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Sächsischer Landes-Anzeiger : 18.09.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-09-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188809188
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880918
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880918
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-09
- Tag 1888-09-18
-
Monat
1888-09
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 18.09.1888
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Md, Nx. 218. — 8. Jahrgang. Sächsischer Dienstag, 18. September 1888. Der jeden Wochentag Abend (mit Datum des folgenden Tages) zur Versendung gelangende „Sächsische Landes-Anzetger" mit täglich einem Exlra-Beiblatt: 1. Kleine Botschaft 2. Sächsischer Erzähler S. Sächsische Gcrichtszeitung 4. Sächsisches Allerlei b. Jllnstrirtcs Unterhaltungsblatt 6. Sonntugsblätt 7. Lustiges Bilderbuch tostet bei den Ausgabestellen monatlich 7Ö Pfg., bei den Post-Anstalten ?'> Pfg. (Post-Zeitungs-P> eisliste Nr. 8035.) Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen Von den Hauptblättern des „Sächsischen Landeö-AnzeigcrS" erscheint (ohUe dessen tägliche Extra - Beiblätter) eine billigere Souder-Ausgabe unter dem Titel: Chemnitzer General-Anzeiger für monatlich nur 80 Pfg. mit Anträgen: außerhalb Chemnitz monatl. 87 Pf. in. Ztr. (Zeitungs-Preisliste 0. Nachtr- Nr. 1230a.) Verlags-Expedition: Alexander Wiede, Bnchdrnckerei, Chemnitz, Theaterstratze Nr. 5. Fernsprech-Anschluß Nr. 136. — Telegramm-Adresse: Landes-Anzeiger, Chemnitz. Bei Bestellungen von Auswärts wolle man Verbreitung der großen Auflage längere Zeit erfordern. — Anzeigers" ohne dessen tägliche Extra-Beiblätter). Amtsgerichtttche Bekanntmachungen. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute auf Folinm 3151 die Firma Otto Schüller in Chemnitz (König straße Nr. 32) und als deren Inhaber der Kaufmann Herr Heinrich Wilhelm Otto Schüller daselbst, Besitzer eines Mannfactur- und ModcwaarengeschästS, eingetragen. Chemnitz, am 13. September 1888. Königliches Amtsgericht. Jni Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts Wurde heute a»f Folinm 2701 verlautbart, daß der Kaufmann Herr Emil Meyer in Chemnitz i» die Firma E. E. Meyer daselbst als Teilhaber ein- getreten ist. Chemnitz, am 12. September 1888. Königliches Amtsgericht. Telegraphische Nachrichten. Vom 16. Seplcmber. Belgrad. Ernste oppositionelle Männer behaupten, das Kabinet Christitsch sei znrückgetrelen. Ter König habe das Entlassungsgesnch angenommen, und mit der Leitung der Regierung provisorisch im Kabinet Ristitsch betraut. Bestimmt ist, daß die Ohnmacht der gegen wärtigen Regierung nicht nur in Belgrad, sondern in ganz Serbien sich bemerkbar macht. Ristitsch wird in Belgrad erwartet. Konstantinopel. Entgegen offiziösen Mittheilungen wird auf Grund guter Informationen wiederholt versichert, daß Oesterreich, von Italien unterstützt, eifrig die Pforte bearbeitet, die Anerkennung des Fürsten Ferdinand ausznsprcchen, während Deutschland abzu warten anrathct und Rußland fortwährend die Absetzung- Ferdinands verlangt. Ueberdies sucht Baron Blank die Türken zu engerem An schluß an die Tripelallianz zu bewegen. — Boulangcr soll nächste Woche von Triest hier eintrcffen. (??) Paris. Wie die Blätter melden, gab der Marincminister Befehl, daß die