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Sächsischer Landes-Anzeiger : 24.03.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-03-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188803242
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880324
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880324
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-03
- Tag 1888-03-24
-
Monat
1888-03
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 24.03.1888
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/ SSchfifcher LandeS-Anzetger. Nr. 70. Sonnabend. 34. März 1888. Personenwechsel im Militär-Kabinet würde außerdem der in gewiffer Beziehung nicht normale Zustand beseitigt werden, daß der Chef dieses für die Beförderung der Offiziere entscheidenden Amtes in de» letzten Jahren ein« durchaus selbständige, vom Kriegsministerium ganz unabhängige Stellung einnahm, weil General von Albedyll im Range älterer General war, als der gegenwärtige Kriegsminister Bronsart von Schellendorf. — In Berlin ist die Rede davon, Herr Hofprediger Stöcker werde als zweiter Hofprediger nach Königsberg i. P. versetzt werden. — Im preußischen Landtage ist früher schon für Hufschmiede die gesetzliche Wiedereinführung des Befähigungsnachweises beschlossen worden. Jetzt wird von Mitgliedern der Centruins- und conservaliven Partei das Gleiche für das Schornsteinfegergcwerbe verlangt. Es ist möglich, daß der Antrag durchgeht. — Die französische Industrie, die in Italien bisher ein sehr reiches Absatzgebiet fand, leidet unter der Zollspcrre, der Folge des italienisch-französischen Zollstreites, außerordentlich, viel mehr, als die italienische Exportindustrie. Durch das Zurücktrcten Frankreichs ist nun aber der deutschen Industrie, welche in Folge der höheren Fracht spesen den französischen Konkurrenten vielfach nachstand, bedeutend Luft geschaffen und unser Absatz nach Italien hat sich beträchllich erhöht. Diese Zunahme gestattet aber auch wieder billigere Lieferung, und Wenn auch wirklich Italien und Frankreich bald wieder einen Handelsvertrag abschließen sollten, der den französischen Erzeugnissen Wieder Thür und Thor öffnete, es wird den Franzosen doch nicht so leicht mehr werden, Deutschland wieder aus Italien zu verdrängen. Wir haben recht hübsch festen Fuß gefaßt und können die Sache nun eher mit ansehe», als früher, wo Frankreichs Industrie der unseren weit voraus war. Oesterreich-Ungarn. Die österreichische staatliche Gewehr fabrik in Steyr wird im Laufe dieses Monats die elftere größere Partie kleinkalibriger Ncpetirgewehre an das Wiener Arsenal ab liefern. Die Arbeit schreitet derart vor, daß im Laufe dieses Jahres drei weitere Corps die neue Waffe erhalten werden. — Der Erfinder des Repetirgewehres, Oberstleutnant Kruka in Prag, wurde wegen seines Verhaltens gegen den früheren Kriegsminister vom Ehrenge richt seiner Offizierscharge für verlustig erklärt. Schweiz. Der vielgenannte Schweizer Polizcihauptmann Fischer ist an einer Gehirnentzündung schwer erkrankt. Frankreich. Manche Leute werden erst spät klug, aber sie werden's doch! Boulanger's Freunde, die ebenso exaltirt sind, wie der General selber, dachten einen famosen Trumps dadurch auszu- spielen, daß sie durch die erneute Candidatur des ungehorsamen Generals eine große Vvlkskundgebung hcrvorricfen. Das maß- und zügellose Treiben dieser Leute hat aber den allgemeinsten Widerwillen gegen Boulanger hervorgerufen, und es läßt sich schon jetzt vorans- sehen, daß es mit der Volkskundgebung Essig sein wird. Um