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Sächsischer Landes-Anzeiger : 03.03.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-03-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188603036
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18860303
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18860303
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1886
-
Monat
1886-03
- Tag 1886-03-03
-
Monat
1886-03
-
Jahr
1886
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 03.03.1886
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Sächsischer Landes-Anzeiger. Nr. vi. Mittwoch, 3. März i886. abermal» einzustelleu und da» werthvolle Material au Schiffen uud LaudnogSbrückeu im sicheren Hafen zu bergen. — Berwicheuen Sonnabend wurde vor dem Leipziger Bahnhöfe ein 57 Jahre alter Man«, welcher au» Anlaß feine» krankhaften Zustande» ans dem Wege znm Arzte war, von einem Lungendlutsturzr befallen und rer fchied weuige Augenblicke späte«. — Klingenthal. Am Sonnabend Abend wurde hie» seiten» de» hiesige« Kreuzbrndertische» eine zahlreich besuchte Antispiritlste». Versammlung, in der Herr Albrecht, Leipzig, unter großem Beifall seine bekannten Enthüllungen vorführte. Der Verein Halle de» Bortrag veranlaßt, da mehrfach spiritistischer Aberglaube im obere» Gebirge aufgetancht war. — Pirna, 26. Februar. Dankbar zu begrüßen ist eine heute von der köuigl. Amt»hauptma«vschaft erlassene Publikation, welche gegen da» oftmals vorkommeude übermäßige Beladen der Steiuwagen und di« dadurch entstehende« Pferdeqnülereien Stellung nimmt. Die genannte Behörde stellt dabei in AuSfich», daß eventuell eine gewisse HSchstbeladung uormirt wird uud darüber dann unter keinen Um ständen hiuanSgegaoge» werden darf. Wer da weiß, in welch' brutaler Weise den armen Pferden von de» betreffenden Fuhrleuten oft nutze- spielt wird, der kann sich mit dem amtshauptmannschaftlichen Vorgehen gewiß unr einverstanden erklären. — I» Pirna vermißt man seit vorigem Donnerstag einen Trompeter der 1. Batterie. E» wird befürchtet, daß derselbe sich eine» langwierigen Leiden» halber den Tod gegeben hat. Da die Uuiformpücke de» Vermißten in dessen Wohnung vorgesnudeu wurde», so ist anzuuthmeu, daß sich derselbe in Eivilkleidrrn entfernte. — Leipzig, 1. März. Bekanntlich wurde am Nachmittage de» 26. Jaunar im Comptoir de» hiesigen Dähue'schen Weiuhandluvg au dem dort anwesenden Lomptoiriste» ein frecher Raubaufall verübt, als dessen Urheber der 19 Jahre alte Schriftsetzer Georg Reinhold Melzer an» VolkmarSdorf ermittelt wurde, während als dessen Lompliee der 23 Jahre alte Handarbeiter Ludwig Bernhard Zehne au» Lindeuuanudorf, der während der That mnthmaßlich in der Nähe de» Comptoir» gewartet, in Frage kam. Obwohl die genaue Prr- sonrubeschrribung der genannten Beiden sehr bald beschafft uud bekannt gemacht werde» konnte, so hatten doch bi» jetzt alle Nachforschungen keinerlei Erfolg, bi» endlich heute Mittag vom Amtsgericht Markran städt die telegraphische Meldung von der dort erfolgten Einlieferuug Melzer'S uud Zehne s hier ei»traf. Es wurden daher auch unver züglich die nöthige» Maßnahmen angeordnet, um die Verbrecher unter sicherer Bedeckung nach der hiesigen Gefangeuaustalt überzusühren. Gerüchtweise verlautet, daß Beide sich meist in der Gegend von Markranstädt oufgehalten uud in