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Sächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse : 03.03.1932
- Erscheinungsdatum
- 1932-03-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480533490-193203031
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480533490-19320303
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480533490-19320303
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse
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Jahr
1932
-
Monat
1932-03
- Tag 1932-03-03
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Monat
1932-03
-
Jahr
1932
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MM'MMlkNMtMM Berüchtigte Hotel-iebe -er letzten 25 Jahre s». Fortsetzung, Iusammengestellt von Joachim Nügheimer Copyright Hy v«rl»g verlio V ZS Stnun-zwan-t- Aakre Sotelöieh Violet und Bioletta. Unendlich ist die Pußta. Heiß knallt di« Sonne aus die weiten Felder, ausgetrocknet« liehbrunnen knarren. Rinderherden blöken »d des Abends tönt langsamer, schwcrmüti- er Gesang der Burschen und Mädchen aus en Dörfern über die Heide Jahraus, jahr- i» ist es dasselbe. Di« Kukuruzcrnte, das jiehschlachten, Dreschen. Säen und Ernten tagtäglich geht man morgens srüh hinaus nss Feld oder in die Scheunen, aus di« -uhta. Einzig und all«tn d«S Sonntags, wenn die Zigeuner kommen und zum Tanz siedeln und geigen, dann ist Abwechslung. In dem kleinen Orte Czany bei Kassau gibt eS noch eine Unterbrechung des täglichen Einerleis. Das sirrd die beiden Züge, die von Westen nach Osten und von Osten nach Westen täglich einmal in dem kleinen Orte halten, um Vaster sür die Maschine zu nehmen, und die die Verbindung mit der groben weiten Welt Herstellen. Und immer, wenn dies« beiden Züge mit den schweren Wagen donnernd und kreischend am Wasserreservoir von Czany hal ten. dann ist das halbe Dors dort versammelt, nm das Wunder aus der anderen Welt zu sehen, diese Menschen, die aus Paris un- Rom und Wien kommen, aus Budapest und auS Konstantinopel und Athen. Und die Jun- gen und Mädchen auS Czany haben nur einen Wunsch, auch mit dieser großen Eisenbahn zu sahren nach Nom und Paris und Konstanti nopel oder wenigstens nach der Hauptstadt Budapest. Die Tochter des Militärarztes Wittenberg, Etelka, ist achtzehn Jahre alt, als ihr Batcr ihr den sehnlichsten Wunsch erfüllt und sie dank seiner großen Beziehungen als k. und k. Militärarzt als Beamtin bei der ungarischen Eisenbahn angestcllt wird. Si« ist im Bahn hofsgebäude in Kassau tätig . . . Kastau, da« schon eine große Station ist, durch die täglich viele, viele Züge fahren. Sie arbeitet dort im Frachtbüro der ungarischen StaatSbahnen. DaS ist «ine Abwechslung im ewigen Einerlei, das ist interessant,, aber Etelka Wittenberg ist «S noch nicht nntcrest int genug. Eines Tages behebt sie ihr kleines Gehalt von der Sta- tionSkaste in Kastau, nimmt ihr Köfferchen, daS st« schon vorher gepackt hat. Noch einen letzten Abschiedsblick wirst si« auf den dunklen Bahnhof des Städtchens Kastau, dann steigt st« in den Expreß nach Budapest. Vorbei geht die sausende Fahrt an Czany, dem ruhigen, Heiken, kleinen Czany, an Städten und Dörfern. hinaus in die weite Welt, ins Abenteuer. Etelka Wittenberg .hat eine hübsche, kleine, weiche Stimme. Eine Stimme, die zu Her zen geht, und die nur darauf