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halten werden kann, muß gefunden wer den, und gerade hier zeigt sich jetzt viel leicht -er Ausweg, den die Krise (Krise im wahren Sinne des Wortes, wie Ivar Kreuger sie oben definiert hat) aus -em Wirrwarr zeigen wird. Kreuger ist Anhänger der Bewegung, die aus Europa und feinen Neben räumen einen «ngeteilteu Wirt schaftsraum Herstellen möchte. Wahrscheinlich wird der Druck der finan ziellen Not diese Bestrebungen trotz aller Widerstände in der nächsten Zeit beschleu ¬ nigen. Man mag gegen „Paneuropa" noch so viel einwenoen — auf irgend einem Wege kommt es doch, nicht als Blüte einer idealen Völkerfreundschaft, sondern als Zwang zu einer Notge- meinschaft. Unter allen Wirtschaftsfüh rern ist Kreuger wohl der, dem der Ge danke an diesen rettenden Weg am näch sten liegt. Seine Unternehmung erstreckt sich über fast alle europäischen Länder, und keiner ist so wie er von der Erwar- tung ergriffen, daß entweder alle zusam- men untergehen oder alle zusammen gerettet werden. Hungern und Frieren darf niemand! Anweisungen an die Sozial- behöroen Der Reichsarbeitsminister teilt nun mehr in einem Rundschreiben an die obersten Sozialbehörden der Länder und die Neichsanstalt für Arbeitsvermtttelung und Arbeitslosenversicherung das Er gebnis der Verhandlungen mit, die mit den beteiligten Kreisen über die Gewäh. rung von Sachleistungen an Arbeitslose und über Verbilligungsmatznahmen zu gunsten Arbeitsloser und anderer Hilfs bedürftiger stattgefunden haben. Das Rundschreiben sieht von einer einheitlichen Regelung der Sachlei- ftungöfrage wegen der Verschiede«. heil der örtlichen Verhältnisse ab. In Verhandlungen mit den Spitzenver bänden der Industrie und des Handels, den Kohlensyndikaten und dem Bäckerge werbe ist eine grundsätzliche Einigung darüber erzielt worden, daß Arbeitslosen Lebensmittel und Brennstosse ver billigt abgegeben werden sollen. Das Rundschreiben befaßt sich auch da mit, wie die Verbilligung praktisch durch geführt werden kann, und fordert die Fürsorgeträger auf, in Verhandlungen mit den örtlichen Organisationen dec Wirtschaft die Maßnahmen für die Ar beitslosen und anderen Hilfsbedürftigen ihres Bezirks im einzelnen zu regeln und dabei eine möglichst umfassende Ver billigung anzustreben. stellt aber für die Behandlung der Frage durch die örtlichen Fürsorgeträger be stimmte Grundsätze auf. Danach soll die allgemeine Belieferung mit Sachleistun gen an Stelle von Barleistungen auf Brot und außerdem höchstens noch auf Kartoffeln und Brennstoffe beschränkt werden. Bei der Durchführung soll der Han del eingeschaltet werden. Mit Rücksicht auf die Erfahrungen der Kriegswirtschaft werden die Fürsorge- träger nachdrücklichst davor gewarnt, die Sachlicfcrungen in eigene Regie zu über nehmen. Ein neues Amt sür Herrn Dorpmüller Der BölkerbundsauSschuß sür die inter nationale Vergebung öffentlicher Arbeiten zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit wählte am Mittwoch den Generaldirektor der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft Dorpmüller zum Vor sitzenden. Der Ausschuß wird einen eingehenden Be richt auöarbeiten, der im wesentlichen dazu die nen soll, die an dieser Frage interessierten In dustrien und die einzelnen Regierungen zur Einreichung praktischer Vorschläge zu veran lassen. Spanien verfällt dem Radikalismus Kabineltsrücklrüt Der spanische Ministerpräsident Zamora und der Innenminister Maura überreichten der Nationalversammlung ihr Rücktrittsge such. Sämtliche Kabinettsmitglieder haben sich daraus mit Zamora identisch erklärt und den Rücktritt des Gesamkabtnetts beschlossen. Dieser Schritt steht in Zusammenhang mit der Abstimmung der Nationalversammlung über die Religionsfrage. Dort war der Ar tikel 3 der neuen Verfassung mit 267 gegen 4l Stimmen in folgendem Wortlaut verabschiedet worden: Es gibt keine offizielle Staatsreli gion. Weiterhin hatte die Nationalversamm lung mit 178 gegen 59 Stimmen die Auswei sung der Jesuiten aus Spanien