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Sächsischer Landes-Anzeiger : 04.10.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-10-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-189210048
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18921004
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18921004
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1892
-
Monat
1892-10
- Tag 1892-10-04
-
Monat
1892-10
-
Jahr
1892
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 04.10.1892
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WWW E, gieVel fast gar nicht unterhalten; k» de» fehle» Lagen hat man aber einen jungen Menschen einmal dort ein- und auSgehe» gesehen, «ach dem zunächst gefahndet wird, wie selbstverständlich auch die ganze Gendarmerie und die größeren Polizeibehörden benachrichtigt wurden. Die Zergiebel genoß eine» guten Ruf und hat ihre Be> Hausung nur selten verlasse». Die Nummern der geraubten Werth. Papiere (preußischen Consols) sind: 356,431; 356,437; 356,438; 356,439 ; 356,410 bis 356.445 n 2000 Mk.. und 339,107; 371,307 bi» 371,312; 519,935 bis 518,937. — Zschopau, 3. October. Scheunenbrand. Am Mittwoch, een 39. September, waren eS 23 Jahre, daß unsere Stadt von einem schrecklichen Brandunglück heimgesucht wurde. Abend- ^/,7 Uhr er tönte der Schreckensrnf „die Scheunen brenne»!" und in eiiicm Zeit, raum von kau», fünf Stunden hatten di« Flammen 31 reich mit Erntcvorräthen gefüllte Scheunen und 42 Wohnhäuser mit ebensoviel Hintergebäude» vernichtet, und dadurch 162 Familie» mit nahe;» 800 Köpfen obdachlos gemacht. Zur Bewältigung dieses Feuermecres Waren außer unserer iu diesem Jahre gegründeten Turnerfeucrwehr hundert Mann von der Chemniher Feuerwehr, welche mit zwei Spritze» und einem Reqnisitenwagen mittelst ExtrazngeS hier eintrafe», sowie der Schloß-Chemnitzer »ud der Gablenzer, sämmlliche Nachbarfeuer. Wehre» mit ihren Spritzen — 36 an der Zahl — erschienen. Die Scheunen wurde» später auf den rechts der Waldkirchnerstrase ge legene» Wieseiigrniidslücke» zum Theil wieder anfgebaut, und ans dem Platze, wo sie gestanden, befindet sich nun unser Königsplatz mit seinen herrliche» Anlagen und da- neue Bürgerschulgebäude. Vielfach besprach man diese Schreckensnacht von 1869, als in der Nacht zu heute kurz nach 12 Uhr ein gewaltiger Feuerschein, der de» ganzen östlichen Horizont cinuahi», den Ansbruch eine- umfangreichen Brandes Verkündete und kurz darauf auch schon der Ruf ertönte: „die Scheunen brenne»!'' Der Brand, höchstwahrscheinlich durch böswillige Hand angelegt, ist von der Franz und Oehme'schen Doppelschenuc ansge gangen und hat sich dann mit großer Geschwindigkeit der mit überaus reichen Erntevorräthen gefüllte» Baldauf'schen, Julius Oehme'schen, Graupner'schen und Müller'schen Scheunen milgetheilt. Der nur mäßigen und dabei günstigen Luftstörnng, wie dem thatkcäfti'ge» Ein greifen der Feuerwehr ist es zu danken, daß die hellauflvdernde Gluth auf diese Gebäude beschränkt blieb und weder auf die Nichtcr'sche noch auf die Fischer'sche Scheune übersprang. Die Gluth war eine derartig große, daß an einigen der ellva 30 Meter gegenüberliegenden Scheunen die Dachrinnen schmolzen