den Strohfeimen genächtigt, bei der herrschenden Kälte aber die Füße erfroren und sich schließlich in Albersdorf freiwillig der dortigen OrtSbehörde gestellt haben. — Eine in der Rosenthalgasse wohnhafte 35 Jahre alte ledige Frau stieg heute Morgen im geisteskranken Zustande in die 3. Etage de» nach der Jacobstraße zn gelegenen Hintergebäude» hinauf uud stürzte sich daselbst zum Fenster hinan». Die Unglückliche traf auf ein Pappen» dach auf, durchschlug dasselbe uud fiel in den Hofraum hinab. Dort überstieg sie da» Geländer de» Slftermühlgraben» und sprang in da» Wasser, welche» sie bi» hinter da» Georgeuhau» Hinabtrieb. Dort kamen ihr zwei Männer zu Hülfe, denen c» auch gelang, vermittelst einer Leite, die unglückliche Person au» dem Wasser z« retten.« Sie war besinnungslos, wurde aber noch lebend vorläufig im Georgenhause «utrrgrbracht, indessen hegt mau wenig Hoffnung, sie am Leben zu erhalten. — Regi», 27. Februar. Der aus dem Dach unserer alter- thümlicheu Stadtkirche throueude, aus Holz gefertigte Thurm ist so baufällig geworden, daß er da» darin hängende dreistimmige 30 Leutuer schwere Slockeugeläute nicht mehr zu tragen vermag. Dasselbe muß deshalb jetzt, um Unglück zn verhüten, herunterge- «ommeu uud ans dem Erdboden feruerhin geläutet werden. Der Thur« selbst verfällt dem Abbruch und e» wird dagegen am West giebel der Kirche ein neuer massiver Thvrm aufgesührt, welcher nach de« Zeichnungen de» Architekten Altendorff in Leipzig ganz im Roh bau au» Rvchlitzer Porphyr uud Bruchsteinen mit metallener Spitze hergestellt, in seiner einstigen Vollendung rin Schmuck nicht allein für nnser« Stadt, sondern auch für deren Umgebung zu werden verspricht. — In Froh bürg ist der Neubau eine» Rathhause» au»ge> schrieben worden. Die näheren Bedingungen können Unternehmung», lustige daselbst in der Rath-expedition erfahre». — Rochlitz, 1. März. Gestern gegen Abend wollte ein, wie e» heißt zum Besuch anwesender Maan zwischen Fischheim und Wechselbnrg, bei der sogenannten Traschte, di« Eisdecke der Mulde überschreiten, er brach aber ein uud mußte ertrinken. Sein Leichnam ist noch nicht gefunden worden. — Plauen i. B-, 1. März. Eine große Anzahl angesehener hiesiger Industrieller und Bewerbtreibeuder hat ihren Dank und ihre Anerkennung für die Unterstützung, di« ihnen von Herrn Oberbürger meister Kuutze mit der von ihm veranlaßt«« Petition um Erweiterung der hiesigen Fachzricheuschole, der Muster- «ud Borlagensammlung sowie um Erbauung eine» Schul- uud Sammelhanse» hierzu zu Theil geworden ist, durch eine fast mit 600 Unterschriften versehene Adresse auSgedrückt. — Ein Musiker aus Petersburg wurde gestern Abend von einer Schutzmannpatrouille iu einer Restauration wegen Nicht« befolguug polizeilicher Weisungen «nd Verübung groben Unfug» ver haftet. Auf dem Wege nach der Polizeiwache leistete ders-lbeu hef tigen Widerstand uud beschimpfte die Schutzleute, uud in der Ge- sangeuenzelle tobte uud skandalirte er so heftig, daß die Bewohner de» Nachbargebäudes au» dem Schlafe geweckt wurden, worauf zu seiner Schließnng verschritten werden mußte. Der Verhaftete war eben erst au» dem Gesänguiß entlassen worden, wohin er wegen Betteln» iu hiesiger Stadt gekommen war. — Wiederum ist ein musikalische» Wunderkind entdeckt! Diesmal ist es ein Knabe in unserer Stadt. Derselbe — 13 Jahre alt