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77-"' WWW« 77" ^7 - " - — Nr. SS. — 8. Jahrgang. — Der jede» Wochentag Abend (mit Data« tz«» folgenden Tage») zur Versendung gelangend« „Sächsische Landes-Auzelger" mit täglich einem besonderen Unter- haltungSblatte und mit dem Extrabeiblatt Lustige» Bilderbuch kostet bei den Ausgabe, stellen monatlich 7V Psg., bei den Post-Anst. »b M. (1888er ZtgS.-PreiSliste Nr. 6035.) FürAbonnenten erscheint je eininal im Jahr: Sommer-Eisenbahnfahrvlanhefl für Sachsen. SLchsifcher WWMWWWWWW LounerStag, IS. Febmar 1888. JsiuDr. Kalender de» Illustrirte» Jahresbuch desLandes-stnzeiger». für Sachsen, iichsischeii Sandboten. >e»Land> i«»i»ts.A«skigtr mU „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". «»part-Usche tägliche Zeitung für Sachsen »»d Thüringen. schmalm .orzugt«Stelle(1spalt.Hetitzeile)S0'( . vecWtederholnng grober Annoncen Rabatt. Sei Bestellungen von«u»wärts wolle MlM AnsertionSbettag (in Briefmarken) beifüge» 1e 8 SUben Corpusschrist bilden ca. 1 Zelle.) stnnoncenannahme nur bis Vormittag. «M: MM Me, Buchdruckerei. Chemnitz. Theaterstratze S (Fernsprechstelle Nr. ISS Telegr -Adr.: LandeS-Anzeiger, Ehemms Mit täglich einem besonderen UnterlMiingsblatt: i. Kleine Botschaft - 2 Sächsischer Erzähler - 3. SachsLfche GerichtöZeitnng 4. Sächsisches Mllerlei — b. Illnstrirtes Unterbaltnngsblatt — 6. Somrtagöblatt — Ertra-Beiblatt: Lustiges Bilderbuch. Amtliche Bekanntmachungen. Ueber das Vermögen des Bäckermeisters Ernst Louis Forberger in Griina wird heute am 13. Februar 1888 Nachmittags '.,6 Uhr das Eoncursverfahrcn eröffnet. Der Rechtsanwalt Jrmscher in Chemnitz wird zum Concursverwalter ernannt. Concnrsforderungc» sind bis zum 12. März 1888 bei dem Gerichte anzumelden. Es wird zur Be schlußfassung über die Wahl eines andere» Verwalters, sowie über die Bestellung eines Gläubigeransschusses und cintretcndcn Falles über die in 8 120 der Concursordnung bczcichneten Gegenstände ans den 1. März 1868 Nachmittags 1 Uhr und zur Prüfung der angenieldeten Forderungen auf den 37. März 1888 Vormittags 10 Uhr vor dem Unterzeichneten Gerichte Termin anberaumt. Allen Personen, welche eine zur Concursmasse gehörige Sache in Besitz haben oder zur Concursmasse etwas schuldig sind, wird anf- gegeben, nichts an den Gcmeinschuldner zu verabfolgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung auscrlcgt, von dem Besitze der Sache und von den Forder ungen, für welche sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Concursverwalter bis zum 17. März 1888 Anzeige zu machen. Königliches Amtsgericht zu Chemnitz. Telegraphische Nachrichtei». Vom 14. Februar. Rom. Die „Epoca" schreibt aus Genua, der englische Admiral Hewett habe erklärt, daß er im Falle eines italienisch-französischen Krieges Italien mit seinem Geschwader bcistehen werde. Im Weiteren habe der Admiral gefragt, ob die Kriegs-Erklärung noch nicht ange kommen sei. (Die Nachricht klingt zwar sehr unwahrscheinlich, sie ist aber interessant als Entgegnung auf die neuerlichen russischen Hoff nungen eines Zusammengehens von England und Rußland. D. R.) -— Der Kriegsminister ertheilte Ordre, die Eguipirnng und Ausrüst ung von 12 Armeekorps in Kriegsstärke für den Fall einer Mobil machung vorzubereiten. — Die Enthüllungen der „Neuen freien Presse" über die Bestimmungen, unter welchen Italien der deutsch- österreichischen Allianz beigetreten, werden hier nur wenig besprochen. Paris. Der Unterstaatssckrctär für die Koloniecn, Faure, wird Wegen des gestrigen Kammervotums über den Tonkingkredit seine Demission einrcichen. Politische Rrmdschau. Chemnitz, den 15. Februar. Deutsches Reich. Dem Kaiser sind nach der glücklichen Operation des deutschen Kronprinzen von verschiedenen Souveränen Telegramme zugegangen. Besonders herzlich soll das des Kaisers von Rußland gehalten gewesen sein. — Man theilt dem „Berl. Börs.