und die Thure und Laden Fcncr fingen, so daß die Feuerwehr wegen Mangel an Wasser unter größter Anstrengung die Th.re und Laden mit Sand und Gcas bewerfen mnßte, und so die Scheunen rettete. Von den Abgebrannten haben nur zwei versichert. Von auswärtige» Spritzen waren erschienen die Gornacr» Weißbacher, Witzschdorser, Waldkirchnec und Hermersdorfer. —lV. Jahnsdorf im Erzgeb., 2. Oktober. Vorsicht beim Pilz sammeln! Während der hiesige Gutsbesitzer M. und dessen im schulpflichtigen Alter stehende Tochter vergangene Woche auf dem Felde arbeiteten, wurden sie plötzlich von einem Unwohlsein befallen, so daß dieselben die Hilfe der Frau bez. Mutter in Anspruch nehmen mußten, um nach Hause zu gelangen. Tie Erkrankung wurde durch den Genuß giftiger Pilze hcrvorgcrufen. Dem Vernehmen »ach ist in dem Befinden der Patienten bereits Besserung eingetreten. bratenen Ochsen trotz de» respektablen Gewichte« von 4 Centn«» so reichlichen Absatz, daß da» ganze Thier gegen Abend bereit- bi» aus den letzten Nest verzehrt ivar. * Verkehrsstörung. Am Sonnabend Nachmittag brach auf der Königsjtraße an einem mit Kartoffeln beladenen Rollwagen die Hintere Achse, so daß derselbe umsiel und auf das Straßenbahn- gelcise zu liege» kam. Dadurch wurde der Verkehr der Straßenbahn eine halbe Stunde lang gestört. —* Betrüger. In de» letzten Tage» hatte ei» Strumpf. Wirker ans Hohenstein an mehrere Personen hier Kanarienvögel unter dem Vorgeben verkauft, es seien Hähnchen. Später stellte eS sich dann heraus, daß diese Angabe» erlogen und die Vögel Weibchen waren, der Mensch von den Käufern somit einen viel zu hohen Preis verlangt hatte. Dcr Betrüger würde fcstgenommen. Chemnitzer Stadt-Anzeiger. Ltk Sumid« »»IcrkS BlaUkS werte» erpicht. >,»s wichtige Begec-icheil-» Migst mit,„wetten. Chemnitz, den 3. October 1892. — Herr AmtShauptnumn Merz hat nach Ablauf seines Urlaubes am 1. d. Mts. die Leitung der Geschäfte bei der hiesigen Aintshanptmannschaft wieder übernommen. — Der 2. und letzte Termin der diesjährigen staat licheu Einkommensteuer ist am 30. v. Mts. fällig gewesen und zur Vermeidung von Zwangsmaßregeln spätestens innerhalb 3 Wochen 'an die Stadt-Sleuer-Einnahme abznführen. Gleichzeitig mit dieser Steuer sind auch bie Beiträge für die Handels- und Gewerbekcunmer zu entrichten. — Verkauf von Waldprodueteu. Im Sladtwatde (Zeisig- und Knchwald) sind fichtene Dcrbstangcn von 8—11 em Unterstärke, Reisstcmgen von 6—7 om Unterstärke je nach Taxe und starke Brennrollen, der Raummeter zu 6 Mk., sowie fichtenes Stock Holz, der Raummeter 2 Mk. 50 Pf. freihändig zu verkaufe». Auch wird Stockholz zum Sclbstrodcn zum Preise von 80 Pf. für de» Raummeter abgegeben. Ncflcctanten haben sich an die Herren Rathsfürsier Schier im Forsthausc am Zeisigwalde oder Waldwärter Böttger zu Chemnitz-Schloß, Salzstraße 27, zu wenden. — Sächsische Webstuhlfavrik (vorm. Lonis Schönherr). Der Aussichlsrath dieser Acticngesellschast beschloß in seiner am 29. v. M abgehaltenen Sitzung, der auf den 10. November einbernscncn Generalversammlung de» Vorschlag aus Bert Heilung einer Dividende Vvn 4 Procent zu unterbreiten. —i—. Wohlthätigkcitsvereiu „Bergistmeiutticht". Mit ver gestern im Saale