und Schüler der Zweiten Bürgerschule — hat vor l'/z Jahr da» Zitherspiel ohne Anleitung gelernt, uud er spielt auf diesem Instrument schon seit längerer Zeit mit außerordentlicher Fertigkeit. Seine künstlerische Begabung tritt aber noch mehr in eigenen Lompositionen hervor. Er hat auch bereit» etwa 30 Lieder uud Tänze für Zither komponirt, die gegenwärtig von der Stolle'schen Buchhandlung in Leipig, welche von dem kleinen Componisten da» EigenthumSrecht gegen Bezahlung von Honorar erlangt hat, iu Druck vorbereitet werden uud demnächst erscheinen. Seit einigen Tagen hat der Vater dem Knaben, dessen Bitten erfüllend, ein Clavier gekauft, und es übt sich nun der Knabe ohne Lehrer; er selbst sagte, daß ihm die Erlernung de» Clavierspiels leichter falle als das Erlernen de» Zitherspiel». — Treuen. Am vergangenen Sonnabend schied der seit 1846 hier augestellte Lehrer und Organist Herr Neumann ans dem Schul amte, um in den wohlverdienten Ruhestand überzutreten. Um die Scheidestnnde dieses verdienten Manne» zu einer Stunde ernster uud erhebender Feier zn gestalten, versammelten sich Vormittag» 11 Uhr verschiedene Mitglieder de» Stadtrathe» und des ScholauSschusse», sowie da» gesamwte Lehrerkollegium im festlich geschmückten Elasten zimmer de» Scheidende» zu einer Feier, die so recht zeigte, wie große Anhänglichkeit sich derselbe iu seiner langjährigen segensreichen Tätig keit erworben hatte. — Lengenfeld. Mit Ende Februar schied nach länger als vierzigjährigem verdienstvollem Wirken der hiesige Organist uud Bürger- schullebrer Herr Heinrich Martin Seidel au» seinem Amte. Bei seiner feierlichen Entlassung au» dem Schulamte legten seine Schüler ihre Dankbarkeit durch Ueberreichnng hübscher Geschenke an den Tag. Sein« kirchlichen Functionen wird Herr Organist Seidel zunächst noch weiter besorgen, da ein Nachfolger wegen schwebender Verhandlungen zwischen Stadtvertretung uud Kirchenvorstand noch nicht ernannt werden konnte. — Am Sonntag früh verunglückte in der Papierfabrik des Herrn M. in Grün wiederum ein Arbeiter, indem er aus bis jetzt unerklärliche Weis« mit der rechten Hand zwischen Kammräder kam, wobei dieselbe vollständig zerquetscht wurde. — Markueukirchen. Am Freitag früh wurde hier in der Nähe de» Schützenhauses der Messingiuftrumentenmacher Schmidt von hier erfroren aufgesunden. Schmidt, der nicht gut beleumundet war, ist jedenfalls in der Nacht in nicht recht zurechnungsfähigem Zustande zu Falle gekommen und hat sich nicht selbst wieder aushelfen können. X—Anvaberg. Infolge des lavgandaurrnden scharfen Frostes, der bis zu ^ m in den Boden eiugcdrungen ist, erscheint ein« gänzliche Stockung de» Zuflusses unserer Wasserleitung nicht ausge schlossen. Bereit» ist der Zufluß auf weniger al» ein Drittel zurück» gegangen und infolgedessen ist eine allgemeine Einschränkung i« Wasserverbrauch als dringend nvthig vom Rathe angeordnet worden. — Die Frage, ob Anuaberg rin Gymnasium oder ei« Realgym nasium mit Progymnafium bekommen, bez. behalten soll, hält hier einen großen Theil der Bevölkerung in Aufregung. Di« Entscheidung ist abzuwarten. — Hof. Am 25. Februar Nachmittag» wurde hier di« vor etwa 14 Tagen beerdigte Leiche de» am 8. d. M. eine» raschen Tode», wie man sagte, infolge Schlaganfalles, verstorbenen Schlosser» Gg. Gras auSgegraben und secirt. Diese» Vorgehen