Suche löschen...
Sächsischer Landes-Anzeiger : 13.07.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-07-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188807132
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880713
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880713
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-07
- Tag 1888-07-13
-
Monat
1888-07
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 13.07.1888
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
- ..... /- " """ WW^sWWWW» Nr. 161. — 8. Jahrgang. Sächsischer Freitag, 13. Juli 1888. »nzelqenvrri- de» „Sachs. 8im»er.«i>zriier«"r Raum einer schmalen Corpn-zeile 1» Pka. Bevorzugt« Stelle (I spalt. Petitzelle) SO Pf. BeiWiederholunggroßer AnnoncenRabatt. Bei Bestellungen von Auswärts wolle nia» Jnsertionsbetrag (in Briefmarke») beiflige» 6e 8 Silben Torpusschrist bilden ca. 1 Zelle.) Annoncenannahme nur bi» Vormittag Pnl«l>: MMn WA Buchdrinkerel, Chemnitz. Theaterstraße S <Ferns»rechstelle Nr. ISS). Telegr-Adr-: LandeS-Anzeiger, Chemnitz. Mit täglich einem besonderen Unterhaltnngsblatt: i. Kleine Botschaft — 2. Sächsischer Erzähler — 3. Sachfische Gerichts-Zeitung 4. Sächsisches Allerlei — 5. Jllnstrirtes Unterbaltnngsblatt — 6. Sonntagsblatt — Ertra-Beiblatt: Lustiges Bilderbuch. K« jeden Wochentag Abend (mit Datum de« folgenden Tages) zur Versendung gelangende „Silchstsche LandeS-Anzetgrr" mit täglich einem besonderen Unter- baltungSblatte und mit dem Extrabeiblatt Suftiges Bilderbuch kostet bei den Ausgabe stellen monatlich 70 Psg., bei de» Post-Anst. 7ö Ps. (1888er Ztgs.-Preisliste Nr. S035.) FürAbonneuten erscheiutjeeinmalimJahr: Somnier-Eiskiiliahnfahrvlaiiheft für Sachsen. r?inker-Eisenbahnfahrt>Innl>eft flir Sachsen, stllnstr. Kalender des Sächsischen Nindboten. JllnstrirterJahresbnchdeSüaudeS-AnzeigerS. Zlliiiiks-Meizkl mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. Amtliche Bekanntmachungen. Ucber da» Vermöge» des Strumpfwirkers Carl Heinrich Nestler iu Adorf wird heute am IO. Juli 1888 Vormittags st.,12 Uhr das Konlurs- verfahre» eröffnet. Der Rechtsanwalt Hösel in Chemnitz wird zum Äoiikursverwalter ernannt. Konknrsforderuiigeii sind bis zum 7. August 1888 bei dem Gerichte auznmelde». Es wird zur Beschlußfassung über die Wahl eines anderen Verwalicrs, sowie über die Bestellung eines Gläubigcrausschusses und eintretenden Falles über die in 8 IM der Konkursordnung bezeichnete» Gegenstände aus de» 28. Juli 1888 Nachmittags 4 Uhr und zur Prüfung der angcmeldetcu Forderungen auf den 24. August 1888 Vormittags 10 Uhr vor dem Unterzeichneten Gerichte Termin anberaumt. Allen Personen, welche eine zur Konkursmasse gehörige Sache in Besitz haben oder z»r Konkursmasse etwas schuldig sind, wird ausgegcbeu, nichts au den Gemcinschuldner zu vcr- absolgen oder zu leiste», auch die Verpflichtung anserlcgt, von dem Besitze der Sache und von den Forderungen, für welche sie aus der Sache abgeson derte Befriedigung i» Anspruch nehme», dem Konkursverwalter bis zum II. August 1888 Anzeige zu mache». Königliches Amtsgericht zu Chemnitz. In dem Konkursverfahren über das Vermögen des Strumpf- und Hand- schuhsabrikante» Heinrich ChristianFriedrich Radtke, Inhabers der Firma C. F. Radtke inChem»itz,isti»Folge eines von demGeuicmschttldiicr gemachteuVorschlags zu einem Zwaugsvcrgcicdc Vcrgleichstermin aus den 6. August 1888, Vor mittags 10 Uhr, vor dem Königliche» Amtsgerichte Hierselbst «»beraumt. Chemnitz, am 10. Juli l888. Königliches Amtsgericht. Im Handelsregister für den Landbezirk des »ntcrzeichncten Amtsgerichts wurde heute ans Folinm 317 vcrlantbart, daß der Kansnian» Herr Julius Herma»» Schönfeld in Niederrabenste!» in die Firma Gustav Schön- scld daselbst als Theilhaber ciugetreten ist, sowie, daß die demselben ertheflt gewesene Prokura erloschen ist. ' Chemnitz, ani 10. Juli 1888. Königliches Amtsgericht. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde he»te aus Folinm 2 >2 vcrlantbart, daß der Kaufmann Herr Hermann Wilhelm Tasche ans der Handelsgesellschaft unter der Firma Eckardt c« Sohn in Chemnitz als Theilhaber ausgeichieden ist, daß der andere Mitinhaber, der Kaiismann Herr Rudolf Eugen Licbig daselbst, das Handelsgeschäft der aufgelösten Gesellschaft nnlcr der bisherigen Firma fortführt, sowie, daß Herr» Hermann Wilhelm Tus be Prokura ertheili worden ist. Chemnitz, am 10 Juli 1888. Königliches Amtsgericht. Ortsbelfördliche Bekanntmachungen. Aintsgeriehtlichc Vcrsteigeruiigen. Hohciisteiii-Eriistthal. Freilag, den 13. dieses Monats, von Vor mittags 9 Uhr ab wird eine größere Parttiie Wollen- und Weißwaaren gegen Bnarzrhlttiig n, dem Restaurant Herrn Schmidt's in Cruslttial — Poststraßc nach Oberlnngwitz — öffentlich versteigert. — Im hiesigen Anctivnslocal ge langen Dienstag, de» 17. Juli 1883, Vormittags 9 Ugr, 2 Kommoden, 1 Regulator, 1 Sopha rc. zur Versteigerung. Telegraphische Nachrichten. Vom 11. Juli. Petersburg. Die Königin Natalie von Serbien wird hier erwartet. PobiedviivSzcw ist nach Wiesbaden gereist, um die Königin unter seinem Schutze nach Rußland zu gclcilen. Wien. Von der Durchführung der neuen Truppendislvkationcn in Galizien, über die sich jetzt die russischen Blätter sv ungehalten zeigen, ist, wie der „Czas" meldet, zuvor der russische Militär attache«: in Wien, Oberstleutnant Sujew, genau unterrichtet worden. — Der „Pol. Cvrr." ziflvlgc hat außer dem römischen auch das Wiener Kabinet der Suez KnilNeiilioii zugestimiiit. Der Beitritt der deutschen und der spanische» Regierung ist gesichert. Sobald die Zu stimmung aller berufenen Mächte erfolgt ist, wird die Unterzeichnung in Paris stattfinden. — Die Türkei wird demnächst eine größere An zahl deutscher Postbeamten engagiren. Belgrad. Hier wird das Eintreffen des Kronprinzen in den nächsten Tagen bestimmt erwartet. Nachdem die Königin die Kompe tenz der Synode bestritten und das Verlangen ausgesprochen, daß die Angelegenheit vor das Konsistorium der Belgrader Diözese gebracht werde, hat dqr König in diese Forderung gewilligt. Das Konsistorium befaßt sich bereits mit der Angelegenheit. Konstantinopel. Die unerwartet schnelle Abreise des Fürsten Radolin, der auf telegraphischen Befehl des Kaisers Wilhelm schon Freitag in Berlin eintreffen und unterwegs auf der Station Ras grad mit White noch eine Unterredung habe» soll, wird vom Sultan um so mehr bedauert, als die Kaiserbegcgnung denselben ungemein beunruhigt und er ein eventuelles österreichisch-russisches Einver nehmen als der Türkei direkt gefahrdrohend ansieht. Daher werden auch Ministerverändcrnngen im russischen Sinne geplant. Der otto- manische Botschafter in Berlin bestätigt, daß Kaiser Wilhelm mit dem Zaren Battenbergs Heirath zu arrangiren suchen werde. Frankfurt a. M., 12. Juli, 10 Uhr Vorm. Wie die „E»rop. Corr." meldet, bereitet die Nnssenpartei in Belgrad die Proklamation des Kronprinzen zum König und Einsetzung einer Regentschaft vor. Zum Bericht über Kaiser Friedrichs Krankheit. Chemnitz, den 