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"""M—— . , .—... Heren und fassungslos werden, wohl gar zu Maßnahmen und Dingen schreiten, die die Kata- strophe noch vergrößern könnten. Und wenn wir auch anerkennen wollen, daß die Reichsregierung alles übernimmt, um der Situation Herr zu werden und Schlimmeres zu verhüten, und wenn wir selbst auch der Meinung sind, daß wir alle trotz aller Widerwärtigkeiten oder gerade weil unS so schicksalhaft Schweres zu tragen aufer- legt worden ist, starke Nerven und klare« Kopf behalte« müssen — so müssen wir -och auf der anderen Seite erneut mit aller Deutlichkeit betonen, daß die ReichSregterung in ihrer ganzen Politik der letzten Monate viel zu vertrauensselig gewesen ist und viel zu seht in Optimismus ihre Tage lebte und viel zu wenig aktive Politik betrieb und viel zu matt, ja wir wollen ruhig sagen überhaupt nicht an das Grundproblem unserer Tage hcrangegange« ist, an die Krage der Revision der Tribute. Ist der Zusammenbruch dieser großen Bank, sind alle die Maßnahmen der Regierung auf dem Gelb-, dem Devisen- und dem Effektenmärkte, sind alle die Beifügungen des Reichs über Geld und Eigentum seiner Bürger nicht erneut wieder Beweise schlagender Art dafür, daß wir alle mit- einander amEnde unserer Kraft sind? Mußten wir denn in diesen Jammer hinetnschlittern? Und wir müssen gestehen, wir vermissen auch heute noch das große entscheidende befreiende Rein der Regierung au alle unsere Bertragsmächte. DaS Nein des NichtmehrzahlenkönnenS. Und wer heute noch nicht sieht, daß dieses Nein nicht bösem Willen entspringt, sondern daß es gesagt werden muß, weil wir auch die anderen nicht täuschen wollen, weil wir wahr und ehrlich sein wollen und weil auch die anderen bewahrt wer den sollen vor Katastrophen im eigenen Lande — wer das alles nicht steht und erkennt, dem ist eben auch nicht zu helfen. Der Deutsche Reichs tag ist ausgeschaltet. Die höchste Instanz des Bölkes hat nichts zu sagen. In solchen schweren Zetten. In solchen Katastrophenstunden. Man soll nicht kommen und sagen, der Reichstag würde doch nur reden und sich gegenseitig in den Parteien besudeln und aushetzen. Es mag ein Körnchen Wahrheit hier drin liegen. Aber bei solchen Zuständen, wie wir sie jetzt er, leben müssen, kann es sich das Volk einfach nicht mehr bieten lassen, vollständig a«s- geschaltct zu werden. Eine Regierung, die von sich aus den Reichs tag einberuft und von sich aus, initiativ also, aktiv in die Politik eingreift und vor das Volk hintritt, nicht nur um zu sagen: es gibt jcht zwei Tage lang kein Geld mehr und ihr müßt alle recht brav und still sein, sondern die sagt: jetzt wollen wir auf einer ganz breiten Grundlage -aS Kabinett umformen und von dieser Platt form aus aktive Politik deS Handelns und der Tat betreiben — eine solche Regierung lande im deutschen Volke Gefolgschaft. Ein Volk in der wirtschaftlichen und finanziellen Lage wie das deutsche kann unmöglich dauern- mit Not verordnungen abgcspeist werden und zwischen jeder Notverordnung eine neue Enttäuschung auf wirtschaftlichem und finanziellem Gebiete erleben. Disziplin in allen Ehren, aber Disziplin halten in Mundtotmachcn ausarten lassen, ist für die Dauer unerträglich. Das Volk hat vielfach einen gesunden Instinkt. Auch daS deutsche Volk weiß in seiner überwältigenden Mehrheit, daß es für die Dauer unmöglich ist, die Tribute zu zahlen und daß durch die Tributzahlung Volk un- Reich bankrott werden. Deshalb kann es — -aS muß immer wieder gesagt werden — als dringendste Forderung nur die gebeu: Her mit der Revision der Verträge! Fort mit den Tributen! A. M. M MVvMkNMkll Mli öen MW WAN Von massgebender, der Federal Reserve Bank in Neuyork nahestehender Leite wird erklärt, daß die Frage der Kreditge währung für Deutschland von der Ent wicklung der Baseler Verhandlung ab- hängc. Die Ncuyorker Federal Reserve Bank beabsichtige nicht, selbst die Initia tive zu ergreifen, sic warte vielmehr, bis ein gemeinsames Programm der Leiter der europäischen Zentralnotenbanken vorliege. Selbstverständlich werde sich die Federal