von „Stadt Mannheim" abgehaltenen (22.) Abend-Unterhallnng ervfsnele dieser sehr segensreich wirkende Verein die Wintcrsaison 1892/93. Für dieselbe war ein besonders reich haltiges und sorgfältig gewähltes Programm ausgestellt worden, desse einzelne Nummern so beifällig ausgenommen wurden, daß sich die Aussührenden wiederholt zu Zugaben veranlaßt sahen. Wahre Stürme von Heiterkeit riefen die flott dargestelltcn beiden Einactcr „Kandel's Gardinenpredigten" von Moser und „Der Liebe-Verein" von Bulla, sowie die komische» Vorträge des Herr» Eckert hervor. Nicht unerwähnt mögen die von einem Quartett sehr sauber vor getragenen Compositionin für Zither bleiben, welche wohlverdienten lebhaften Applaus fanden. Das den Schluß des Abends bildende Tänzchen fand, wie gewöhnlich, lebhafte Bctheilignng. —t—. Thiergarten Scheibe. Die gestrige Wiederholung dcS mit allscitigem Beifall aufgenommcaen »nd möglichst wahrheits gctren arraagirlc» rheinische» Winzerfestes in dem beliebte» Ver giiügnngS-Etabliffemettt „Thiergarten Scheide" war trotz des Zweifel hasten Wetters außerordentlich gut besucht. Allerdings war auch der Eintrittspreis »»geachtet dcr Neichhallig'eit des Gebotenen so niedrig gestellt, daß Jede», die Belheilignng ermöglicht war. Allgemeinen Anhang fand auch diesmal der geschmackvoll drapirte Fcstwagen. mittels desscn dcr Gott des Weines, Bacchus, auf einem mächtige» Weinfasse thronend, mit seiner entsprechend costümirten Bacchantin und in Begleitung der allegorischen Darstellungen von Rhein und Mosch umgeben von Winzern und Wiuzerinncn, seinen Umzug durch den großen Garten hielt. Ter in dcr Tracht seiner Zeit gekleidete Pfalz graf nebst stattlichem Gefolge erössucle hoch z» Rosse den Fcstzug durch welchen man ei» deutliches Bild jener der Vergangenheit ange hörende» großen Winzerfeste des 16. Jahrhundert erhielt. Für Unter Haltung war durch ununterbrochenes, von zwei Capellen ausgcsührtes Cvnccrt, Anfstcigcn eines größeren Luftballons nebst Fallschirm und sonstige Veranstaltungen bestens gesorgt. Auch der reichdcsetzte Thier garten mit sei> en durchweg gut genährten Insassen aller Zone» hatte sich einer eingehenden Besichtigung seitens des zahlreichen Publikums zu erfreuen. Für Befriedigung der leiblichen Bedürfnisse seiner Gäste hatte der rührig« Wirth, Herr Schumann» mit gewohnter Umsicht .. Sorge getragen, namentlich aber fand da» Fleisch des am Spieße gc. Etadttheater. Chemnitz, 3. Oktober 1893. Teil. Oper i»4 Akten von Th. von Haupt. Musik von G. Rossini. — Tis »eae Thcatersaison brachte qeste.n als erste Opern-A»ssülirnnq Nossi»i's „Teil". Es >var ei» qewagtes Unternehmen aerade mit diesem Werke den Anfang z» machen. Offen gestanden haben wir ter Aufführung dieser Oper, i» Anbetracht des neu zusammengcstcllte» Sänger-Personals, nicht ohne Be denken entgcgcngefelicu, denn diese Nossiiii'sche Tonschöpsung gellt an die Träger der Hauptrollen recht aroße Anforderungen. Um so crfrculicher und überraschender war jedoch die Wahrnehmung, daß die neuen Kräfte ihre Auf gaben zum Theil vorzüglich lösten. Freilich ist dcr gestrige große Erfolg auch der hervorragende» künstlerischen Befähigung des Herrn Kapellmeisters Meißle der