keine Blamage herbeizusühren, ist nun der Candidalnrplan aufgegeben. Als Ausrede wird allerdings die Angabe gebraucht, man wolle der Re gierung keine Handhabe zu neuem Vorgehen gegen den General bieten. Das ist aber nur Ausrede, denn wenn der Plan gelang, brauchte sich Bonlanger sehr wenig um den Zorn der Regierung zu sorgen. Hcnte Freitag kommt der General wieder in Paris aus Clcrmont an. Es werden dann neue Skandalscenen erwartet. Vor ein Kriegsgericht, welches über seine Cassation zu entscheiden haben wird, kommt Bou langer jedenfalls. Kriegsminister Logerot theilte im Ministerrathe mit, das Kriegsgericht habe sich unter Vorsitz des Generals Fevrier gebildet und Boulanger werde vor demselben erscheinen.—Die „Post" bringt folgende bemerkenswerthe Pariser Note: „Nachdem die ersten Erzeugnisse einer hier leider stark üblichen Carricatur- und Schmäh- Litteratur beim Tode Kaiser Wilhelms sofort ans Befehl der franzö sischen Negierung confiscirt worden waren, hat die letztere auch alle weiteren Versuche in dieser Richtung stets verhindern oder unterdrücken lassen. Dagegen sieht man hier jetzt überall zahlreiche und gute Bilder der Kaiser Wilhelm und Friedrich, sowie des Kronprinzen. Andererseits billigte die Pariser Presse das Vorgehen der Regierung und bewahrte überhaupt durchweg einen anständigen Ton. Es dünkt uns angemessen, dies sie selbst ehrende Verhalten der französischen Regierung und Presse unsererseits nicht zu übersehen und anzucrkcnnen." Auch in Brüssel coufiscirte die Polizei bei den Colporteuren und in den Läden Carricaturen des Kaisers Wilhelm, deren Verkauf unter- sagt ist. — Vom Donnerstag Abend wird noch aus Paris telegraphirt: Aus der ganzen Strecke Clermont-Paris werden große Kundgebungen für Boulanger vorbereitet. Das Journal „National" versichert, das Geld zu dem Boulanger-Zauber werde von dem amerikanischen Silber- König Mackay geliefert, dessen Hausfreund der General sei. Bou langer selbst kündigt an, er werde, sobald er cassirt werde, eine Wahl annchmen, in der Kammer an den Patriotismus des Landes apelliren, der allein sein Programm bilde, unmittelbar daraus aber sein Mandat niederlege». Das Verbleiben des Ministeriums Tirard im Amte bis zur Beendigung der Boulanger-Angelegenheit gilt als gesichert. — Präsident Caruot reist erst im Mai nach der Normandie und nach Brüssel. Rußland. Die Petersburger Blätter fahren fort, kräftig gegen Oesterreich loszuzetern und die Hoffnung auf einen besonderen Bund zwischen Deutschland und Rußland auszusprechen. Da werden sie freilich lange warten können. — Die Nachricht von einem dem Polizeimeister von Riga ertheilten Verweis, weil dieser jede Trauer kundgebung für Kaiser Wilhelm verbot, ist unbegründet. Erlassen hat der biedere Herr das Verbot, aber einen Verweis hat er nicht bekommen. — Auch in Rußland ist die Einrichtung des Brieftauben Wesens nunmehr durchgeführt. Alle befestigten Plätze in den west lichen Gebieten haben Stationen mit vielen Flugrichtungen. Jede Flugrichtung zählt 250 Tauben. Die Station--Commandanten und Aufseher werden von den Festungsconimaiidanten ernannt und müssen Russen sein. Hauptstation ist Brest - Litewsk. — Aus den Ostsee- Provinzen werde» zahlreiche neue und ungerechte Maßregelungen evangelischer Geistlicher gemeldet. Schwede«. Auch in Schweden ist, wie früher schon in Frank reich und Spanien, eine beträchtliche Erhöhung des Branntweinzolles beschlossen. Orient. Zur Orientfrage wird der „Frkf. Ztg." aus Konstan tinopel berichtet: Der türkische Botschafter in Petersburg, Schakir