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Sport Nachrichten — Zwickau. Brandstifter au der Arbeit. Am Dienstagmorgen brannte die Scheune des Gutsbesitzers Kurt Gerber in Vielau bis auf die Grundmauern nieder. Zu gleicher Zeit wurden an der Krätzerschen Scheune, ebenda, twei Brandherde entdeckt, doch konnte hier ein größerer Schaden verhütet werden. Von den Brandstiftern fehlt bisher noch jede Spur. — Zwickau. Tödlich verunglückt. Auf dem Werkplatze des Vertrauensschachtes ist durch Las Herausspringen des Zugseiles und der Führung der Kettenbahn ein 49 jähriger Berg arbeiter aus Planitz so schwer verletzt worden, daß er drei Tage darnach im Krankenstift ver starb. * gs. VLdertaguug in Altenberg. Die Freie Bereinigung sächsischer Bäder und Kurorte hält ihr« diesjährige Tagung am 4. Februar im Berghvf Staupennest in Altenberg i. Erzg. ab. Unter Leitung des Vorsitzenden dieser Ver einigung, Oberregierungsrat Dr. Etienne, tturbtrektor in Bad Elster, wird sich bi« dies jährig« Tagung u. a. mit den Kurtaxen und Bäderpretsen, mit Pauschalkuren und mit Ver günstigungen beschäftigen. Ferner wird Direk tor Planitz vom Sächsischen VerkehrSverband über sächsische Werbungs. und Verkaufsfragen referieren. Verordnung über die Frist für die Abgabe der Steuererklärung zur Einkommensteuer, Körper- fchaftsteuer und Umsatzsteuer Auf Grund des 8 61 des Einkommensteuer gesetzes, deS 8 22 des Körperfchaftfteuergesetzes und Les 8 17 des Umsatzsteuergefetzes in -er Fassung der Verordnung des Reichspräsidenten vom 1. Dezember 1930 sowie des 8 4 der Ver ordnung des Reichsministers der Finanzen über den Zeitpunkt der regelmäßigen Veranlagung zur Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer vom 30. Dezember 1931 wird als Frist für die allgemeine AlLgabe der Steuer erklärung zur Einkommensteuer, Körperschast- steuer und Umsatzsteuer bei der Veranlagung für 1931 endende Steuerabschnitte die Zeit vom 15. dis 29. Februar 1932 bestimmt. Durch die Ein führung der Steuerstnfen ist die genaue Errech nung Les zu versteuernden Einkommens für jeden Steuerpflichtigen sehr wichtig. Unt«r Um ständen sind für ein« Mark Mehreinkommen erheblich höhere Sterlerbeträge zu bezahlen. Es beträgt die Einkommensteuer einschließlich Kri sensteuer der Veranlagten bei einem steuer pflichtigen Einkommen von 575 M. um M. 12.10 mehr als bei 574 M. SOO M. um M. 16.50 mehr als bei 899 M. 6 250 M. um M. 74.30 mehr als bei 6 249 M. 16 600 M. um M. 215.— mehr als bei 16 499 M. Feder Steuerpflichtige muß sich daher genau dar über unterrichten, was er von seinem Einkom men abziehen darf. Erfahrungsgemäß erheben viele Steuerpflichtige nach Erhalt des Steuer bescheides Einspruch, weil ihnen der vom Fi nanzamt angefvrderte Steuerbetrag zu hoch er scheint, mrd machen nachträglich verschiedene Ab zugsmöglichkeiten geltend. Das ist zwar zulässig, es liegt jedoch im Interesse der Geschäftsverein- fachung der Finanzämter, daß Einsprüche aus diesen Gründen auf das Mindestmaß beschränkt bleiben. Es wird deshalb jedem Steuerpflichtig gen auf Verlangen kostenlos und