Suche löschen...
Sächsischer Landes-Anzeiger : 02.11.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-11-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-189211021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18921102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18921102
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1892
-
Monat
1892-11
- Tag 1892-11-02
-
Monat
1892-11
-
Jahr
1892
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 02.11.1892
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Liese verbreitetste unparteiisch« tägliche Leitung kostet monatlich 28 Pfg. in Chemnitz srei in- Hau». Mit dem Extrabeiblatt Lustiges Bilderbuch kostet der tägliche „Anzeiger" monatlich 38 Psg. (in Chemnitz srei in-HanS); außerhalb Chem nitz Zntragen monatlich 15 Pf. Bei der Post ist der Anzeiger nur mit dem Extra-Bciblatte Lustiges Bilderbuch zu beziehen sür85 Pfg. monatlich. (Nr. 5580 10. Nachtrag zur Postliste.) Telegr.-Adresse: Teuer,ilmizeiger. Serusprechstelle Sir. IZK. Anzeiger General für Lhemnitz Anzeiger rrnd Umgegend. «nzeigenpret»: «gespalten« LorpnSzeile (ca. S Silbe» fassend) oder deren Raum 15 Pfg. — Bevorzugte Stelle («gespalten« Petitzeile ca. 11 Silbe» fassend) 30 Psg. Bei wiederholter Auf« nähme billiger- — Anzeigen könne» nur bis Bormiltag 10 Uhr, angenommen werden, da Druck und Verbreitung der große» Anslage längere Zeit erfordern. Ausgabe: Wochentags Abend- (mit Datum des nächsten Tage-). — Die Anzeige» finden ohne PreiSansschlag,»gleich Ber« breitnng durch die Chemnitzer Eisenbahn-Zeitimg. M. 255. — 12. Jahrgang. —I Verlags Anstalt: Alexander Wiede,Chemnitz, Theaterstraße b. n Mittwoch, 2. November 1892. Politische Nmr-schau. Chemnitz, den 1- November. Deutsches Reich. "C. — Kaiserliche»: Erlas) aus Aulatz der Wittenberger ^esch.pler. ^Jch habe beschlossen, zur Eriiiuermig an die am 31. Okto- statlfindeude Einweihung der crnelitcn Schlvßkirche i» Wn^Merg eine Denkmünze in Bronze prägen zn lassen, welche auf der Mrdcrseite Mein Bildnis; und auf der Rückseite eine Abbildung der Schlosskirche mit der Umschrift „Eine feste Burg ist unser Gott", und dem Dalum „Wittenberg, den 31. Oktober 1892" trage» soll. Die Denkmünze ist in zwei Grössen herzustelle». Die größere bestimme ich für die fürstliche» Personen, die der Feier beigewvhnle» oder sich dabei habe» vertreten lassen, und will sie als besondere Auszeichnung auch denjenigen verleihen, welche sich nm den Erneuernngsban oder die Veranstaltung des Festes verdient gemacht haben. Die kleinere Denkmünze beabsichtige Ich allen übrigen Fcstlheilnchmern zn ver leihe». Berlin, den 30. Oktober 1892. Wilhelm k. An das Staals- niinistcrinni." Gegengczeichnet vom gesammte» Staalsministcrii»». — Die Köttigin-Wittwe Olga vor» Württemberg, be kanntlich eine geborene ruisische Prinzessin, ist ihrem Gemahle, dem König Karl, bald in den Tod gefolgt. Die schon seit längerer Zeit kränkelnde Königin, deren Herzensgüie und feine Bildung 'allgemein bekannt sind, ist am Sonntag Abend sanft entschlafen. Die Königin befand sich in ihrer letzten Lebenszeit in Friedrichshofen am Vodensee — Verschiedene jüngere bayerische Prinzen sollen i» der österreichischen oder preußischen Armee oder auch in andere» deutsche» Cvniingentc» diene». Der Grund hierfür soll einem Münchener Blatte znsvlgc darin liegen, daß, falls alle bayerischen Prinzen i» der bahcrische» Armee dienen, mit der Zeit alle höhere Stellen im bayerischen