12. Juli. Der Bericht über die Krankheit Kaiser Friedrichs wird zweifellos einen außerordentlich hefligen Streit unter den Aerzien verursachen. Die „Voss. Ztg." bereitet bereits in folgender Ausführung auf einen scharfen Angriff vor, indem sic schreibt: „Jedem unbefangenen Auge wird die Darstellung in ihrem Zusammenhänge als das erscheinen, was sie ist, nämlich als die nachträgliche Rechtfertigung eines ärztlichen Parteistandpunktes, der sich im Gegensatz zu einer anderen ärztlichen Meinung befand, welcher der verstorbene Kaiser sein Vertrauen zn- wandte. Nicht den Eindruck wissenschaftlicher Objektivität erhält man ans der Lektüre dieser auf ein einziges persönliches Ziel gerichteten, im Wesentlichen polemischen Darstellung, sondern den Eindruck, daß der beklagenswerthe Tod des unglücklichen Kaisers, anstatt den ärzt lichen Kampf zum Schweigen zu bringen, im Gcgentheil dazu benutzt werden soll, um ihn um so heftiger zu entflammen. Es ist eine sehr verfehlte Täuschung, wenn man meint, das öffentliche Urtheil werde mit dem Erscheinen dieser Schrift fertig und für alle Zeilen abgeschlossen sein. Scho» jetzt wird uns von zuständiger Seite ver sichert, daß die sachlichen Angaben und Behauptungen in der mit „amtlicher" Autorität erschienenen Darstellung zum Theil die Wahr heit völlig auf den Kopf stellen und einer Widerlegung und Richtig stellung bedürfen, die nicht ausbleiben wird. Das ärztliche, wie das übrige Publikum wird dabei keineswegs auf die Berichterstattung vr. Mackenzie's angewiesen sein, der seinerseits, wie sich voransschen läßt, von dem Rechte der Abwehr jetzt vermuthlich den weitesten Gebrauch machen wird. In der durch die bekannten Agitationen gegen die Regierung Kaiser Friedrichs gezeichneten Presse wird schon jetzt der Versuch gemacht, als Quintessenz der ganzen Veröffentlichung den Eindruck zu verbreiten, daß der Tvd des Kaisers lediglich der auf Betrug und Eigenliebe gestützten Behandlungsweise Mackenzie's zuzujchrciben sei. Wenn dies in Wahrheit die Uebcrzcugnng der berichtenden Aerzte wäre, so würde man sich vergeblich fragen, wie nicht »nr sie, sondern wie auch die Regierung die Verantwortung dasür übernehmen konnte, diese Ucberzeugung erst nach dem Tode des Kaisers in authentischer Form zu verkünden, anstatt, wenn aus reichender Grund dazu vorhanden war, mit allen Mitteln damals cinzugrcifen, als es noch Zeit war, das angeblich verschuldete Un heil abzuwenden. Jedenfalls darf man sich auf höchst unerquickliche Auseinandersetzungen und nachträgliche Offenbarungen bezüglich dieser „Schnldfrage" jetzt leider gefaßt machen, die dem traurigen, für die Nation so erschütternden Drama alles Andere eher, als einen ver söhnlichen Abschluß geben können." In der That besteht eine Lücke. Wenn man wußte, daß Mackenzie ein Charlatan war, weshalb griff man nicht zu energischen Mittel», als es noch Zeit war? Hier fehlt die Antwort. Sic wird Leidenschaftliche Herzen. Roman von Karl Zastrow. Fortsetzung. Nachdruck verboten. „Du zürnst mir, Edmund?" fragte sie in jenem Schmeicheltone, mit dem sie, wenn sie wollte, das kälteste Herz bezaubern konnte; „ach! wohl mag es Dich verletzen, daß Deine Gattin bei dem ersten Worte, das Du von Trennung sprichst, sogleich bereit ist, darauf einzugehen, aber — ich liebe ihn so sehr, Edmund!" „Laß es nur gut sein, Kind!" sagte er, sich zu einem Lächeln zwingend; „Eurem Glücke wird von meiner Seite nicht das geringste Hinderniß in den Weg gelegt werden," und als wolle er das pein