portofrei ein Merkblatt itber die Frühjahrsveranlagung 1932 von der Reichssteuertabellen-Verlag m. b. H. Berlin SO. 36, Dresdner Straße 2, durch die Post zugesandt. Iugendjührertaguug im DMBD Die am letzten Sonnabend im Verbands- Hau» zu Leipzig adgehaltene Jugendführer tagung des Verbandes Mitteldeutscher Ball spiel-Vereine befaßte sich besonders eingehend mit den Maßnahmen für die erwerbslos« Ju- aend und mit etnrr Neugestaltung des Jugend- ftraswesenö. Den Bestrebungen auf Einsüh- runa von Schulmeisterschaften im Fußball soll besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Aus dem Jahresarbeitsplan ist zu erwähnen, daß der Jugendtag einheitlich am 29. Mai durchgeführt wird und die VerbandSjugend- tagung am 9. Juli in Weimar lGoethe-Jahrj stattfinden soll. Der Verbandsrvandertag soll beibehalten und seine Abwicklung den Gauen überlasten bleiben. Für die Verbandsjugend- wettkänrps« soll ein« Verlegung aus den 4. ober 11. September angestrebt werden, da Ler in Aussicht genommene 28. August im Hinblick auf die Schulserien zu ungünstig liegt. Kreistag der mitteldeutschen Kanusahrer Sitzung d<- Ober-Elb«-Kreif«s im DKD. Der Ober-Elbe-Krets im Deutschen Kanu- verband hielt am Sonntag in Leipzig seinen Kreistag ab. In der Hauptversammlung, in der 80 Vereinsdelegierte 57 Vereine mit 3000 Mitgliedern vertraten, erstattete der Vorstand Bericht übr das vergangene Jahr. Es sei trotz Ler Notzeit im Ober-Elbe-Kreis vorwärtsge- gangen. Das gelte sowohl für das Wander- paddeln im Faltboot, wie auch vom Rennsport. Im Regattabetricb sei allerdings ein Still stand zu verzeichnen. Insgesamt wurden von Mitgliedern der KrciSvereine auf den Regatten anderer Kreise und im Ausland 39 Starts unternommen, davon waren 17 Sieg«, darunter eine deutsche Meist«rsrl>aft fKnrt Rothes. Der Kassenbericht schloß in Einnahmen und Aus gaben mit 23 274,25 RM. ab. Die Vorstands- Wahlen ergaben zum größten Teil Wiederwahl der bisherigen Vorstandsmitglieder. Neu ge wählt wurden Dr. Hossmann-Ehemnitz als Jugendwart, Karl Wiegand-Leipzig als Prefle- wart. Außerdem wurde als zweiter Beisitzer Kurt Zimmermann-Roßlau hinzugewählt. Es wurde beschlossen, eine Unfallversicherung für alle KrciSmitglieder einzugehen. Nach leb hafter Aussprache wurde auch Ler Antrag an genommen, Rennen für Kurzstrecken für Kajaks nur noch Booten gemäß der Bootstabellc Les Verbandes ansschreiben zu lasten und nicht mehr , wie bisher, in Booten, die nach Form und Maß keiner Beschränkung unterliegen. Im Jahre 1932 soll wie im abgclaufenen Geschäfts jahr ein Weftbcwerbsausschreiben für Jugend liche -urchgesührt werden. Schließlich wurde noch beschlosten, auch in diesen, Jahr wieder Plaketten und Diplome für alle Zwecke des Spvrtb.triebes zu beschaffen. Die Sächsische Skimeisterschast in Oberwiesenthal Nachdem sich di« Sportverhältniste im Erz gebirge, hauptsächlich in Oberwiesenthal und dem Gebiet des Fichtelbergs, durch Lie Schnee fäll« am Montag und Dienstag gebeflcrt ha ben, hat sich der Organisationsausschuß für die SäMsche Skimeisterschast entschlossen, die Meisterschaft am Sonnabend und Sonntag in Oberwiesenthal durcl>zusühren. Völlig ausge schlossen ist es allerdings nicht, baß die Mei sterschaft wiederum nicht stattfinden kann. Die Zeiteinteilung ist folgende: Sonnabend: 9 Uhr Langlauf szugleich Mannschaftslaufj vom Start Fichtelberghaus zum Ziel am Kreisheim der DD; 14 Uhr Ge ländelaus für Herren alle^ Klassen mit glei chem Start und Ziel. Sonntag: 9 Uhr Damenabfahrtslauf vom Start am Dr.-Walter-Seyfahrt-Gedenk- stein zum Zi«l am Kreisheim; 11 Uhr Sprung lauf für all« Herrenklafsen auf der Schön- jungferngrundjchanz«; 16.80 Uhr Stegerver- kündung im Kretsyetmsaal. WaS dt« Meldungen betrifft, so werden sich, soweit eS sich bis jetzt übersehen läßt, etwa >20 bis 130 Läufer an» den Metsterschastswett- bewcrben beteiligen. Dt« Beteiligung der Skiläufer des Kreises Osterzgebtrge wird außerordentlich stark auS- fallen. Insgesamt werden nicht wenig«! als 47 Läufer des OsterzgsbtrgskretftS au Len Start gehen. Sehr stark ist der Akademische Sport-Ver ein Dresden mit dem Norweger Knud Kobb«r- stad an der Spitze vertreten, ebenso der Al pin« Skiklub Dresden und der Altenberger Ski- und Rodelklub, der sich in erster Linie auf Walter und Georg Böttrich, Willi Kluge und Karl Richter stützen wird. Der Freiber ger Schwimm, und Skiclub hat sllnf Ang«hö- rige des Jnf.-Reg. 11 Freiberg unter Füh rung von Leutnant Zölibi gemeldet. Ebenfalls durch fünf Läufer ist der Zittauer Skiklub ver- treten. Der Wintersportvcrein Geising ent sendet Hermann Becker und den Jungmannen Arno Tippmann. Der Dresdner Ski-Klub stützt sich aus Kahl, Meumann und Wolf. Die Dresdner Skizunft t>at u. a. Walter Reicl>el aufgeboten. An dem Tamenabsahrtslauf betei ligen sich die Dresdnerinnen Hilde Meumann, Hanni Enax und Josephine Becker. * Punkt-Tabellen im Fußball 1. Klasse - S Verein Z L » » L e L ft, 6) rr> s s — DLC. 14 IS — 2 ,6:1? 24: 4 Ring Greiling >3 6 5 1 26:1-! 18- 8 Guts MutS >593» 3^-2121: 9 Riesaer SV. 13 5 2 6 24-33 1,-14 Brandenburg >» 6 1 7 88:84 >3:,^ Tportgesellschast 93 14 4 4 6 19-81,2-16 Raieniport >4 v 1 8 2 - 46 11-17 Spielvereinigung >4 4 3 7 28-4til-i< Sportvereinigung 06 >4 3 4 7 15-2-10:1- Meißen 08 18 2 2 9 16:38 6-20 1 d-Klasse 1. Abteilung „ U Verein » L 6) « 2 Lportsr. Freiberg 15 12 2 Ä. M. Meißen '4 10 2 V. f. B. 03 18 9 1 SC. Freital 14 8 0 Postsportvereinigung 15 7 4 07-Copitz 14 5 3 Favorit 13 4 3 Südwest 15 3 i SC Freiberg 14 3 1 SE. Pirna 1» 2 o -- -- 1 2 3 6 4 6 7 11 10 1i- TZ Z s -ft — Z- - 53-2126- 4 K5.23 2^- - 40:1" 19: < 47-3^ 1-> - 12 86 - 30 1-j: 1 84 - 35 13:1^ 14:86 1^-1- 22:64 7-23 28:44 7-21 2o-5? 4- 24 2. Abteilung Verein ? o L tv L Z Sportlust Dr«8d. >3 lO 2 Radebeuler VE >1 7 3 Sachsen 14 9 2 Dresdensta l> 6 1 Strehlener BC. >352 SC. Radeberg 14 6 2 Reichsbahn Dresden 14 4 3 SB. Röderau 16 6 tt SC. Leubnitz <4 2 8 Spvrtlust Riesa 14 1 I 1 1 3 4 6 7 7 9 >2 L rr ft, Z -f VN: 1 n 22: 4 3^:1717; 5 33 ; I 4 2'/: 8 29:20 13: 8 3-:32 12; >4 38 8"H;l4 33.8^ 11 : 17 35 45,5:17 30:4? 7-2l ,4:73 3:25 Aus dem Gerlchtssaale Dreimal zum Tode verurteilt Das Schwurgericht in Weiden verurteilte den 35iährigen ledigen Dienstknecht Felix Schieder aus Kühbach unter Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte dreimal zum Tode. Seine Mutter, Anna Schieder, wurde von der Anklage der Beihilfe mangels Beweises frei gesprochen. Schieder hatte in der Nacht zum 19. Juli 1931 seinen jüngsten Bruder, den Gastwirt Andreas Schieder aus Wintersreuth, besten Ehefrau und deren 1)4 Jahre altes Kind durch Veilhiebe ermordet, um in den Besitz deS elterlichen Anwesens zu gelangen. * Der Schultheitz-Patzenhoser- Prozeß Im Prozeß gegen Katzenellenbogen und Ge nosten in Berlin wurde am -ritten VerhanL- lungstage die Gründung der Effekten-Konsor tium G. m. b. H. erörtert. Hierbei wird Katzen- ellenbogen der Vorwurf der Untreue gemacht. Katzenellenbogen erklärte, daß er sich vollkommen unschuldig fühl«. Die Ludwig-Katzenellenbogen- G.-m.-b.-H. habe 6 Millionen Mark ausbringeu sollen, um junge Aktien zu beziehen. Damals habe nur der Konzern ihm, Katzenellenbogen, 6 Millionen Mark für dieses Geschäft zur Ber- fügung stellen wollen. Generaldirektor Dr. So- bernheim, v. Stauß und Jakob Goldschmidt HSt- ten ihm im Namen des Konzerns diese Zusage gemacht. Er habe dann von der Deutschen Bank 3 Millionen und von der Eidgenössischen Bank ebenfalls 3 Millionen Mark in Anspruch genom. men. Der Konzern aber habe versprochen, zu gegebener Zeit für ihn einzuspringen, denn zwi- scheu dem Konzern und dem Großaktionär, wie es Lie Lndwig-Katzenellenbogcn--G.-m.-L.-H. war, habe unbedingt eine innere Interessenvertretung bestanden. Der Aufbau -es Konzerns sei derart gewesen, daß die Ludwig-Katzenellenbogen-G.-m.-L.-H. Stammaktien und Vorzugsaktien -er Ostwecke besaß und die Ostwerke wiederum die Schult heißaktien und Schultheißvorzugsaktien. Auf den Aktien der Ludwig-Katzen«llenbog«. G.-m.-b.-H. ruhten aber die Bankschulden. In der Folgezeit hätten dann wegen des AbsinkenS des Kurses Ler Schultheiß-Aktien den Banken gegenüber Nachschllsse geleistet werden muss«. Die Staatsanwaltschaft steht nun auf dm Standpunkt, daß die Untreue Katzenellenbogen! darin zu erblicken sei, -aß er -ie Gefahr ber Nachschubpflicht auf den Schultheiß-Patzenhofer- Konzern abgewälzt habe. Es kam dann zu lebhaften Auseinandcrsrt- -ungen darüber, wann Dr. Sobernheim davon erfahren habe, Laß für die Aktien, di« aus dem Privatbesitz Katzenellenbogens stammten und in die neugegründete Effekten-Konsortium-G.-m.« b.-H. gegeben wurden, die Bankschulden Katzen- ellenbogens vom Konzern übernommen werden mußten. Eine völlige Aufklärung Lieser Vor gänge ließ sich jedoch darüber noch nicht schaffen. Die Verhandlung wurde auf Freitag vertäut Wieder ein Dresdner als Angeklagter vor dem 4. Strafsenat. Der 4. Strafsenat deS Reichsgerichtes in Leipzig hat am Mittwoch den Ersendrcher Kurt Erich Richter aus Dresden wegen Vorberei tung zum Hochverrat in Tateint-eit mit Ver gehen gegen das Nepublikschutzgesetz und Ver gehen gegen 8 11 der Verordnung des Reichs präsidenten vom 28. März 1931 zu einem Jahr Festungshaft verurteilt. Richter hat im Okto ber vorigen Jahres vom Arbeitsamt Dresden aus Zersetzungsflugblätter unter Polizei-«, amte, die auf Ler Straße standen, verteilt. Wenn die Heimat ruft! Originalroman von I Tchneider-Faerftl. Copyright by Carl Duncker Verlag, Berlin W 62. 