Pascha, berichtet, daß Rußland die Großmächte für die Entsendung von Commiffaren nach Sofia und für eine Neuwahl der Sobranje zu gewinnen sucht, nöthigenfalls könne eine neue Fürstcnwahl aber auch sofort durch die jetzige Volksvertretung vorgenommcn Werden, vorausgesetzt, daß die Abgeordneten aus Ost-Rumclien fern gehalten würden. Auch empfehle Rußland für diesen Fall zur Aufrcchtcrhalt- ung der Ruhe die Besetzung von Ostrumclie» durch die Türkei bis nach dem Einzuge des neuen Fürsten. Die Türkei hütet sich weis lich, auf diesen gefährlichen Vorschlag einzugehen zumal Fürst Ferdinand, nach den Versicherungen des bulgarischen Vertreters, nicht daran denken soll, Sofia zu verlassen. — Auf diese Versicherungen ist nun allerdings nicht sehr viel zu geben. Denn daß der Fürst in dem bulgarischen Gericht nachgerade ein starkes Haar gefunden hat, ist Thatsache. — Dem Rcuter'schen Bureau zufolge ist die Nachricht der Londoner „Daily News", daß zwischen England und der Türkei wegen Räumung Egyptens und Gewährung freier Durchfahrt durch die Dardanellen für englische Kriegsschiffe verhandelt werde, völlig un begründet. Das war auch zu erwarten. Wen» der Sultan einer Seemacht dies Recht gegeben hätte, würden cs alle verlangt und durchgesetzt haben, denn eine» Rcchtstitel auf die Besetzung Egyptens hat England nie gehabt und hat ihn auch heute nicht. Vom sächsischer» Landtag. Die II. Kammer hatte am 22. März eine umfangreiche Tages ordnung zu erledigen. Zunächst erstattete Or. Schill Bericht über die Petitionen wegen Ertheilung der Pensionsberechtigung an die Bcrufs- beamten der rcv. Städtevrdnung für mittlere und kleine Städte und der rev. Landgemeinde-Ordnung unterstehende Gemeinden. Die De putation ist zu nachstehenden Entschließungen gekommen: „Es ist ein Bedürfniß, daß den Bcrufsgcmeindcbcamten Pensionsberechtigung süc den Fall eintretender Invalidität oder bei Erreichung einer gewissen Altersgrenze erthcilt werde. Die Mittel hat die einzelne Gemeinde aufznbringen. Um jedoch nicht von vornherein eine zu große finan zielle Belastung herbeizusühren, empfiehlt es sich, die Pensionsberech tigung zunächst auf die Beamten zu beschränken und die Hintcrlassenen zur Zeit noch auszuschlicßen. Die staatliche Gesetzgebung hat sich auf die Anordnung zu beschränken, daß die Gemeinden ihren Berufs- beamtc» Pension aus der Gcmeindckasse zu gewähren haben, und daß im Ortsstatut zu bestimmen ist, wer als Berufsbcamter anzusehen ist, und in welchem Umfange die Pension zu gewähren ist. Es empfiehlt sich die landesgesctzliche Anordnung ein Sustentation für nicht wieder gewählte städtische Berufsbeamten." Unter diesen Gesichtspunkten empfiehlt die Kammer Uebergabe der Petition zur Erwägung. Der Deputationsantrag wurde gegen 6 Stimmen zum Beschluß erhoben. Bezüglich einer Petition des Canalvcreius in Plagwitz-Lindenau um Erbauung eines Elster-Saale-Canals auf Staatskosten beantragt die Deputation Uebergabe zur Kcnntnißnahme. Dieser Antrag fand einstimmig Annahme. Die Bittschrift um Errichtung eines humanistischen Gymnasiums in Annaberg wurde der Regierung zur Kcnntnißnahme überwiesen. Zum Schluß kam die Unterstützung des Landesvercins für innere Mission zur Errichtung einer Anstalt für Epileptische zur anderwciten Verhandlung. Die II. Kammer hatte bekanntlich jede Unterstützung abgelehnt, die I. Kammer dagegen eine einmalige Unterstützung von 100,000 Mk. gewährt. Die Mehrheit der Deputation empfiehlt, bei den gefaßten Beschlüssen stehen zu bleiben, während die Minderheit Beitritt zu den Beschlüssen