-Curier" mit, daß an die Offiziere der Berliner Gardercgimenter die Weisung er gangen sei, sich in gegenwärtiger Zeit von größeren öffentlichen Tanz- festlichkeiteu und Bälle» fernzuhallen. — Aus Sau Rcmo. Folgende Privatnachrichten liegen vom Dienstag »och vor: Der deutsche Kronprinz erwachte erst nach neu» Uhr, die Aerzte mußten deshalb ihren Besuch wiederholen. Sie er klären das Befinden des hohen Patienten im allgemeinen für be friedigend. Im späteren Verlauf des Tages konnte der Kronprinz wieder einige Zeit außerhalb des Bettes zubringcn und empfing den Besuch mehrerer Familienmitglieder. Alan hofft, der Kronprinz Werde anfangs nächster Woche ausgchen und dann auch wieder vor sichtig sprechen können. Ueber die Entfernung der Kanüle läßt sich noch nichts sagen. Der Brüsseler Kehlkvpfarzt Cappard ist nach San Remo gereist. Die Aerzte werden jetzt ihre besondere Aufmerksamkeit darauf richten, alle Schlafstörungen, die besonders in der Nacht zum Dienstag vorkamen, zu verhüten, da volle Ruhe große Hauptsache ist. — Der „Deutsche Reichsanzeiger" vom Dienstag veröffentlicht folgen des Bulletin aus San Remo: San Remo, 14. Februar, 12 Uhr 80 Minuten Nachmittags. Das Aussehen der Wunde Sr. Kaiserlichen Und Königlichen Hoheit des Kronprinzen ist das beste. Der Schlaf War in der letzten Nacht unterbrochen. Kein Fieber. Husten und Schleimanswurf mäßig. Mackenzie. Schräder. Krause. Hovell. Von Bergmann. Bramaun. — Ein Telegramm von Dienstag Abend aus San Remo meldet noch: Der Kronprinz fühlte sich im Laufe des Tages ganz wohl, ging im Zimmer auf und ab und nahm auch etwas festere Nahrung. Das Sprechen bleibt verboten. — Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt über die Lage, daß die Ungewißheit fortdaucre. Man werde ja hoffentlich Mittel finden, aus der gegenwärtigen Krisis herauszukommen, aber die Regierungen müßten fortgesetzt die größte Aufmerksamkeit entfalten. Der italienische Kricgsminister hat größere Uniformlieferungen bestellt, damit alle Armeccorps eine kriegsmäßige Eguipirung haben. — Dem preußischen Kriegsminister Brvnsart von Schcllendorf hatte der Reichstagsabgeordncte Götz namens der deutschen Turner schaft die Bitte unterbreitet, Mitglieder der Turnerschaft nach zwei Jahren als Dispositionsurlaubxr zu entlassen. Der Minister ver kannte durchaus nicht die hohe Wichtigkeit der turnerischen Ausbildung der Jugend und Soldaten für die Wehrhaftigkeit der Nation. Aber maßgebend für die Entlassung der Soldaten nach zwei Jahren, so sagte der Minister, seien nur genügend tüchtige militärische Ausbildung, gute Führung und häusliche Verhältnisse. Tüchtige turnerische Aus bildung könne allein nie maßgebend sein, da z. B. ein guter Turner ein schlechter Schütze oder in der Führung uicht gut sein könne. — In Deutschland sind Zweifel darüber entstanden, welche Rechte der Sultan Said Bargasch von Zanzibar der neuen Britischen Ost-Afrikanische» Gesellschaft über die ihr abgetretenen Küstengebiete