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Sächsischer Landes-Anzeiger : 19.03.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-03-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188603191
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18860319
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18860319
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1886
-
Monat
1886-03
- Tag 1886-03-19
-
Monat
1886-03
-
Jahr
1886
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 19.03.1886
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Anita,, IS. März 188«. ^ «S. — « Schr,aug. Abonnementspreis: Der unvatteiische — jeden Wochentag Abend (mit dem Datum d«S folgenden TageS) zur Versendung gelangende — Lankes-Anzeiger mit Beiblättern kostet monatlich v0 Pfg. bei den Ausgabestellen in Chemnitz und den Vororten, sowie bei der Post. (Eingetragen unter Nr. 4638.) Im 4. Quartal erscheint für Abonnenten Zahreslnich (Weihnachtsbeigabe) b. Anzeigers. Verlag: Alexander Wiede, Buchdruckerei, Chemnitz. Sächsischer mit „Chemnitzer Sitadt Anzeiger". Mütter: „Tägliches Unlerhaltungsblatt" md hummstisih iWnrtes SamtaMatt JnsertiouspreiS: Raum einer schmalen «orpuszeile 18 Pfg.; — ReName (Ispalüge Petitzeile) 30 Psg. — BeiWiederholung großer Annoncen Rabatt. Bei Bestellungen von Auswärts wolle man JnsertionSbetrag (in Briefmarken) beifügen tte 8 Silben KorpuLschrift bilden ca. 1 Zelle). Annoncenannahme: nur bis Vormittag. Expedition und Redaktion: Chemnitz, Theaterstraße Rr. As Telegramm-Adr.: Wiede'« Anzeiger, Chemnitz. Fernsprechstell« Nr. ISS. „Lustiges Bilderbuch". T-l-grapVifche -tachrichte«. Vom 17. MSrz. Frankfurt ü. U. Proceß gegen Polizeicommissar Meyer. Nach achtstündiger Verhandlung zieht sich der Gerichtshof Nachmittags um vier Uhr zur Berathuug zurück. Meyer wurde zu drei Monaten, Wingleit zu zweiMouateu undHoh- maun zu einem Monat Gefänguiß verurthellt. Schwei ger erhielt vierzehn Tag« und Leyendecker einruMouat Gefäugniß. Die Motive ergeben sich aus der Anklage sowohl als auS dem Vortrage der Staatsanwaltschaft. Es wurde angenommen, daß Meyer die Körperverletzungen vorsätzlich veranlaßt habe. Die gegebenen Instruktionen könnten ihn nicht exkulpiren, denn sie seien meist nicht derart gewesen, daß er den Gebrauch der Waffe sofort hätte eintrrte« lasten dürfen. Angegriffen sei er nicht worden, also hätte er zunächst gelindere Mittel versuchen müssen, wozu da« Zurück- drängen mit den Händen gehöre. Ob er sich lächerlich gemacht haben würde, wenn er Leyendecker verhastete, könne dahingestellt bleiben, er hätte mindestens den Versuch machen müssen. Wenn er nach Erledigung der Hauptsache den Waffengrbranch fistirte, so könne ihn da» nicht straflos machen. ES falle ihm Alle», wa» im Friedhof pasfirte, zur Last. Mildernd komme in Betracht, daß ihm der ganze Austrag ein höchst nnliebsamer gewesen, weshalb eS ihm angenehm gewesen sein würde, wenn der Zug aufgelöst worden wäre. Mildernde Umstände habe man ihm aber mit Rücksicht auf die Vorsätzlichkeit nicht bewilligen können. Was die übrigen Angeklagten betrifft, so wurde ihre Schuld ebenfalls angenommen und daher sei erkannt wie geschehen. Wien. Zwischen den Eabiuetten ist eine Einigung über PressionS- mitlel gegen Griechenland noch nicht erzielt; gegenwärtig wird eine Blokade de» PiräuS erörtert. Pest. Einer Belgrader Nachricht zufolge ist Or. Esser, Torre- spoudeut der „kölnischen