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r«ng Udrzal eintraten, hatte sich aber das inncrpolitische Gleichgewicht so verscho ben, daß die deutschen Parteien gewisser, maßen nur noch die Gefangenen der tschechoslowakischen Parteipolitik waren. Wie der letzte Parteitag des Bundes -er Landwirte bewies, ist die dentsch« Politik in »er Tschecho- slowakei auf de« tote« Prikte «m-elas-t. Die Entwicklung der nationale« Frage geht allzu langsam und nicht geradlinig vor sich, erklärte -er auS dem Bund -er Landwirte hervorgegangene Minister Dr. Spina. Sie geht in Spiralen, die nur langsam anstergen. Noch immer wir- von tschechischer Seite das deutsche Siedlungs gebiet geleugnet, .-och immer wird versucht, dieses Gebiet — ebenso wie die deutsche Wirtschaft — zu tschechisieren, noch immer ist das engherzige die Verwaltung vielfach hemmende und den deutschen Staatsbürger verbitternde Sprachenrecht in Geltung, noch immer werden -er Heranziehung -eS deutschen Elementes in die öffentlichen Dienste Schwierigkeiten entgegengesetzt, und noch immer entschei den bei der Vergebung staatlicher Liefe rungen einseitige nationale Rücksichten. Dr. Spina machte die Tschechen nachdrücklich darauf aufmerksam, -aß die Deutschen sich nach fünfjähriger Regiernngsteiluahme nicht «ehr nur mit theoretischer Anerkennung de» guüge« könnte«, sondern daß sie end- lich nach den viele« Worte» uu- Ver sprechungen auch Tate« sehe« möchte«. Sein Appell an den Edelmut beS tschechi- scheu Volkes, aus rein staatlichem Denken heraus den Minderheiten das freiwillig zu gewähren, was sie sich jetzt nur ungern und bruchstückweise «bringen lassen, muß jeden Deutschen in der Welt eigenartig berühren. Doch wir erlebten ja erst dieser Tage hochpolitische Auseinandersetzungen tm Prager Senat. Alle tschechischen und slo wakischen Senatoren schwärmten für di« Kleine Wirtschaftsentente. Nur die fude- tendeutschen Senatoren huldigten der Wirtschaftsvernunft. Der Ehristlichsoziale Senator Feierfeil befürwortete den Anschluß der Tschechoslowakei an die Leutsch-österreichische Zollunion. Er er klärte frei heraus, die Kleine WirtfchaftS- entente wäre ein politischer Traum, aber kein Geschäft, da Lie Tschechoslowakei gar nicht in -er Lage sei, die Agrarüberschüsfe Jugoslawiens und Rumäniens aufzuneh men. Senator Scholl vom Runde der Landwirte versuchte den slowakischen un tschechischen Senatoren klar zu machen, daß ihre Gegnerschaft gegen Deutschland Torheit wäre, da Lie Deutsche» ««d Oesterreicher als erste die earopäische Forderung «ach dem Zusammenschluß großer Wirt- fchaftsverbände verwirklicht hätte«. Gefruchtet hat es nichts. Ein Umschwung wir-, wie Dr. von Mebinger richtig er kennt, erst eintreten, wenn die vom Na tionalismus verblendete Prager Politik endlich unter Lem Drucke -er Wirtschafts krise ihren realen Vorteil erkennt und wenn sie ihre Allianzen mit fernen Staa ten mehr in den Hintergrund stellt und die Folgerungen aus der geographischen Lage Böhmens und der tausendjährigen Geschichte Les Landes und Volkes zieht. Massenkündigungen bei Hamburger Werften Di« Werst von Blohm L Voß und die Deutsche Werft haben ihren sämtlichen kauf männischen und technischen Angestellten, sowie den Werkmeistern zum nächstzulässtgen Termin gekündigt. Während eS sich bet der Deutschen Werft lediglich um formal« Kündigungen handelt, die mit den augenblicklichen Tarifver- handlungen zusammenhängen, sind di« Kün digungen bei Blohm L Voß durch den hohen Grad der Beschäftigungslosigkeit be- dingt. Teilausstand im Berliner Baugewerbe In Berlin sind am Dienstagvormittag mehrere hundert Bauarbeiter in den Ausstand getreten. Der kürzlich gefällte Schiedsspruch, der eine Lohnherabsehung von rund 8 v. H. vorsah, ist von den Arbeitgebern anerkannt, von den Arbeitnehmern aber abgelehnt worden. Auf verschiedenen Arbeitsstellen wurde den Arbeit- nehmern bekanntgegcben, daß infolge deS jetzigen tartflosen Zustande- der Lohnabbau ab DienS- tag wirksam werde. Daraufhin erfolgte auf zahlreichen Bauplätzen die sofortige Arbeit-- etnstellung. Im Lause deS Tages hat sich die Bewegung weiter au-gedehnt. Der Deutsche BaugeiverkschastSbund rechnet damit, daß beute etwa 80 v. H. aller Berliner Baubandwcrker sich tm An-stand befinden werden. In den nächsten Tagen werden voraussichtlich weitere Verband- lnngen vor dem staatlichen Schlichter stattfinden. Wer baut, bleibt steuerfrei Staatliches Liebeswerben um das private Baukapital Dal Wohnungsbauprogramm der Reichs- reglerung für daS Jahr 1931 hat in vauunter- nehmerkretsen vielfach starke Anfeindung er- fahren. Man befürchtet, daß durch die Drosselung der für Neubauten zur Verfügung gestellten HauSztnösteuermittel eine starke Drosselung -eS gesamten BaumarkteS erzwungen wird, beson- derS da ein großer Teil der diesjährigen Mittel bereits vorgreifend im Herbst und Winter des vorigen Jahres verbraucht wurde. Die Re gierung steht demgegenüber auf dem Standpunkt, daß der Ausfall an subventionierten Bauten durch eine stärkere Heranziehung deS pri vate» BaulapitalS ausgeglichen werden dürfte. Sie hat zu diesem Zweck in ihrer Notverordnung vom 1. Dezember 1930 be- deutende Steuererleichterungen vorgesehen, die im übrigen nicht nur für Ersteller von Neu- bauten gelten, sondern auch für AlthauSbesttzer von Bedeutung sind. Der Erlaß von Körperschaftssteuer und Auf- brtngungsumlage für Wohnung-neubauten, die bis 31. 8. 1934 bezugsfertig sind, betreffen zwar vor allem gröbere Bauunteruehmungen. Und auch der Erlaß der Grundsteuer ist keine neue Erleichterung, sondern kam bereits in den letzten Jahren zur Anwendung. Dafür bildet eine sehr einschneidende Neuerung der völlige Erlaß der Einkommens- »ud Vermögenssteuer für die gekennzeichneten Neubauten, besonders da er sich nicht nur aus den Erbauer der Häuser, sondern auch auf etwaige spätere Käufer bezieht. Neu ist auch die Bestimmung, daß nur drei Viertel der von der Steuererleichterung betrof- fenen Neubauten für Wohnungszwecke zur Ver fügung stehen brauchen. Ein Viertel kann durch- aus gewerblich auSgenntzt werde». Sin be sonderes Entgegenkommen stellt auch die vor- schrift dar, daß Hojraum und Garten, insoweit sie -« dem Neubau gehören, bis zm» zwölf- fachen der erbauten HauSfläche nicht zu Steuern herangezogen werben, desgleichen die Bestim mung, daß außer der Aufhebung der staatlichen Grund steuer auch eiue Befreiung von Gemeinde» zuschllkgen eintritt. Die Steuererleichterungen für den Althaus besitz rühren an eine besonders wunde Stelle unseres WvhnungSmarkteS. Die Flucht aus den großen Wohnungen hat einen großen leer- stehenden Wohnraum geschaffen, der bisher nicht ausgenUtzt werden tonnte und brach liegt, weil die Hausbesitzer nicht in der Lage waren, die notwendigen Umbauten bet einer Teilung der großen Wohnungen in kleinere auf sich zu nehmen. Hier fall eine Ermäßigung der Ha«SziaS» - stener einen Anreiz für die Verkleinerung der Wohnungen und für die Herabsetzung der Mieten schaffen. Die HauSzinSsteucr ermäßigt sich um die Hälfte, wenn auS einer großen Wohnung zwei kleinere und um ein Drittel, wenn aus einer Wohnung drei neue ge- schaffen werden. Auch die Steuerfreiheit für Hypotheken, die von Hausbesitzern zur Durch führung von Reparaturen ausgenommen wer den, gehört hierher. Ob diese Steuererleichterun gen für die dringend notwendige Belebung des BaumarkteS ausreichen, bleibt freilich nach wie vor eine offene Frage. Theoretische Zweifel helfen hier nichts. Allein die Praxis kann hierauf eine Antwort geben. Severing über die Notverordnung Der Vorsitzende der deutschnationalen Land- tagSfraktion in Preußen, Abg. von Winterfeldt, hatte vor kurzem an den Minister deS Inneren, Severing, einen offenen Brief gerichtet, worin er um Auskunft bat, wieweit der Minister an dem ZustmrLekommen Ler Notverordnung deS Reichspräsidenten gegen politische Gewalttätig keiten beteiligt gewesen sei. In seiner Antwort teilt Minister Severing mit, er sei an dem Zustandekommen der Notver ordnung insofern beteiligt gewesen, als er bei den zuständigen Stellen deS Reiches und Preußen- um Erlaß gesetzlicher Bestimmungen gegen die Verrohung der politischen Sampfforme» vorstellig geworden sei. Außerdem habe er in wiederholten Besprechungen, zuletzt auf Ler Konferenz im Reichsministerium deS Innern, -er ReichSregie- rung seine Auffassung über die erforderlichen Maßnahmen mitgeteilt und dabei auch ausge sprochen, daß sich bas geforderte Mehr deS ge setzlichen Schutzes nicht nur gegen die Gottlosen- propaganda, sondern gegen jede Art der politischen und kalt«» relle» Verwilderung richten müsse. Auf die endgültige Formulierung der Notverordnung habe er jedoch keinen Ein fluß nehmen können. Zum Schluß begrüßt Minister Severing die Erklärung der deutschnationalen FraktionSvor- sitzenden, daß auch er die Notwendigkeit eine- Schutzes deS Lebens der Bürger gegen ein polt- tischeS Rowdytum nicht verkenne. Es komme bei diesem Schutze aber nicht so sehr darauf an, erst im letzten Augenblicke den RowdyS die Mordwaffe auS der Hand zu schlagen, als viel mehr der Verwilderung entgegenzutreten, die zur Mordtat anretze und den Mord verherrliche. Ein Staat, der dieser Vergiftung des öffentlichen Lebens nicht entgegentrete, gewahre seinen Bürgern nicht nur keinen Schutz, souderu gebe sich selbst auf. Von einer Gefährdung der Vereins- und Ver- sammlungSfreiheit, der Freiheit in Wort und Schrift, die auch die Freiheit anderer aner- kenne und achte, solle in Preußen nicht die Rebe sein. Die Londoner Reise Brünings und Curtius' Der deutsche Botschafter in London Frei. Herr von Neurath stattete am Dienstag dem Foreign Office einen Besuch ab und besprach mit dem Unterstaatösekretär Van, sittart das voraussichtliche Datum der Zusammenkunft des deutschen Reichskanz lers und des deutschen Außenministers mit Macdonald und Henderson in Eng- land. Die zn erörternden Programmpunkte wurden in der Aussprache nicht berührt. Lie liegen noch keineswegs fest, jedoch las sen englische Kreise dnrchblicken, daß die allgemeine Lage in Europa sowie die Abrüstungskonferenz zur Sprache kommen werden. Es gilt weiter als sicher, daß das österreichisch- deutsche Problem angeschnitten wird. Die Möglichkeit, daß auch -ie Re parationsfrage behandelt werden soll, wird in englischen Kreisen nicht ab. gestritten. G Briand möchte auch dabei sein Nachdem in Pariser unterrichteten Krei sen behauptet worden war, baß Briand bisher überhaupt keine Einladung zur Teilnahme an den deutsch-englischen Be- sprechungen in ChequerS erhalten habe und daher diese Einladung auch gar nicht habe ablehnen können, wurde von amt. licher französischer Seite plötzlich mitge- teilt, daß Briand doch schon vor mehreren Wochen eine Einladung nach Eheauer« er- Balten stabe, bei der allerdings der Zeit punkt nicht festgesetzt gewesen sei. Briand habe sich die Antwort darauf Vorbehalten, da er im Mai infolge der französischen Präsidentenwahlen stark beschäftigt sei. Infolgedessen könne von einer offiziellen Annahme oder Ablehnung der englischen Einladung durch Briand vorläufig nicht die Rede sein. Anscheinend handelt eS sich hier nm einen Wink an die Londoner Adresse, BrianL doch noch einmal offiziell cin- zuladen, da eine Nichtbeteiligung Briands an den Londoner Besprechungen in Frankreich als allzu peinlich und für das französische Ansehen abträglich empfunden werden würde. * Keine London-Reise Mussolinis Die in der Auslandspresse aufgetauchLe Meldung über einen bevorstehenden Be such Mussolinis in Loudon findet in Rom keinerlei Bestätigung. Versicherung sämtlicher Eisenbahnfahrgäste in Rußland Da sich in der letzten Zeit mehrere große Un fälle auf den russischen Eisenbahnen ereignet haben, hat der Rat der Volkskommissare in Gowjetrußland ein Gesetz über die Versicherung sämtlicher Fahrgäste angenommen. Die Ver sicherung tritt mit der Lösung der Eisenbahn fahrkarte in Kraft. London wird nicht A brüstunqskonferenzort Die vom „Daily Herald" gebrachte Be- hanvtung, daß Henderson als Zusannnen- knnftSort für die Abrüstungskonferenz London Vorschlägen wollte, wir- in den englischen amtlichen Kreisen al- nicht zu. trefferrd bezeichnet. Auf der letzten yöl. kerbun-sratssitzung seien sich die Mit glieder des Nates schon im Prinzip über Genf einig geworden. Belgische Sozialisten fordern Aufhebung des Versailler Vertrages Der Parteitag der belgischen Sozialisten schloß seine Arbeiten mit -er Abänderung LeS Parteiprogramms. Las nunmehr die Forderungen der Aufhebung des Versail ler Vertrages, der Abschasjung der Ge- heimdiplomatie, der Beilegung internatio naler Streitigkeiten durch Lchtedsverträge und die Anerkennung der Sowjetrepublik enthält. Auf wirtschaftlichem Gebiet wird -ie Einführung -er 40-Arbcitsstunden- Woche und Ler Kampf gegen das Schutz zollsystem gefordert. Verdun ist wieder abwehr- bereit Dem „Malin" zufolge sst ein Teil der im Weltkrieg zerschossenen Befeftlgungswerk um Verdun wieder hergestellt worden. Du Forts von Daur, Douaumont und Mouiam- vikle seien wieder knegsverwendungsfähsz. Bei den Wlederherltellungsatbeiten ist fest- gestellt worden, daß die drei Werke, die durchschnittlich von 120 VOO Granaten ge- troffen worden seien, oerhältmsmäßig ge ringen Schaden erlitten hätten. Nur .die oberen Aufbauten seien zerstört worden. Dabei habe jedes der genannten Forts über 2000 Schuß aNerschwersten Kalibers erhalten. Berufung des früheren amerikanischen Innenministers verworfen Das Appellationsgericht des Staates Columbia hat einmütig beschlossen, die Berufung des zu Gefängnis verurteilten früheren Innenministers Albert B. Fall, -er Bestechungsgelder in Höhe von 100 000 Dollar von dem in den Oelskan-al verwickelten Amerikaner Doheny ange nommen hatte, zu verwerfen. Falls der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staa ten als letzte Instanz eine Revisionsver handlung ableynt, wird der frühere ame rikanische Innenminister Fall eine ein jährige Gefängnisstrafe abzusitzen und außerdem 100 000 Dollar Geldstrafe zu zahlen haben. Demokratischer Erfolg in Chikago - Am Dienstag fand in Chikago Bürger meisterwahl statt. Der Demokrat Cermak siegte mit 168 000 Stimmen Mehrheit über den bisherigen Bürgermeister Big Bill Thomson. Die Wahlbeteiligung Ivar sehr groß. Staatsstreich in Afghanistan? „Daily Telegraph" meldet aus Nom. daß sich der ehemalige König Amanullah aus Afghanistan auf dem Wege nach seiner Heimat befinde. Er beabsichtige, durch einen Staatsstreich wieder an die Macht zu gelangen. Im Zusammenhang mit diesen Gerüchten wird eine Verordnung des Vizekönigs von Indien erwähnt, wo nach Veröffentlichungen und Behauptun gen, die geeignet sind, die Beziehungen der inLischen Regierung zu fremden Negie rungen zu gefährden, mit mehrjährigen Gefängnisstrafen geahndet werden sollen. Meitzner Exportporzellan des 18. Jahrhunderts für den Orient i« der Dresdner Porzellansammluag Wenig bekannt ist es, daß die Meißner Por zellanmanufaktur schon bald nach ihrer Begrün- Lung, vor allem aber in der „Marcolinizeit". einen lebhaften Exporthandel nach der Türkei und den übrigen Orient betrieben hat. Sie ist dabei, indem sie sich ganz an die dortigen Be dürfnisse hielt, zu ganz besonderen Gestaltungen gelangt. Da diese Stücke ausschließlich versandt wurden, so kommen sie bet uns kaum vor, sind aber auch im Orient kaum noch zu haben. Ein Teil derselben konnte trotzdem schon früher er worben werden; die noch fehlenden Typen, vor allem die Eßgeschirre, jedoch erst jetzt aus der reichhaltigen Sammlung des Barons Max von Oppenheim in Berlin, dem früheren Minister- residenten von Persien und AnSgraber von Tell Halas. Sie sind damit jetzt in der Porzellan sammlung in einer Vollständigkeit vertreten, wir nur noch im Antikenmuseum in Konstantinopel. Sie haben ihre Aufstellung in der Abteilung der „Marcoliniporzellane" gefunden. . Wettervorhersage. Schwache Winde hauptsächlich aus nörd lichen Richtungen. Meist heiter. Nacht- örtlich Nebelbildungen. Nach kühler Nacht am Tage warm.