zuznschreibcn. Daß dieser ausgezeichnete Dirigent neuerdings wieder von Herrn Direktor Jesse gewonnen wurde, ist mit Freude zn be grüße». Was Herrn Weißlcvers Dircktionsweise besonders anszeichnet, ist die Thatsache, daß er bci seinen praktischen Erfahrungen »,it Feinfühligkeit den Stiel »nd Charakter jedes Tonwcrkcs, sei dies nun leichterer oder schwererer Gattung, zukerfassen »nd zn beherrsche» versteht. So nahm denn auch die Anfsühriing des „Teil" unter seiner Leitung einen frischen und einheitliche» Verlauf, zu dessen schönen Gelingen außer den S ol iste n, auch die Chöre und ras Orchester das Ihrige beitrugen. Es sei hier in Be zug aus das Letztere nur a» die exquisite Ausführung der prächtigen Ouvertüre erinnert, die für die Leistungsfähigkeit nnscrer städtischen Kapelle das schönste Zeugnis; liefert. Kleine Unebenheiten und Schwankungen, die sich gestern hin und wieder bemcrklich^machte», sind gewiß zn entschuldigen, wen» man in Erwägung zieht, daß Schauspieler und Sänger, sobald sie vor ei» fremdes Publikum treten, in der Regel mit einer gewissen Befangenheit z» kämpsen haben, die ihre Leistnuge» mehr oder weniger beeinträchtigt. Allein soviel läßt sich nach der gestrigen Anssührmig unzweifelhaft Voraussagen, daß wir ein so vor züglich e s O per»-Ensem die seit einer Reihe von Jahre» hier nicht gehabt haben. Vvn den Solisten sei zunächst Herr v- Lauppert erwähnt, der sich als Tel! ganz besonders glücklich cinsührle. Seine wirkungsvolle Darstellungs- Weise, seine prächtige» Stimmmittel und die technische Abrundung seiner gesangliche» Leistung gewannen ihm rasch die Sympathie der Zuhörer. Der Kernpunkt seiner Darstcllungskunst war die Scene mit Geßler. Zuvcr- ichilich wird nns dieser Sänger im Verlaufe der Saison noch manchen schöne» Beweis seines Könnens geben. — Einen recht günstige» Eindruck erzielte ferner Herr Mi lenz als Arnold. Wiewohl sich „ach seinem ersten Auf treten noch kein abschließendes Urlheil füllen läßt, so scheint es doch, daß mit seinem Engagement die leidige Tcnorfrage in dcr glücklichste» Weise gelöst ist. Mit klangschöner Stimme »nd sicherer Tongebung brachte er die schwere und anstrengende Partie des Arnold in bester Weise zur Geltung. Außer ordentlich wirkungsvoll war er namentlich im Vorlrage der Cantilene: „O, Mathilde" in, Duett mit Teil. Jedenfalls ist Herr Mi lenz ei» inigewöhnlich roatiiiirtcr Sänger, dcr auch in schauspielerischer Bettehnng zn imponircn vermag. — Die Darstellerin der Mathi lde, Frl. Pivodn, litt ausünglich unter großer Befangenheit, die sich indcß im 4. Acte .'egte, was ihr de»» auch eine freiere Entfaltung ihres angenehm klingenden Soprans ermöglichte. Ihre Leistungen wurde» vom Publikum recht freundlich ausgenommen. — Frau Stemmler- Waqner, die sich bereits in dcr vorigen Wmiersaison als eine schätzcns- werthe Sängerin bewährte, brachte die Partie der Hedwig in allen Lheilen mit schönem Gelingen zur Ausführung. — Einen recht günstige» Eindruck erzielte Frl. Deut sch mann als Gcmmy. Besondere Erwähnung verdient dcr Um stand, daß ihre hübsche Stimme auch in den Ensembles deutlich vernehmbar war.