wartet, entdeckt zu werden. Und sie wird entdeckt, Etelka macht Karriere. AuS der kleinen Vorstadt- fängerin wird die große Varietödiva Violetta. Vie sie es wurde, ist «ine ander« Geschichte - in Wien treffen wir si« schon.als Star großer Bühnen Sie versteht eS bald, sich der Welt anzupassen, in der sie lebt. Di« sehn süchtigen, ungarischen Pußtalieder, die sie singt, bringen ihr Erfolg aus Erfolg. Eines Tages aber steigt ihr der Erfolg zu Kopf, sie ist plötzlich adlig geworden, nennt sich fetzt Ernestine von Wittenberg. E. v. W. nnd «ine Grasenkrone prangt auf ihrem Gepäck. Sie behauptet, Pariserin zu sein und ein Schloß in der Rue Marboeuf zu besitzen. Si« erzählt, daß ein Mitglied eines ausländischen Für stenhauses eine Zeitlang Beziehungen zu ihr unterhalten habe, und schließlich diese Bezie hungen durch ein« Abfindung von 600 000 Frank abgebrochen habe. 76 000 Frank hat sie noch auf dem Credit Lyonnais in Paris stehen, und da sie über große Mittel verfügt und da sie sehr schön ist, glaubt man ihr alles, was sie erzählt. Sie wird tonangebend in Wien. sie arrangiert köstliche Fest«, bei denen die Lebewelt Wiens gewesen sein muß. Das kostet Geld. Viel Geld . . . Und dann ist es mit einem Male so weit, daß die Gläu biger ihr Haus bestürmen. Etelka flieht. Wir finden sie im Expreßzug nach Paris, das nach Wien die zweite Stätte ihrer Gastspiele ist. In Paris tritt sie wieder auf. Si« ist Star im Olympia-Varicts und im Casino de Paris, sie bezieht eine große Gage . . . aber ihre An sprüche sind so ins Riesenhafte gewachsen, daß selbst diese Gage nicht mehr auöreicht. Bis jetzt hat noch nichts die Arzttochter aus Czany mit dem Gesetz in Konflikt gebracht. Daß sie sich selbst adelte, ist zu geringfügig und in ihrem Berus nichts Außergewöhnliches, als baß sich die Polizei darum kümmert. Etelka Wittenberg lebt in Paris. Des Abends tritt sie im Casino de Paris ausi vor mittags zwischen zehn und zwölf Uhr sicht man sie aus den Proben des Theaters fleißig üben und des Nachmittags zur Teestunde ist die elegante Frau Stammgast in den Lokalen des Bois de Boulogne und lebt ganz das Leben einer großen Dame. Sie ist immer vergnügt und heiter, si« wird umschwärmt und -er Klatsch sagt, daß «in Bankier ihr reicher Könner und Freund ist. In Wirklichkeit ist sie ganz allein und macht sich Sorgen um di« Zukunft ... sie iveiß nicht, woher sie das viel« Geld für ihren Lebensunterhalt nehmen soll. Und die Gläubiger drängen. Sich ein- zuschränken . . . daran denkt sie nicht . . . si« sieht da» Ende mit Schrecken, aber si« lebt weiter wie bisher, ins Blau« hinein. An diesem Nachmittag sitzt sie im Cast de la Paix auf der Terrasse gegenüber der gro ßen Oper und sieht dem Verkehr auf der Place d« l'Optra zu. Es ist di« Zeit vor dem großen Kriege, Paris ist daS Zentrum der Welt, ist das Mekka von Hunderttausenden von Vergnügungssüchtigen. Seit einer Viertel stunde merkt sie, wie am Rebentisch ein eleganter, junger Mann sie mustert. und sichtlich bemüht ist, ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Sie kümmert sich nicht um ihn. aber als sie aufstcht und zahlt und über den Platz zur Rue Scribe geht, spricht der junge, elegante Mann si« vor dem Büro einer gro ßen Schiffahrtsgesellschaft an. Er nennt sich Forster, erzählt, daß er Weltenbummler sei, Lebenskünstler, und