Zeitung", wegen Konspiration mit Bulgarien auS Serbien auSgewieseu worden. Belgrad Dar Ministerium beschloß, die Grenze gegen Bul garien sofort nach Austausch der Ratifikationen für den Handelsverkehr frei zu eröffnen. London. Die „Times* bestätigt, daß Lhamberlain und Trevelyan ihre Demission gegeben hätten, von Gladstone aber ersucht worden seien, ihren deSfallfigen Entschluß nochmals in Erwägung z« ziehe». ES verlautet, Gladstone wolle seinen Plan zur Lösung der irischen Frage ««arbeiten, um di« Bedenken Chamberlaio'S und Trevelyan'S zu beschwichtigen. Die Frankfurter Kried-ofS.yrffaire vor Gericht. D. 0. Frankfurt a. M., den 16. März. HI. Ans de« Zeugenvernehmungen der gestrigen Abendsitzung tragen wir «och da« Folgende nach: Zeug« Schutzmann Pfannwüller sagt, daß, nachdem alle« ziemlich vorüber, ungefähr 10 Schritt rechts seitwärts vom Grabe ein Mensch, der seinen Hut unter dem linken Arme trug und in der rechten Hand eine« Regenschirm wie drohend ewporhielt, auf den Angeklagte« Wingleit losstürzte, der ihn mit gezogenem Säbel ab wehrte «nd ihm eine« Schlag mit flacher Klinge über die link« Schulter auf den Rücken versetzte. Beide Zeugen stimme« darin über ein, daß der Geschlagene mit zerrissenem Hemdenkrageu und flattern der Binde wohl al» Angreifer angesehen werden konnte. Zeuge wird einstweilen nicht vereidigt. Der nächste Zeuge, Gürtler Dippel, ist der Geschlagene, will aber de» Hieb als einer der ersten der Flüchtigen von rückwärts, direct unter dem Portal, «nd zwar über den Kopf erhalten, so daß ihm der Hut entfiel und er stark blutete. Der Hut liegt vor und zeigt drei scharfe Risse. Das Blut wusch sich Zeug« im Beiseln de» ReichStagSabgeordueten Herrn Frohme in dem Marmorgeschäst gegen über dem Friedhofe ab «nd begab sich sodann mit Anderen zum Herrn Polizei Präsidenten. Er will weder zerrissenen Hemdeukrage» noch flatternde Binde gehabt haben. Die Zeuge» Schneider Franz Degen und Schuhmacher Lor. Fader wollen Beide gleichfalls vom Schutzmann Wingleit unter dem Portal Schläge in den Rücke« erhalten haben. ReichStagSabgeordneter Frohme ist von Leyendecker als Entlastungszeuge angeführt, kann jedoch über die Vorgänge am Grabe nichts anrsageu, da er für einen Augenblick bei Seite getreten Bei seiner Rückkehr an daS Portal begegnete er bereits de« Fliehen de» und erkannte den Schutzmann Wingleit unter dem Portal, wie er auf die Leut« eiuhieb. Der Angeklagte ist dem Zeugen von Bockenhelm wohl bekannt. Nachdem Herr Frohme verschiedenen Ver wundeten Hülfe geleistet und mit denselben eine Droschke bestiege«, trat Cowmiffar Meyer au» dem Portal und Zeuge machte ihm sofort Mittheilung davon, daß Wingleit noch unter dem Portale eiuge- hanen habe. Lommiffar Meyer drückte Zeugen sein Bedauern über den Vorfall ans nud erklärt«, er habe seinen Schutzleuten die größte Mäßigung beim Gebrauch der Waffe anempfohlen; das Nähere werde die Untersuchung ergeben. > < Schutzmann Franz Hohmann giebt die von Cowmiffar Meyer ertheilte Instruction in der bekannten Weise wieder, hat den Wingleit zwar in der Nähe de» Grabes zuschlagen, jedoch überhaupt nicht am Portal gesehen, glaubt auch nicht, daß dort geschlagen worden sei, wa» er jedenfalls gesehen haben müßte, da er als einer der ersten Schutzleute dort angrkommen sei. Schutzmann Wilh. Fische» macht ähnliche Aussagen, hält e» jedoch noch außerdem für unthunlich, wenn der Lommiffar de« letzten Redner, den