ist durch immer stärker auftretende VerdachtSgrüude, al» sei Graf keine» natürlichen Tode» gestorben» veranlaßt worden. Ob da» Resultat der Sectio» Material zur Einleitung einer Untersuchung bietet, ist zur Zeit un bekannt. ^ Verhemdlmrge« vor dem Kgl. Landgericht Chemnitz. —tr. Straskammer II 25./2. Der Strumpfwirker Ernst Alban Ahnert aus Hartmannsdors bei Burgstädt war d«r fahrlässigen Brandstiftung angeklagt. Am Morgen des 3. Novbr. v- I. brannte der Kappeler Basthof bis aus die Umfassungsmauern nieder. Die EnistehungSursache des Feuers war vorläufig unbekannt, doch lenkte sich schon damals der Verdacht, da» Feuer angelegt zu haben, aus Ahnert, welcher in den letzten Jahren bereits mehrfach wegen des Verdachts der vorsätzlichen Brandstiftung in Untersuchung sich befunden hat, aber wieder sreigelassen werden mußte, da ibm nie «ine Schuld nachgewiesen werden konnte. Ahnert war aber nur geständig, am 2. Novbr. v. I. einem mit ihm in dem Gasthofe zu Kappel wohnenden Manne einen Rock gestohlen und denselben — um sich Jahrmarktsgeld zu verschaffen — für 4 Mk. versetzt zu haben. Wegen dieses Diebstahls erhielt er 4 Woche» Gesängniß zuerkannt. Als er diese Strafe verbüßt halte, erschien er aus freiem Antriebe bei Gericht und erstattete gegen sich wegen fahr lässiger Inbrandsetzung des Gasthoss in Kappel Anzeige. Er gab an, daß er in der Nacht zum 3. Novbr. spät nach Hause gekommen sei und sich in der Absicht, noch mehr Sachen zu stehlen, nach dem oberen Stockwerk des Hauses begeben habe. Er habe versucht, eine Kammer seines Logiswirths zu öffnen und dabei ein Streichhölzchens angebrannt. Dieses habe er weg- und jedenfalls aus Versehen in die vor der Kammer herumliegenden Theater« r-quisiten geworfen. Die vorsätzliche Brandstiftung leugnete er ganz entschieden. Ahnert wurde wegen fahrlässiger Brandstiftung und versuchten schweren Dieb stahls zu 8 Monaten Gesängniß verurtheilt. Der Schlossergeselle Ernst Paul Jacob aus Leipzig (schon mehrfach vorbestraft) hat sich am Abend des 28. Januar d. I. des ruhestörenden Lärms, der Beawtenbeleidigung und des Widerstands gegen die Staats gewalt schuldig gemacht. Er wurde zu 8 Monaten Gesängniß und 6 Wochen Haft verurtheilt. Der Maurer Franz Ludwig Harre auS Gablenz wurde wegen ein fachen Diebstahls in 3 Fällen mit l Monat Gesängniß belegt. Straskammer IV 26.,2. Der 20 Jahre alte Wirthschaftsgehüls« Carl Moritz Frenzel aus Geier ist wegen Erregung ruhestörenden Lärms und Wider stands gegen die Staatsgewalt vom Schöffengericht zu Ehrenfriedersdors mit 6 Wochen Gesängniß und 1 Woche Haft belegt worden. Er wendete hier gegen Berufung, die aber verworfen wurde, da der Gerichtshof die Schuld des Angeklagten gleichsalls als erwiesen ansah. Straskammer II 26,2. Der Bäckergeselle Franz Richard Thieme auS Leisnig bei Sschatz (30 Jahr alt und schon mit Zuchthaus vorbestraft) hat Anfang dieses Jahres aus dem Rittergutsparke in Schönau einen Balken ge stohlen und denselben seinem Meister Ernst Louis Mauer sberg er in Schönau zum Verbrennen übergeben. Letzterer war deshalb der Hehlerei angellagt. Thieme erhielt 3 Monate, Mauersbergcr aber 1 Tag Gesängniß zuerkannt Chemnitzer Stadt-Anzeiger. Chemnitz, den 2. März. - Ueber die Zurückstellung im Dienste der Reserve und Landwchrmannschaften, sowie der Ersatzreservisten l. Claffe machen die