liche Gespräch auf einen anderen Gegenstand hinübcrleiten, fragte er: „Demnach hätte also der alte Brandcy im Wege des Schwindels Dein Talent für seine egoistischen Zwecke gemißbraucht? Ich möchte da- wohl wissen, um den Betrüger zur Verantwortung zu ziehen." „Es scheint so," sagte sie mit leichtem Kopfnicken; „daß sein Sohn nicht todt war, wußte er ja durch den Brief, den Ottomar ihm geschrieben. Das Zeitungsblatt, dessen Inhalt er mir mittheilte, habe ich nicht gelesen und weiß deshalb nicht, was Wahres oder Falsches an der Sache ist, kann auch ebensowenig angebe», woher es stammt. Thatsache ist, daß er alles Mögliche gcthan hat, um de» Glauben in mir zu befestigen, daß es nur von ihm abhänge, ob ich aus dem Blutgerüst sterben werde oder nicht." „Und nun," schloß sie nach einer Pause, „weißt Du Alles, Ed mund I Wenn ich ausführlicher gewesen bi», als es hier und dort nothwendig schien, so bedenke, daß ich Dir über manches Dunkle in meinem Wesen, über manche scheinbare Schattenseite meines Charaklers Aufklärung schuldig war. Ich wollte Dir Alles enthüllen, und das habe ich nun gethan und kann getrost das Weitere abwarten. Du stehst, wie mein ganzes Leben bisher aus einer Reihe von schwere» Kämpfen bestand, und ich glaube, daß ich es wohl verdiene, wenn nach den Stürmen endlich ein sonniger Tag anbricht." Er nickte. „Ich wünsche es Dir, Anna," sagte er, indem er seinen Blick mit dem vollen Ausdruck des Mitleids auf ihren abge spannten Zügen ruhen ließ. „Nun aber," setzte er mit halbem Lächeln hinzu, „will ich in einigen Stunden ruhigen Schlafes mich für die Anstrengungen dieser Nacht schadlos halten." 5. Ein Ehepaar, das in der Ausübung seines Berufes sich fort während auf Reisen befindet, ist in dem Falle, daß Verhältnisse ein- treten, welche eine Scheidung nothwendig machen, lange nicht in dem Grade den Bciirtheilungen, Klatschereien und Verdächtigungen der Menge ausgesctzt, wie dies zu geschehen pflegt, wenn ein fester Wohnsitz eine langjährige, intime Bekanntschaft mit den Verhältnissen der Gatten zur Folge hatte. In dem kleinen Städtchen, in welchem sich dieser für die Bctheiligten so tief eingreifende Konflikt löste, ahnte Niemand den wahren Zusammenhang der Sache. Das Publi kum schrieb die Unterbrechung des Harfcnkonzerts einem plötzlichen Uebelbefinden der Vortragenden zu und war bereits am folgenden Abend durch die vorzüglichen Leistungen der Künstlerin wieder voll ständig versöhnt und zufriedengestellt. Ottomar Brandey war unter den Einwohnern der kleinen Stadt wenig bekannt. Man wußte, daß er vor mehreren Jahren sich hier niedergelassen und anfangs seine» Unterhalt durch Spielen in Tanz localen erworben hatte. In neuerer Zeit war dazu noch die Ertheil- ung von Musikunterricht gekommen. Er lebte sonst ziemlich zurück gezogen, was bei seinem kränklichen, leidenden Aussehen Niemand auffiel. Man sprach weder Gutes noch Böses von ihm. Seine College», die ihn etwas näher kannten, hielten ihn verschlossen, mür risch und unzugänglich, schoben dies jedoch auf Rechnung seines körperlichen Leidens. Nur einmal hatte Werner Gelegenheit gehabt, Denjenigen zn sehen, der die Veranlassung war, daß er bis jetzt zu einem unge trübten Liebesglück nicht gekommen. Er hatte ein ausdrucksvolles, scharf markirtes Antlitz, ei» feuriges, wenngleich etwas stechendes Auge, eine hochgewölbte Stirn gxjnnden. Das tadellos geformte Profil verricth die romanische Abkunft, und doch war es dem scharf beobachtenden Kaufmann, als gebe ein gewisser