Angeklagten Leyendecker, hätte arretiren wolle«, weil derselbe bei einem solchen Versuch sofort in der Menge verschwunden wäre. Die Schutzleute wurden schließlich alle vereidigt. Zeug« OSear Füllgrab« behauptet, daß Cowmiffar Meyer ihm allerdings verboten habe, eine Rede zu halten, jedoch nicht» gegen da» Niederlegen der Kränze mit einer kurzen Widmung, so lange diese keine soeialistische Tendenz habe, einznwende« gehabt hat. Auch behauptet Zeuge, daß die Aufforderung nicht dreimal wiederholt, sondern nur einmal ausgesprochen worden sei mit dem Zusatz: zum ersten-, zum zweiten- und drittenmal; allerdings habe er da» „zum drittenmal* nicht gehört, ebensowenig wie da- Commando zum Waffengebranch. Buchdrucker Carl Ulrich von Offenbach sagt im Wesentlichen nicht- andere» aus, als der vorhergehende Zeuge, und ebenso Theod. Max Jahn, Redakteur de» „Offeub. Tageblattes". Phil. Heinr. Müller, Bildhauer und «trth in Darmstadt, behauptet gleichfalls, Lommiffar Meyer habe daS Nlederlegeu von Kränzen, von einer Widmung begleitet, gestattet. Zeuge Schäfer deponirt insofern günstig für Polizeicommissar Meyer, als er die dritte Aufforderung znm AuSeinandergehen ge hört hat. Der letzte Zeug« ist C. I. Heiligeustei», dessen Aussagen nichts Neue» dringen. Zweiter VerhaudlungStag. Als erster Zeug« in der VormittagSfitzung wird Herr Polizei- Commifsar Köppe vernommen. Derselbe deponirt, daß die Aufrecht- haltnng der Ordnung außerhalb de» Friedhofe» ihm übertragen ge wesen, daß er aber keinen Grund gesunden, den Aufzug vor dem Portal anfznlösen. Nachdem der Conduct am Grabe angelangt wa», hatte Zrnge sich mit seiner Mannschaft in einiger Entfernung im Friedhof ausgestellt, so daß er die dort gewechselten Reden nicht wohl verstehen konnte, doch drangen dir Worte der Aufforderung bis zu ihm herüber, während er sodann nicht mehr vernehmen konnte, ob Leyendecker weiter sprach oder nicht, doch glaubte er e»; denn er sah Leyendecker noch auf seinem erhöhten Standpunkt stehen bleiben. Herr Köppe würde versucht haben, den Redner zu arretiren; auch hält er e» nicht für ausgeschlossen, noch nach de« Befehl, eine Versamm lung mit der Waffe auseinander zu treiben, letztere nur als Drohung zu benutze« «nd die Leute mit den Händen zurückzndräugen. Er kann sich aber nicht darüber erklären, ob ein Einschreiten mit der Waffe nöthig gewesen, da er zn weit entfernt stand, um sich ein genaues Urtheil bilden zu können. Der folgende Zeuge, Gärtner «nd Friedhof» - Ansseher Wilhelm Nagel beschreibt die bekannte« Scene«, sagt dabei aber insofern günstig für Lommiffar Meyer aus, al» er die dreimalig« Aufforderung zum AuSeinandergehen und den Befehl „Treiben Sie die Leute mit der Waffe auseinander!* constatirt. Einige der gestrige« Zeugen hatten behauptet, der Befehl habe nnr „Drauf* oder „LoS" ge lautet. Zwischen den Aufforderungen sei hinlänglich Zeit geblieben und trotzdem Hab, der Angeklagte Leyendecker noch nachträglich, ebenso wie drei oder vier Andere, seinen Kranz und eine rothe Schleife in da» Grab geworfen und mit lauter Stimme geredet. Die Aussagen deS FrirdhofS-AusseherS Schickedauz decke« sich so ziemlich mit den vorhergehenden, nur daß letzterer noch erklärt, der Angellagt« Leyen- decke» habe versucht, dl« Aufforderung de» Polizeicommissar» z« über schreien. - Ganz entgegengesetzt sagt Zeuge Brüne, Schuhmacher, aus, der iudeß seitens de» Henn Comwissar» Meyer darauf anfmerksam