Heere mit Prinzen besetzt sein würde», was man vermeide» will. — Wieder einmal ein Sensationsartikel. In einer deutschen Wochenschrist erhebt ei» angeblicher ehemaliger Diplomat gegen den Fürsten Bismarck die Anklage, er habe im Jahre 1875 Russland den Vorschlag gemacht, Dentsthland in einem neuen Kriege gegen Frankreich nach Beliebe» gewähren zn lassen, wofür Rußland im Orient seine Pläne anssühren könne. Fürst Bismarck habe im vollsten Ernst eine» Angriff ans Frankreich geplant und sei hieran nur durch das energische Dazwischcnlrelc» Kaiser Wilhclm's I. ge hindert worden. In Frankreich habe man allerdings geglaubt, Ruß land sc! dem Fürsten Bismarck in den Weg getreten. Eine Antwort des Altreichskanzlers ans diese Angriffe wird sicher nicht ansblciben. — Die Untersuch,mg wegen de» vorzeitigen Ver öffentlichung der nenen Militär Vorlage wird im Bundcsrathe mit grossem Eiser geführt. Die Behauptung der „Köln. Ztg.", sie habe das Schriftstück von einem Mitglied- einer deutschen Biindcs- regiernng erhallen, dürfte sich nicht bestätige», es werden vielmchr wohl andcrc Dinge zn Tage kommen. — Die Anssichten der nenen Militärvorlage geben z» viele» Erörterungen Anlaß. Es war ja von vornherein feststehend, dass a» eine Annahme nur dann zu denken sei, wenn ein erheblicher Thcil der Mitglieder der Ccnlrnmspartei für die Vorlage stimme» würde Da die Vorlage dem Reichstage zugchen wird, ist es selbst verständlich, daß die Rcichsregiernng hiermit rechnet, denn sonst hätte cs nicht den geringste» Zweck, de» Entwurf zur Erörterung zn stellen. Ganz »nrichlig ist cs aber, wenn behauptet wird, zwischen Berlin und dem Valican in Nom finden dieser GesetzcSvorlage wegen Untcr- handlnnge» stall. Auch bo» Politischen Handclsgeschästen kann keine Rede sein, der heutige Reichskanzler hat sich vor dem Reichstage be kanntlich klipp und klar dahin ansgesprochen, er werde zn solchen politischen Geschäften niemals seine Hand dielen. — Viel Aussehen hatte die Meldung eines socialistische» Blattes gemacht, »ach welcher in der bayerischen Armee eine schwarze Liste über die Stellung der Nckrnlcn zur Socialdemokratic geführt wird. Die „Hamb. Nachr." bemerke» dazu, die Führung solcher Liste» sei selbstverständlich. — Hu dttt deutsch » ttssischcu Handtlövertragsverhand- lttttgeu wird der „Köln. Ztg." ans Petersburg geschrieben: Für die dcnlsch-rnssische» Verhandlungen über eine Zollübereinkunft sind Ernennungen erfolgt, die bestimmt zn sein scheine», ans russischer Scile de» Ernst der Verhandlungen zn zeigen. Anstatt des früheren Finanzministers Abnsas, der später znrückgekehrt, ist der Präsident des Ministcrraths, Bunge, mit dem Vorsitz betraut und hat die Acte» übernvmmen. Eine Sitzung wird bald erwartet. Da Deutschland eine Vergünstigung für den Kohlentarif verlangt, wurde der Marinemittistcr Tichatjerew zum Mitglied der Cvmmissivn er nannt. die bisher ans den Minister» der Finanzen, des Innern und der Neichsdvmänen bestand. Die Unterhandlungen dürften nunmehr bald in Fluss kommen. Oesterrelch'Uttgavtt. — Der Rückgang der Cholera in Budapest geht jetzt schneller von Statten. Man erachtet die Gefahr, welche von der Epidemie drohte, im Wesentliche» als überwunden. — Hofprediger Stöcker wollte in Kalksbnrg bei Wien in einer antisemitische» Versa»,,nlnng reden. Dieselbe ist indessen — der Cholera wegen — verboten worden. Italien. . — Aus Italien berichtet der Telegraph bon einer Reihe weiterer ministerieller Wahlreden: Neues bieten sie nicht, ErfreulicheS aber insofern, als fortgesetzt das herzlichste Einvernehmen mit den Staate» des Dreibundes docnmentirt wird. von der Arbeit ausgeschlossene» Ausständige» wieder angenommen werden. — Nach de» Berichten aus Dahomey wird in den nächsten Tagt» der entscheidende Angriff der französische» Trappe» ans die Schwarzen erwartet. Spanten. — Im Befinden des jungen Königs von Spante»» zeigt sich eine fortdauernde Besserung. Man nimmt daher an, der Hof werde in dieser Woche von Sevilla nach Granada übersiedel». Gkosjbritannien. — Die Arbeitslosen von London wollen am nächste» Sonnabend eine Massendemonstration auf dem Trafalgar-Platze ver anstalten. Man befürchtet Unruhen. — Die Kämpfe in Ober birma geben den Engländer» andauernd zu schasse». . In de» Than- staate» sind nene Unruhen ansgcbroche». Ans Afghanistan heißt eS, dass die aufrührerischen Hazaras den Truppe» fortgesetzt den ent schlossensten Widerstand leisten. Ans beiden Seite» wird kein Pardon gegeben. — Die von Londoner Zeitungen gebrachte Meldung, a»S dem deutschen ostafrikanischeil Gebiet marschire ein starker arabischer Waarenlransport »ach dem englischen Theile des Nyassa-Sees, ist unbegründet. Rttsjland. — Der russische Finanzminister veröffentlicht lange Berichte, wvrin er darlegt, der Stand der Finanzen des Zarenreiches sei keines wegs ein verzweifelter. Russland könne seiner Zukunft mit Nahe entgcgensehe». Das kann Jedermann, wenn er keine russischen Papiere kauft. — Die Cholera macht in Rnssisch-Pvlen noch immer nicht unbeträchtliche Fortschritte. Afrika. — Der Ort Chiromo, wo die Wissmann'sche Dampfer- Expedition zum Tanganyika-Sce nach den letzten Berichten lagert, liegt auf englischem Gebiet am Zusammenfluss des Schire und B»o und ist zu einem Fort ansgebaut. Dem drohenden Mangel an Lebens mitteln am Schire hat Major von Wißmann» durch rechtzeitige Mass nahmen vvrgcbengt. Chemnitzer Stadt-Anzeiger. Lt« pttundk ,c»I««S Blau«» >««rd«,l ««lacht, uns wichtig« B-g-b-ichkN«» gütlgst mltj»>s«n«» Chemnitz, 1. November. —r—. Verein Jaegnard. Dieser in der Hauptsache aus Angehörigen der Webwaaren-, bez. Textil-Jndnstrie bestehende Verein, welcher »eben der Verfolgung seiner rein fachivissenschaftlichcn Ziele und der weiteren Ausbildung seiner Mitglieder i»> Berufe und dessen neuen Erscheinungen auch die Pflege der heiteren Geselligkeit nicht aus de» Auge» läßt, hielt am Nefoimationsfeste i»> Saale von „Stadt Ma nn he im" eine» äußerst zahlreich besuchte» „hnmoristischen Uiiterhaltnngsabcnd" ab. Für denselben war ein sehr reichhaltiger „Geinißzettcl" ausgestellt, dessen einzelne Nummern in vst recht drastischer Weise zur Ausführung gelangten und wenn es auch nicht Kinistleist- ungen ersten Ranges inareii, so erreichten die Darsteller doch voll kommen ihren Zweck, den Theiliiehiner» einige angenehme Stunden zn bereiten, wie sich ans de» oft nicht enden wollenden Beifalls stürmen und Heiterkeitsausbrücheii ergab. Die ans dem Programm cinsgcsprocheue Bitte um Nachsicht für die „nicht von Thaliens Blut entstammten Dilettanten" war somit eigentlich überflüssig. Jeder einzelne Mitwirkcude that voll und ganz seine Schuldigkeit und stellte sein bestes Können i» den Dienst des Humors und der heitere» Laune und so hatte die „kritische Feder" durchaus keine Veranlassung, sich in.Beweg,,ng zn setze». —t. Brandvericht. Am 28. v. M. Abends gegen 6 Uhr sind in einem Wohnzimmer a» der Zwickanerstrasse ein Makart- boiiquct