aus Hinterlist deuten der Zug sich in diesem Antlitz kund, wie denn auch die Erscheinung des jungen Mannes in ihrer Gcjammtheit den Eindruck des Scheuen, Unsicheren machte. Als er gelegentlich i» zurückhaltender Weise gegen die Gattin sich hierüber aussprach, stieß er jedoch auf sehr energischen Widerspruch. Anna nahm den leidenden Geliebten, der sich nicht vertheidigen konnte, mit solchem Feuer in Schutz, daß er deutlich einsah, wie alle seine Vernunftsgründe vergeblich seien gegen die Allgewalt dieser Liebe, die auch nicht das kleinste dunkle Fleckchen auf dem Charakter des geliebten Mannes wissen wollte. auch nicht in befriedigender Weise gegeben durch die „Nat.-Ztg.", welche weiter betont, daß die deutschen Aerzte in der kritischen Zeit, als der Kronprinz in England war, nicht geschwiegen haben; dann heißt eS weiter: An den Kaiser haben sie sich gewandt. Einer der betheiligten Aerzte suchte in der kritischen Zeit, als Mackenzie den Krebs wachsen ließ, eine Audienz bei Kaiser Wilhelm I. nach und stellte demselben die Sache »»verhüllt vor. Der Kaiser war tief erschüttert, aber er gab die Antwort, welche er nur geben konnte: „Mein Sohn ist 56 Jahre alt; die letzte Entscheidung über seine ärztliche Behandlung kann ihm nicht entzogen werden." Gleichwohl machte der Kaiser einen Versuch, den damaligen Kronprinzen während der Reise von England nach Toblach wenigstens für einen Tag nach Berlin zu be rufen. Aber die infolgedessen schon beschlossene Fahrt von Frankfurt a.M. nach Berlin wurde im letzte» Augenblick aufgegeben; statt des Kronprinzen erschien sein Adjutant bei dem Kaiser. Mackenzie's Verbrechen war, daß er, im schroffsten Gegensatz zu der Handlungsweise, welche jedem anderen Arzt in einem solchen Falle als Pflicht gegolten hätte, von dem Kronprinzen jeden unabhängigen ärztlichen Beirath fernhielt, daß er, um diesen Patienten in Händen zu behalten, ihn vollständig in die Mackcnzie'sche Darstellung der Krankheit hineinbannte. Nicht die falsche Diagnose vom Mai bildet den schwersten Vorwurf gegen Mackenzie, sondern der vom Juni bis September fortgesetzte Bruch der Vereinbarung, wonach eine neue Konsultation mit den Berliner Aerzte» hcrbeizuführen war, sobald die Geschwulst wuchs. Sie wuchs i» der That, aber obgleich Ilr. Landgraf es in England feststcllte, wurde die Frist für eine wahrscheinlich erfolgreiche Operation ungenützt gelassen. Sir Murcll Mackenzie bezeichnet, wie aus London gemeldet wird, den Bericht der deutschen Aerzte und die darin gegen ihn er hobenen schweren Anklagen als „Lügengespinnst". Jeder Kehlkopfarzt werde mit Leichtigkeit die groben Widersprüche erkennen, die darin eizzhalte» seien. Wenn sich Alles so verhielte, wie die deutschen Aerzte sagten, würde ihm Kaiser Friedrich gewiß nicht bis zum letzten Augenblick seines Lebens Dankbarkeit bewahrt haben. Der Kaiser habe ja mit vielen Personen allein gesprochen, die ihn leicht über Mackenzie's Schuld hätten aufklären können; aber ihm falle keine Schuld zu. An einer ganz speciellen Widerlegung sei er augenblicklich durch politische Rücksichten verhindert, besonders auf die Stellung Ihrer Majestät der Kaiserin-Mutter. Die Broschüre über die Krankheit Kaiser Friedrichs ist übrigen- dem Vernehmen der „Frkf. Ztg." zufolge längst gedruckt gewesen. Ihre Veröffentlichung hat sich um deswillen nur verzögert, weil die Einwilligung der Kaiserin-Mutter Victoria bisher nicht zu erlangen gewesen war. Politische Nimdscha«. Chemnitz, den 12. Juli. Deutsches Reich. Laut