gemacht wird, daß seine Aussagen, die er direct nach der Affaire dem ihn vernehmenden Polizei-Lommiffar z« Protokoll gegeben hat, ander» lauteten. Zeuge ist Mitglied deS Gesangvereins, der am Grabe sang, und muß coustatireu, daß viele Theiluehmer am Zug, den er auf 7 bis 800 Menschen schätzt, rothe Abzeichen getragen haben. Tr ist verwundet worden, hat als Nebenkläger Strafantrag gestellt und wird auf Nachmittag 4 Uhr wieder geladen, damit ihm sein früheres Protokoll vorgeleseu werden kann. Der Schneider Simon Schweitzer hat nicht schnell genug weglanfen können, da ihm der Schrecken in die Füße gefahren ist. Daher ist er geschlagen worden nud hat eine Verwundung erhalten, die ihm eine längere ArbeitSnnfähigkeit zuzog. Zenge Franz Helbig, der al» Klempner anf dem Friedhofe arbeitete, hat die Arbeit verlassen, »m sich uwzukleiden und dem Zug entgegenzugkheu. Er ist geschlagen, aber nicht verwundet worden, kann im Allgemeine« aber nichts Neues anSsagen. Zengiu Katharina Marlin hat Rippenstöße und Zeuge Ludwig Schuck, AnSlavfer, hat Hiebe mit der flachen Klinge erhalten. Schreiner Metz von Bornheim hat bei dem Versuch, ei« gestürztes Kind aufzuhebeu, einen Säbelstich in den linken Arm und einen Hieb über denselben erhalten. Beide» find leichte Verwundungen, die jedoch eine fünftägige Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatten. Zeuge Neubert ist in der Nähe de» Portal» gehauen worden. Herr Friedr. Emil Fleisch man«, Schreiner und Wirth in Bornheim, einer der hiesigen Führer der Partei, deponirt haupt sächlich zur Entlastung de» Angeklagten Leyendecker. Zeuge hat eine rothe Blnme i« Knopfloch getragen und weiß auch, daß die Polizei die» verhindern soll. Er hat drei Hiebe über de« Arm erhalten, die noch lang« sichtbar« Spuren hinterließen. Korbmacher Adam Fleckenstein von hier hat vor dem Portal von berittene« Schutzleuten eine Anzahl Säbelhieb« in die linke Seite und über den Kopf erhalten, so daß sein Hut total zerhauen und er selbst längere Zeit derart in seinem Geschäft behindert war, daß er einen Manu zur Hülfe einstelle« mußte. Nebenkläger Peter Willmuths, Schreiner dahier, hat anch eine rothe Blum« in» Knopfloch gesteckt, di« unterwegs anf der Straße vertheilt worden find. Er ist auch gehauen nud verletzt worden, wa« «ine 7tägige ArbeitSnnfähigkeit znr Folge hatte. Jakob Gries er, Schreiner, hat verschiedene Schläge erhalten. Zeuge Göck, Schreiner von hier: Während Herr Leyendecker seine „Bierrede* hielt, wie der mich zu Protokoll vernehmende Herr Assessor sie zu tituliren beliebte (Heiterkeit), eommandirte Polizri- commiffar Meyer bereit-: „Säbel 'rauSl* Göck ist wiederholt ge schlagen worden, erklärt aber, als Arbeiter nicht so empfindlich zu sein, daß sie ihm Schmerzen gemacht, gefühlt habe er sie allerdings noch einige Zeit. ^ Zeuge Michael Köhler, Schuhmacher, will al» harmloser Spaziergänger auf dem Friedhof gewesen nud ganz znfällig, ohne zu wisse«, wer begraben wnrde, mit dem Leichenzuge bl» zum Grabe gegangen und auf diese Weise in di« Angelegenheit verwickelt worden sein. Er will ferner über einen ganze« Haufen Männer. Weiber und Kinder gestolpert und selbst gefallen sein, woranf ihm von Schntz- lenten, die er nicht sehen konnte, 1b bi- 20 Hiebe über Rücken und Kopf versetzt wurden. Zenge hat eine b Centimeter lange Wunde am Hiuterkopf davongetragen und will auch noch vor dem Portale Hiebe von Schutzlenten erhalten haben. Die