Reserve Bank an der Durchführung eines solchen Programms beteiligen. Hoover ist auf dem Posten AuS Washington wird gemeldet: Präsident Hoover konferiert seit den Mor genstunden des Montag ununterbrochen mit dem Unterstaatssekrctär Eastle. Die Attaches im Weißen Hause erklären, daß der Präsident der Lage in Deutschland „ungeteilte Aufmerk samkeit" widme. Es stehe jedoch nicht in sei ner Macht, über das Moratoriumsangebot hin aus irgendeine Aktion zu unternehmen. An- dererseits werde jede Maßnahme, die zur Lö- jung der Krise beitragen könnte, die vollste moralische Unterstützung des Präsidenten ftn- den. We dem« »ik Mr »er MWWW »ie M! Tie Berliner Presse beschäftigt sich in der Hauptsache mit dem am Montag stattgesunde, nen Sturm aus die Sparkassen und Banken. Ueberetnstimmend weisen die Blätter daraus hin, daß keine Inflation, sondern das Gegenteil „ erwarten sei. Die Blätter unterstreichen, daß -ie deutsche Wirtschaft in ihrem Kern gesund ist. Die „Germania" sagt, das Schicksal Europas bleibe weiter unsicher, wenn nicht neue und bessere Wege der internationalen Zusammen arbeit eingeschlagen werden. Diese Notwendig- leit ergebe sich gerade aus dem Geschehen -er letzten Monate als moralische Forderung, -ie sich besonders an Deutschland und Frankreich richte. Sie sei gerade deshalb richtig, weil die Nationalisten beider Länder dagegen pro testieren. Der „Lokalanzeiger" weist darauf hin, bah es nur eine technische Unmöglichkeit sei, die von den Gläubigern bet den Kassen geforderten Gelber zu zahlen, weil es an Banknoten fehle. Der „Tag" meint, daß man -ie Ereignisse der Tage, die wir jetzt erleben, im Frühjahr 1SSS oder spätestens nach den Wahlen vom letzten September hätte eintreten lassen müssen. Diese beiden Augenblicke seien verpaßt wor den. Angesichts dieser Vertrauenskrise könne ein Appell an die nationale Bewegung zur weiteren Duldung der Neichsregierung Brü ning dem Volk nicht helfen. Das Wesentlichste ist die Wiederherstellung des Vertrauens, das im In- und Auslande heute die Rechte besitzt. Der „Vorwärts" unterstreicht, daß infolge des Kapitalabzugs des Auslandes und der Kapitalflucht 16 v. H. des Kapitals aus der Volkswirtschaft entfernt worden sei. Die Ab hebungen bei den Sparkassen würden dieses Loch auf 25 und mehr Prozent vergrößern. Die Folge sei nun, daß die Fabriken jetzt noch weniger Geld als vorher in die Hand bekämen und auch noch Arbeiter und Angestellte ent lassen müßten. Die „D. A Z." stellt fest, baß Luther keinen neuen Kredit aus Basel bringt. Es -leibe dabei, daß wir n«S in erster Linie selbst helfen müssen. Es bleibe dabei, daß ein nationales Konzen trationskabinett allein noch in der Lage sein könnte, das psychologische Vertrauen im Volk wiederherzustellen. Die „Börsenzeitung" weist daraus hin, daß die These der Neichsregierung falsch war, erst einmal die inneren Finanzen in Ordnung zu bringen, ohne an die Tributerleichterung zu denken. Die Tributpolitik sei eine gruns- legen-e Verkennung der eigentlichen Hinter gründe FrankrÄchS, des HarqUnutznieberS, ge wesen. Das „Berliner Tageblatt" verlangt, daß sich' da» deutsche und französische Volk die Hände reichen. Kurs auf Paris! müsse die Parole für Deutschland lauten. Das Blatt hofft auf den Widerhall: Kurs aus Berlin. Die „Deutsche Zeitung" macht die, die cs angehe, vor dem deutschen Volke haftbar für jeden Tag, der nun noch versäumt werde, ohne daß der Weg frei gemacht werde für die natio nale Regierung! Die „Deutsche Zeitung" erklärt, die gesamte deutsche Zukunft stehe auf dem Spiel, wenn die Negierung Brüning nicht in dieser schicksals schweren Stunde unverzüglich zurücktrcte und eine Regierung der nationalen Diktatur be rufen werde. „Das Gebot der Stunde" Unter dieser Ueberschrtft beschäftigt sich die Nationalltberale Korrespondenz mit -er poli tischen Lage. In ihren Schlußausführungcn wird auf die politischen Konseauenzen htngp- wtesen. „Die deutsche Partetgeschichte ist reich an traurigen Stunden, in denen der kleine Parteigeist über die StaatSgesinnung gesiegt hat. Was bet anderen Völkern in einer solche» Stunde