Kommandanten französischer Schiffe an der Ostküste Afrikas aus Sklavenschiffe, unter welcher Flagge sie auch segeln mögen, Jagd machen sollen. Rnstschnk, 17. September, Mittags. Der ehemalige Beamte der bulgarischen diplomatischen Agentur in Bukarest, Kissoloff, welcher wegen Unterschlagung von Geldern entlassen worden ist, gab gestern sechs Revolvcrschüsse auf den Finanzminister Natschewitsch ab. Drei Kugeln gingen fehl, drei trafen, nur eine verursachte jedoch eine ernste Verwundung oberhalb der rechten Brust. Politische Nrmdschait. -- Chemnitz, den 17. September. Deutsches Reich. Unter dem persönlichen Kommando des Kaisers fand am Sonnabend bei Müncheberg ein gewaltiges Kavallerie- Manöver statt. 14 Regimenter Kavallerie, 56 Schwadronen, und vier reitende Batterien führte der oberste Kriegsherr, welcher die Uniform der Garde du Corps trug, mit gezogenem Palasch gegen den unter Befehl des Generalleutnants General adjntanten v. Versen stehenden markirkcn Feind. — In Müncheberg fand Sonntag Vormittag Fcldgottesdienst für die dortigen Truppen in Gegenwart des Kaisers statt. Auf diner Wiese dicht bei der Stadt war ein Altar ans Trommeln dicht unter ztvci mächtigen Eichen ausgestellt. Gegenüber befand sich ein kleines, mit grünem Laub und Blumen geschmücktes Zelt, in welchem der Kaiser, Prinz Leopold und das militärische Gefolge Aufstellung genommen hatte». Die Truppen waren in Karreeform aufgestellt, auch nahmen Mitglieder des Magistrates mit ihren Familie» auf besondere Einladung am Gottesdienste Theil. Um 11 Uhr fuhr der Kaiser nach Potsdam, begrüßte im Marmorpalais seine Gemahlin und crthcilte Audienzen. Nachmittags kamen beide Majestäten nach Berlin, um an dein im Schlosse stattfindenden Galadiner Theil zu nehmen. Heute Montag wird der Kaiser in Müncheberg die Be- Der Geistersee. Original-Novelle von Gustav Höcker. Fortsetzung. Nachdruck verboten. Leopoldinc hatte dem letzten Theil dieser Mittheilung mit steigendem Interesse gelauscht. Eine Zeitlang herrschte Todtenstille. Dann kam cs, als würden die Worte im Traume gesprochen, über ihre Lippen: „Eine halbe Million!" „Eine halbe Million!" gab der Rechtsgelehrte als Echo zurück. Endlich erhob sich Leopoldinc und ging mit langsamen Schritten vor dem Divan auf und ab. „Mein Entschluß ist gefaßt, Vater," unterbrach sie ihr nachdenk liches Schweigen. „Wie die Dinge sich auch gestalten mögen, ich muß Heinrich Zelter als Einsatz in das Spiel wagen. Zu einer Erklärung zwischen uns ist cs noch mit keinem Worte gekommen. Der Bruch mit ihm muß mein nächster Schritt sein, und was ich jetzt au seinem Herzen frevle, das habe ich ja an seinem Genius im voraus gut gemacht." „Vielleicht böte sein so berühmt gewordenes Bild, «Ophelias Tod", selbst eine Handhabe zu diesem Bruche," schlug Notheuhaag vor. „Du erinnerst Dich, daß die Vcrmuthung auftanchte und auch öffentlich in einigen Blättern ausgesprochen wurde, er müsse zu seiner Ophelia ein glückliches Modell gehabt haben. Das könnte Dir noch immer den Borwand zu einer Eifersüchtelei geben, in der ja stets der Keim der Entzweiung liegt." Leopoldinc richtete sich stolz empor. „Du bist ein vortrefflicher juristischer Nathgeber, Vater, aber in Herzenssachen weiß ich besser Bescheid," cntgcgncte sie fast ver ächtlich. „Ich zweifle, daß Zelter ein Modell zu seiner Ophelia gehabt hat; er würde mir gewiß davon gesagt haben. Wenn ich cs schon unter meiner Würde hielt, ihn danach zu frage», um wie viel weniger könnte ich mich so weit erniedrigen, deshalb auch noch die Eifersüchtige zu spielen! Nein, cs gicbt einen viel einfacheren Weg, das erwünschte Ziel zu erreichen. Zelter ist empfindlich und leiden schaftlich; seine Leidenschaft ist stumm und verschlossen. Wo er eine Kränkung, eine Zurücksetzung erfährt, geht er dieser nicht zu Leibe, sondern kehrt um, ohne je wieder zurückzukehren. Ich brauche nur d.eu morgigen Kasino-Maskenball zu besuchen — und der Bruch ist fertig. Heute erst lud ich ihn für morgen Abend zu einer Tasse Hörden der Stadt empfangen, demnächst das Alterthumsmuscum und später die Illumination der Stadt in Augenschein nehmen. — Staatssekretär Graf Herbert Bismarck ist am Sonnabend Vormittag bei seinem Vater in Friedrichsrnhe eingctroffen. Heute Montag folgt der österreichische Minister des Auswärtigen, Graf Kalnoky. Derselbe passirte heule f.üh Uhr Dresden. — Der „Rcichsanzeigcr" hat die nachgesuchte Dienstentlassung des Staatssekretärs des Reichsschatzamts I)r. Jacobi und die Er nennung des Reichstags-Abgeordneten Frhr. von Maltzahn-Gültz zu dessen Nachfolger veröffentlicht. Dem ans dem Dienste scheivende» vr. Jacobi ist von dem Kaiser die Auszeichnung, der Erhebung in den erblichen Adclstand zu Theil geworden. Der nunmehrige Staats sekretär, Wirkliche Geheime Rath Helmuth Frhr. von Maltzah», Rittergutsbesitzer auf Gültz in Pommern, ist am 6. Januar 1840 daselbst geboren und steht somit im kräftigsten Mannesaltcr. Auf dem Gymnasium zu Wittenberg vorgebildct, stndirte er auf de» Universitäten zu Heidelberg, Erlangen, Berlin Jura und Kameralia. Beim Stadtgerichte zu Berlin war er bis 1362 Auskultator, daun Regierungs-Referendar in Koblenz und in Stettin bis 1866, wo er nach abgelegtem Assessor-Examen den Abschied nahm. Er machte die Feldzüge 1866 in Böhmen und 1870 gegen Frankreich als Offizier im Kürassir-Regimeut „Königin" (pommcrschcs Nr. 2) mit, worauf er als Landwirth lebte. Mitglied des Reichstages seit 1871, ver trat er seitdem den Wahlkreis Anklam-Demmin im Reichstage, wo er ein hervorragender Wortführer der Dcutsch-Kvnservativen war. v. Maltzahn, der auch Vorsitzender der hochkonservativen Evangelisch- lutherischen August-Konferenz ist, gehörte zu den Abgeordneten, welche s. Z. für Branntwein- und Tabakmonopvl eintraten. — Einen höchst merkwürdigen Artikel entnimmt in ausfallend kurzer Weise die „Nordd. Allg. Ztg." wortgetreu der Brüsseler „Jndöpcndancc Bclgc". Die Hauptpunkte darin sind: „In den dem deutschen Reichskanzler befreundeten Kreisen befürchtet man in der That, daß, wenn er nicht selbst, wie der Fcldmarschall Moltke, die Patriotische Initiative ergreift, seinen Rücktritt vorzubereitep, cs sich leicht ereignen könnte, daß er znm Rücktritt gezwungen würde, mehr vielleicht, als dies beim Grafen Moltke der Fall war. Wilhelm II. bewundert sicher den Kanzler als Kaiser ebenso, wie er ihn bewundert hat als Prinz von Preußen und Kronprinz. Aber Wilhelm II. als Kaiser ist nicht wie Wilhelm I. durch ein unwiderrufliches „Niemals" verpflichtet. Wilhelm II. ist 29 Jahre alt und Fürst Bismarck ist für einen so jungen Fürsten ein Rathgeber von unbequemem Alter. Er hat überdies den Nachtheil, lange Zeit die Geschäfte unter einem sehr alten Monarchen geleistet zu haben. Ein Minister, besonders