folgende« Zeuge« Schlosser Otto Weber, Portefeuille- Arbeiter Friedrich Graß» Buchbinder Oskar Margraf, Schneider Hoffman«, der in Folge de» auSgtstandeuen Schrecken» Krämpfe bekommen haben will, die sich seitdem wiederholt haben, sowie Christian Acker, sind sämmtlich geschlagen worden, können aber nicht» von Bedeutung anSsagen. Schneider Heinrich Birthold ist derjenige, der bei dem Ver such, ei« in da» Gebüsch gestürzte» Kind herauSzuziehen, in da» Grab hinunter mit dem Kopf auf den Sarg Hiller'S fiel. Bei dem Heraussteigen erhielt Zeuge einig« Hieb« über de« Arm «nd Rücken, und da er sehr viele Schutzleute am Portal ver sammelt sah, so überstieg er die Friedhofsmauer, um» ins Freie und in Sicherheit zn kommen. Metallgießer Johann Wetze! hat sowohl innerhalb de« Fried- Hofe», wie vor dem Portal von den berittenen Schutzleuten einige wahrscheinlich flache Hiebe, anch «inen Fauststoß in daS Genick er halten, wa» ihn jedoch nicht am Arbeite» gehindert hätte, wenn er gezwungen gewesen, was indeß nicht der Fall, da Zeuge sein eigene» Geschäft besitzt. Als weiterer Zeuge tritt der Buchbinder Emil Wenderoth auf, der geschlagen wurde, indeß den Aussagen- der Zeugen der Bor- mittagSfitzung nicht» Wesentliches zuzufügen weiß. Auch der Wirth Jean Eckhardt in Boruheim kan« nur di« bereits bekannten Aus sage« seiner Parteigenossen wiederholen. Er ist auch wiederholt g«. schlagen worden. Der Schuhmacher Joh. Jos. Schäfer hat bereit» im Friedhof einige Hiebe erhalten, unter dem Portal hat er sodann gesehen, wie ein Schutzmann, de« er nachträglich als den Angeklagten Wingleit erkannt hat, mit dem Säbel auf die Fliehenden einhieb. Zenge Schneider Ring deponirt ähnlich wie die Mehrzahl. Schuh- wacher Martin aus Bornheim hat verschiedene Schläge mit dem Säbel bekommen, hat anß«rdem in der Nähe de» Portals einen Schutzmann mit einem Revolver in der Hand gesehen. Unter dem Portal will er verschiedenen Schutzleuten begegnet sein, die einhiebe» und denen Herr Cowmiffar Köppe zurief: „Nicht hauen!* Tapezierer Meyer war im Begriff, an da» Grab seiner Kinde» zu gehen, konnte aber nicht dazu kommen, da er von de, flüchtigen Menge mitgeriffe« wurde und in deren Mitte auch von Schutzleute» mit dem Säbel Schläge bekam. Schuhmacher Heinrich Schäfer hat Hiebe erhalten, kann jedoch nicht» Neue» über den Vorgang depouiren. Schuhmacher Ernst Wunsch will sogar mehr wie einen Schutzmann mit einem Revolver bewaffnet gesehen habe», hat auch flache Säbel hiebe erhalten, ohne verletzt zu werden. Zeuge Adam Waschkow widerspricht sich in seinen Angaben fortwährend, da er zuerst behauptet, Lommiffar Meyer habe Herrn Füllgrabe am Grabe erlaubt, Kränz« mit Widmungen niederzulegeu» «nd nachher auf Befragen erklärt, daß sich der Herr Polizeicommissar mit Herrn Füllgrabe überhaupt nicht nnterhalten, sondern ihm blo» da» Reden untersagt habe. Zeuge hat mehrere Säbelhiebe erhalten von einem Schutzmann, den er weder dem Namen nach noch der Nummer nach kennt, der aber augenblicklich auf dem Lorridor de» GerichtSlvkaleS anwesend ist. Der Vorsitzende will den Name« de» Betreffenden später feststelleu. Weiter« Informationen können anch die nächsten Zeugen Gustav Klein schmidt, Schreiuer, und Heinrich Blomenkamp nicht geben. ES folgt Herr Lriminai-Commiffar Theodor Mühlenbroich» der direct nach dem Vorfall von verschiedenen Verletzt;« ein Protokoll ausgenommen hat. Die Angabe« widerspreche« sich