wie der heutigen selbstverständlich wäre, muß auch in Deutschland durchgesetzt werden. Die Sammlung aller großen, bewuvt deutschen Parteien, von den Sozialdemokra ten bis zu den Nationalsozialisten, in einer KonzentrattonSregierung zur Rettung deS Vaterlandes auS höchster Gefahr. Am Reichs kanzler ist es, ohne jeden Verzug diesen Ruk ergehen zu lassen. Wer sich einem solchen Appell in dieser Stunde versagt, hat das Recht verwirkt, in Deutschland als nationaler Politiker zu gelten." Notwendigkeit der Kabinettsumbildung? Die katastrophale Entwicklung auf dem Geldmarkt und die Vorgänge, die die Danatbank zum Schliessen zivangen, ha ben die Frage nach der Verantwortung für diese Vorgänge aufgeworfen. In po litischen wie in Finanzkreisen gewinnt die Meinung an Boden. daß es nicht so weit gekommen wäre, wenn die Rerchsbant rechtzeitig Vor sorge getroffen und durch schärfere Kreditrestriktione« ihren Devisen» bestand gewahrt hätte. Vielfach gibt man der allzu optimistischen Politik Tr. Luthers schuld. Vielfach wird mit einer Regierungsumbildung unter aktiver Beteiligung der Sozialdemokratie gerechnet, doch bleibt abzuwarten, ob die Bedingungen, die die Sozialdemokratie zum Zwecke einer ihren Ideen entspre chenden Konsolidierung der Verhältnisse stellt, von den andern Regierungspart nern angenommen werden. Der Reichstag soll zusammentreten Die DNBP. fordert die Einberufung deS AeltestenausschuffeS des Reichstages. Die deutfchnattonale Pressestelle teilt mit: Die Deutschnattonale Volkspartei hat beim Präsidenten de» Reichstages den Antrag auf Einberufung des Aeltestenausschusscs zur Be schlußfassung über die Einberufung des Reichs- tages gestellt. Auch die Fraktion der NSDAP, hat an den Präsidenten des Reichstages den Antrag auf Zusammentritt des Aeltestenrates gestellt, da- mit dieser die Einberufung des Reichstages be- schließen kann. Ein gleicher Antrag der Kommunisten ver langt „mit Rücksicht ans die katastrophale Zu- fpitzung der wirtschaftlichen Lage" die Einberu fung des Reichstages für den 16 Juli. Der sozialdemokratische Parteiausschuß ist heute zur Beratung Uber die Lage zusammen getreten. Geheimnisse »er Bolkskraft Die natürliche Entwicklung wird die Statistik Lügen strafen Die sehr berechtigten Besorgnisse über den starken Rückgang der Geburten in Dentschland haben während der letzten Jahre eine wahre Flut von Veröffent lichungen über die voraussichtliche Ent- wickluug der deutsche» Bevölkerung ver anlaßt. So verschiedenartig die bevölke rungspolitische Gruudeiustellung der ver schiedenen Verfasser ist, so stark die Auf fassungen über die Bewertung dieses Be völkerungsrückganges von einander ab- weichcn, so gemeinsam ist doch allen Un- tersuchnngen das Resultat, daß bei eiuer selbst unter Zugrundelegung des be züglich der Geburtenziffer bisher un günstigen Jahres 1927 zwar bis 1945 noch eine geringfügige Bevölkerungs- znnahme zn erwarten ist, daß aber dabei eine starke „Vergreisung" des deutschen Volkes eintrete« wird. Das heisst, dass bei immer verlangsamter Zunahme der jungen Jahrgänge der Grossteil der Bevölkerung in die alten Jahrgänge hineinwachsen und der Gc- samtbeoötkerung das Charakteristikum der Ueberalterung geben wird. Erst ganz kürzlich noch haben F. Bonz nnd F. Htburg in der „Zeitschrift für an- geivandte Mathematik und Mechanik" eine wissenschaftlich fnndierte, aus nwthe- matischen Gesetzen entwickelte Unter suchung über Lie Bevölkerungsentwick ¬ lung in Deutschland veröffentlicht, die zu der gleichen Folgerung gelangt und nun ajso die Theorie von der „Vergreisung" des deutschen Volkes nnansechtbar zu be stätigen — schiene, wenn die beiden Ver- lasser sich nicht ausserdem eiuer anderen mehr bevölkerungS physiologischen, als mathematischen Aufgabe unterzogen hätten. Sie haben nämlich untersucht, inwie weit auf diesem Gebiete Voraussagen überhaupt anerkannt werden können selbst wenn sie noch so wissenschaftlich „exakt" nntermauert sind. Dabei sind sie erfreulicherweise zu dem Schluß gelangt, daß die geheimnisvollen Kräfte des Bolksganzen alle derartigen langfristigen