überlasse» habe. Man behauptete vielfach, es sei ihr nur die ein fache Verwaltung der Küstenstrecke übertragen. Jetzt wird von der Gesellschaft selbst erklärt, daß diese Anschauungen irrig seien. Der Sultan von Zanzibar hat der Gesellschaft ausdrücklich die Souvcräne- tät mit allen ihren Rechten über das gesammte Territorium übertragen, und der ostafrikauischen englischen Gesellschaft wird es weder an Aus dauer noch an Geld fehlen, um ihre Herrschaft fest zu begründen. — Der Ausschuß des Verbandes deutscher Leinen-Industrieller hat zur Alters- und Juvalidenversorgung Stellung genommen und sich mit großer Mehrheit für Annahme der schon früher mitgetheilten Resolution des Vereins süddeutscher Baumwoll-Jndustricller (gegen die Vorlage) ausgesprochen. — Mit ganz besonderer Sympathie äußern sich immer noch die ungarische» Regierungsblätter über Fürst Bismarck's Rede im Reichs tage. Der „Nemzet" nennt die Rede eine selbstbewußte, kühne, stellen weise geradezu schonungslose, aber gerade, ehrliche und zielbewußte Kundgebung im Interesse des Weltfriedens; er konstatirt mit Befrie digung, daß im ungarischen Reichstage allgemein, ohne Unterschied der Partei, die Ansicht ausgcdrückt wurde, der in der Rede entwickelte Standpunkt sei auch hinsichtlich der österreich-ungarischen Interessen uicht nur beruhigend, sondern direkt erfreulich. Der „Pesti Naplo" schreibt u. A.: „Zwei Jahrhunderte hindurch haben die Franzosen die Hegemonie ausgeübt. Ludwig XIV., Napoleon I., III. haben Europa Gesetze dictirt. Die Völker konnten keine zehn Jahre der Ruhe genießen, so lange die Macht bei den Franzosen war. Unruhig, ruhmsüchtig, erobernd, konnten sie nie in den Grenzen ihres Landes bleiben, sie waren aber auch nicht im Stande, die gemeinsamen An gelegenheiten des Welttheiles in billiger Weise und mit Klugheit zu erledigen. Die deutsche Nation vereinigt die Selbstmäßigung mit der Macht und ihre Hegemonie ist wohlthätiger, weil sie friedlich ist. Die Tripel-Allianz entspricht im Angesichte der Revolution in Frankreich und des Despotismus in Rußland den höchsten Interessen der Mensch heit; sie verthcidigt das Leben, das Vermögen und die Freiheit der Völker, ebenso wie die Civilisation der Gesellschaft." Oesterreich-Ungarn wird mit seinen slavischcn Unterthanen noch seine liebe Noth haben. Das lehrt wieder ein Vorfall in Prag. Bei der Ankunft des russischen Componisten Czaikvwski gab es in Prag eine russische Demonstration. Der Abgeordnete Vaschati begrüßte den Gast mit einer russischen Ansprache, worauf der Obmann des czechischen Kunstvereins, Ilr. Strakaty, die Gemeinsamkeit der czechi scheu und russischen kulturellen Interessen, sowie die Blutsverwandt Schelm von Bergen. Historische Novelle von A. von Limburg. Fortsetzung. Nachdruck verboten. Die großen Festlichkeiten, welche jetzt in wenigen Tagen ihren Anfang nehmen sollten, boien für Richenza die ersehnte Gelegenheit, auf die sie nun schon so lange wartete. Vorerst aber wollte sie mit ihrem Bruder reden, damit es der Kanzler und durch diesen wieder der Kaiser erfuhr, daß seine Gemahlin zu nächt licher Stunde eine heidnische Hexe in ihrer verrufenen Behausung aus gesucht hatte. Diese, wenn auch nur kleinere Rache wollte sie sich jetzt gleich sichern, das Weitere sollte sich finden. „Seht Ihr nun ei», daß ich Recht hatte, durchlauchtigste Frau", Iriumphirte der Narr, als Richenza das Zimmer verlassen hatte, „als ich Euch vor der Falschheit