derart, daß einer der Vernommenen erklärt«, zwischen den einzelnen Ausforderung«« seien immer mehrere Minuten verstrichen, während andere augaben, daß fast gar keine Zwischenpausen «ingehalteu worden find. Herr Polizei-Lommiffar Friedrich Oellrich hat seine» Wissen» nur einen Verletzten, nämlich de« Zeugen Schuhmacher Brüne vernommen, dessen Verletzung der Hand nicht gefährlich gewesen und der ganz speciell auf Befragen über diese Pause« erwiderte, er könne nicht sagen, daß diese zu kurz gewesen, e» hätte jeder der Anwesende« Weggehen können, nur habe Herr Cowmiffar Meyer etwas leise gesprochen, sodaß wohl Manche ihn nicht gehört haben mögen Zeuge Joh. Zeltinger, Steinmetzmeister, ist selbst nicht ver letzt, hat aber gesehen, wie die Schutzleute den Bauunternehmer Heuß von der Bank, anf welcher er gesessen, in die Höhe gerissen, ihm sei» Notizbuch abgrnommeu, in das er Einzeichuunge» gemacht, und ihn schließlich mit den Säbeln gehauen haben. Der Schmied Gottlob Friedrich Heß erregt allgemeine Heiterkeit durch seine Beschreibung der Vorgänge am Grab, an welche» er nur herangetreten war, um dem Gesang zuzuhöre«. Auf'Befragen de» Vorsitzenden erklärt Zenge, daß ihn di« ganze Geschichte nichts augiuge »nd daß e» ihm interessant gewesen sei, ob die Leute falsch gesungen oder nicht. Bon den Reden und Aufforderungen habe er nicht» ge hört; Plötzlich habe er ein laute» „Heeh l" (schreit in da» Publikum hinein) und „preußische Stimmen* vernommen und da sri'S „Haue losgangen, und da bin i g'laufen — meint er — was i nur Hab' lausen könne!* De: Bauun'.e:ne(.m«r Friedrich Heuß von Langen ist auf de« Friedhof gewesen, um sich ein Modell sür ein ihm bestellte» Grab denkmal auSzusuchen. Als er ein ihm passende» gesunden, hat er sich auf eine Bank gesetzt, nm den Grundriß zn zeichnen. Da habe er Singen und schließlich Geschrei gehört. Später seien einige Schutz leute an ihm vorbeigegangen, von denen einer, der Angeklagte Schweiger, laut gesagt: „Da» hat sich die Schwefelbande heute Morgen nicht vermuthet, wie wir mit ihnen «mgegaugen find!* Beim Zurück kommen hätten ihn di« Schutzleute gesehen und der Angeklagte Hoh- maun habe ihm zugerufen: „DaS ist anch einer von Denen,* und ihm sodann eine« Säbelhieb über den «inen Ar« versetzt, worauf der Angeklagte Schweiger ihn über den anderen Arm geschlagen. Vorher ei «in Gärtner bei ihm gewesen, habe seine Gießkanne abgestellt und einen kleinen Knaben, den er bei sich gehabt, dabei gelassen, mit der Bemerkung, sich bei dem Herrn aufzuhalten. Die angeklagten Schutz leute bestreiten die Behauptung, Hohmann will Hrnß am Grabe ge sehen haben, beide behaupte», den Zeuge« niemals angerührt zu haben. Der Kunstgärtner Friedr. Max Bock befand sich auf einem ihm zur Unterhaltung übergebenen Grabe in der Nähe der Hiller'schen Grabstätte und kann daher covstatirev, daß die Versammlung dreimal laut und deutlich zn« Auseinandergehe« aufgrfordert wurde und dazu auch hinreichend Zeit hatte, ohne daß sie indeß Miene gemacht hätte, dieser Aufforderung Folge z« leisten. Im Gegentheil wurden «och nachher verschiedene Kränz« und rothe Abzeichen, verbunden mit Ansprachen, anf dem Grabe niedergelegt. Zenge ist auch geschlagen worden, ohne indessen Strafantrag zu stellen. Die Zeuge» Johann Muhl, Schneider, und Friedrich Fleck» Gärtner, haben beide Hiebe erhalten» während sie gestürzte Kinder
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