und die Be schlagnahme ihres Eigentums beschlossen. Zamora und Maura waren die beiden ein zigen rechtsrepublikanischen und ktrchen- sreundlichen Männer in der Regierung. Ihre Bemühungen unter allen Umständen eine Einigung auf mittlerer Linie herbeizufüh ren und die Spaltung des Landes in zwei feindliche Lager zu verhindern, scheiterten an der radikalen Haltung der Kammer. Nach links führt der Weg Nach längeren Verhandlungen mit den Parteiführern beauftragte der Präsident des Parlaments den zurllckgetretenen Kriegs minister Azana im Namen der Nationalver sammlung mit der Bildung einer neuen Re gierung. Azana rechnet mit -er Unterstützung der bisherigen sozialistischen und radikalsozia listischen Minister. Damit wäre in Zukunft der Einfluß der Konservativen und katholischen Elemente innerhald der Nationalversammlung gleich Null. was sich angesichts -er noch lange nicht be endigten Berfassungsberatungen entschei dend für die politische Zukunft Spaniens answirken müßte. Auch die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, die bisher in den Händen des als energisch be kannten Innenministers Maura lag, wird Ler neuen Negierung viel zu schassen machen. Auszug aus der National versammlung Gestern am Spätabend wurde die Zu sammensetzung der neuen Regierung be kannt. Hiernach treten die sozialstischen und radikalsozialistischen Minister des alten Kabinetts, evenso der Außenmini ster Lerronx in das neue Kabinett ein, so daß nur folgende Veränderungen statt- findcn: Ministerpräsident: Azana,- Innenmini ster: der bisherige Marineminister Asa- res,- Marineminister: Professor Giralt, der gegenwärtige Rektor der Madrider Universität. Mit Rücksicht auf die offen katholiken feindliche Haltung der großen Kammer Mehrheit beschlossen die der Kirche freund lich gegenüberstehenden Abgeordneten, darunter die sämtlichen Deputierten der baskischen Provinzen, sowie alle Agra rier, sich sofort von der Nationalver sammlung zurückzuziehen und Madrid zu verlassen. Kammer «nd Regierung stelle« also künftig lediglich die Vertretung der Linksparteien dar, unter Vorherr schaft der extreme« Richtungen. In Madrid fanden in den Abendstun den zahlreiche Zusammenrottungen und Protestkundgebungen linksradikaler Ele mente statt, die zur gemeinsamen Ver treibung aller Priester und Ordensbrü der aushetzten. An zahlreichen Stellen der Stadt kam es zu Schlägereien zwi schen kirchenfeindlichen und kirchenfreund lichen Elementen. Die Ueberfallkomman- dos sind dauernd in Tätigkeit. Man fürchtet Angriffe auf Kirchen und Klö ster, die zum Teil von Polizei bewacht werden. schränkt werden, daß für den regulären Warenverkehr, dessen Ausdehnung wir -och alle anstreben, nichts mehr übrig bleibt. Ich habe ferner gesagt, daß unser Kredit nur gewinnen könne, wenn wir in dieser wie in anderen Fragen volle Klarheit verbreiten. Jeder Sachkundige kann sich berech ne«, daß die Inanspruchnahme -er Reichsbank d«rch illiquide, d. h. auf lange Zeit eingefrorene Wechsel die Hülste ihres Portefeuilles weit über schreiten muß, -aß aber das Publikum über diese Ein engung b-Z normalen Warenkredtts nicht ausreichend unterrichtet ist, beweist allein -ie Tatsache, daß der Herr Reichsfinanz minister für diese Inanspruchnahme das Wort geringfügig' verwendet." Selbst Ivar Kreuger wackelt! (Brief aus Stockholm.) Ivar Kreuger gehört zu -en großen skandinavischen Schweigern: die Norwe ger Ibsen und Hamsun, Moltke, -er von Geburt den Dänen näherstand ckls den Deutschen, der Finne Nurmi — alles Menschen, -ie wenig reden und deren Geist sich im Handeln, jedenfalls im Schaffen ausgibt. Tiefer Kreuger, kein Freund von vielen Worten, soll neulich zu einem Geschäftsfreund gesagt haben: „Unsinn, heute noch von Krise zu reden. Wenn der Doktor des Abends sagt: entweder stirbt mein Patient diese Nacht oder er ist morgen früh gesund und aus der Gefahr heraus, so liegt eine Krise vor. Aber was wir erleben, ist wirtschaftliches Chaos mit Sackgassen, aus denen es keinen Ausweg zu geben scheint'." Also