kaiserlicher Ordre vom 8. Juli sind, wie aus Kiel gemeldet wird, für die Ankunft und Abreise des Kaisers Spezialbefchle an den Chef der Admiralität erlassen worden. Der Kaiser geht an Bord des „Hohenzollcrn", begleitet von der ersten und zweiten Division der Mauöverflotte und der Torpedobootsflotille, am 14. d. M. Vormittags in See. Die Torpedobootsflotille kehrt von Bülk aus nach Kiel zurück. — Gerüchtweise verlautet, der preußische Juftizmi'nister Or. Fried berg wolle mit Rücksicht aus sein Alter (73 Jahre) in den Ruhestand treten. — Zum Unterstaatssekretär im Ministerium des Innern soll der bisherige Ministerialdirektor von Zastrow ernannt sein; deS Letzteren Nachfolger soll Geh. Rath Braunbehrens werden. — Nach dem Ableben Kaiser Friedrichs hatte der Oberhof marschall Fürst Radolin seine Funktionen bekanntlich aufgegeben und dieselben waren von Herrn von Liebenau, dem Hofmarschall des bis herigen Kronprinzen Wilhelm, übernommen worden. Um die be- Mit Genehmigung des Gatten hatte Frau Werner dem jungen Musiker einen tröstenden Brief geschrieben, der ihn zwar nicht so gleich zu überspannten Hoffnungen berechtigen, wohl aber ihm Ver trauen für die nächste Zukunft einflößen konnte. Unmittelbar darnach hatte Werner die Scheidungsklage eingereicht. Gegenseitige Abneig ung war als Grund angegeben. Einige Tage später verließen sie die Stadt, ohne daß von Seiten der jungen Frau der geringste Versuch gemacht worden wäre, den Geliebten ihres Herzens »och einmal vor der langen Trennung wieder zu sehen. Ihr nächstes Reiseziel Ware» die Bäder von Swinemünde. Die mancherlei Gcmüthsanstreiigiiiigen der letzten Zeit waren nicht ohne Nachthcil für die Gesundheit des jungen Ehemannes ge blieben. Er wollte versuchen, sich in dcr kräftigen Seelust zu erholen. Wohl hätte» sich die Gatten, nachdem sie sich offen ausgesprochen, schon jetzt in aller Gcmüthsruhe trennen und in dcr Erwartung der gerichtlichen Entscheidung ein Jedes seinen eigenen Weg einschlagen können, allein in dieser Beziehung war wieder die junge Frau zu gewissenhaft. Nicht bevor der richterliche Ausspruch sie dazu ermäch tigte, wollte sie den Gatten, der ihr Alles zum Opfer gebracht, ver lassen, bis dahin aber ihren Pflichten in den kleinsten Einzelheiten Nachkommen. Bei der eigenthümlichen Lage der Sache schienen jedoch die Gerichtsverhandlungen sich bedeutend in die Länge zn ziehen. Tag um Tag verging, ohne daß einer die sehnlich erivartetc Entscheidung gebracht hätte. Dagegen folgten Vorladungen und peinliche Ver nehmungen, da man die Gründe, welche die Gatten angaben, als unzureichend erachtete. Die Lage der Letzteren gestaltete sich dadurch mit jedem Tage reicher an Verlegenheiten und kleinen Unbequemlich keiten, und wenn auch im Großen und Ganze» Alles seinen fried lichen Verlauf nahm, so mochte doch mancher stille Seufzer dem ver borgenen Wunsche entspringen, daß eine baldige Entscheidung diesem unerquicklichen Zustand ein Ende machen möchte. Schon tiegann das Laub der Bäume sich zu färben und, von rauhere» Stürmen gejagt, durch die Luft zu tanzen- Auch die See nahm ein trüberes Colorit an. Die Kurgäste verließen bis Bäder und mit jedem Tage wurde die sonst so belebte Gegend einsamer. Da trat an einem heiteren sonnigen Nachmittage Werner in eigenthümlich erregter Stimmung in das kleine, trauliche Hinter Der heutigen Rümmer des Sächsischen Landes - Anzeigers liegt bet das Beiblatt „Sächsisches Allerlei".
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite