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Sächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse : 03.03.1932
- Erscheinungsdatum
- 1932-03-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480533490-193203031
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480533490-19320303
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480533490-19320303
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse
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Jahr
1932
-
Monat
1932-03
- Tag 1932-03-03
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Monat
1932-03
-
Jahr
1932
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Tagewerk des Reporters Sechs Uhr «orge«». Mit der Pflegerin durch die Be»trke der Not. Durch Wind und Wetter, treppauf, trepp' ad. Immer daS gleiche Elend: traurige Ltät- teu, dunkle Sllchen, ein Haufen Menschen in einem Zimmer, ein Hausen Kinder in einem Bett. Welches Geschlecht wächst hier fern aller Freud«, fern alles Glücke» auf? Ueberall be wegt sich die Pflegerin mit einer Sicherheit und Selbstverständlichkeit, als wäre sie hier »u Hause. Begrüßt eine Frau, die krank liegt, mit ein paar freundlichen Worten, schickt Kin- -er rechtzeitig zur Schul«, schlichtet eine ge- schwisterliche Differenz. Da soll sie ein paar Kohlen verschaffen, da Essen, da Wäsche für ein Neugeborenes. Unermüdlich hört sie zu, spricht, tröstet, notiert und kracht sich am Bett einer Kranken mit dem besoffenen Mann wie ein Kutscher. Tine tapfere Frau. Eine Kämp ferin in der vordersten Gturmkolonn« gegen die Exzesse der Not. Acht Uhr. Akademie der Künste. Markt der Modelle. Hier verkaufen sich Menschen. Für Tage, für Stunden. Nicht ihre Arbeitskraft. Nicht ihren Leib. Ihren Anblick. Alte Männer mit bib lischen Gesichtern. Ein Neger. Unheimliche Lockenträger. Bärtige. Blutjunge MädelS, uralte Wetblein. Elegante, ärmliche Schäbige. Eine Malschülertn im weißen Kittel, achtzehn höchstens, prüft die Bizepse der alten Männer Ganz an der Seite lehnt eine Italienerin an -er Wand. Rote, schwarze, grüne, gelbe und blaue Flicken bilden ihr Kleid. Aber daS braune Gesicht strahlt voll Erhabenheit. Und hinten am Ende des Saales steht «in armer Maler. Weil er sich kein Modell leisten kann, skizziert er die ganze Szene. Zehn Uhr. Moabit. Gerichtsverhandlung. Nüchtern tragen drei Sachverständige ihr Referat vor. Unruhig schweben die Augen des Mörders hinter der Barriere durch den Saal, landen immer wieder an den Mündern der Sprechen den. WaS werden sie ihm künden? Tod? Ewige Verdammnis? Sicher stammt er aus einer der schrecklichen Kellerwohnungen, durch die die Pflegerin heute morgen ging. Zwölf Uhr. Revueprobe. Bunt wie bei den Modellen, aber doch ein ganz anderes Bild. Zwei Dutzend Girls werfen die Beine nach dem Takt des klavtersptelenden Repetitors. Sie tragen kein uniformierendes Kostüm und nicht die uni- formierende Nacktheit des Abends und sind darum keine Einheit, sondern vierundzwanztg junge Dinger. Etwas mager und manche etwas vergrämt. Sie werden aus N und aus O stammen, aus nicht viel luftigeren Zimmern und helleren Wohnungen, wie die heute früh waren. Sie tragen sich auf reich mit billigem, glitzerndem Schmuck und sind doch fast so arm wie die anderen. Weil sie schön sind, manche recht schön und manche nur ein wenig, ver suchen sie den Sprung ins bester« Leben. Ist e» ein besseres Leben? Zwischen