auch Ivar Kreuger steht in die sem Augenblick ratlos vor der Lage und der deutlichste Beweis ist, daß seine Svenska Taendstickor Aktie Bolag (Schwedische Zündholz - Aktiengesellschaft) Lie Zahlung einer Interimsdividende, an die die Aktionäre zum Herbsttcrmin gewöhnt sind, aufgeschoben hat, bis man klarer sehen wird, was in diesem Win ter gespielt wird. Aufgcschoben — trotz normalen Geschäftsgangs, trotz erhebli cher buchmäßiger Gewinne. Auch ein Kreuger sieht vor -er Hand, wo er auch hinblickt, in Sackgasse« oh«e Auswege hinein. Und dabei waren Kreugers Ge schäfte so klar, schienen so ungeheuer sicher gegründet. Denn was kann es klareres geben als folgendes: man hat die Alleinfabrikation eines lebensnot wendigen Artikels in der Hand, und wo man sie noch nicht hat, verschafft man sich das Monopol dieses Artikels dadurch, daß man den immer geldbedürftigen Ländern nicht allzu karg verzinsliche Anleihen gewährt und dafür ihre Schuld verschreibungen in Empfang nimmt, die man ans Publikum absetzt oder in sei nem Portefeuille aufbewahrt. So ver dient man an dem lebensnotwendigen Artikel, für den ein Monopolpreis fest gesetzt ist (in Kreugers Fall sind es Zündhölzer), kann außerdem Zinsen ein kassieren und hat sichere Schuldner — nämlich die Länder. Mit Staaten aller Erdteile hat Kreuger diese Geschäfte ge macht. Für die Zündholzfabrikation hat er ans dem Erdball nur einen einzigen Mitbewerber: die Sowjetunion. Aber diese kann durch Verträge mit den einzelnen Ländern nach und nach aus dem Wettbewerb ausgeschaltet werden, denn die Länder brauchen Geld, und die Konzernorganisation Kreuger <L Toll verfügt durch Verbindungen mit Ame rika über fast unbegrenzte Kapita lien. Das letzte Ziel ist: auch die Sow jetunion in den Monopolbetrieb hinein zuziehen, und auch darüber sind Ver handlungen, bei denen es freilich um Milliarden geht, schon in die Wege ge leitet. Das ganze Gebäude ist gegrün det auf die Unmöglichkeit, -atz die mit -en Anleihen ausgestatteten Länder zahlungsunfähig werden. Und nun tritt dieser Fall teilweise schon ein, teils droht er cinzutretcn. Denn was steht noch fest, wenn die Bank von England ihre Pfund noten nicht mehr in Gold einlöst? Wenn die drei skandinavischen Länder infolge dessen gleichfalls nicht mehr goldzah- lungsfäbig sind? Wenn auch aus der Kapitalistenburg Holland dunkle Gerüchte herüberschwirren, der holländische Gul den sei bedroht? So bebt alles, und das Cbaos droht auch Kreugers finanzielles Gebäude zu verschlingen. Man mnsi das Finanzielle hier vom Wirtschaftliche« unterscheide«. Kreugers Fabriken, sie mögen nun Zündhölzer oder Zellulose, Lagerkugeln oder Schokolade Herstellen, werden Wei terarbeiten Der Ausmeg, wie die Ar beit auch ohne Goldwährung aufrechter Herr Dingeldey wurde nicht empfangen Wie der Vorwärts wissen will, soll Ler Füh rer der Deutschen Volkspartet, Reichstagsabge- ordncter Dingeldey beim Reichspräsidenten um eine Unterredung nachgesucht haben. Der Reichspräsident habe darauf -em Abgeordneten Dingeldey mitteilen lassen, daß er bet der augenblicklichen Lage keinen Parteiführer emp fangen könne. Eine berechtigte Mittelstands- forderunq Der erweiterte Vorstand des RcichskartellS , es selbständigen Mittelstai des. zusammcuge- 1 sitzt aus den Führern der Berufs- und Fach- verbän-e, hielt gestern im Reichstage eine Sitzung ab, tn der beschlossen wurde, für den geplanten Wirtschaftsbeirat der Reichsrcgie- rung eine Vertretung deS selbstständigen Mit telstandes zu for-ern. Handwerker-Kritik an der Notverordnung Der Reichsverbanb des deutschen Hand werks und der Deutsche Handwerks- und C>ewerbekammertag haben in einer ausführ lichen Gingab« an den Reichskanzler zur drit ten Notverordnung Stellung genommen, die zugleich auch den zuständigen Ministerien und den Fraktionen des Reichstages übermittelt wurde. In der Eingabe wird erllürt, daß das Handwerk in den Maßnahmen der Reichsregierung den schöpferischen Gedanken vermisse, der das deutsche Dock aus der unmittelbaren Not in eine bessere