25 Fortsetzung. Popoff war von der Ehrlichkeit ihrer Worte überzeugt und machte keinerlei Einwendungen mehr. Er nahm mit Dank das Honigbrot aus feinem Teller, das sie ihm gestri chen hatte, und erinnerte sich plötzlich der Worte der beiden Herren in der Diele des Parkhotels zu Prag. Ohne Zwei fel war das die jüngste Tochter des Gutes Vohwinkel, de ren Verlobung auseinandergegangen war, weil die Mutter eine „Katastrophe" für den angehenden Schwiegersohn de- deutet hätte. Während sie ihm die Tafle ein zweites Mal füllte, sah er flüchtig nach ihr hin. Die Züge waren etwas vermänn- lichi. Das liebte er nun gerade nicht. Aber der Himmel wußte, ob das immer so gewesen war. Deshalb konnte sie doch ein warmes Herz haben. Komisch, daß er bei jeder Frau immer gleich nach dem Herzen suchte. Ein Mann war man eben selber. Auf das bißchen Romantik, das ei nem die Jetztzeit noch ließ, wollte man nicht ohne weiteres Persicht leisten. Das Leben war wirklich schon trocken genug. Er jragte, ob sie Musik liebe, und sie bejahte eilig. — Ob sie öfter nach Niedau komme? „Nie!" sagte sie knapp. Dieses „Nie" war wie eine Mauer, die sie gegen seine Neugier aufrichtete. Trotz dem unternahm er noch einen Vorstoß: „Ist nicht Ihr Bruder Erbe von Niedau?" Er bereute sofort. Ihr Gesicht stach farblos von der braungetönten Tapete ab und hatte einen abweisenden Ausdruck angenommen. „Es ist wohl noch verfrüht, darü ber zu reden," sagte sie kurz, horchte auf das Rattern des Motors, das vom Hofe heraufklang, und erhob sich. Popoff hätte viel darum gegeben, seine Frage ungeschehen zu machen. Aber so war das immer: Man sagte zuwei len etwas, das einen hernach wie eine Tälowierunb stem pelte. An der Treppe neigte er sich über Annelieies ge bräunte Hand und sprach seinen Dank und die nochmalige Bitte um Vergebung für seinen Irrtum. Er hatt« das Gefühl, daß sie gar nicht auf ihn höre, jedenfalls zog sie auffallend rasch die Finger aus den seinen und wünschte ihm abwesenden Blickes eine „glückliche Rei se". - Als er draußen in der flimmernden Helle des Tages stand, wo Angermann ihm mit unsicherem Lächeln entge gensah, vergaß er völlig, diesen zur Rede zu stellen. Er dachte immer noch an das Ungehörige seiner Frage und hätte sich dafür ohrfeigen können. In den Fond steigend, suchte er noch rasch die Reihe der Fenster ab! Nichts war hinter den Scheiben zu sehen. .Ts fiel ihm gar nicht auf, wie vernachlässigt das Vohwinkler Herrenhaus sich bot. Er war zu sehr mit seinen Gedanken beschäftigt. Der Wagen bog nach der Straße zu und rannte die ver- bröckelnde Gartenmauer entlang, über welche sich Rotdorn und Blutbuchen räkelten. Dann blieben die weißen Steine zurück. Lindengeäst fiel breitschattig Uber den Weg. Trotz der Schnelligkeit der Fahrt wirkte ihr Duft berauschend, und Angermann kostete ihn bis zur Neige aus. So glimpf lich wie das, war noch nie etwas