daß si« ihm so ausgez«ich- net gefalle, daß er sie fragen muß, ob sie nicht seine Freundin werden wolle. lieber solche Frechheit ist Etelka Witten- bcrg erstaunt. Aber sie ist zugleich entwaffnet. Sie betrachtet den Mann, der ihr einen solchen Antrag stellt, und kommt zu der Neber- zeugung, daß er Geld haben müsse, . . . daß das vielleicht die Rettung aus der Not bedeu tet. Er sieht gut aus, und schließlich ist es nicht alltäglich, solche Anträge im belebtesten Teil der Rue Scribe zu machen. DaS alte Abenteurerblut r«gt sich in ihr, das heiße Blut der Vagabundin, die Heimat und sichere Stellung im Stich ließ, um in die ungewisse weite Welt zu gehen, sie geht mit dem Fremden in das kleine Cast ir der Rue de l'Arcarde. llnd bald sitzen die beiden wie alte Freunde am Kafseetisch und haben sich viel zu erzählen. Sie fühlen sich verwandt, sie füh len, daß sie zusammengehören, die Vagabun din Etelka Wittenberg und der Vagabund Robert Neumann, der Hoteldieb Robert Reumann . . „ der so überzeugend, so witzig und amüsant von seinen Taten und Abenteuern plaudert, daß sie immer mehr in seine Netze verstrickt wird. Sie kann nicht mehr zurück . . . Sie weiß es plötzlich, sie liebt diesen Mann, diesen Hochstapler und Dieb, sie kann ihn nicht ver lassen, si« wird Ihm beistehen bei all seinen Taten und Abenteuern . . . Violet und Violetta. * In dem großen Hamburger Hotel am Alst«rbecken spielt die Kapelle des Casts den Kehraus. Wie eine Theaterkulisse heben sich die gespenstischen Prachtbauten des Jungsern- sttegs gegen daS glitzernde Wasser ab, strah lend hell ist der Alsterpavillon erleuchtet und wirft seinen Schein bis herüber zur Lombard brücke. Der Verkehr in den schönen, breiten Straßen rund um das Alsterbecken ist ub- geflaut. die letzten Gäste verlassen die Restau rants und Vergnügungsstätten, der Portier in dem groben Hotel am Alsterbecken sihasiet die Nachtbcleuchtung auf Korridoren und Treppen ein . . . die Großstadt und ihre Gäste schlafen. Bis »um Morgen! Die Bäckerjungens sind noch vor Morgengrauen an diesem Januartage auf ihrem Botenweg. der Portier im großen Hotel am Alsterbecken ist zerschla gen nach dieser halbdurchwachten Nacht. Sechs Uhr srüh. Ans den Zimmern kommen schon die ersten Glockensignalc der Frühaufsteher, der Gäste, die mit den Morgenzügen Weiter reisen wollen. Der Portier beginnt seinen Dienst damit, daß er, wie seine Kollegen in der ganzen Welt, die Gäste weckt, die das Wecken bestellt haben. „KurioS", denkt er und läutet zum dritten Male nach dem Zimmer 84. „Komisch", wie derholt er und ist erstaunt, daß der Gast seinen Weckruf nicht erwidert. Er hat ihn gestern abend um Uhr selbst mit dem Fahrstuhl nach oben gefahren, dabei hat der Gast ihm noch eingeschärft, ihn auch pünktlich um sechs Uhr zu wecken. Er will mit dem Schiff um acht Uhr nach Kadix und jetzt ist bereits eine halbe Stunde mit dem vergeblichen Läuten vergangen, ohne daß der Langschläfer darauf reagiert. Der Portier zuckt mit den Schultern. Er hat seine Pflicht getan, aber schließlich will er doch noch ein übriges tun und benachrichtigt den Hausdiener, damit er einmal ordentlich mit der Faust gegen die Zimmertür klovie. Damit ist die Sache sür den Portier erledigt und er g«ht weiter seiner Beschäftigung nach. Ocsfnet die großen Flügeltüren zur Straße, zieht