ein Minister von dem Charakter und dem hohen Werthe des Herrn von Bismarck, kann nicht ein Minister sein, den ein so junger Monarch wünscht, wie es der jetzige Kaiser ist. Die klarsehenden Freunde des Fürsten Bismarck geben sich in dieser Beziehung keiner Täuschung hin. Noch neulich drückte einem solchen Freunde gegenüber ein Konservativer, welcher den Rücktritt des Herrn von Pnttkamcr be dauerte, die Uebcrzeugnng ans, daß die so kurze Regierung von Friedrich III. zu lauge gedauert Hütte; der Freund des Kanzlers antwortete: „wir sollten uns vielmehr beglückwünschen, daß Friedrich III. einige Tage hat regieren können. Während dieser hundert Tage hat sich Fürst Bismarck uothwcndigerweise an den Gedanken gewöhnen müssen, daß er nicht mehr der Nathgeber eines 90jährigen Greises sei, und erhat sich vvrberciten können,dieGeschäftemitcincm jungen und lebens vollen Souverän zu führen." I» diesen wenigen Worten liegt eine sehr klare Uebersicht der Lage. Die Negierung des kranken Friedrich III. hat einen zu radikalen Regierungswechsel verhindert und hat sich sehr nützlich als Zwischenglied zwischen der Regierung Wilhclm's I. und derjenigen seines Enkels erwiesen. Es sind dies dieselben klarsehcn- den Freunde des Kanzlers, welche die jetzt dcmentirte Nachricht von der Abgabe des Handelsministeriums in die Welt gesetzt habe», um Herrn von Bismarck begreiflich zu machen, daß es für ihn Zeit ist, Thce ei». Ich sagte, daß ich seiner Gesellschaft den Vorzug vor jeder rauschenden Lustbarkeit gebe. Wenn er nun morgen kommt und erfährt, daß ich doch auf dem Balle bin, wird er — wie ich ihn kenne — nie wieder unser Haus betreten, wenn ich ihn nicht zu versöhnen suche. Ich werde mich aber passiv verhalte», nud damit ist die Idylle zu Ende, und alle Welt wird sagen, das Ganze sei nichts als eine meiner Launen gewesen." „So werde ich dich also morgen auf den Maskenball begleiten, mein Kind", sagte Nothcnhaag lächelnd, indem er sich erhob. Die Tochter antwortete durch eine ernste Neigung ihres Hauptes und wünschte dem Vater gute Nacht. Während er sein Schlafgemach aufsuchte, schritt seine Leopoldinc durch die Doppelthüren auf den Balkon hinaus, wo sie, den Ell bogen auf die Brüstung und den Kopf in die Hand gestützt, trotz der kalten Februarluft noch lange in tiefem Sinnen verweilte. II. Am anderen Abend fuhr Leopoldinc um die Zeit, wo sic Heinrich Zelters Besuch erwarten durfte, mit ihrem Vater nach dem Maskenball. In dem zunehmenden Gewühle wurden beide von einander getrennt, und es verging fast eine Stunde, che sic sich wiederfanden. „Ich fürchte, du hast den Stolz und die Empfindlichkeit des Malers zu hoch angeschlagen," sagte Rothcnhaag Lcopoldincn ins Ohr. „Er hat dich nicht zu Hause gesunden und ist dir hierher gefolgt." „Unmöglich!" rief Leopoldinc. „Ich kann mich getäuscht haben," gab der Advokat zu, „aber ich habe vorhin einen rothcn Domino gesehen, der ihm aufs Haar gleicht. Dort ist er." Leopoldinc wandte ihr Auge nach der Richtung, welche der Vater mit einer Handbcwcgnng andcutcle, und erblickte wirklich den Maler. Trotz des rothcn Mantels, der seine Gestalt verhüllte, und der rothcn Halblarve, unter welcher sich seine Gcsichtszüge verbargen, war er in Wuchs und Haltung gar nicht zu verkennen, auch hatte er sich keine Mühe gegeben, seinen Vvllbart zu verberge», dessen unvergleichliches Blond ihn gleich