jener glatten Schlange warnte! Habt Ihr nicht wahrgeuvmmen, wie jäh sie erbleichte, als wir sie auf ihren Schleichwegen ertappten? Ich wette meinen Kopf gegen ein Hirse korn, der Kaiser wird es noch heute erfahren, wo Ihr gestern Abend wäret!" „Mag es darum sein", versetzte Adelheid verächtlich, „ich selbst Werde noch in dieser Stunde meinem Gemahl, den ich alsbald er warte, die Sache mittheilen und will doch sehen, ob ich nicht heute noch für meinen Schützling den Freibrief erlange, der nöthig ist, da mit er ungefährdet die Stadt betreten kann, um an dem Feste theil- zunehmen. Auch ich will sogleich noch diejenige» meiner Edelfräuleiu bestimmen, die mich zu der heutigen Jagd begleiten sollen." Wie die Kaiserin es gesagt, so geschah es, und wer die reizende Fürstin einige Stunden später, sicgesgewiß und strahlend, an der Seite ihres Gemahls, den Falken auf der kleinen Faust, zur Reiher beize reiten sah, mit dem ganzen glänzenden Troß ihres Gefolges hinter sich, der konnte nicht daran zweifeln, daß alle ihre Wünsche erfüllt waren und daß ihr schöner Mund keine vergebliche Bitte aus gesprochen hatte. Die Falkenjagd war ein Vergnügen, das alle hohenstaufischcn Kaiser sehr geliebt haben; auch Friedrich Rothbart war ein großer Freund derselben und lag ihr ob, so oft seine so sehr in Anspruch genommene Zeit cs erlaubte. Bald erschallte der Wald von lustigem Hörnerklang; das zahl reiche Gefolge löste sich in verschiedene Gruppen auf, und in kurzer Leit belebte sich der weite Forst mit den prächtig geschmückten Ge stalten der Ritter und Edelfräulein. Die Pagen und Falkonire chaft beider Nationen betonte. Alles das im goldenen Prag, wo die Deutschen von den Czechen einen Fußtritt nach dem andern bekommen. — Aus Krakau wird die neuliche Wiener Nachricht, bei Pincsow seien vier russische Tscherkeffenregimenter aufgestellt, für unbegründet erklärt. Italien. Der italienische Unterrichtsminister, sowie der Arbeits minister Saracco haben wegen Differenzen im Cabinet ihre Entlastung gegeben. Eine allgemeine Krisis wird daraus kaum entstehen, denn Ministerpräsident Crispi wird keine große Mühe haben, Ersatzmänner für diese beiden Minister zu finden. Frankreich. Kammerpräsident Floquet gab am Montag ein großes Diner, welchem Präsident Carnot, die Minister und das diplo matische Corps beiwohnten. Auch der russische Botschafter von Mohren heim war erschienen. — Die Deputirtenkammer hat die jährlichen Ausgaben für die Occupation von Tvnkin und Annam genehmigt. Es wurde aber der Regierung energisch eingeschärft, recht sparsam zu sein. — In einem von den Pariser Blättern veröffentlichten Schreiben an den Prinzen Jerome Napoleon ersucht der bekannte bonapartistische Abgeordnete Cassagnac diesen, er möge seinem Sohne Louis befehlen, den Dienst in der italienischen Armee, die offen gegen Frankreich organisirt werde, zu verlassen und seinen Degen einem Staate zur Verfügung zu stellen, der nicht gegen Frankreich rüstet. Bemerkt muß dazu werden, daß die Gemahlin des Prinzen Jerome, die Prinzessin Clotilde, eine Schwester des Königs von Italien ist, der junge Prinz Louis ist also ein Neffe des Königs Humbert. — Minister Flourens ist in Embrun angekommen und hat auch dort eine Wahlrede in fried lichem Sinne gehalten. England. Nicht Baron Worms, sondern Hicks-Beach ist zum Handelsminister ernannt worden. — Paruell stellte wegen der irischen Politik der Regierung im Unterhause