die Jalousien hoch, öffnet die Fenster und läßt die frische Wintcrluft herein. Zehn Minuten sind vergangen und der Hausdiener, der den verschlafenen Gast von Zimmer 84 wecken soll, ist noch nicht zurück gekommen. Der Portier versteht diese Bum melei einfach nicht. Er ist wütend und be schließt, selbst einmal nachzusämuen, wo der Trödler steckt. Als er den Treppenflur betritt, sieht er den Hausdiener, der gebeugt vor dem Schlüsselloch der Tür steht and in das Zimmer starrt. „He!", sagt der Portier, aber der Haus diener macht eine abwehrende Handbewegung und winkt dann dem Portier, näherzukom men. Tausendsranknolen als Tischtücher Das Ende eines Verschwenders. — Spaniens „verrückter Millionär" gestorben. — Die tolle« Streiche eines Geldgewaltigen. Vor kurzem starb in Madrid auf ziemlich ungewöhnliche Art ein Mann, der in ganz Spanien unter dem wenig schmeichelhaften Namen „verrückter Millionär" bekannt ist. Pedraza war ein Original, dessen Leben mit den tollsten Streichen ausgefüllt wurde. Er genoß seine Tage in vollen Zügen und ließ sich immer von dem Gedanken leiten, daß es besser ist, zu prassen und zu verschwenden, als die Gesundheit zu schonen und länger zu leben. Die Madrider Zeitungen haben sich in langen Artikeln anläßlich des Todes Pedrazas mit ihm beschäftigt und wußten Dinge zu berichten, die man sonst nur in Romanen liest. Dem Krösus floß Abcnteurcrblut durch die Adern. Schon in jungen Jahren war es ihm in Madrid zu eng, weshalb er nach Kuba fuhr. Dort stand er bald im Mittelpunkt einer da mals viel besprochenen Skandalasfäre, die nicht ganz unblutig verlief. Der junge Bursche konnte unmöglich noch länger in Kuba bleiben und fuhr daher wieder in seine spanische Hei mat zurück. In Madrid tat er eigentlich nichts anderes, als schönen Frauen nachzustellen. Diese nicht ganz uninteressante Beschäftigung verschaffte ihm Abenteuer in Hülle und Fülle. Als Pedraza die bildhübsche Tochter eines der reichsten spanischen Granden kenuen- lerute, war es um ihn geschehen. Er verliebte sich in das Mädchen und heirat.te eS. Hierdurch wurde er mit einem Schlage ein vielfacher Millionär. DaS Schicksal wollte eS, daß am Tage nach seiner Hochzeit ein Ver wandter von ihm starb, der ihm nicht ganz 200 Millionen Franken hinterließ. Pedraza wurde vor Freude so übermütig, daß er sich mehrere Tage hindurch sinnlos betrank. Er hatte verlernt, den Wert des Geldes richtig cinzuschätzen und wurde zu einem der größten Verschwender, die jemals gelebt haben. Zuerst kaufte er sich «ine Luxusjacht, mit der «r das Mittelländische Meer unsicher machte. In allen Hafenstädten lief er ein und feiert« die tollsten Orgien. Auch in Monte Carlo, der Spielhölle, gab er ein Gastspiel. In wenigen Stunden verlor er im Kasino mehrere Millionen und hielt die Gäste fort- gesetzt in Spannung. Alle glaubten, daß Pe- )ra»aS Mittel erschöpft waren, doch -er MU- Eonär hotte auS seiner schier »nversieabare» Brieftasche immer neue Geldscheine. So kam er bald in den Rus, der leichtsinnigste Spieler der Welt zu sein. Hatte er sonst immer Glück, aber am Spieltisch verließ ihn Fortuna. Monte Carlo hatte damals große Tage, denn eS konnte nicht unbekannt bleiben, daß Pedraza einmal in sieben Minuten vier Millionen Franken verloren hatte. Als es dem Krösus dort zu langweilig wurde, fuhr er nach Paris Mehrere Diener begleiteten ihn ständig. Eines Abends besuchte er in der Scincstadt ein Revue-Theater, das ihm sehr gefiel- Aus Dankbarkeit ließ er alle Schauspieler und Schauspielerinnen nach der Vorstellung zu einem Festessen einladen. Als die Künstler schar den Speisesaal eines großen Hotels be trat, war ihr Erstaunen maßlos. Die Tische waren mit Tausendfranknoteu gedeckt. Man darf nicht vergessen, daß die französischen Franks damals noch einen ganz anderen Wert hatten als heute. Die erlesensten Speisen wurden ausgetafelt. Als nach dem Essen die Tafel ausgehoben wurde, entstand ein kleiner Tumult, denn die Künstlerinnen und Künstler wollten beim Abdecken der „Tischdecke" aus verständlichen Gründen behilflich sein. Das Hotelpersonal bezahlte der „verrückte Millionär" geradezu fürstlich. Vom Hotel jungen bis zum Geschäftsführer erhielten all« hohe Trinkgelder. Selbst daS Oeffnen von Türen bezahlte Pedraza nie unter 60 Frank. Im Kriege widmete sich der Krösus der Po- litik. Er reifte nach Amerika und wollte dort auf eigene Rechnung Geschichte machen. In letzter Zeit kränkelte er sehr, der Körper war durch die LebenSgier Pedrazas geschwächt wor- den, weshalb ihm die Aerzte jeglichen Alkohol- genuß verboten. Der Krösus dachte jedoch nicht daran, diesen Anordnungen zu entsprechen und tat genau das Gegenteil. Er wollte als Schlemmer, der er in seinem ganzen Leben war, sterben. Tagelang trank er nu. Sekt und war ständig berauscht. Kurz vor 'einem Tode verlangte er eine neue Flasch« Sekt. Er konnte das GlaS jedoch nicht mehr bis an die Lippen bringen, kraftlos fiel er in die Kissen zurück. Pedraza war gestorben. Trotz seiner Verschwendung hinterließ er seinen beiden Töchtern ein Millioaeuv«rmöge» L. Lories. „Ich habe die halbe Tür etngeschlagen*, meint er achselzuckend, „und der Kerl steht nicht uff, sehn' S« nur, wie er sich noch im Bett aalt." Der Portier bückt sich und schaut durch daS Schlüsselloch. Zu seinem Erstaunen muß er feststellen, daß der Gast die innere der beiden Doppeltüren nicht geschlossen hat. und daß man ihn durch das Schlüsselloch sebr gut im Bett liegen sehen kann. Der Portier schüttelt den Kopf, überlegt einen Augenblick und hämmert dann mit der Faust noch einmal an die Tür. Nichts regt sich und wie der Portier zum iweitenmal durch das Schlüssel loch in das Zimmer sieht, ist es ihm plötzliche als ob er einen eigentümlichen Geruch bemerkt. Er schnuppert einen Augenblick, schüttelt den Kopf, riecht wieder und richtet sich dann auf. „Da ist etwas passiert, Johann", sagt er und packt den Hausdiener bei der Hand. „Kein Wort darüber, und daß mir nichts im Hotel getratscht wird. Wir wollen die Polizei benachrichtigen." Eine Viertelstunde später sind zwei Krimi nalkommissare von der Hamburger Polizei im Hotel, ein Schlosser össnet die Zimmertür die sich mit dem Passepartout nicht öffnen lieb, und die Kommissare treten ans Bett zu dem Gast, der noch immer fest schläft. ES dauert noch eine geraume Weile, bis man ihn geweckt hat. Er ist wie benommen, spricht mit schwerer Zunge und kann sie kaum rühren. „Chloroformrausch", stellt der Hotclarzt fest, und als der Gast von Zimmer Nr. 84 zur vollständigen Besinnung kommt und darüber nachdenken will, was gesctxch, kann er sich an nichts mehr erinnern. Sein Portemonnaie, seine