der I. Kammer vorschlägt. Gegen 14 Stimmen wird hierauf der Majoritätsantrag zum Beschluß erhoben. In der I. Kammer erstattete am 22. März Prinz Georg Bericht über die eingegangenc» Straßen- und Brückenbau-Petitionen. Für den Bau einer Uferstraße zwischen Loschwitz und Neustadt seien zahl reiche Petitionen eingegangen. Das Project habe jedoch von Anfang an bei dem Ministerium nicht sehr in Gunst gestanden; dagegen halte die Deputation dieselbe nicht ganz für unbeachtlich als eine wohlfeile und natürliche Fortsetzung der oberen Straße. Bezüglich des Brücken- bau-Projecles liege nur eine Petition vor. Dasselbe habe sich von jeher der Gunst des Ministeriums erfreut, auch noch, nachdem sich „Ja, ja!" kam es leidenschaftlich über die Lippen des Doktors. Dann drückte er Gitta stürmisch an die Brust. „Jetzt darf ich es wagen," flüsterte er dabei, „die Hand nach seinem reinen, unschuldigen Kinde auszustrccken; denn — diese Hand hat auch gesühnt, wo sie gesündigt; sie gab dreifach wieder, was sie genommen, — Leben für Lebe»! Und doch hängt die Entscheidung von der Geliebten ab, fragt es sich, wie sie es tragen wird, daß Er löste sanft die Arme von der Gestalt der Komtesse. Seine Augen hatten jedoch wieder einen so traurigen Ausdruck, daß Gitta sich namenlos beängstigt und befremdet fühlte, während er sich aus seiner knieenden Stellung erhob und neben dem theuren Mädchen Platz nahm. Er faßte ihre Hände, und einen langen Blick in das erröthendc Gesichtchen werfend, sagte er nun: „Gitta, Du weißt es, und Du mußt es gefühlt haben seit der ersten Stunde, die wir gemeinsam verlebt, daß ich Dich liebe, so heiß, so glühend, wie nur ein Mann in meinen Jahren lieben kann, über den trotzdem dieses Gefühl zum ersten Mal seine Herrschaft übt. Aber ich sah auch sofort, nachdem ich Deinen Nanien gehört, eine tiefe, tiefe Kluft zwischen uns. Und doch — aber cs ist besser, Du erfährst alles, — ich lasse Dich in meiner Vergangenheit wie in einem aufgeschlagenen Buche lesen, — mein Geschick — das Deine, Du liebes, holdes Mädchen, — liegt dann allein in Deiner Hand. Aber Du mußt Dich mit Geduld. wappnen, denn es ist eine lange Geschichte, die ich Dir erzählen will, und sie führt mich in Zeiten zurück, wo Du »och ein kleines Kind warst. Vergiß nicht, mein Liebling, daß ich bedeutend älter bin als Du, — ich habe bereits das achtunddreißigste Lebensjahr hinter mir." Gitta nickte ihm lächelnd zu, und doch schlug ihr das Herz zum Zerspringen. Ihr Kopf lehnte jetzt an seiner Brust, und sie war ganz Aufmerksamkeit; aber eine seltsame Bangigkeit hatte sich ihrer bemächtigt und mischte sich in das unaussprechliche Glücksge fühl der jungen Seele. „Ich bin der Sohn eines hohen päpstlichen Beamten," begann Belloni endlich, „und habe nur noch eine Schwester, welche um mehrere Jahre älter ist als ich, — Juanita, die Du auch bereits lieben gelernt hast. Sie war ein schönes Mädchen, deren Charakter eigenschaften auch die vorzüglichsten genannt werden konnten. Da unsere gute Mutter leider sehr früh gestorben, ließ der Vater die einzige Tochter in einem Kloster erziehen, in dem ich sie hin und herausgestellt, daß der staatliche Zuschuß 1,300,000 Mk. zu betragen haben würde. Die Deputation erkenne zwar die Beachtlichkeit de» Projektes an, nehme jedoch Anstoß an der Höhe des Betrage», zumal da die Brücke bedeutende VerkehrSintereffen nicht für sich habe. — Beide Bittschriften wurden der Regierung zur Kenntnißnahme über geben. Frhr. von Friesen befürwortet in längerer Rede die auf Communicationswege bei Rötha