— Eine verdienstvolle Leistung war ferner die Interpretation des Walter Fürst durch Herr» Siierlin- Seine sonore Baßstimme und der bereute Gebrauch derselben machten sich vorthcilhnst bemerkbar. — Auch an Herrn Texibehandlung getragenen Ausführungen der talentvollen Sängerin ergriff Viag Ihre Znlunst eine gesegnete sein. , ^ . In Chorcom Positionen von Händel, Bach, Haupt mann und Rehb«rg bewährte der Kirchenchor seine altgewohnte Tüchtigkeit. Sehr hoch z»m Ruhme muß de» AuSführeuden namentltch die vortreffliche, ebenso gewaltig Im große» Zuge de- ganze» als fein hernnsgearbeilct in den Einzelheilcu sich zeigende Durchführung der überaus schwierigen schon oben erwähnte» Bach'schen Motette angerechnet werden. Stellt dieselbe doch an ein Chor die denkbar höchsten Anforderungen vielseitiger Widerstandskraft. Nur den eine» geringfügigen Rückhalt hätten wir angesichts der Ausgeglichenheit des StimmstärkenverhältnisseS zn machen, daß bei Händel nnd Bach der Sopra» hinsichtlich Kraft nnd Tragweite gegen die Unlerstimmcn etwas zurücklrat, doch hat dies mit der Leistung a» sich nichts zu ihn». Als warm empsundener und schön dnrcligearbeileier Chorsatz präsciitirte sich übrigens Willy stieh lt er g's „Glücklich, wer ans Gott vertraut", uttt seinem herzlichen Grnndlon und dem tröstlich sausten Ausklingen das Geinüth äußerst wohlthnend berührend- Viel beschäftigt war an diesem Abend auch Herr O rg an ist Hepworih. Bot er mit de» beiden Choralv orspielen von Samuel Scheidt nnd I. Pa chelbel dem Concert eine außerordentlich würdige Einleitung, so diente er dem ferneren Verlause durch ebenso discret sich unterordnende, als durch eine höchst angemessene Registcrwahl charakteristisch belebte, fesselnde Be gleitung zn den Solovorträgen» so daß dieselbe glücklich Hand i» Hand ging uttt Inhalt und Solopart der in Rede stehenden Tonwcrke, soweit die Orgel vermöge ihres Cigcnwesens überhaupt im Stande ist. Orchesterbeglcitnng günstig zu übertragen. —cir. Der große Distairzrttt Wien-Berlin. Der große Distanzritt Wien-Berlin, cin welchem 129 Officiere der deutschen und 100 Officiere der österreichisch-nngarischen Armee theilnehme», hat bei günstigem Wetter am Sonnabend früh 6 Uhr zugleich in Wien und Berlin begonnen. Der Abrill erfolgte in Wien nach Berlin von Florisdorf ans, in Berlin nach Wien vom Sleuerhänsche» an der Tempelhofer Chaussee ans. Das Wetter war günstig, eine große Menschenmenge begrüßte die abreitende» Osficiere mit lauten Hochrufen. Die aus Wien abreitende» Officiere ver- thcilte» sich auf Sonnabend und Sonntag Morgen, i» Berlin kommt noch dcr Montag hinzu, es komme» also drei Tage in Betracht. Die Reiter können beliebige Touren einschlagcn, gezählt wird die ge- saminte Zeit vom Avritte von einem Start bis zur Ankunft an, andern. Die Strecke beträgt 87 deutsche Meile», die man in längstens 4'/, Tag zu überwinde» hofft. Dienstag Nachmittag können also die erste» Reiter in Wien resp. Berlin eintrefscu. Unter dcr Bevölkerung der Orte, welche die Distanzreilcr voraussichtlich passiren werden, zeigt sich cin lebhaftes Interesse für den Ritt. Auch ei» Schnellläufer wird zugleich mit den Reitern die Strecke durch eilen. Es ist dies cin Herr Morello, welcher Sonnabend früh 6 Uhr Berlin verließ, um nach Wien zn laufe». Zahlreiche