nach Aeußerungen der sozialdemokratischen Presse steht der Ausschluß des früheren ersten Bundessührers des Reichsbanners Schwarz- Rot-Gold, des ehemaligen Lberpräsidenten Hörsing, aus der Partei unmittelbar bevor. Hörsing wird vorgeworfen, daß er die Bildung einer neuen sozialistischen Partei betreibe, die politisch links und wirtschastlich rechts von der Sozialdemokratie stehen soll. — Tie Pressestelle des Reichsbanners Lchwarz-Rot-Gold teilt mit: Der bisherige erste Bundesführer Hörsing habe dem Bundesvorstand schriftlich erklärt, daß er von der Bundcssührung zurücktrete und aus dem Bundesvorstand ausscheide. Tie tat sächliche Leitung des Bundes lag schon seit Ende vorigen Jahres in den Händen des ge schäftsführenden Vorsitzenden Karl Holtermann. Im Hochsommer über der Sahara! Zum erstenmal, seit es einen nordafrika- nischen Flugverkehr gibt, haben es zwei Flieger gewagt, die Sahara im Sommer zu überfliegen. Der Flug ist gelungen, die beiden Piloten, der Oberst Weiß und der Sergeant Pradier, sind von Laghuat nach Uargla geflogen, wo sie fürs erste bleiben und neue Flüge über die Wüste unternehmen wollen, um zu beweisen, daß man es auch im Hochsommer über -er Sahara aushalten kann. Schweres Bauunglück. Auf -er Festung Sweaborg vor Helsingsors, wo umfang reiche Umbauten im Gange waren, brach gestern ein Damm zu einem Trockeckdock zusammen. Durch die Wasfermassen wur den etwa 100 Arbeiter gegen das Dock geschleudert. Drei ertranken, drei wurden schwer, eine größere Anzahl leicht ver letzt. Eine Million Flugkilometer Ein Jubiläum besonderer Art, das eine Höchst- leistung darstellt, konnte in Liesen Tagen der Flugkapttän der Deutschen Lufthansa, Karl Noack, feiern. Der Pilot hat im planmäßigen Luftverkehr «ine Million Flugkilometer zu rückgelegt. Kapitän Noack ist seit dem 1. März 1920 ununterbrochen als BerkehrSflieger tätig. Er Hat die Maschinen der Deutschen Lufthansa au' allen inner-eutschen und den wichtigsten tuteruationalen Strecken gesteuert.