Vorher sagen umstoße«. Es tritt dabei eine Art Selbsthilfe der Natur ein, die das natürliche Gleichgewicht wieder herzu- stelle« strebt. Diese Selbsthilfe der Volksnatur, Sie übrigens auch schon nach Kriegen mit schwerem Männcrverlust beobachtet wor den ist, setzt sich in einem Zeitraum von etwa anderthalb Jahrzehnten durch. Langfristige Schlussfolgerungen aus den statistischen Tatsachen der Gegenwart sind also unzulässig oder mindestens unzuver lässig, sofern sie die voraussichtliche Ent wicklung in einer Zett jenseits dieses etwa 15jährigen Zeitabschnittes festzu. legen versuchen. Also: in Anbetracht der ganz zweifellos gesunden Natnr des deutschen Volkes braucht man sich vor dem Gespenst der „Vergreisung" aller Wahrscheinlichkeit nach nicht ernsthast zu sürchten. MM Sie WOM MWWW UM Den Entschluß, die Schalter der Tanat- bank zu schließen, begründete Jacob Gold schmidt in einer Pressebesprechung: Gesamtabhebungen von Auslandsgelderu auS Deutschland von etwa 3 Milliarden Reichsmark seit dem 30. Juni vorigen Jahres habe die Danatbank etwa 950 Mil. lionen bis 1 Milliarde an flüssigen Mit. teln verloren. Es entfalle somit auf die Da«atba«k etwa ei« Drittel aller Abziehange« aus Deutfchlaud. Seit Anfang Mai seien der Danatbank KZO Millionen Reichsmark entzogen worden. Angesichts der Verzögerung der ausländi. schen Krcdithilfe für Deutschland und der hierdurch bedingten schärferen Repres sionsmaßnahmen der Reichsbank sei es un möglich gewesen, von dieser Seite Hilfe zu bekommen, ebenso von anderen Großbank- krcisen, da ja die Gesamtbankenschaft Deutschlands durch die Entwicklung der letzten Wochen in Mitleidenschaft gezogen worden sei. Es sei eben unmöglich, o^e Herbeiführung einer Krise, innerhalb von fünf bis sechs Wochen die Mittel aus dem deutschen Wirtschaftskörper herauszuzic- hen, die man in einem Zeiträume von fünf bis sechs Jahren in ihm investiert habe. Königsberg unter Staats- auisicht gestellt Auf Grund der Notverordnung des Reichs- Präsidenten hat der Regierungspräsident den Oberregierungsrat Eschenbach zum StaatS- kommissar für die Ausgleichung der Einnah- men und Ausgaben der Stadt Königsberg im Jahre 1981 ernannt, so -aß für den geplanten Bau der 842 Wohnungen keine Stockung zu besürchten ist. Französischer Angriff auf den Slerlingkurs Der Finanz-Korrespondnt des Arbeiter- blattcs „Daily Herold" sagt zur Lage auf dem Geldmarkt: Es ist damit zu rechnen, daß im Laufe dieser Woche infolge eines Angriffs Frankreichs auf den Sterling. Kurs Millionen an Gold zurückgezogen werden. Die ersten Goldverschisfungen nach Paris dürften heute beginnen. Ties bildet einen Teil eines französischen Plans, durch den Snowden gezwungen werden soll, seinen gegen weitere britische Opfer in -er Kriegsschulden frage gerichte ten Standpunkt abzuändern. Der Zweck: Lockerung der Familienbande Der Vollzugsausschuß für das Leningra- -er Gebiet gibt bekannt, daß demnächst eine Massempelsung von 10N000 Personen dem Be trieb übergeben wird. Die Küche solle -er Auf lösung des Familienstandes und -er Erweite rung der Kollektivisiernngsvolittk in der Fa milie selbst bienen. Arbeiter würden keine Lebensmittel mehr direkt beziehen, sondern mit ihren Kindern von den Fabriken gespeist werden. Reichsgericht bestätigt das Urteil im Saffran-Prozeh Im Mordprozess Saffran, -er am Mon tag den Strafsenat des Reichsgerichts als Revisionsinstanz beschäftigte, ist das Ur teil des Schwurgerichts Bartenstein vom 25. März bestätigt worden. Ter Senat hat die Revisionen der wegen Mordes und Mordversuchs zum Tode und zu Zucht haus verurteilten Angeklagten Saffron und Kippnich verworfen. Die Todesurteile sind damit rechtskräftig geworden Tie anderen im Prozess Angeklagten und Ver- urteilten hatten keine Revision eingelegt. 4yettervora«Ssage: Im ganzen Fortdauer des unbeständigen Witterungscharakters. Vorüber gehend Auf« heiterung, wechselnd mit starker Bewölkung und Regen. Dabei örtlich Gewitter. Schwache bis mäßige, zeitweilig auch auffrischende Winde au« Süd bis West. Temperaturen entsprechend schwankend, im ganzen wenig geändert.