nnd andere Gegenstände dadurch in Brand gcrathen, daß der Wind eine Flamme gegen das Bouquet trieb. Das Feuer wurde von den Bewohnern gelöscht. — Gestern Abend fingen während der Vorstellung des Schauspieles „Standhafte Liebe" im Thaliatheater in einem Seitengange ans der Bühne die Mönchskutten von 5 Statisten Feuer. Dem ganz energischen Eingreifen des Wachführers der Theaterwache» eines BernfSfcuerwehrmaiines, welchem »och schnell einige Theaterarbeiter zn Hilfe kamen, gelang cs, weiteres Unheil zu verhindern. DaS Publikum hatte von dem Vorgang nichts gemerkt. — Im vergangenen Monat hat es i» hiesiger Stadt 19 Mal gebrannt. —* Ver»«»»glückt. Letzten Sonntag Nachmittag stürzte ein Glasschleifcrlchrling ans Hilbersdorfer Flur vom Rand eines Stein- brnchs, a» dem er gestanden, ca. 3 Stockwerke tief in diese» hinunter und blieb bewußtlos liegen. Mehrere hinzugekomniene Männer hoben den Veriiiiglücktcn ans und trugen ihn i» ein i» der Nähe befind liches HanS, wo derselbe wieder zu sich kam. Ei» herbeigeholter Arzt stellte Bruch mehrerer Nippe» und Bruch des rechten Armes fest. Auch scheint der junge Mensch innere Verletzungen erlitten zu habe». Er wurde nach seiner elterliche» Wohnung gebracht. —1(. Ungemrithliche Gäste. Ai» Sviniabend Nachts gegen 1 Uhr kam es zwischen einem hiesige» Ziegcleibcsitzer und zwei jungen Leuten in einer i>» Centn»» der Stadt gelegenen Wcinhand lung zu einem Streit, welcher bald in Thätlichkeilcn überging, sodass der Wirth die beide» jungen Leut- a» die Luft beförderte. —* Schlägerei entstand am 30. Oktober Abends in der elften Stunde in einem Tanzlokal an der Schützenstraße. Einer der Gäste, der von einem andere» unabsichtlich einen Stoß in den Rücken bo kommen hatte, schlug diesen mit der geballten Faust dermaßen in's Gesicht, daß dem Geschlagene» sofort das Blut aus Mn»d und Nase lies. Der Schläger wurde von dem diensthabende» Schutzmann abgeführt. ... —* Festgenommen. Ein au» dem Gesüligniß zu NiimuiclS- burg entwichener und deshalb streckbrieflich verfolgter Handel-man» wurde gestern in hiesiger Stadt betroffen und festgeno»»»e». — Gestohlen wurde am 25. Oktober vom Aushang eines schwarzem Bund, Werth 3 M. 50 Pf.; am 27. Oktober au» eitlem i» der Garderobe des hiesigen Schlachthvfes hängenden Rock «in grünseidner Geldbeutel, Werth 3 M. 50 Pf., ohne Inhalt; vom Trockenboden eines hiesige» Färbereigeschäites 3 Kilo schwarze Train seide, 120 M. Werth; ans unverschlossenem, i» der Wohnstube eine- Hauses der untere» Actienstraße stehende» Kleiderschrank vo» 50 M. weg 20 M.; ferner in der Nacht zum 31. Oktober ans dein Wohn« ziiiimer eines HauseS der Uferstraße ein Winterüberzicher von grau grünem Stoff; in derselbe» Nacht von der Wand der Gaststube einer hiesige» Schankwirlhschafl weg ei» Winterübcrzieher von dunkelbraunem Stoff mit braunem Sammtkragen. Landesvereirr des Evangelische» Bttttdes. Infolge ihrer günstige» geographischen Lage,n,d Verkehr-verhältnIsse war nnsere gut evangelische Stadt anscrsehc» worden, elj Ort für die Ab haltung der ersten JabrcS-Hanptversamwlnng des sächsischen LandeSverein» des „Evangelischen Bundes" z„ diene». Schon im Laufe des gestrigen Tage» trafen die Äcrtrcler der Einzelneren»! und sonstige Thcilnehmer an derselbe» ans allen Theile» unser cS engeren Vaterlandes als liede Gäste in iniser» Mauern ein, um hier mit Gleichgesinnten über die Erreichung der Ziele imd Zwecke des „Evangelischen Bundes", die Wahrung der