den hoch, geschleuderten Beinen erscheint wie eine Vision daS Auge des Mörders hinter der Barriere. Jetzt wird er unruhig und keuchend warten, was die hinter verschlossenen Türen über ihn beschließen. Zwei Uhr. Kleine» Börsenrestaurant. Makler und Börsianer essen hier zwischen Zahlen zu Mit- tag. Sie sehen nicht, wa» sie essen, schlingen allerhand Leckerbissen herunter und rufen Zah len über die Tische. Draußen parken eine Menge Automobile. Hier ist Geld. DaS sind keine Raubmörder und sie Hausen auch nicht zu sechst und acht in einem Zimmer. Und doch ist auch hier kein Glück. Wa» wissen sie von den anderen. Manche nehmen vielleicht ein- mal eine- der Modelle, eine» der Revuegirls in ihrem Wagen -um Tanzen mit. Würden sie sie hier einmal richtig und satt essen lasten, wieviel dankbarer wären sie... vier Uhr. Tanz-Task. Lichtüberflutete Räume. Ele gante, müde Menschen. Jazz. Heute morgen, als ich mit der Pflegerin ging, schaute ich in den ärmlichen Zimmern verstohlen aus meinen Anzug. Es war mir peinlich, daß er so neu, so frisch gebügelt, so sauber aussah. Jvtzt schaue ich wieder verstohlen auf ihn und wieder ist «S mir peinlich. Flecken sieht man an ihm. Er ist abgewetzt und manche Stelle beginnt schon zu glänzen... „Also, bitte, gnädige Frau, sagen Sie mir ein paar Worte. Nur ein paar Zeilen. Ihre Meisterschaft verpflichtet. Die Leute wollen auch etwas aus Ihrem privaten Leben wissen...." Immer noch steigert sich die Zahl der weißen Nacken, -er blitzenden Perlenketten, die in un sere Ecke herüberleuchten. Schlanke Hände, die nur gewöhnt sind sich zu pflegen, greifen nach den zierlichen Henkeln der Tasten, nach den modischen Schultern der Tänzer. Langsamer scheint hier die Zeit zu verrinnen und der Boy sieht mir erstaunt nach, wie ich die Treppen hernntcrspringe. Hier geht man nur langsam Stufe für Stufe. Lechs Uhr. Filmatelier. Lügen aus Pappe. Ein paar dicke Choristinnen, die wie Fischweiber schimp fen, daß sie schon acht Stunden untätig herum- sitzen, markieren Damen der Gesellschaft. Hilfs regisseure flitzen herum und ersetzen die Stimme des heisergeschrienen Regisseurs. Der Star soll einen abgerissenen Vagabunden dar stellen, der sich vor einem Bäckerladen die Bröt chen besieht und seinen Leibriemen enger zieht. Und während er in Wirklichkeit darüber nach denkt, daß er sich anstatt seines Sechs- jetzt doch einen Achtzylinder kaufen muß, grunzt er ungeduldig: „erledigt, gemacht, habe mich schon vollkommen in di« Situation eingelebt Kleinigkeit." Acht Uhr. Theaterpremiere. Stolze Auffahrt der Wagen. Hermelingeschmückte Damen steigen aus, befrackte Herren. Die Börsianer aus dem kleinen Restaurant. Wie viele der Damen standen auch einmal hungrig in der Akademie, schmissen die Beine im Takt auf einer zugigen Bühne? Der Glanz der Gegenwart hat viel Vergangenes verwischt. Ob der Raubmörder einmal in seinem Leben bet einer Premiere war? Da kommt die Pflegerin an in einem einfachen, grauen Mantel, verschwindet durch ein kleines Tor und klettert die Galerie herauf. Zwölf Uhr. Internationale Var. Der Vartisch ist so lang, -aß man mit dem Fahrrad dran oorbet- sahren könnt«. Ueberall Lachen, Scherzen. Flirten. Sektpfropfen knallen. Nur eine von den Krauen hinter der Theke ist still un- trau- rig un- trotz Puder und Schminke bleich. „Wieviel Uhr ist eS?" fragt sie jetzt schon zum dritten Male und senkt ihren vlon-kopf Da schlägt es zwölf. Die Kleine, Traurige geht hinaus. An der Garderobe steht sie an die Wand gelehnt und weint bitterlich. „WaS hat sie denn?" „Lasten Sie sie", sagt eine andere vardame. „sie hat Geburtstag." „Aber", fragt meine vegleiterin, „ist daS ein Grund traurig zu sein und zu weinen?" „Gnädige Frau", erwidert die andere hin- ter der Bar, mit der wir plauderten, „wir ^aben eben alle unsere Erinnerungen. Mir geht eS auch so. Manchmal, da kommt es eben. Geburtstag und Weihnachten, daS sind die schlimmsten Tage, die es für uns gibt..." Zwei Uhr. Razzia. Kaschemme im Viren. Durch Bahnhofswartesäle geht die Streife. Draußen steht ein Lastwagen. Abfall der Großstadt. Der einteilbare Rest, der nicht in die Rech- nung der Gesellschaft paßt. Heute abgefangen. Morgen vom Schnellgericht verurteilt. In ein, zwei, höchstens drei Wochen hat sie die Unter welt wieder. Bier Uhr. Frühbetrieb. Das ist, beim Himmel, der einzige Ort, wo alles zu finden ist. Oben und unten. Die befrackten Herren und die elegan ten Damen, die Stunden vorher im Theater saßen, die Maler, die Börsianer, die Armen und die Reichen, die Guten und die Schlechten. Die übrig blieben bei der Razzia und die, deren Wohnungen zwei, drei Stunden später die Pflegerin wieder besichtigen wird. Girls und Barmädchen, Modelle, Kinder der Straße und Menschen aus Salons. Bunt durcheinan dergewürfelt des Lebens Gegensätze. Hier hat der Mörder gesessen und der Staatsanwalt, als cr t och Student war. Um Würstchen unL Kaffee drängt sich alles, scherzt, schreit, tobt und schnarcht durcheinander, bis die ersten Strahlen der Sonne zum Aufbruch mahnen. Sechs Uhr. Endlich wieder zu Hause. Draußen rieselt leichter Regen. Sonntag. Wie bunt die Welt ist. Ob der Mörder in seiner Zelle jetzt schlafen kann? Vielleicht ist die aus der Bar seine Tochter? Zehn Schritte vom Kurfürsten- dämm kräht ein Hahn. Gute Nacht. Mario Mohr. Ein TVachiraum Endlich, nach siebenjähriger kinderloser Ehe meldete sich unser Stammhalter an. Mit tau send Hoffnungen und tausend Aengstcn sah ich meiner schweren Stunde entgegen, zumal mir der Arzt nicht verhehlen konnte, daß sich wohl einige Komplikationen ergeben würden. Und nicht nur mein Mann und ich, sondern auch meine Mutter und Geschwister warteten sehn- lichst auf das frohe Ereignis, wollte doch, nachdem meiner Mutter die Sorge um mein Wohlergehen genommen war, meine jüngste Schwester mit dem Auserwählten ihres Her zens den Bund fürs Leben schließen. Immer näher rückte die Stunde der Ent scheidung. Täglich schickte meine Mutter An- gehörige zu uns, oder kam auch selbst. An einem Samstag war'S, den 2V. März 11L0 Uhr. Ich saß mit meinem Mann beim Abendbrot. Da drang ein bekannte» Hupen-' signal an unser Ohr; rasch traten wir ant Fenster, und frisch un- fröhlich, mit rote» Wangen, im feschen Lederdreß, sprang unser zukünftiger Schwager vom Motorrad und half seiner Braut, meiner Schwester, aus dem Bet- wagen. ES folgte dann eine Stunde gemüt lichen Plauderns. Jeder sprach von dem, wa» ihn am meisten bewegte: Von seinem Motor- rad und den herrlichen Fahrten mein Schwa- ger, von unserem mit Sehnsucht erwarteten Kinde mein Mann und ich. Dann kam die Stunde des Abschieds; wir ahnten nicht, daß es für meinen Schwager ein Abschied für immer sein sollte. Tief sah er mir dabet tu die Augen, und, als wäre es erst gestern ge- wesen, höre ich noch seine Worte :„Lebe wohl, und ich wünsche dir von Herzen, daß alles gut vorübergehen möge." Am Dienstag brachte mich dann meiu Mann nach dem Dtakonissenhaus. Nun ja, man nennt sie mit Recht „die schweren Stun den", die darauf folgten. Aber wie schnell sind sie vergessen, wenn man als Lohn dann das süße junge Leben in den Armen hält. — Mittwoch früh wurde unser Stammhalter ge- boren.Ermattet, und doch so glücklich, lag ich dann mit noch einigen Frauen, denen ebenfalls daS Glück der Mutterschaft zuteil geworden war, in einem Hellen, freundlichen Zimmer. Tag- unterhielten wir uns, aber des Nachts, da schliefen sie alle, nur ich konnte keinen Schlaf finden; die erhaltene Narkose wirkte noch im Körper nach. So kam die Nacht vom 8. zum 4. April heran, die ich niemals vergeßen kann: DaS Zimmer war durch eine matte Nacht- birne erleuchtet. Auf leisen Sohlen, fast un hörbar, war eben die Nachtschwester wieder aus -em Zimmer gegangen. Vom nahen Turm her hörte ich es 1 Uhr schlagen. Da plötzlich, wie gebannt, mußte ich nach der Tür sehen. Wie von unsichtbaren Händen wurde sie auf- gerissen, und wie aus einer Kanone geschoßen, im weißen Mantel, sah ich den Arzt im wei- ten Bogen durch Las Zimmer fliegen. Am Fensterkreuz prallte er ab, fiel zu Boden, und neben ihm stieg eine Helle Flamm« auf. Ich wollte schreien, doch meine Kehle war wie zu- geschnürt. Dann kam der Sonntag, d«r Besuchstag. Zu mir aber fand sich kein Besuch. Ich sei noch zu angegriffen, gab man mir auf meine Frag« zur Antwort und vertröstete mich auf Mitt- woch. Und dann kamen sie, mein Mann, mein« Mutter und Geschwister. Wohl fielen mir die blaßen Gesichter meiner Angehörigen auf, aber eS konnte ja auch Einbildung sein. Nur meine jüngste Schwester hatte mich nicht be- sucht, und auf meine Frage, wo sie sei, antwor- tete mir meine Mutter mit einem leisen Zit- * tern in der Stimm«: „Bet ihrem Fritz." ' Ja, sie hatte die Wahrheit gesagt, mein« Schwester war an jenem Mittwoch zu Fritz ge gangen, aber nicht, wie ich annahm, zu seinen Eltern, sondern sie konnte ihn nur noch aus dem Friedhof besuchen. — In der Nacht vom 8. zum 4. April, genau 1 Uhr, war er mit seinem Motorrad tödlich verunglückt. Mit dem Kopf flog er auf einen Grenzstein auf, war dann abgeprallt und zur Erde gefallen, und neben ihm ging sein Motorrad in Flammen auf. Ge nau so, wie ich alles in der Nacht zur selbe» Stunde mit offenen Augen gesehen habe. Dean sucht seinen Mörder Sine seltsam« Begebenheit — von -ermannLan-on Lopynikt d» pr«—Or L. 0«wio«r1, N«rU» t17. Fortsetzung.) Im nächsten Moment war er draußen; er öffnete unten die Haustür und schlug sie, im Hause bleibend, laut zu, so daß die oben Versammelten das Geräusch hören mußten. Dann eilte er teicht und lautlos durch da« dunkle Vestibül zurück, um sich im Parterre zu verstecken. Er entdeckte ein kleines, mit Möbeln vollgestellte» Zimmer, da» anscheinend al« Rumpelkammer diente, und beschloß, hier die weiteren Vorgänge abzuwarten. — „Ein paar Stunden Fasten werden Freddie Mill» nicht» schaden", dachte er. Beim Licht eine« Streichholzes sah Dean aus seiner Uhr, daß es ein Viertel vor zwöls war. Fast zwei Stunden saß er nun hier und lauschte aus Stimmen und Geräusche in dem großen weiten Hau». Die Aufregung über da» blutige Ge schehen schien langsam abzuebben, di« Herren der Untersuchung»- kommißion waren vor kurzem abgefahren, und Dean konnte -ei dem Gedanken, daß Littleby wohl jeden auftauchenden Ver dacht dir Richtung auf ihn gewiesen hatte, «in grimmiges Lächeln nicht unterdrücken. War denn dieser Mord nicht eine Unbegreifliche Tat, die durch das Fehlen jeglicher Motive nur verblüffender wurde? Die Polizei würde natürlich jeden Hin weis, der zur Lösung de« Rätsel« sühren te. begierig auf greifen. „Ich könnte ja bezeugen, daß weder Littleby noch Dr. Ballinger in Frage kämen — ob sie aber für mich einstünden, bezweifle ich!" dachte er, „das kommt davon, wenn man auf Horchposten steht!" — Tr tastet» sich im Dunkeln zur Tür, öffnete st« ein wenig und lauscht«. Nicht» regte sich vorsichtig stieg er die Treppe hinauf. Die absolute Stille im Hau», die nur von dem gegen die Fenster klatschenden Regen unterbrochen wurde, ließ Dean vermuten, daß alle Bewohner zur Ruhe ge- gangen waren. Leise stieg er weiter hinauf, bi« er aus jenem Treppenabsatz angelangt war. von wo au» er da» Gespräch belauscht hatte Da» schwache Licht einer elektrischen Kerze spendet, spärlich, Helligkeit. Mehrer« Türen mündeten auf diesen Flur, eine, geradeaus vor ihm. führte in da» Toten zimmer. Durch eine Ritze links daneben schimmerte rin dünner Lichtstreis; Dean ging näher und lauschte; war Littleby dort? Ein Geräusch ließ ihn zurücksahren, er verborg sich im Schotten eines großen vorspringenden Pfeiler» und sah. wie Little-, in de» Tür erschien und argwähnisch nach alle» Seiten Ausschau hielt. Die betonte Vorsicht dieser Gebärde erweckte Dean» Verdacht. Atemlos beobachtete er au» dem Dunkel heraus, wie der Anwalt leise und vorsichtig aus Lamonts Tür zuging und in das Zimmer trat; dort zündete er das Licht an und blieb eine Weile regungslos neben dem Bett stehen. Dann trat er aus Dean» Blickfeld heraus und «in leises metallische» Knacken ließ erraten, daß der Hörer des Haus telephon» abgenommen wurde; es war Dean aber trotz größter Anstrengung nicht möglich, irgendein Wort des leise geführten Gesprächs zu vernehmen. Schließlich löschte Littleby das Licht und kam wieder heraus; einen Augenblick l»ng fürchtete Dean, der andere habe ihn gesehen, da er geradeswegs aus sein Versteck zukam; aber kurz vorher bog er ad und ging die Treppe hinauf. Gespannt vor Neugierde wartete Dean eine Weile, wa» der Anwalt Vorhaben könne; er hörte ihn oben in eins der ver laßenen Zimmer eintreten und benutzte die darauf folgende Stille, um ihm leis« nachzuschleichen. Die Dunkelheit war un durchdringlich, und nur dem Umstand, daß er durch seine In- speltionrwanderung am Nachmittag sich hier schon auskannte, verdankte er die Möglichkeit der lautlosen Orientierung. Der Flur war breit genug, um zwei Menschen aneinander vorbei- zulaßen, ohne sich zu berühren — wenn der eine sich dicht an der Wand hielt; da« beabsichtigt« Dean, hielt aber plötzlich erschreckt inne, da am Ende de« Korridor« ein schwacher Licht schein aufblitzte. Schnell drückte er sich in eine Türnisch«. Der matte Schimmer kam anscheinend von einer elektrischen Taschen, lampe, die langsam aus und nieder tauchend nach ungebetenen Lauschern suchte. Im dahinterliegenden Schatten ungewiß sich abzeichnend erschien Littleby. Dean preßte sich tief in die Nische der Tür und entging so dem immer noch suchenden Lichtschein. Zweifellos wollte der Anwalt sich vergewissern, daß er völlig allein sei Dean sah plötzlich, wie er sich gegen die Wand dreht«, «ine Hand in Kopfhöh« hob und fie gegen die Mauer preßte; ein leises Knacken ertönte — und da» Licht war verschwunden. Dean wartete; e« kam kein Laut vom andern Ende de« Flur», e» war, al« ob der andrre durch di« Mauer gegangen sei. Nachdem er eine Weile in erregtem Staunen in seinem Versteck auegehant hatte, näherte er sich lautlo» der Stelle, an der «r Littleby zuletzt gesehen hatte Al» «r die Wand adtastete. hatte er durchaus den Eindruck solidester Bauart. «» schien unglaubhaft, daß Hohlwände hier eine Geheimtür ver bargen — und doch konnte e» nicht anders sein. Während er noch über die» neue Rätsel nachdachte, sagte ihm sein Instinkt, baß Littleby bald znrückkehren müße; er schlüpft» in sein Versteck zurück Nach kurzem Wirten spürte er, daß jemand an ihm oorh«i^r»ijt« mH da« hi» tztnugkr ging,, »in« unten ins Schloß fallende Tür bewies ihm, daß Littleby in seinem Zimmer angelangt war. Nun näherte sich Dean nochmal« der Stelle, an der der Anwalt vorhin verschwunden war; er vermutete, daß die Auf klärung diese» Geheimnisses ihn auch aus die Spur aller andern unerklärlichen Vorgänge bringen werde. Aufmerksam tastete er an der Wand nach allen Seiten umher; gerade wollt« er alles Suchen bereits mutlos aufgeden, als eine geringe Er höhung dem Druck der Hand nachgad. Ein schwacher Luftzug zeigte, daß eine Tür unhörbar zur Seite geglitten war und den Weg freigad. Dean schritt unter Herzklopfen vorwärts: bald würde er das Geheimnis von Littleby» nächtlichem Abenteuer kennen Anscheinend befand er sich in einem kleinen Vorzimmer; es war, als sei er in ein Heiligtum des Schweigen» eingetreten — kern Laut war hörbar, ringsum die tiefe Stille eines durch schallsichere Wände ab geschloßenen Raume». Er wandte sich behutsam nach allen Seiten und entdeckte plötzlich einen dünnen Lichtstrkisen. der unter einer Tür hervorschien; er näherte sich, fand beim Schein eine» Streichholzes die Klinke und öffnete. Dor ihm lag ein großer erleuchteter sechseckiger Raum mit gewölbter Decke Die seltsame Einrichtung und das ungewohnte Licht ließen ihn blinzelnd an der Tür stehen bleiben. Aber das seltsamste war eine junge Dame, die bei seinem Eintritt entsetzt auf sprang und ihn voll Furcht anstarrte. „Guten Abend", sagte Dean mechanisch, denn vor Erstaunen unzurechnungsfähig wie ein Narr, war er im ersten Moment nur zu dieser banalen Aeußerung imstanoe. Dann setzte er hinzu: „Ich hoffe, ich habe Sie nicht zu sehr erschreckt", und iah sie forschend an. Ein Gedanke blitzte wie ein« Eingebung durch sein Hirn: „Ich vermute. Eie sind Miß Lamont?" Sie ant wortete nicht, starrte ihn nur furchtsam und wie gelähmt vor erschrockener Verwunderung an, ober Dean ahnte, daß seine Annahme richtig war. Nach all den höchst erstaunlichen Ersah» rungen, die er in diesem Hause bisher gemacht hatte, sand er es fast selbstverständlich, daß er dieser mysteriösen jungen Dame nun auf so ungewöhnlich« Art gegenüber stand ^r trat etwa» näher Cie war mittelgroß, hatte duftiges hellbraunes Haar, ein zartes Näschen und wunderschöne dunkel blaue Augen, di« — so dachte Deon — in weniger erregtem Zustand gewiß freundlich und liebreich blicken könnten. Die Bläße des Erschreckens, die aus ihren zarten Wangen lag, paßt« nicht in da» Bild vollendeter Anmut da» sie bot ..Was — wa« wollen Sie hier?" kragte sie zitternd 2«jtj«tzung solgtI
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