einen scharfen Tadelsantrag. Die Abstimmung erfolgt Donnerstag und wird jedenfalls die Ab lehnung zur Folge haben. — Aus Beirut in Syrien werden neue erbitterte Schlägereien zwischen Muhamedanern und Christen gemeldet. England und Frankreich werden wahrscheinlich je ein Kriegsschiff dort stationiren. — Im britischen Parlament ist der erste Versuch, ein Mißtrauensvotum gegen die Regierung durchzusetzen, sehlgeschlagen. Der irische Abg. Patrick O'Brien war irrthümlich' verhaftet, und seine Kollegen forderten nun sofort ein Tadelsvotum gegen die Re gierung. Der Justizminister räumte ein, daß das Versehen bedauer lich sei, aber die Schuld treffe doch nur einen untergeordneten Be amten und nicht das Ministerium. Die Mehrheit des Hauses schloß sich auch dieser Auffassung an. — Die aus dem Gefängniß in London eingetroffenen irischen Abgeordneten, an der Spitze der Bürgermeister Sullivan von Dublin, werden in London mächtig gefeiert. Es ist das wenigstens ein Trost für die ausgestandeue Haft, denn ihr Hauptziel, Beseitigung des Ministeriums Salisbury, werden die Herren schwerlich sobald erreichen. Ruhland. Ueber die Stimmung in Petersburg wird der „Köln. Ztg." telcgraphirt: Nachdem nunmehr die Meinungen über die Rede des Fürsten Bismarck völlig geklärt sind, kann man sagen, daß dieselbe im allgemeinen die Friedenshoffnungen nicht gehoben hat und von der öffentlichen Meinung, soweit diese hier zum Aus druck gelangt, im bedrohlichen Sinne aufgefaßt wird; dagegen ist dem Chauvinismus durch dieselbe doch zweifellos ein Dämpfer aufge setzt worden. In Hof- und Regierungskreisen ist die Stimmung jetzt wohlwollender, doch meint man dort, der Reichskanzler hätte wohl die russischen Dienste vom Jahre 1870 erwähnen können. folgten dem Treiben mit den zur Aushülfe zurückgehaltencn Pferden und den zur Ergänzung für kampfunfähig gewordene Falken bestimmten Thieren. Den Kaiser hatte die aufregende Lust des Jagens sehr bald von seiner Gemahlin getrennt; auch Adelheid wurde mit fvrtgcrisscu durch die leidenschaftliche Verfolgung der Falken und ihrer Beute. Sie achtete nicht darauf, daß ihr langes, grünes Sammetgcwand an Dornen unv Zweigen hinstreifte, unaufhaltsam jagte sie weiter. Ob ihre Frauen folgten, ob überhaupt noch Jemand ihr zur Seite ge blieben war, das kümmerte sie nicht; sic sah nur die kämpfenden Vögel vor sich in der klaren Luft, sie hörte den kurzen pfeifenden Ton des eine» derselben und wußte, daß nun bald der Kampf ein Ende nehmen und der Sieger seine Beute zur Erde zerren würde. Sich diesen Augenblick entgehen lassen, hieß den besten Theil an den. Vergnüge» entbehren. Sie spornte daher ihren Zelter von neuem an, als sie Plötzlich wie mit unsichtbarer Gewalt aus dem Sattel geschleudert wurde. Die starken Aeste eines Schlehenbaumes hatten ihre dornigen Zweige in Adelheid's Gewand verstrickt und gaben nicht nach; das Pferd, in vollem Jagen, stürmte weiter, die Fürstin war in äußerster Gefahr . . . Doch schneller als ein Gedanke war Hilfe da — ein anderes Roß, in raschestem Laufe plötzlich angehalteu, stand auf der Stelle still und ein starker Arm bewahrte die Kaiserin vor jähem Fall. Darauf wurde sic sanft auf weiches Moos gebettet, während eine Ohnmacht ihre schönen Augen geschlossen hielt und der Mann an ihrer Seite in tiefster Besorguiß niederkniete. Er »ahm ihre schlaff hcrabhängcnde Hand und hauchte einen leisen Kuß darauf, dann beugte er sich tief und horchte, ob