Brieftasche mit 8000 Dol lars und eine PerlenkrawattennaLel fehlen. Zwei Tage später stehen im Fremdenbuch des eleganten Hotels gegenüber dem Ham- burger Hauptbahnhof der Kaufmann Violet und Frau aus Paris als Gäste verzeichnet. Drei Tage wohnen sie in dem großen inter nationalen Hotel... es ist die Hauptver kehrszeit in Hamburg, zwei Ueberseedampfer sind gerade angekommen: die Amerikareisen den machen ihre erste Station auf deutschem Boden in der Weltstadt Hamburg. Die Hotels sind überfüllt... die Sehenswürdigkeiten be lagert: in dem Trubel, den die tausend Frem den von Uebersee mitgebracht haben, achtet niemand auf den Kaufmann Violet und seine Frau. Sie bleiben fünf Tage in dem großen Hotel am Hauptbahnhof. Sie reisen an dem Tage ab, als der Herr aus Cincinnati, der in der 3. Etage einen Salon, ein Schlafzimmer und ein Bad bewohnt und sich auf einer Ver gnügungsreise nach Europa befindet, als der Herr auS Cincinnati des Morgens betäubt in seinem Zimmer ausgefunden wird, und »u seinem Schrecken feststellt, daß man ihm seine ganze Barschast gestohlen hat. Dies ist das erste Gastspiel Violet uiu» Violettas in Deutschland. AllmShlih dehnen sie ihren Wirkungskreis über den ganzen europäischen Kontinent aus, es gibt bald kaum einen Bade- oder Kurort, der von ihnen verschont bleibt. Ein Jahr später sind sie wie der in Hamburg und hier in dem großen in ternationalen Hasen machen sie die Bekannt- scl-ast des Kaufmanns Wiedewilü. Wieder gehen sie auf die Reise . . . zuerst nach Paris. Wieder sitzt Violetta des Nachmittags auf den Terrassen der Boulevardcafes und schaut in den Trubel der Großstadt. Sie hat jetzt keine Sorgen mehr . . . Sie hat ihre Sache auf Nichts gestellt, und sie ist ehrlich genug, sich zu sagen, daß eines Tages der entsetzliche Schluß kommt. Aber sie ist eine Vagabundin, «ine echte Vagabundin, die nur dem Heute lebt, und sie gesteht sich ein, daß ihr diese un regelmäßigen Dinge, diese Diebstähle und Un gesetzlichkeiten große Freude machen, und daß dieses Nervenaufreibende, Nervenaufpeit- schenke, dies „auf der Hut sein", das Gehetzt werden und Gehctztsein schöner ist, als tausend honette, bürgerliche Berufe. Zu dritt reist man nach Düsseldorf, fährt nach Köln zum Fasching und brandschatzt die Fremden in den Hotels. Bon Köln aus macht der neue Freund Wicdewild einen Ab stecher nach Berlin, dann geht man nach Wien, nach Monte Carlo, nach Rom, nach Wies baden, nach Ostende. Der geistige Kops -er Bande ist Robert Neumann. Robert Neu mann, dessen falsche Namen Legion sind. Er ist der Erfinder seines eigenen Betäubungsmittels. das er nachts durch die Schlüssellöcher der Hotcltüren ins Zimmer spritzt. Er ist es, der di« Pläne ausheckt, er schickt die Frau voraus, die zuerst in den großen Hotels erscheint, um dort das Zimmer zu nehmen und die Gelegen heiten auszukundschasten. Erst Tage später kommen er und Wiedewild an. Erst dann, wenn sie ganz genau wissen, wo und wie die Beute zu holen ist. Nachts im enganliegen den Trikot geht «r allein auf Raubzüge erbeutet Hnnderttausende an Geld und Ju welen und verschwindet. Die Frau bleibt noch ein oder zwei Tage als Deckung zurück, dann reist sie ihm nach und sie treffen sich riele hun dert Kilometer vom Tatort entfernt. tFortsetzung folgte
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