Zukunst weise. Eine grundsätzliche Wandlung der bis herigen Methoden der deutschen Finanz- und Sozialpolitik tn ihrer Wirkung auf di« deut sche Wirtschaft, di« namentlich die Lebens fähigkeit des gewerblichen Mittelstandes er halte und stärke, bleib« dringend geboten. Hinsichtlich des geplanten Wirtschaftsbei rates nehmen di« Spttzenverbände d«s Hand- . Werks Bezug auf ihr« Eingabe vom 24. Iult, in der di« Reichs re gterung ersucht wurde, über all« Maßnahmen, di« di« Reichsregie, runa zur Aeberwindung der Wirtschaftskrise vorbeveite, einen sachverständigen Vertrau ensmann des Handwerks zu Höven. Nachdem jetzt di« Bildung eines Wirtschaftsbetrates bet der Reichsregierung angekündtgt worden ist, wird dies« Bitte wiederholt. Zur Vorbereitung der Umschuldung Auf Grund der Notverordnung vom 6. Ok tober wird in den nächsten Tagen eine „vor läufige" Umschuldungssteüe gebildet werden, die die Umschuldung der Länder und Gemein- den sofort tn Angriff nehmen soll. Die Um- schuldungsstelle wir- sich an Gläubiger und Schuldner wenden, um Teilaktionen einzelner Gläubiger, wie sie hier und da bereits zu ver zeichnen sind, unmöglich zu machen. Auf die lange Bank geschoben Wie wir erfahren, hat sich der Aeltestenaus- schuß -es Landtages kürzlich auch mit dem be kannten volksparteilichen Antrag auf Herab setzung der Aufwandsentschädigungen der Ab geordneten und auf Nichtzahlung der Auf wandsentschädigung während -er Ferien befaßt. Gegenüber diesem Anträge fand man bald einen Ausweg: man beschloß, La die Höhe der sächsischen Aufwandsentschädigungen von der der Reichstagsabgeordneten abhängig sei, einen Beschluß des Reichstages abzuwarten. Es sieht schlimm aus in Deutschland Der neue Bericht des amerikanischen Han delsattaches in Berlin, Groves, über die Wrrtschcrftsverhältnisse in Deutschland sst wert pessimistischer sehalten als der Bericht des Bormonats. Die englische Währungs- krrfe habe den deutschen Handel auf allen Märkten ungünstig beeinflußt. Die Kredit, einschrumpfung habe zu einer ständigen Der- Minderung des Betriebskapitals geführte Groves sieht vorläufig keinerlei AnS. sicht für eine Besserung, um so mehr als die politische Lage noch völlig ungeklärt ist. Zer FM" ses Mesens Die radikalsozialisttsche „Republiaue" will erfahren haben, daß in der Sitzung des ober sten Kriegsrates, die am Mittwoch unter dem Vorsitz des französischen Staatsvräsidenten stattfand beschlossen wurde, den Haushalt des KrtegsminisKriums um ein« Milliarde Frank gegenüber -em Vorjahr zu erhöhen. Das dicke Ende kommt erst noch Wie Macdonald in einer Unterredung mit dem Vertreter des „Daily Expreß" mitteilte, wird die nächste Veröffentlichung der englischen Arbeitslosenziffer einen starken Rückgang der Arbeitslosenzahl aufweisen. Dies sei um so be deutungsvoller, als für gewöhnlich um diese Jah reszeit eine starke Vermehrung der Arbeitslosig keit zu verzeichnen sei. Amerika ist mißtrauisch Nach einer Meldung des „Daily-Telegraph* ist trotz der japanischen Erklärung vor dem Völkerbund, keine Einmischung Dritter dulden zu wollen, in der Mandschurei eine Unter suchung der Lage von amerikanischer Seite im Gange. In japanischen Kreisen hat die Jn- formationsfahrt des amerikanischen General konsuls von Charbin zusammen mit einem Beamten der amerikanischen Botschaft tn To kio tiefe Verstimmung hervorgerusen. da man aus dieser Fahrt ein Mißtrauen der Ameri kaner gegen die offizielle japanische Darstel lung der Vorfälle in -er Man-schuret heraus- Die japanische Kolonie räumt Nanking Die gesamte japanische Kolonie in Nanking mit Ausnahme der Beamten hat beschlossen, die Stadt wegen der japanfeindlichen Haltung -er Chinesen zu verlassen. Nach einem bet -er Kanton-Regierung ein getroffenen Telegramm beabsichtigt die Natio nalregierung die chinesische Hauptstadt von Nan- king nach Loyang (Honanfu) zu verlegen. Wetteivorhersag«. Meist schwache Winde, vorzugsweise aus nördlichen Richtungen. Hauptsächlich heiter. Neigung zu Nebelbildung. Nach kühler Nacht tagsüber mild.