Bezug nehmenden Petitionen. Er giebt anheim, ob es nicht zweckmäßig sei, daß die Regierung eine Commission aus höheren Staats- und Verwaltungsbeamten einsetze, welche die Verkehrsverhältnisse eingehend zu untersuchen und auf Grund ihrer Beobachtungen den Ständen Vorschläge zu machen habe, vr. Kohlschütter befürwortet die Petition um Erbauung einer Mulden brücke bei Podelwitz. Bezüglich sämmtlicher Petitionen stimmt die Kammer den Deputationsanträgen zu. Schließlich findet noch ein Nachtrag zum Etat der Kunstakademie Annahme. Sächsisches. — Der Schluß des Landtages findet laut Dekret Dienstag 26. März statt. — Dresden, 23. März. Gestern sah man in den Straßen der ganzen Stadt eine große Anzahl Stadtgendarmen von Haus zu Haus gehen, welche behufs Controlversammlungen Gestellungs ordres an beurlaubte Reservisten und Landwehrlcute austrugen. Wie man hört, ist das Austragcn ausnahmsweise geschehen, um eine Probe damit vorzunehmen. Früher erfolgte» diesbezügliche Bekannt machungen durch die Blätter. — Pulsnitz, 16. März. Infolge eines gestern früh in der 2. Stunde im Kesselhaus der Dampffärbcrei und Bleicherei des Herrn W. Scholz ansgcbrochenen Feuers ist dieses Etablissement gänzlich eingcäschert worden und sollen u. A. dadurch auch ca. 3000 Centner Wolle mit vernichtet worden sein. Der energischen. Thätig- kcit der Feuerwehren ist cs zu danken, daß der Brand auf seinen Herd beschränkt blieb. — Frciberg, 21. März. Der wegen Unterschlagung hier in Untersuchungshaft befindliche Hüttenwardcin Friedrich Karl Louis Burggraf an der Muldener Hütte hat sich im Gefängniß durch Er hängen entleibt und dadurch der irdischen Gerechtigkeit entzogen. Burggraf war unverheiratet und hatte bei gutem Gehalt eine völlig sorgenfreie Existenz, so daß seine That sich nur durch Habsucht er klären ließ. Die Einzelheiten werden infolge des Selbstmordes Burg- gras's nun wahrscheinlich uncnträthselt bleiben. — Leipzig, 22. März. In Markranstädt, Schkeuditz, Lindenau, Rötha u. s. w. haben die in den dortigen Rauchwaarcnzurichtereien beschäftigten Gehilfen die Arbeit eingestellt und zwar, um höhere Arbeitslöhne zu erzielen. — Die Mitteilung, die Verhaftung von 26 Personen in Leipzig und den Vororten wegen Verbreitung ozialdemvkratischcr Flugblätter bctr., ist noch dahin zu erweitern, daß die Verhaftungen fast 50 Personen umfassen, welche sämmtlich in der Königl. Gcfangenanstalt internirt sind. 8.— Bahnhof Kieritzsch. Am 20. d. Mts. früh gegen Uhr wurden die Bewohner eines Hauses durch entstandenen Lärm aus dem Schlafe gestört. Der Ursache nachgehcud, bemerkte man im Hofe 2 große Hunde, welche aus der Fabrik des Herrn Oehme aus- gebrochen waren. Die Hunde hatten von Nachts 11 Uhr an schon die ganze Umgebung durchsucht, waren in die dortige Ziegelei ge raten und hatten den Kettenhund, sowie eine Katze erbissen. Später haben sie bei einem Federviehhändlcr sich Eingang in den Hof ver schafft und dem Gänsestall einen Besuch abgestattet. Zwei Gänse vurden erbissen und eine davon bis auf nur wenige Reste ausge- ressen. Ein Hund wurde von den Bewohnern des Hanfes gefangen und am Morgen abgeliefert. In dem Nachbarhause haben die Hunde noch einen Kater erbissen und denselben liegen lassen. Schon vor 14 Tagen waren beide Hunde in den betreffenden Hof cingebrochen und haben vier Kaninchen aus einem Stall geholt und mit fortge schleppt. Schon seit einiger Zeit wurden die Hunde des Abends im Freien bemerkt und haben dieselben versucht, in die Zicgenställe der umliegenden Häuser einzudringen, um sich ein leckeres Stück Vieh für das Nachtmahl auszulescn. — Elsterberg. Die 72jä hrige Wittwe D. von hier hat sich heute, Donnerstag, Vormittag durch Ertränken in der Elster das Leben genommen. Arbeiter des Herrn Lohgcrbcrmstr. B. Heckel zogen die Leiche an's Ufer. Der Grund für erwähnte That war Lebens überdruß. — Plauen, 22. März. Heute früh hat die Ueberführung der Leiche des infolge einer beim Rappier-Fechten erhaltenen Verwundung verstorbenen Assessors Hüppncr nach dem oberen Bahnhofe statt- gesunden behufs Transportes nach Frciberg, dem Wohnsitze der Eltern desselben, woselbst die Beerdigung Freitag Nachmittag stattfinden soll. Die Sektion der Leiche hat dem Vernehmen nach ergeben, daß Herr Assessor Hüppner an Hirnhautentzündung gestorben ist, hervorgerusen durch Bluterguß nach dem Gehirn. wider einmal besuchte. Mit noch nicht ganz fünfzehn Jahren kehrte Juanita in das Vaterhaus zurück. Sie war bereits vollständig er wachsen und eine überaus liebliche Erscheinung, dabei aber unschuldig und ahnungslos wie ein kleines Kind. Damals spielte in Rom ein ungeheuer reicher, vornehmer Spanier eine bedeutende Rolle. Don Gilberto Marento della Monte Barbari, so hieß der Grande." „Marento?" unterbrach Gitta erschreckt die Erzählung des Doktors. Belloni nickte. „Marento, ja, — aber bitte, Geliebte, unter brich mich nicht! Ich löse alle Räthsel, — glaube es mir!" Es kostete sie sichtlich Mühe, zu schweigen, aber trotzdem gehorchte sie ihm. So nahm Belloni wieder das Wort und fuhr fort, wie folgt: „Herr von Marento war den Jahren nach ein Greis, aber trotzdem noch eine sehr angenehme Persönlichkeit, ja, eine hervorragend schöne und stattliche Erscheinung. Geistvoll, liebenswürdig und ver schwenderisch, wurde er ein Liebling aller Kreise und selbst vom Papste vielfach ausgezeichnet. Mein Vater kannte den alten Herrn von früheren Jahren her, und so war derselbe stets ein gern ge sehener Gast in unserem Hause. Als Juanita heimgekehrt, sahen wir Don Marento täglich. Das unerfahrene Kind hatte den Freund ihres Vaters gern, sie jauchzte ihm zu, wenn er kam, und freute sich über seine reizenden Geschenke, für deren ungeheuren Werth sie noch kein Vcrständniß hatte. Eines Tages aber fiel sie mir lachend um den Hals und bat mich > ckisch, sic nur recht genau auzuschen „Weshalb?" fragte ich; da gab sie mir einen Kuß und meinte leicht hin: „Es ist wie ein Märchen, Niccardv! Denkc doch nur, ich soll eine vornehme Dame werden, a» den Hof der Königin Jsabclla von Spanien kommen; denn in acht Wochen bin ich Don de Marentos Gemahlin." Fortsetzung folgt. Litterarisches. Durch die rühmlichst bekannte Verlagshandlung Velhagcn n. Klasing in Bielefeld und Leipzig ist soeben zur Ausgabe gelangt: Kaiserbüchlein. Zur Erinnerung an Deutschlands Heldenkaiser Wilhelm 1. von Bernhard Rogge, Hof- und Garnisonprediger in Potsdam. Ladenpreis einzeln 50 Pf., in Partien von 50 Exemplaren 40 Pf. ES ist geradezu erstaunlich, wie viel heutzutage durch den in Deutschland allgemein gestiegenen Absatz solcher in großen Auflagen erscheinender guter volksthümlicher Bücher für billigsten Preis geliefert werden kann. Dieses Buch (104 Seiten mit 70 Abbildungen) eignet sich durch seine volksthümliche Darstellung und schöne Ausstattung ganz besonders als Gedächtnißbuch zur Vertheilung in Schulen und Vereinen. Chemnitzer Stadt Airzeiger. Die Freunde unseres Blattes werden ersucht. unS wichtige Begebenheiten gütig» mitzntheiten. Chemnitz, den 23. März. — Kaufmännischer Verein. Mit der am 22 März abgehaltenen 23. Wochenversamiillung des Vereins schloß derselbe das diesjährige Winter halbjahr bez. die Reihe der in letzterem abgehalteucn Vortrags-Abende. Den letzten Vortrag in besagter Reihe hielt an genanntem Abend Herr Schuldst. Gesell von hier. Sein Thema lautete: „Bilder aus dem Leben eines säch sischen Volksschnllehrcrs." — Redner war mit diesem Stoffe innig vertraut, denn sein eigenes Leben bildete die Grundlage desselben. In sehr reich mit Einzelzügen ausgcstatteter und mit gcinüthvoll-hnnioristischer Würze versehener Schilderung, die auch manchen Reflex ans die Außenwelt warf, führte Herr Direktor Gesell die hervorragendsten Erlebnisse seiner Jugendzeit und ersten Amtsthätigkcit als Lehrer der sehr zahlreich erschienenen Hörerschaft vor Augen. Der erste Abschnitt war dem Leben im Eltcrnhause gewidmet »ud die Wärme, mit welcher der Herr Redner von letzterem svrach, wie das sichtlich innige Behagen, welches das Andenken an dasselbe be.ebte, ließen genugsam erkennen, wie theuer dem Vortragenden die Erinnerung an dies Elternhaus ist, wie glücklich die Jugendzeit war, welche er in ihm verlebte. Im zweiten Abschnitt des Vortrags sühne Herr Direktor Gesell seine Hörer in das Seminar zu Waldenburg und machte sie mit den Freuden und Leiden bekannt, welche ihm als Zögling dieser Bildungsanstalt beschieden waren. Episodisch flach, Redner hierbei ein, wie er aus neckisch-eigcnthüinliche Weise damals die Bekanntschaft eines College» des Seminars in Friedrichstadt-Dresden machte, dessen Name Woldemar Kaden war — jetzt bekanntlich ein berühmter Schriftsteller. Der dritte Abschnitt zeigte den Herrn Vortragenden in seiner ersten Stellung als Lehrer einer Landgemeinde im mittleren Theile Sachsens. Interessant war es, hierbei zu hören, daß der rühmlichst bekannte Herr Kantor Gast in Planen es gewesen, der dem jungen Freunde zu dieser Stellung »erhoffen. Recht drastisch war die Schilderung der Einführung des neuen Lehrers durch Kantor Gast beim Gcmeindevorstand des bctr. Ortes. Besonders kulturhistorische Streiflichter auf den Zustand vieler Landschulen, wie solcher vor kaum 30 Jahren noch war, sowie über die gesellschaftliche Stellung eines Lehrers an diesen Schulen boten die Ausführungen der Herrn Redners in diesem Ab schnitt. Nicht minder gewährten die letzteren auch einen vielsagenden Einblick in die Denk- und Handlungsweise der damaligen Landbewohner dem Schul wesen gegenüber. — Der Vortrag fand vielen Beifall. Im Realgymnasium fand gestern Vormittag 10 Uhr zum Ge- dächtniß des hochseligen Kaisers Wilhelm eine Trauerseierlichkcit statt. Bei derselben war zum ersten Mal -ine prachtvolle Büste des Heim« gegangen, fernerhin gewiß der hervorragendste Schmuck der Aula, aufgestellt. Sie besitzt eine Höhe von Im 12 am , besteht aus galvanisch broncirtem Zinkguh und ist von Professor Calandrelli in Berlin modellirt. Beschafft wurde sie auf dankcnswerthe Anregung des Herrn Rektors Prof. vr.Pflüger durch freiwillige Beiträge der Schüler und des Lehrerkollegiums, sowie durch solche, welche von Selten mehrerer warmer Freunde der Anstalt zugeflossen waren. So hatte Herr Fabrikant D. 50 Mk. und Herr Fabrikant S. 20 Mk. gespendet. — Die Trauerfeicr begann mit dem gemeinschastlichcn Gesang des Chorals „Jesus meine Zuversicht . Hieraus hielt Herr Rektor Prof. vr. Pflüger eine warmempsundene Gedächtnißrede. Mit der ihm eigene» markigen Beredsamkeit schilderte er, welch' gewaltige Wirkung die Größe de» dahingeschiedenen Monarchen „in die Weite und in die Tiefe", aus die ge- r
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