abgegangen. Weiß Gott, woran der Künstler dachte, daß er so ganz jede Rüge und jeglichen Vorwurf vergessen hatte. Möglich — daß noch etwas nachkam. Aber so schlimm, wie ein erstes, sich rasch entladendes Gewitter, würde es nimmermehr aussallen. Und das war auch schon etwas. Denn Popoff vertrug unter Umständen wenig Spaß — und die Stelle war gut und glänzend bezahlt, und mau bekam drei Viertel der Welt zu sehen. Darum hatte ihn schon manch einer der Kollegen beneidet. Er sah rasch nach dem Fond zurück, wo der Künstler mit halbgeschloflenen Augen in die Sonne blinzelte. Halb Aerger, halb freundliches Erinnern stand in dem schmalen, etwas bleichen Gesicht. Der Erfolg in Prag war jedenfalls der Art gewesen, daß er zufrieden »ein konnte, dachte Angermann. Uebrigens: Wo und wann hätte man je keinen Erfolg gehabt? Mit raschen Fingern riß er die Volants nach der Seite. An ihm vorüber jagte ein Gaul und ließ eine Wolke Stau bes Zurück. Niedau ichien nahe zu sein. Man mußte dem nach die Kilomeiermhl verringern. In gemäßigtem lem- po glitt der Wagen dahin. „Was ist aus dir geworden?" jragte Sascha Popojj wohl schon zum zehnten Male und sah Hans Michael mit Augen an, die vergeblich nach der Lösung des Rätsels such, ten. „Drei Tage nur, nnd du bist ein anderer geworden! Ein völlig anderer, Hans Michael. Bin ich dir unwill kommen? Du riefst mich doch!" „Ja, ich rief dich, Sascha!" Dellen Stirne glänzte in Schweiß. Er nahm sich nicht einmal mehr die Mühe, sein Taschentuch zu ziehen. Die Iulihitze war tropenhaft und wirkte auf seine Nerven wie ein überheißes Bad. Er fühlte sich vollkommen verbraucht, glaubte sich in Felle gewickelt, obwohl er nur ein Seiden hemd unter der cremefarbenen Flanellhose trug. „Ich hoffe, daß sich dein Zustand ändert, sobald wir abgereist sind," sagte er mit Ueberzeugung. „Ich werde nicht reisen, Sascha!" „Du bleibst hier?" „Nein! —" Hans Michael sah sich in dem u.u und warf einen Blick auf di: Terrasse, die vor den hohen Fenstern lag. „Ich werde mich dem Gericht stellen!" Popoff regte kein Glied. Seine Füße blieben leicht übereinandergeschlagen auf dem Teppich liegen und seine Lider halb über die Augen herabgcsenkt. Dutzende — nein, Hunderte von Malen hatte Hans Michael schon davon ge sprochen, sich freiwillig den Händen der Gerechtigkeit aus zuliefern, und war immer wieder davon abgekommen. Das war also nicht sonderlich ernst zu nehmen, wenngleich es diesmal ganz männlich bestimmt geklungen hatte. „Gut also," sagte Popoff, um ihn nicht zu reizen. „Und was erhoffst du dir davon?" „Ich denke nicht, daß das Urteil der Erschießung auf- recht erhalten werden kann! Lebenslänglich Zuchthaus vielleicht! Oder zwanzig oder dreißig Jahre. Mit etwai ger Begnadigung, wenn ich mich ordentlich führe." „Fabelhaft!" sagte Popoff, verstummte und sprang auf, als er den Freund gegen die Schmalwand zwiscben beiden Fenstern taumeln sah. „Herrgott, Mensch! Bist du denn glattweg von Sinnen?" Hans Michael fuhr mit der Hand nach der tropfenden Stirn. „Vielleicht! — So ähnlich suhle ich mich wenig- stens." ttjollfttzUttU lolgi.)