Ersatzcommissionen der Aushebungs-Bezirke Chemnitz- Land, Stollberg und Chemnitz-Stadt das folgende bekannt: Nach §8 12 und 18 der Controlordnung vom 28. September 1875 haben die Reservisten und Landwehrleute, ingleichen die Ersatzrescrvisten I. Classe, welche auf Zurückstellung aus Anlaß ihrer häuslichen und gewerblichen Verhältnisse für den Fall einer Mobilmachung, etwaiger Verstärkung des Heeres oder sonstiger Einberufung Anspruch machen, ihre Gesuche bei dem Stadtrathe beziehentlich Gemeindevorstande ihres Wohnortes anzubringen, welcher dieselben zu prüfen und nach Maßgabe des Befundes darüber eine an die König!. Amtshaupt- Vrrfgehove«. Ein Berliner Nachtbild. Nachdruck verboten- X X ES hatte ein so unschuldige» Auksehen uud trug einen so harmlosen Namen, da» keblerSlocal oben in einer Straße de» Norden» der Weltstadt Berlin. Schlicht und einfach stand über der gelb angestricheneu Thür zu lesen: „Kaffeelocal von F. Schnitze*, und verschiedene Papptafel« im Fenster zeigten die Preise der Kaffee- Portionen und de» Kuchen» zum „zuknabberu*. 5 Pfennige und 10 Pfenige die Taffe, mein Bott, wer kann'» billiger machen; daun gab e» «och Milch nnd Thee unk auf einem Teller nebenan standen Kuchenprobeu. 'n bischen grau und verdächtig sahen die au», so 'ne Probe von Staub konnte man wohl mit dem Finger abwische«, aber Saud scheuert bekanntlich den Magen rein und iu einem Kellerlocal uud zu einer Taffe Kaffee ä 5 und 10 Pfennige kann mau nicht Baumtorte oder sonst welche Leckereien verlangen Da» ist das Aeußere de» Schnltze'schen Kaffeelccale», da» wie alle anderen Locale gleichen Genre» im BolkSmuude den poetischen Namen „Kaffeeklappe* führt. In der Gegend hieß e», Schultze „mache* Geld, „aber, aber —*, hieß e» dann mit geheimnißvollem Achselzucken, „er ist «ine MordSwirthschast drinnen!' Bei der sausten Milch, dem unschuldigen Kaffee und den Kuchen- stücken eine MordSwirthschast? Wann« nicht gar? Verleumdung! Aber «S sollte Werth sei», zu sehen, oder vielmehr gesehen zn werde», besonders für Jemand, der e» liebt, auch die Winkel der Weltstadt zu durchstöberu, der nicht bloß im Schein de» elektrischen Lichte» seine Wege geht, sondern auch einmal dahin einen Abstecher macht, wo die SaSlaternen in ziemliche» Zwischenräumen von einander stehen uud ganze Theile der Straßen noch durch Bretterwände eingezäunt find. Hier ist ein gerade nicht wehr allzu neuer Rcck, der Weiße Fleck auf dem Rücken kann ruhig bleiben, da der Hut hat auch schon mehr al» eine B«ule, nun die seidene Cravatte noch fort nnd einen strick- artigen Shawl u« den Hal», schön, schön, so können wir uu» sehen lasten! Aber nein, blank geputzte Stiefel? Geht nicht, auch die Hand schuhe müssen bleiben, die Uhrkette fort, und nun vorwärts! Merken Eie wohl, wie scharZ die Thürklingel schellt? Hier ist nicht» ohne Bedeutung, auch der Klotz nicht, der dicht neben dem Fuß der Keller- treppe liegt »nd über den ein Unerfahrener leicht stolpern nnd zu Falle kommen kann. Ungebetene Gäste liebt man hier nicht. Und nun sind wir im Kaffeelocal von F. Schultze. Ein kleines Vorderzimmer, ganz annehmbar noch. Ta ist ein Buffet mit Bier- flaschen, da find Kaffeetaffen, nicht allzu rein, aber wer achtet bei dem Halblicht hier unten auf solche Kleinigkeiten? Neben dem Brod da liegt auf einem Teller Wurst, Fleisch, dann Käse re. Den „Stullen* scheint arg zugesprochen zu werden, denn e» liegt ein ganzer Hausen Brodschnitte da. Von Schnopsflaschen ist nicht» zu sehen. Vor diesem Buffet stehen «in paar junge Burschen, grob« Hose, dito Zacket, hohe Mütze, ein rothe» Tuch um den Hals, ba tst ihr« Bekleidung. Der Eine und der Andere von ihnen trägt auf dem Finger eine« messingenen Siegelring, ihre GesichtSzüge drücken wenigrr Rohheit, dafür aber um so mehr Frechheft «nd Schamlofig- krit au», ihre Reden sind eben nur in einer Kaffeellappe dieser Art möglich. Niemand trinkt Kaffee, alle Bier, uud in der Brusttasche wiegt sich die wvhlgesüllte „Pnlle*. Hinter dem Buffet war rin Vorhang an» wollenem Tuch. Offenbar verdeckte er eine Thür. Die Gesellschaft vor dem Buffet steuerte auch richtig darauf lo», einer von ihnen, der mit der „Pulle* allzusehr gelicbäugelt, stolperte. Wir halten ihn aufrecht, man ist einmal nnter den Wölfe«, also muß man mit heulen. „Hübsch von Dir, Jungekeu*, lallt der Gestützte, „komm' mit nach hinten, da ist'» mollig uud fidel, ick sage Dir fidel .* Türkei, Türkei, durch den Vorhang, wir Anderen hinterdrein. Na, wenn'» der Hexensabbath nicht war, neun Zehntel eine» solchen war das Bild iu dem Zimmer, dessen Fenster dicht verhängt waren, gewiß. Dicke, dichte Cigarreu- dampfwolken, eine Luft kaum zum Athmen, und dazwischen ein Ge- rrietsche, Gejohle uud Gejauchze, al» ob eine Gesellschaft Toller au», gebrochen. In eine Ecke gedrängt, können wir am Besten sehen. Ein wüster Kerl spielt die Ziehharmonika, uud neben ibm, hinter ihm wird mit den Füßen, Gläsern, Stühlen rc. der Tact gestampft. Zwei, drei Paare drehen sich im engen Kreise, bald fliegt die Tänzerin aus einem Arm in den andern, daun stolpert ein Paar und ein Höllen skavdol beginnt. Biergläser und SchnapSflasche«, die sich iu unsicht barer Weise immer wieder von Neuem zu fülle« scheinen, gehen im Kreise umher, die Köpf« glühen, da» schreit uud lärmt durcheinander, als ob die Mäude Zusammenstürzen sollten. Dann plötzliche Stille. Auch der Mufiku» muß seine Kehle aufeuchteu uud inzwischen wird ein Lied apgestimmt. „Ich weiß nicht, wa» soll e» bedeuten!* Die» tolle Volk, die Rekruten de» Verbrecherthume», stimmen richtig die» klagende Lied au, wie Hohn klingt es au» solchem Mond« Und dann beginnt da» Toben von Neuem! — Wärin wir draußen, meine» Sie! Ja wohl, aber dort geht gerade ein Nach bar von uu», das scheint der Richtige zn sein, der gut in diese Nachlgesellschaft paßt. Aber es macht nicht», wir kommen mit ihm hinaus, oh, Gott sei Dank, welche schöne klare Lust im Gegensatz zu diesem Kellernest. „Sir gingen gerade zur rechten Zeit*, meint der „Strolch* neben uu», der uns scharf fixirt uud daun nickt. „Nein, nein, sagen Sie nicht»*, meint er lochend, „ich habe keine Zeit mehr, aber halten Sie sich noch ein paar Minuten in der Straße auf.* Richtig, da blitzten auch im Schimmer de» Gaslichtes Helmspitzen uud eilfertig kamen in ihre« dunkelblauen Ueberzieheru ei» Commando Schutzleute. Aha! der Fuchsbau wird auSgeuommen; wir postiren un» auf der anderen Straßenseite, wer weiß, die Toilette nnd der Aufenthalt in der Nähe de» Lokals könvten schließlich eine sanfte Aufforderung, „einmal mit nach dem Polizeibureau zu kommen*, zur Folge haben. Einige Schutzleute find in den Keller hinabgestiegen; eine kurze Pause, und die „fidele Gesellschaft" kämmt an's Tageslicht oder richtiger an das Gaslicht. Da» geht ohne allen Lärm ab, wa» hülfe auch hier noch lange» Skandaliren? Paarweise werden sie zusamwengestellt, die 20 Schntzleute nehmen den Trnpp in ihre Mitte «nd vorwärt» geht'» nach dem „Revier!* Am andere« Morgen aber geht'» durch diese ganze Gegend: „Die Kaffeekloppe ist anfgehoben, der Schultze war gar zu sicher geworden!" yruS Kunst UN- Leven. — Der König von Sachse« hat «ft Rücksicht ans die ihm au» dem Nachlasse des Herzog» von Brauuschweig zugefallene« schlesischen Güter die übliche Abgabe an die Armen- und Wege- befferuugSkaffe ('/g Proe) dieser Tage dem Magistrat in Braun« schweig mit rund 18000 Mk. überweisen lassen. Der Herzog von Cumberlaud hat sich bisher nicht gerührt. — Professor Ehrlich über Mierzwiusky. Wir wiese» vor einiger Zeit auf eine Kritik Heinrich Ehrlich'» in Berlin über den Tenor MierzwinSky hin, der seit einiger Zeit die GesangSenthufiasteu nnd noch vielmehr die Enthusiast innen durch seine besonder» günstig gestaltete Stimmritze in Verzückung bringt. Herr MierzwinSky sang vor einiger Zeit auch in Chemnitz nnd ein hiesiger Musikfreund wandte sich au den genannten angesehenen Berliner Kuustrichter, ihn um sein Urtheil über MierzwinSky bittend, der kurz vorher vor der Berliner Kritik gesungen hatte. Die Antwort Ehrlich'», welche «n» zum Abdruck freundlichst überlassen ist, lautet wie folgt: Geehrter Herr! Ich besitze leider kein Exemplar meiner Kritik über Mierz winSky, müßte also in den Redactionen „Gegenwart* und „Ber liner Tageblatt" lange nachsuchen, und meine Zeit ist jetzt furchtbar kuapp gemessen; dagegen will ich Ihne« die Quintessenz meiner Ur- theile über MierzwinSky schriftlich senden. Er ist ein Mann mit seltenen Mitteln; seine Stimme entbehrt zwar de» Wohllaute», ist aber sehr kräftig uud iu der Höhe ganz ungemein voll uud sicher. Musikalische Bildung fehlt ihm fast ganz, von Reinheit der Jutonation, von Tonhalten, richtigem Nüaucire«, charakteristischem Bortrage ist bei ihm nicht» zu suchen. Effect uud nochmals Effect, Aushalten hoher Noten rc. rc., das ist feine Tendenz. Aber in dieser Richtung leistet er ganz Großartige»; er hat iu Bezug auf Ge sangsvirtuosität sehr viel gelernt; er führt GesangSkunststücke, Läufe, Triller, schwierigste Vorschläge in den höchsten Lagen mit un erreichter Sicherheit nnd Energie au», wie jetzt kein Anderer. Dabei ist er eine schöne Bühnenerscheinung, die besonder» den Damen sehr gefällt, uud seine Bewegungen find sehr elegante. ES ist also gar nicht z« verwundern, wenn er auf der Bühne „Furore" macht. Ihr ergebenster Heinrich Ehrlich. — Im Residenztheater in Dresden tritt Ernefto Rossi, der am Sonntag ein Gastspiel daselbst »öffnete, heute wieder al» Olhello ans. Den Jago spielt Her« Albert vom Stettiner Stadt theater, den Casfio Herr Winter au» Berlin, di« DeSdemona Fränl. AugSpnrg vom Hoftheater in Weimar, den Dogen Herr Fischbach. Mittwoch wird „Keau" wiederholt. — MatkowSky habe sich erschoffeu, hieß «» gestern in Dresden. Da» „DreSdeuer Tageblatt* knüpft an diese» leere Gerücht folgende drastische Worte: Wir könne« an» guter Quelle melden: MatkowSly athmet noch Im rosigen Licht, ist vor einigen Tagen in Hamburg gewesen, hat viel Geld rc. «nd freut sich seine» Leben»!
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