das Herz noch schlage, und als er das leise Klopfen desselben vernahm, da brachen auf einmal alle Dämme ein, die seine wilde Leidenschaft bisher noch gefesselt hatte», und er bedeckte Plötzlich, Gegenwart und Zukunft, Welt und Menschen vergessend, ihr schönes Gesicht mit glühenden Küssen. Ein Beben überlief Adelheids Gestalt und eine Bewegung, die das wiederkehrendc Leben vcrricth, schreckte ihn zur Seite. Langsam, noch in halber Betäubung, schlug sie die Augen aus: offenbar begriff sie nicht recht, wie sic in diese seltsame Lage ge kommen war, da fiel ihr Blick auf den neben ihr knieenden Ritter von Ravensburg. Eine Purpurgluth überhauchte mit flammendem Erschrecken ihre Züge und sie richtete sich mit einer stolz abwchrcndcn Bewegung rasch auf. „Wie komme ich hierher und was bedeutet dies alles?" fragte Deutscher Reichstag. —UN. Berlin, den 14. Februar. Abg. Reinhold (natlib. 3. Arnsberg) hat sein Mandat nieder» gelegt. An Stelle des aus seinem Amte scheidenden Schriftführers Abg. Porsch (Centrum) wird Abg. Graf Adelmann (Ccntrum) ge- sie in herrischem Ton, den Blick des Ritters vermeidend, der jetzt aufgesprungen war und in ehrerbietigster Haltung vor ihr stand. „Euer Kleid, kaiserliche Gnaden, hatte sich in den Zweigen jenes Baumes festgehakt, das Pferd rannte davon, in diesem gefahrvollen Augenblick kam ich hinzu und fing Euch auf; dort sehe ich indessen das Thier ruhig grasen." „Und Ihr rettetet mir das Leben . .." Sie sagte es sanfter, aber ohne ihn anzusehen. „Ich danke Euch, Graf von Ravensburg l Warum riefet Ihr nicht das Gefolge herbei? Wozu nützt das Horn an Eurer Seite, wenn Ihr es nicht zu gebrauchen versteht?" Der Ritter schwieg, seine Brust hob und senkte sich in stürm ischer Aufregung; er fand kein Wort der Entschuldigung, nur sein leidenschaftlicher Blick suchte peinvoll ihr Auge, das ihn beharrlich vermied. „Der wollte sich hüten, Deine Diener herbeizurufen!" rief hier plötzlich eine scharfe Stimme mit höhnischem Gelächter, „er zog cs vor, Dir Küsse zu rauben, Während Du besinnungslos dalagst." Der Graf und die Kaiserin fuhren beide entsetzt herum. Ein ungestaltetes, koboldartiges Wesen kauerte unter den Büschen dicht daneben und starrte sie aus unheimlich funkelnden Augen bos haft an. Neben ihr im Grase lagen ein dicker Knotenstock und ein großes Bündel mit Kräutern. Adelheid hatte mit einem Blick die Runenhexe erkannt, sie er schrak bis ins Herz hinein. Hier galt es, sich wahren vor äußerster Gefahr! „Das ist eine Lüge, Weib!" rief sie voller Hoheit, „der Graf von Ravensburg hätte das nicht gelvagt. Er ist unser Vasall, aber auch unser Freund, er hat cs nicht gethan I" „Meinst Du," grinste die Hexe, „ei, so sieh ihn Dir an, wie er dasteht. . . . Hüte Dich, Adelheid von Vohburg, daß der Mann da Dich nicht dermaleinst noch Deine Krone kostet!" Ein Frösteln durchschauerte die schöne Frau bei dieser Drohung, während jetzt unwillkürlich ihre Blicke den seinen begegneten, die mit verzehrender Gluth auf sic gerichtet waren. Das Weib spricht die Wahrheit, sagten diese Augen, verdamme mich, wenn Du es kannst, daß ich der unwiderstehlichen Liebesgewalt gefolgt bin, die mich zu Dir zog! Adelheid wandte sich ab; sie tastete mit unsicherer Hand an ihrer Kleidung umher, einen Schmuck zu finden, den sie der Alten geben wollte, in dem unbestimmte» Gefühl, sich ihr Stillschweigen zu erkaufen. — Ihre Hand berührte den Gürtel; nein, den nicht. 'M