Wellen sind abgeschlossen. Soweit bisher bekannt ist, haben zwei deutsche Officiere schon den Ritt anfgeben müssen: Frhr. vvn Erlanger, der in elf Stunden 20 Meile» znrückgclegt hatte, weil sein Pferd lahmte, und ein Herr von Reeum, der in Calcm a» Darmentzündung und Herz lähmung erkrankt ist. Aus den ersten Officier waren zahlreiche Welte» abgeschlossen, nnlerwegs erkrankt ist auch ein österreichischer Hnsaren-Osficier vvn Bvlka. De» Reitern haben sich verschiedene Radfahrer aiigeschlvsse». Die ersten österreichische» Osficiere, welche auf dem Distanzritt in Berlin eilitresseii, dürste», falls kein Malheur weiter eintritt, die Grasen Paar und Fnrstcnberg sei». Dieselben hatte» »ach den in Wien einzcgaligcneu Drahlmeldiuigeu vor ihren Kameraden einen weilen Vorsprung gewonnen. artman», der den Geßler sang, scheint Herr Directvr Jesse eine gute Äcgnistiivn gemacht z» haben- Die charaklertstiiche Dnrchsührnng dieser Stolle und seine mnsikakische Sicherheit lassen den tüchtige» Sänger in ihm vcr- mutheu. — Recht günstig fand sich auch Herr Reuscbe mit dem Fischer ab. Ter Genannte verfugt über eine lyrisch-weiche Stimme, die recht ange nehm berührt. — Rudolf der Harras und Lenthold fanden i» den Herren Müller und Schneider recht tüchtige Vertreter. — Alles in Allem dürfen wir »ns nach dem gestrige» Erfolge der Tell-Anssührnng im Lause der Saison noch manchen gcnnßreichen Opcrn-Abend versprechen- 1—. Kilchcttconcelt in dev St. Jacobikivche. Wahrhaft erbaulich wirkten die künstlerischen Veranstaltungen dieser geist Ilchcn Mnsikanfsnhrnng, welche Herr K ir ch e n >» n s ikd ircc t or Th c o d o r Scv neidcr, der verdienstvolle Schöpfer dieser Gattung volkslhüuttichcr, d.h »folge des billige» Eintrittspreises auch den Unbemitteltere zugänglicher, vor trefflicher Kirchcuconcerie als 146. ihrer Art nbhiclt. An diesen Abenden vereinigen sich die mit Recht gerühmten, gediegene» Anssührnngen des Kirihenchorcs zn St. Jacoöi, das seinem langjährigen Leiter hervor ragende Qualitäten verdankt, immer mit de» Vorträgen mindestens Hörens weither ja znw-ttle» hocht cdculendcr Künstler, und so war auch unter den gestern thätigen Solisten eine berühmte Persönlichkeit, deren Namen in ihrem Fache einen guten Klang von der Tragweite weniger Anderer besitzt: Herr P ro sess or I o h. L anterba ch, auch hierorts wohlbekannt und hochge schätzt. Seine Künstlcrschast, welche »och nichts von ihrem vornehme» 'Range cingcl'üßt hat, bereitete denn auch auserlesene Genüsse. Es liegt cin un beschrciblichcr Adel i» dem Zuge dcr Töne, welchen der Bogen des große» Kniisllcrs von de» Saite» seines kostbare» Instrumentes wie Acthcrisches von Irdischem lvslöst. Lanterbach's Künstlcrindiviönalität eignet auch ganz besonders für die Aeußerungen kirchlicher Knust. Alles heiß Leidcnschastlichc, das an den weltlichen Concertsaal erinnern köiinle, bleibt durch die Eigenart dieser Künstlernatur znrückgedrängt, aber ein warm beseelter Hauch dringt ans dem Spiele der Tone an's Herz, sich dem rein kirchlichen Character auf's Engste vermählend. Außerordentlich dankcnswcrth war die Auswahl. Da das streng kirchliche Element in den übrige» Musikstücken genugsam zu». Ans druck gelangte, auch Bach durch die geistesgcwaltige, unergründlich gcdankem tiefe d oppelchörige Motette: „Ter Geist Hilst unserer Schwachheit ans" vollwichtig vertietcn war, so durfte das Gebiet osscw herziger Innigkeit »nd Gesühlsscligkeit, welche allgemein verständlicher z»>» Herzen spricht, dcr Violine überlassen werden. I» diesem Sinne äußerte sich dann auch sowohl das inendclssohnüch gelühlsrcichc Ario s o von, ehemaligen Gclicral»lnsikdirector Julius Rietz, als auch die Goldmark'sche A ri e, welchedenSviidergeisl des Compoilisten deutlich znrSchan trägt, während dos lange» Orgelputtitcs z. B. stark an eine Steigerung ans der Saknntala Ouvertüre gemahnt, im Allgemeinen aber durch die Liebenswürdigkeit ihrcS Inhalts das Verlangen nach dem ganzen Conccrtc rege gemacht Hai, nicht zum Wenigsten aber Spohr's livoitativ und tlänyio, in welchen sich Spohr's milde Wehmnth mit des Vortragenden Nacheuipfnidcn zu eine», wunderbar rührendem Gesänge vereinigten. Um die Person der GciangSsolistin, Frl. Lisbet h Schmiedel ans Leipzig, rankte» sich Kunst und persönliches Interesse zn gleichen Theist». Weckte doch ihr Name resp. ihre Faiittlicnabstammnng doppelt lebhaft das Gedächtnis; eines dcr bedeutendsten »nd menschlich liebenswürdigsten Kanzler rcdncr und Seelsorger, welche hier cnntirten, ihres Vaters, des Herrn Archidiakonns Schmiedel, welchen, herzlich bellagt von Vielen, ei» allznsrüher Tod ans jeg »sreichcm Wirst» abrief. So schlicht und einfach als der Vater wirkt auch das Auftreten dcr Tochter; aber was den Reden des Verstorbenen in dcr Hauptsache hohen Werth »nd ttuverkeiinbare Eigenart verlieh: Die edle Ruhe des Vortrags und innere Gediegenheit, das lebt auch in den gesanglichen Leistungen dcr Tochter. Seite» habe» wir noch Stiunncharakler, Mnßhalte» im Ausdrucke und Klarheit der textliche» Ent- Wicklung sich dermaßen dem rein geistlichen Element dienstbar mache» sehen, wie bci dcr jnngcn Dame, welche über eine, durch eine» geringen scharfen Beiklang nicht vcrunschöme, wvhltöncnde, mehr Mezzosopran- als Altstimme verfügt »nd in ihren Vorträgen von tüchtiger Schulung ei» sicheres Zengniß ablcgt. Eine unbedeutende Neigung zn etwas tiefem Jnloniren trat vorüber gehend in dem Frank'sche» Lied zu Tage, vielleicht dürste auch hier und da eine noch merkbarere Vertiefung des Ausdrucks direkter wirksam gewest» stin. Im klebrigen aber gaben wir dem Gefühl tiefer Bcsriedigung gern Raum, welches uns bei den beruhigend sicher wirkende», von vorzüglich« Russische Kultur. Wiederholt sind bekanntlich beim Auftreten der Cholera an der Wolga und an anderen Stellen des inneren Rußlands schauerliche Ausschreitungen des Pöbels gegen die Aerzle und Krankenpfleger vor- gekommen, die mit Waffengewalt unterdrückt werden mußte». Gegen die Theiliiehiner haben die Gerichte schwere Strafe» verhängt. So wurde» von 32 Bauer», die wegen solcher Gewallthalc» in Abaknmowka angcklagt waren, nur 5 sreigesprochen, die übrige» wurden zu Zwangs arbeit oder Gefcingni'ß verurtheilt. Bemerkenswcrlh sind nun die Aeußernngeil der „Petersb. Wedonosti" über diese» Proccß. Das Blatt meint, die Quelle» für die »»sinnigen Gerüchte, durch die das Volk ansgehetzt worden sei, habe man bei dcr gerichtlichen Verhandlung nicht feststelleu könne». Jeder gewohnheitsmäßige Kiieipenbesucher» jeder Strolch könne die unwissende Baucrumasse durch beliebige Un- gereimtheiten in Aufregung versetzen. Und je frecher, je empörender dieie Lügen, desto mehr fände» sie Glauben, desto empfänglicher sei die Dorfbevölkerung hierfür. Endloses Gerede in lauscndsacher Gestalt, bald, daß die Gutsbesitzer den Bauern das Land wegnehmc» wolle», bald »mgekehrt, daß Alle und Jeder sich gegen die Bauern vcr- chworen hätten, »in sie mit Kind und Kegel, Hans und Hof auszurotlen, daß man sie und das Vieh vergifte» wolle u. s. w., — alle diese nnd ähnliche sinnlose Erfindungen und Er zählungen fänden inmitten der Bauern den vollsten Glauben. Allen möglichen wahnwitzigen Ungereimtheiten Glauben schenkend, nirgendwo aus ei» Gegengewicht stoßend, ganz »»wissend, sogar der elementarsten Begriffe von Staat, Gesellschaft, Rcchtsznständen »nd Gesetzlichkeiten bar — erhöben sich schließlich ganze Dorfgemeinden mit ihrer Obrigkeit an der Spitze gegen Jede», der es versuchte, sie eines Besseren zn belehren »nd von ihre» Jrrthümern zn überzeuge,>, sie scheuten sich sogar nicht, Fremden nach dem Leben zn trachte». Einen Zustand der Masse der Bevölkerung sich zn denke», dcr noch kritikloser »nd unsinniger wäre, ist ganz unmöglich. Es ist das die natürliche, ja, sogar unvermeidliche Folge des traurigen Mißverständ nisses, das bisher bei uns »och immer Dem hinderlich ist, daß zur Ergänzung der rechtlichen Befreiung der Bauer» auch die erforder liche geistige und moralische Emancipalion von Jahrhunderte alter Unwissenheit und Verfinsterung durchgcfnhrt würde. Des Lichtes dcr Bildung beraubt, isvlirt inmitten dcr Finsterniß der ursprüngliche» Vornrlheile und Anschauungen» ist das einfache Volk dem allgemeinen kulturelle» Wachsthum rnssische» Lebens so fremd geblieben, daß es sogar offen gegen Alles, was Kultur heißt, sich anflehnt, »nr an das Dunkel glaubend, in dem es hinlebt, nur auf dieses sich verlassend. Alles, was außerhalb dcr Grenze dieses Dunkels liegt, ist ihm fremd »nd sogar verhaßt, und so hält es sich für berechtigt, selbst roheste Gewalt an Allen zu verübe». Ans Nah nnd Fern. — Ei» walittsittttigcv Barbier. Kürzlich wurden die Kunden cinrs Barbiers in, Sndweslen Berlin'« in nicht geringen Schrecken versetzt, da sie während der Manipulativ» des Barbieren» die Uebcrzengung gewannen, daß derselbe übergeschnappt sei. Der Erste au der Reihe war ein Beamter S. Während der Barbier demsttbe» in des Kunde» Wohnung die Wangen von den Haar- sprvssen befreite, erzählte er, daß er daS große Loos gewonnen habe. Mit dem Gelbe wolle er die Schulden der Armen bezahlen und mitten auf dem Schloßplatze lauter große Häuser für arme Leute baue». Der Beamte wagte, als er die» vernahm, kein Wort zu er widern und dankte Gott, als die Prozedur des Rasiren» beendet war. Bei dem nächsten Kunden, eine», Brauer, war das Benehmen de» BarbicrS schon ausfallender, und derselbe schickte den Man», nachdem er sich nur halb den Bart hatte abnehmen lassen, »ach Hanse. Al» der Barbier nun zu eine», Fabrikanten kau» und daselbst unter wirren
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