verrieth. „Wer mag die Griechin sein, die ihm soeben Zeichen macht?" fragte Leopoldinc überrascht. „Weiß nicht", entgegncte der Rechtsgclchrte, „als ich ihn zuerst sah, war er allein." seine Jsolirnng auf-ngeben und junge Kräfte an seine Arbeiten zu fesseln, nm sich in seiner Geschästsleitung unter einem Kaiser von jugendlichem Enthusiasmus zu erhalten. Herr von Bismarck ist ein zn eifriger Patriot und ein zu umsichtiger Staatsmann, nm nicht selbst zu merken, daß die Zeiten sich geändert haben, und daß er selbst nicht mehr der ist, der er war. Früher oder später wird sich Herr von Bismarck darein finden müssen, daß er nicht mehr selbst regiert, und er wird sich begnügen müssen, auf die Geschäfte eine analoge Oberaufsicht zu üben, wie diejenige war, welche der Feld marschall Graf Moltke in den Militärangelegenheiteu geübt hat. Was dagegen den Zeitpunkt anlangt, ob sich diese Veränderungen in einem Monat oder in einem Jahre vollziehen werde», so würde jede Prophezeihung in dieser Hinsicht eine zn kühne sein. Die Note der „Nordd. Allg. Ztg." hat uns allein belehrt, daß die Veränderungen nicht unmittcloar bcvorstehen." Die „Norddeutsche Allgemeine" be merkt dazu lakonisch: „So die „Jndvpcndance Belge". Der vor stehende Artikel ist offenbar von dem Blatte nicht aus seiner gewöhn lichen französischen Quelle geschöpft, sondern wird von einem Mit arbeiter herrührcn, der mit Berliner Auffassungen wohl vertraut ist. Nur möchten wir nicht an nehme», daß cs konservative Kreise sind, aus denen seine Nachrichten stammen, sondern glauben vielmehr, daß damit die allen Neigungen der liberalen Partei rcproducirt werden." Diese Bemerkung läßt a» Kürze nichts zu wünschen übrig. — Als zweiter der Wahlaufrufe zn den preußischen Abgeord- nctenhauswahlen ist der der »ativnalliberalcu Partei erschienen. Das mit sehr zahreichen Unterschriften versehene Schriftstück befürwortet die Reform der directen Stenern, in erster Reihe die der Gewerbe» , stcner, die Ueberweisnng fester Geldbeträge an die Gemeinden zu deren Entlastung anstatt der bisherigen Zuweisung aus den Getreidc- zöllen, die erweiterte Ucbernahme der Schullasten durch den Staat, die Befreiung der Lehrer von den Wiltwen- und Waisenkasseubciträgen, die fernere Ausdehnung des Eisenbahnnetzes, die Förderung des ge werblichen Unterrichts, vermehrten Schutz gegen Hochwasser, und auch die Schaffung einer Landgemeindeordnnng. Außerdem fordert das Schriftstück ein Schulgesetz, Wcgcordnnugeu und eine Reform des Armcnwescns. Es enthält einen entschiedenen Protest gegen die Be gründung einer hierarchischen Gewalt innerhalb der evangelischen Kirche; ebenso wird gegen die Lvslösnng der Schule von der staat lichen Aussicht Protest»!. — Ans Ostasrika wird amtlich berichtet, daß bei den jüngsten Kämpfen des deutschen Kanonenbootes „Möwe" mit den Eingeborenen zwei deutsche Matrosen verwundet und dreißig Araber erschossen sind. Oester reich-Ungirim. Zur Reise Kalnoky's nach Fricdrichs- rnhe schreibt das „Wiener Frcmdcnblalt": „Die alljährlich regel mäßig wicdcrkchrende Zusammenkunft des Grafen Kalnoky mit dem Fürsten Bismarck erscheint keinem Politiker mehr als ei» Symptom oder Vorbote irgend einer Actiou; die allgemeine Lage weist sicher eher einen Fortschritt auf dem Wege einer dauerhaften Beruhigung ans. Beide Staatsmänner werden die Gesammllage nur von dem Gesichtspunkte der Befestigung des Friedens betrachten und neuerlich eine gegenseitige und volle Uebcreinstimmnng hinsichtlich der Grnnd- ziige der Politik constatircn." — Wie der „Pol. Corr." ans Rom telcgraphirt wird, begegnet die rügende Aeußcrnng des Kaisers gegen über dem panstavistisch gesinnten Bischof Stroßmayer in hohen kirch lichen Kreisen allgemeiner unumwundener Zustimmung. Es heißt, der Papst werde den Bischof anffordern, sich in ein Kloster znrück- zuziehen. Italien. König Humbert wird den deutschen Kaiser wahr scheinlich in Mailand erwarten und mit ihm nach Nom fahren. — Ueber die Bedeutung der italienischen Kriegsmarine hat der Marine minister Brin auf einem ihm zu Ehren in Turin gegebenen Bankett gesprochen. Er führte aus, die Flotte repräscntire einen Werth von 360 Millionen Lire, zähle 102 Kriegsschiffe und 108 Torpedoboote. Die Erörterungen der Presse über dieselbe bewiesen, daß sie ein Factor „Sie schreibt ihm einen Namen in die Hand," fuhr Lcvpoldine fort, die beiden Masken scharf beobachtend, „er schüttelt den Kopf, sic droht ihn: schelmisch mit dem Finger, er zuckt die Achseln und reicht ihr seinen Arm. Laß mich allein, Vater, ich muß dahinter kommen, wer die Griechin ist." Rothcnhaag verlor sich unter den nächsten Maskengrnppcn. „Shakespeare hat recht, wenn er sagt: „O Schwachheit, dein Name ist Weib!" dachte er bei sich. „Sie hält sich für zu erhaben, um die Eifersüchtige auch nur zum Schein zu spielen, und ich möchte fast darauf schwören, daß cs sich jetzt allen Ernstes wie Eifersucht in ihr regt." Während der rothe Domino und die Griechin Arm in Arm mit dem Strome dahinglitten, hielt sich Lcopoldine in ihrer Nähe und wußte in auffälliger Weise, als suche sie jemand, mehrere Male ihren Weg zu kreuzen. Aber wer die Griechin war, das wollte sich ihrem sonst so scharfen Auge nicht erschließen: sie ließ im Gciste'allc Schönheiten, mit denen der Maler im Rothenhaag'schcn Salon zn verkehren Gelegenheit hatte, Revue passiren — die Griechin wollte jedoch in keiner derselbe» aufgehen. Das Interesse an Heinrichs unbekannter Begleiterin, die bald wieder seinem Arm entglitt und verschwand, trat indessen bei Leopoldinc sehr schnell in den Hintergrund. Sic hatte sich für diesen Abend zwar in ei» einfaches Fischcrmädchen verwandelt und hielt ein kleines Netz in ihrer aristokratischen Hand, aber dennoch war sie unschwer zu erkenne». Es gab im ganzen Saal keine zweite weib liche Maske von gleich hoher und edler Gestalt, und dazu trug sie die dunkle Pracht ihres Haares offen zur Schau, ohne daß ihre ge wöhnliche Frisur auch nur die geringste Abänderung erlitten hatte. Aber so viele Masken ihr auch schon Zeichen des Erkenne»? gegeben hatten, so schien doch merkwürdiger Weise gerade ihr bisheriger An beter mit Blindheit geschlagen. Häufig genug begegnete sie seinen Augen, wie sic ans der rothen Larve hervor sich aufmerksam auf ihre Gestalt richteten, aber auch nicht durch die leiseste Bewegung verrieth er, daß er sie je vorher in seinem Leben gesehen habe. War das Absicht? Wollte er sie etwa nicht mehr kennen? War er vielleicht hcrgekommcn, um sie mit Verachtung zu strafen? Das wäre die einzig denkbare Er klärung für die seinem Charakter so sehr widersprechende Thatsache gewesen, daß er der wortbrüchigen Lcopoldine in das Maskengewühle folgen konnte.
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