deutsch-protestantischen Interessen gegenüber den Uebergrisfen vo > römisch-katholischer Seite, i» per sönlichen Mcinnngsanstansch zn treten und neue Anregungen zu geben und zn empfangen. In würdigster, de» hohen Ideale» des Bundes angemessener Weise wurde die Versammlung durch einen gestern Nachmittag in» 5 Uhr »ilicr »ngewöhlich großem Andrauge, wie ihn dieses Gotteshaus wohl noch nie gesehen hat, in der prachtvoll erneuerten Kirche der St. Pauligeilieind« abgehaltcnen Fcsigotiesdicnst cingelcitet, bei welchem eia von seiner frühere» Wirksamkeit her noch in bestem Andenken stehender ehemaliger Geistlicher dieser Parochic, Herr Superintendent Meyer aus Zwickau, die Feslpredjgt hielt. Derselbe nies unter Bezugnahme ans das Dichter-Wort: „O Herr, laß »ns nicht wanken, gicb uns Beständigkeit" ans die am diesjährigen Ge- dächtnlßtage der Reformatio» statlfindeude Einwelhnug der erneuerten Schloßkircbc zn Wittenberg, an deren Thüre einst Luther am ewig denkwürd ige» 31. Oktober 1517 seine den Anfang einer Kirchenreiilignng und einer neuen Zeit bildenden 95 Thesen (Sätze) schlug, und ans das erhebende Beispiel hin, welches unser jugendlicher Kaiser nnd die evangelischen Fürsten Deutsch lands durch ihre Beihellignng an de» Eiilweihnngssestlichkeilen geben. Mit begeisterten Worte» schilderte der westliche geistliche Redner den Ernst und die Schwere der Gcgnnvart und bezeichuete den Klang der Glocken von Wittenberg nicht blos als Fcstgeläute, sonder» als Sturmgeläute, welches die Lässigen nnd Gleichgiltigcn unter nnserm von der Macht des Unglaubens einerseits und des römischen Gewistenszwanger anderseits mehr als je be drohte» Bolle ausschrecke» solle. Um gegen die feste Organisation der poli- tischc» und coufcssionclleu Widersacher und die durch sic entfesselten Stürme gewappnet zn sein, bedürfte es aber eines festen Halte-, wie ihn das durch Luther uns „ei, geschenkte Evangelium biete, dessen Bekenner der „Evan gelische Bund" trotz abweichender Meinungen der Einzelnen zu einem großen, festgefügte» Ganze» vereinigen wolle, ohne irgend einen GewissenSdrnck a»Z- znüben. Unter Zugrundelegung des 38. »nd 39. Verses au- dem 10. Capitel dcS Briefes Panli an die Hebräer zeichnete der Redner mit kurze» markigen Züge» ei» lebensvolles Bild des großen Denlschcn und starken GlanbeiiSheldc» Luther, des treuen Bekenners, den wir am meisten und besten dadurch ehr.», daß auch wir nicht wanken, um nicht »»absehbare Gefahre» für unser Volk nnd Vaterland heranfzilbcschlvörcn. Am Adend fand in, große» Saale deS Gasthauses „Zur Linde" ei» äußerst zahlreich besuchter Familienabcnd statt, dessen Mittel- nnd Glanzpunkt der Vortrag des Herrn Superintendent Or. Schmidt aus Anna berg über „Tic Idee des Papstlhums nnd ihre geschichtliche Verwirklichung" bildete. Cingelcitet wnrdc der Abend durch das von Mitgliedern der Gcidcl'scheu Kapelle westlich vorgewagene Händcl'sche Largo für Violine, Harfe, Harmonium und Posaune, woraus der Vorsitzende des hiesigen Zweig- ocreins dcS „Evangelischen Bundes", Here L. Fromm hold, herzliche Worte der Begrüßung a» die in so reicher Zahl Erschienenen richtete, unter welche» wir unter Anderem die Spitzen der städtischen Behörden und zahlreiche Ver treter der hiesige» Geistlichkeit mit Herrn Superintendent Pros. Michael be.uerllen. Herr Superintendent Or. Schmidt wies in seinem lichtvollen Vorträge zunächst nach, ans wie schwachen Füße» die Berufung der katholische» Kirche ans das Pontificat des Apostels Petrus stehe »nd wie sich dieser an« gcbltchc Beweis für die Berechtigung des Papstlhums im Lichte der geschicht lichen Wahrheit nicht halte» lasse. Sodann zeigte er an der Hand der Geschichte, wie die einmal gefaßte Idee des Papstwums sich »ach und »ach entwickelte und weiter aiisbildcle, wie einige besonders energische und thal- kräftige, hcrrschsüetitigc „Nachfolger Petri" im römischen Pontificat nicht nur nach der geistlichen Alletnberrsrhast, sondern auch nach der weltlichen Macht strebte» und schließlich die Lehre von der gollgcvrdneten Obrigkeit in ihr grade- Gcgontheil verkehrten, indem sie den Staat unter die Gewalt u»d Oberhoheit der Kirche nnd ihres sichtbaren HanPteS, des Papstes, stellten. Mit Natur- „othwendigkcit mußte dieses Strebe» »nd dieser ganze Entwicklnngsgaiig zur Proclamirnng des Dogmas von der Unfehlbarkeit des Papstes als des an geblichen Stellvertreters Christi ans Erden sichren »nd nur der Reformation gebühre das Verrinnst, den römiscbcn Gelüsten und Uebergrisfen einen feste» Tamm entgegengesetzt z» haben, der freilich in der Gegenwart schwere» Stürmen ausgesctzt sei, welche der „Evangelische Bund" zu beschwören sich zur Ausgabe gemacht habe. Weitere Ansprachen wurden noch von eitlem Mitglied«: des Gesammt-VorstandeS des „Evangelischen Bundes", Herr» Or. Fcy an- Halle a. S., sowie von de» Herren Gymnasial-Oberlchrec Or. Schäfer au- Dresden nnd Superintendent Meyer aus Zwickau in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des sächsischen Landeebereins gehalten. Mit diese» erhebende» Ansprachen wechselte» die Vorträge angemessener Compositionen durch den unter Leitung des Herrn Cantor Bemmann stehenden, trefflich geschulten Kirchcnchor der Schloßkirche nnd dnrch »ncre beliebte heimische Sängerin Fräulein Hedwig Rockstroh, zn», Thcil nuter Mitwirkung von zwei ihrer Schülerinnen, i» wohlthnendster Weise ab. Der heutige Tag. der Tag der eigentlichen Haiiplvcrsammlniig, war der ernste» Arbeit gewidmet. Um U) Uhr Vormittags fanden sich sämmtliche fremde Gäste mit den hiesigen Vertretern des „Evangelischen Bundes" im kleinen Saale der Casino-Gesellschaft zusammen, in» die rein geschäftliche» Angelegenheiten zu erledigen und einen Bortrag des Rectors am Vitzthum'schen Gymnasium in Dresden, Professor Ur. Bernhardt, entgegen zn nehmen, dessen Thema „Das Gesetz vom Jahre 1876, die Oberanssicht des Staate- über die römisch-katholische Kirche i» Sachsen" betreffend, bildete. Ans diesen, sowie ans den Verlauf und Abschluß dieses VerhandlungStageS kommen wir morgen »och einmal zurück. Die dnrch die Versammlniigslage gegebenen Anregungen nnd neu ge- schassene» Berührungspunkte dürsten aber sicher nicht innvcscntlich zur Stärkung und Belebung des deutsch-protestantischen BcmnßtscinS sowohl im ganzen Lande, als auch specicll bei der Bewohnerschaft innerer Stadt bei- gctragen haben, wa- auch gegenüber de» neuerdings offener als je zn Tage tretende» Ainnaßmigen der römisch-katholischen Hierarchie nicht »nr wünschenS- wcrth, sondern dringend geboten erscheint. Cholerabericht. Am Sonntag ist in Haiubnrg weder eine Erkrankung, »och ein Todes fall an Chokern gemeldet Wörde». Auch von de» in der voriger Woch- genieldeten wenigen Fällen hat sich noch etwa die Hälfte nicht als wirkliche asiatische Cholera ergebe». Er kan» also »nr noch kurz« Zeit dauern, bis Hamburg wieder für seucheufrei erklärt wird.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite