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Ausgabe: Wochentags Abend» (mit Datum de» nächsten Tage»). — Die Anzeigen finden ohne PreiSauffchlag zugleich Ver breitung durch die Chemnitzer Eisenbahn-Zeitung. Nr. 217. —12. Jahrgang. Verlags-Anstalt: Alexander Wiede, Chemnitz, Theaterstraße 5. I Sonnabend, 17. September 1892. Politische Rundschau. Chemnitz, den 16. September. Deutsches Reich. — Der Kaiser begab sich am Donnerstag Abend von Pots dam au» über Berlin auf der Stettiner Bahn nach Anklam, um heute im Lause de» Vormittags in der dortige» Umgegend den Manövern der 3. Division brizuwohnen. Die Rückkehr »ach Potsdam dürste Mittag» auf demselben Wege erfolgen. — Keine Kaiserreise nach Chicago. Vom „Hamb.Corr", der „Schles. Zig." und anderen Blättern wird jetzt in bestimmtester Weise aus Grund authentischer Mittheilungcn erklärt, daß der Kaiser gar nicht a» eine WcltanSstellungSreise nach Chicago denkt. — Das prentzische Staatsministertnm hat am Donners tag Vormittag unter dem Vorsitz des Ministerpräsidenten Grafe» Enlcnburg eine Sitzung abgehalle», welcher auch der Reichskanzler Gras Caprivi beiwohnte. In derselben legte, wie berichtet wird, der Reichskanzler de» Arbeitsplan des Reichstages dar, wonach die Ein bringung der neuen Militärvorlage für die nächste Session fest'lehe» soll. Im Nebligen sollen Einzelheiten der Steuerresormvorlage» derathcn worden sein. Die Einberufung des Landtages sei für den 8. Roveniber in Aussicht genommen. — Nach der „Nordd, Allg. Ztg." ist die Meldung Berliner Blätter, daß auch am Sonntag eine Sitz ung des StaatsministerinmS stattgefniide» habe, unrichtig. — tteber Deutschlands wenig hervorragende Ver tretung bei der ColumbnSfeicr in Genua wird von dort geichriebe» : Dcutschland ist bekanntlich nur mit einem Schiff, der Kreuzerkorvelte „Prinzeß Wilhelm", vertreten, die vom Kapitän z. S. BötherS be fehligt wird und eine Besatzung von 350 Mann hat. Bescheide» liegt das deutsche Schiff neben der griechische» „Psera" i>» Porto »novo, weit ab von den imposante» Geschwadern der aiideren Mächte und deshalb kam» beachtet und »och weniger besucht. ES ist recht schade, daß die Interessen dcS Dienstes uns zu so bescheidener Repräsentation zwangen, die »nS bei dieser Gelegenheit auf das Ricvca» von Griechenland und Rumänien stellte, und uns nicht ein mal diejenige Beachtung sichert, welche dem japanischen „Matsnshima" zu Theil wird. Vielleicht hätte sich doch noch eine angemessenere Vertretung Denlschlands erzielen lassen, wenn man sich klar gemacht hätte, welch' unersreulichen Eindruck die Entsendung dieses eine» be scheidenen Schisses inmitten der Achtung gebietenden fremden Ge schwader machen muß. — Militärvorlage und Conflict. Ein Kasseler Blatt meldet, der Reichstag werde aufgelöst werde», wenn er der neneii großen Militärvorlage seine Zustimmung versage. Das ist absolut falsch. Kommt keine Vereinbarung auf Grnnd der zweijährigen Dienstzeit für die Infanterie z» Stande, dann wird eine neue Vor lage, welche die dreijährige Dienstzeit zur Voraussetzung nimmt, vor- gcligt werde». Darnach erst könnte cs sich um Schritte handeln, welche die Verhältnisse gebieten. Bisher sind dieselben »och nicht in Betracht gezogen. Von Karlsruhe anS werden halbamtlich die Meld ungen von einer geplante» Erhöhung des TabakzolleS und der Tabak steuer in Abrede gestellt. — Datz ein neues Wahlgesetz für den preußischen Landtag in der nächsten Session eistgcbracht werden soll, steht, wie verschiedenen Blättern anS Berlin berichtet wird, jetzt anßer Zweifel. Die Gruppe der Vorlage», die der Finanzministcr dem Landtag unterbreitet, wird mit de», Wahlgesetz ihren Abschluß finden. — Zur Ncichstagsersatzwahl im Wahlkreise Löwenbcrg schreibt die ultra»,vntane „Schlcs. Vvlksztg.": „Wir wollen keine» Feind des Christenthnnis unterstütze», darum gebe» wir unsere Ihr Diener. Von M. v on Bülotv. Nachdruck verboten. „Johann, Johann!* Wiederholt und immer dringender hatte der Baron geschellt. Nnn riß er die Thür auf und rief ärgerlich nach dem Diener. Aber Johann ließ sich nicht blicken. Da» Silberzeug, das er vorher zu putzen begonnen, lag verlassen im Dienerzimmer und einige hungrige Fliegen kosteten das Putzpnlver. Der Baron warf die Thür seines Arbeitszimmers wieder zu. Indessen stand Johann, die Arbeitsschürze vorgebnnden, die Hände „och schmutzig von seinem halb vollendete» Werke, im Entree, regungslos, atheinloS, wie versteinert — er hörte nicht. Unruhige Spannnng lag auf seinem breiten, ehrlichen Gesicht, und er spitzte seine großen, etwas abstehenden Ohre» »ach dem Boudoir der Fra» Baronin hi». Dort war es ganz stille und eben deshalb fühlte sich Johann bennrnhigt. Vor einer halben Stunde etwa war der Herr Gras, der Gast Und Vetter des Herr» Boro», hineingeg-mgen, um der gnädigen Frau guten Morgen zu wünsche». Das war an, Ende die natürlichste Sache von der Welt. Aber Johann ließ dennoch sei» Silberzeug im Stiche und begab sich »ach dem Entree, als wäre irgend etwas Außergewöhnliche- passirt. — Warn», mußle der Herr Baron auch «den jetzt mit dem Verwalter conseriren und den Gast mit seiner Frau allein lassen? Konnte der Verwalter nicht warten, der Tölpel? Mußte er überhaupt heule von Wollershausen hereinkommen? Johann starrte wie ein Hhpnotisirter ans den goldene» Sonnen- streifen zu seine» Füße» und machte jetzt einen Schritt nach der Thür des Boudoirs. Es sah ganz so ans, als wollte er lauschen! Doch hielt er wieder inne, als er sich selbst über die Bedeutung diese» Schrittes klar wurde. Lauschen? Pfui! Nein — dagegen empörte sich s«,'„ Innerstes. Johann hielt mit Stolz, mit eiserner Ausdauer auf die Fleckenlosigkeit seiner Bedientenchre. Grobheit gegen zweifelhafte Supplikanten, ei» Angriff ans eine „angebrochene" Weinflasche oder auf eine „angefangene" Kiste Cigarre» — ein paar dem Stallbnrschen i» Walter-Hausen verabreichte Ohrfeigen — aus solchen Ansschreilungen machte er sich kein Gewissen. Niemals aber And nm keinen Preis hätte er an einer Thür gehorcht! Stimme» Herrn v. Holleuffer." — Herr v. Holleuffer ist der con- servative Candidat. — Die Krankenberfichernng. Seitdem die gesetzliche Krankenversicherung der Arbeiter in Kraft getreten ist, hat die Zahl der in dieselbe einbczogenen Personen von Jahr z» Jahr eine erheb liche Zunahme erfahren; während cS 1885 im Ganzen 4,294,173 Versicherte gab, wurde» im Jahre 1890, über das jetzt der amtliche statistische Bericht vorliegt, deren 6,342,828 gezählt. Dazu kommen aber noch 459,111 Personen, die in Knappschaftskassen, auf die sich die Statistik nicht bezieht, ihrer Krankenversicherung genügen. Rechnet man diese Personen hinzu, so betrug die Gesammlzahl der Ver sicherten Ende 1890: 6,801,939 oder 13,8 Proc. der Einwohner schaft des Deutsche» Reiches. Es wnrden 1890 durch di« Kranken versicherung in 2,422,350 ErkrankungSsälle» materielle Hilfe gebracht und für 39,176,689 Krankheitstage Krankengeld bezahlt. — Heiteres in ernster Zeit. Pariser Journale wollen er fahren haben, Böhmen werde im Falle eines großen europäischen Krieges dem Dreibunde die Hecresfolge verweigern und dafür später zum neutralen Staate erhoben werden. Die Idee rühre vom Papst her, der sich auch mit Erfolg bemühe, de» Snllan zum Eintritt in den französisch-russische» Bund zu bewegen. Nächsten« kommt dann der Kaiser von China an die Reihe. — Nene deutsche Besitzergreifung in Siidtvestafrika. Das herrenlose, zwischen Herero und Owamboland innerhalb der deutschen Interessensphäre in Südwestasrika gelegene Gebiet ist »ach erfolgter Genehnngnng des Kaisers unter den Schutz des Deutschen Reiches gestellt worden. Oesterreich-Ungar«. — Die Armeeverwaltung wird an die Parlamente mit einer beträchtliche» Mehrfordernng für HeereSzwccke heranlreten, doch werde» die Kosten geringer sein, als bei der neuen deutschen Militär vorlage. Man spricht von elwa 10 Millionen Gulden. — Der Kaiser ist von de» Manöver» bei Füiifkircheu nach Wie» Heim gekehrt. Italien — Nach Schlutz der Cotumvussesttage iu Geuua sind der König und die Königin von Genna in Schloß Monza bei Mai land eingetrossen. Die Abreise aus Genua war 'von enthusiastischen Ovationen begleitet. Frankreich. — Die grotze» französische»« Mattöder erreiche» diese» Freilag mit einer Parade vor dem Präsidenten Carnot ihren Abschluß. Daran werde» 60,000 Mann theilnehnic». Nach de» officicllei, Manöverlierichten sind die Hebungen durchaus befriedigend verlaufe». Priv atmeldunge» sage» indessen, daß die Infanterie — kein gutes Zeichen — beim Marschieren sehr schnell schlapp geworden sei. — Die Cholera steht iu Paris uuderäudert und ist »en auf geirete» in Toulouse, — Die deutsche Reichsregieruug hat in Folge erhobener Reklamationen in Paris ofsicicll angezeigt, daß während des Krieges zwischen Frankreich und dem Könige von Dahomey jede WaffenIiefernng »ach Dahomey aus de», deutschen Togogebiet streng verboten sei. — Zur Unter driirknng der Aus schreitungen der nvrdsranzösischcn Arbeiter gegen belgische Concnrrenten sind jetzt entschiedene Maßregeln getroffen worden. — Auster dem russischen Generalstabschef Obrutschctv befindet sich gegen wärtig auch der Sohn des russischen Kriegsministers, Major Wannowski, i» Frankreich. Er soll der Träger einer hochwichtigen militärischen Sendung sein — Ein Baron von Rothschild über die sociale Frage. Der Pariser „Figaro" veröffentlicht eine Unterredung eines Der Barvn war erst seit eine», Jahre vcrheirathet — mit einer bürgerlichen reiche» Fabrikantenlochter aus der Provinz, deren Mit gift die, Existenz des junge» glänzenden Kavaliers rangirt hatte. Johann war anfänglich über diese Partie entrüstet, denn natürlich war er aristokratisch, conservativ gesinnt. Er empfand eine Art von Dankbarkeit dafür, daß seine Geburt ihn aus der dunklen Sphäre eines Ackcrknechtes zu einem verfeinerten Dasein emporgehoben hatte. Seit zehn Jahre» diente er dem Herrn Baron; anfänglich, so lange jener »och bei der Garde stand, als Bursche; dann nahm ihn sein Herr, als dieser den Dienst qnittiren mußte, mit in da- Privatleben, Johann liebte seinen lebenslustigen, leichtlebigen Herrn, hielt seine Angelegenheiten möglichst gut in Ordnung, konnte aber nicht ver hindern, daß jener immer tiefer in Schulden gerielh. Da erschien die junge Iran aus der Bildfläche» welche ihren Gatten i» ein neues, geregeltes Leben hinübergeleiten sollte. Der alte Barvn war unterdeß gestorben, und sein Sohn sollte das ererbte Gut selbst bewirthschafte», Johann würde es gern gesehen haben, wen» sein Herr eine hoch- geborene Grafen» oder Fürstcntochler heimgeführt hätte. Aber da dies nicht sein sollte, nahm sich Johann vor, auch der Bürgerlichen alle ihr gebührenden Ehren zu erweisen. An jenem Abend, als der Baron dar zarte, braunäugige Wesen über seine Schwelle führte, als Johann die Mischung von Glück und Beklommenheit in dem rosigen Gesichtchen der achtzehnjährigen Frau gewahrte, da sagte er zu sich: „Armes Ding!" Und er wandte der neugebackenen Baronin sein Wohlwollen zu. Vielleicht fühlte diese es — sie war auch immer besonders freundlich und gütig gegen den bewährte» Diener ihre- Gatte». — Der scheue, beklommene, etwas ängstliche Ausdruck wollte nicht ganz aus ihrem lieblichen Gesichtchen Weichen. Die große Welt, in welche sie durch ihre Heirath gelangt, war ihr doch gar zu fremd und »en und der Baron gab sich nur allzu wenig Mühe, sie darin heimisch zu mache». Sie schrieb unaufhörlich Briese an ihre Mutter, ihre Schwestern; täglich langte» Briefe von diesen an und dann strahlte da- kindliche Gesicht der jungen Frau auf. „Du lieber Himmel," dachte sich Johann, „da ist das arme Frauchen schon glücklich, wen» von diesen Essig- oder Spiritus- oder Hefen-Fabrikanteu-leuten ein Brief kommt I" Und die junge Baronin schien Johann wirklich bedauerus- ,verth k Der Herr Baron konnte sich wohl auch mehr um fie stiiier Berichterstatter mit dem Baron AlfonS von Rothschild über die sociale Frage. Rothschild erklärt-, die Lage in Europa sei un verändert und nicht schlecht, er glaube nicht a» eine allgemeine Arbeiterbewegung. Es gebe nur vereinzelte Führer, die großen Lärm machen, aber keinen Einfluß auf die vernünftige», rechtschaffenen Arbeiter hätten, Der dem Capital erklärte Krieg sei eine verhänguiß- volle, antisemitische und unsinnige Sache. Wenn derartig« Thorheiteu den Credit des Landes beeinträchtigte», würde die- der Nni» de» Landes sei». Das Alle- zwar habe» andere Leute auch längst gewußt. 7 Belgien-Niederlande. — In Gramrnont haben die streikenden Arbeiter der dortigen Zündhölzchenfabrikcn grobe Ruhestörungen veranlaßt. Di« Gendarmerie, welche die Menge auSeinandertreiben wollte, wurde mit Steine» beworfen. Erst durch das Einschreiten der Bürgcrgarde wurde die Ruhe wieder hergestellt. — I» Antwerpen macht sich eine leichte Zunahme der Cholera bemerkbar. Auch i» verschiedenen holländischen Städten ist die Epidemie neu aufgetrelen, so in Rotter dam, Herzogenbusch re Rußland. — Generalgonvernenr Gnrko in Warschau hat in ver schärftem Tone angewiesen, daß mit dem Jahreswechsel alle technische« Fabrikbeamten an- Rnssisch-Polen ausgewicse» werden, die nicht eint ausreichende Kenntniß der russischen Sprache nachzuweisen vermögen. Er liegt aus der Hand, daß ältere Leute bei solchen Prüfungen leicht nicht genügend bestehen, wenn der Examinator es darauf anlegt, ihnen Schwierigkeiten zu bereite». Und inan befürchtet, daß es eben darauf abgesehen ist, dem deutschen Fabrikbeamlenthum einen tvdt- lichen Stoß zu versetzen. — Nach Petersburger Meldungen ist die Cholera in Persien von Neuem anfgclreten. Ganz besonders sind Teheran und Jspahan heimgesucht. — Der Höchsteonnnandirende des Militärbezirks Kiew General Dragomirow, tritt von seinem Posten zurück. Drngomirow ist als vorzüglicher General, saber auch als großer Trinker bekannt; seiner radikale» Gesinnungen wegen ist er bei dem Zaren schon längst schwarz angeschriebe». Orient. 7 — In Serbien sind in verschiedenen Orten politische Unruhen ansgcbrvchen. Besonder» war das in der Stadt Tosteuik der Fall, wo «in großer bewaffneter Hanfe von Radikalen das Rath« Hans stürmte, die Beamte» vertrieb und de» Inhalt der Kassen raubte. Die städtische» Pvlizeibeamten waren machtlos und wurde» eingesperrt. Die Aufrührer habe» ein eigenes Sladtregiment nieder- gesetzt und wolle» ihre Errnngenschast auch dem Militär gegenüber wahren. Truppen sind bereits im Anmarsche. Amerika. — Die in hoher Bedrängnis) befindlichen Passagiere des Dampfers „Normannia", welchen die aufgeregte Bevölkerung da- Betreten des festen Bodens verwehren wollte, sind nnnmehr unter »lililärischem Schutz auf den Fencr-Jnsel» gelandet und werden dort in einem für Qnaraiitänözwecke angekanften Hotel nnlergebracht. Die Menge zeigte sich recht rabiat und mußte von dem Militär mit Ge walt zur Raison gebracht werde». In New-Aork, wo trotz aller Ab« pcrrungsmaßregeln doch fünf Cholerafälle vorgckmiime» sind, hoffe» die Behörden, daß die Krankheit keine weitere Ausdehnung nehmen wird. — In Costarica ist ein Bürgerkrieg nusgebroche». Der bisherige Präsident hat sich als Diktator proclamirt. kümmern — ihr etwa- von seiner Zeit widme», sie nicht so viel zu Hause sitzen lassen! So verging ein Jahr — die rosigen Wangen der jungen Frau waren verblichen, die weiche Fülle ihrer blühenden Gestalt halte ab- genoinnie» — sie saß noch immer allein und traurig in ihrem elgante» Boudoir, denn sie halte sich an keine Freundin angeschlossen, sie schien noch immer keinen Geschmack an langen Conserenze» mit der Schneiderin zu finden, und sie kam »och immer mit müder, ge- langwcilter Miene ans den großen Gesellschaften zurück, Johann ah das mit stummer, zorniger Entrüstung. Das war nun einmal nicht in der Ordnung — sollte, mußte anders sein! Wie aber sollte cs sich wenden? Der Baron ließ es an formellen Anfmcrksamkeilen nicht fehlen, beging auch keine grobe Untreue. Nur di« fris den Blume», di» man Anfangs der junge» Fra» täglich ans den Toilettentisch setzte, — diese vergaß er meist. Aber Johann ließ die Vasen nicht leer, die Blume» wenigstens sollte die Fra» Baronin nicht entbehre». Er elbst besorgte si: — heimlich und verstohlen — und er freute sich, wenn er gewahrte, daß die junge Frau mit befriedigter Miene davor tehcn blieb, Johann hatte sie nun tinmal unter seine» Schutz genommen, die verschüchterte, vereinsamte junge Fra», Vas zn früh ans dem Nelle genommene Vögelchen, und ungekannte, fast ritterliche Regungen waren in der breiten Brust des ehemalige» Ackerknechtcs wach geworden. Seit einige» Tage» hatte man alle erdenktichen Vorbereitungen nr den Besuch des Grafen Armin Waltcrshanscn (ältere Linie) ge troffen. Baron Emil war stolz und sehr ersrent, daß der Vetter auf der Durchreise von Paris nach seinen Gütern seine Gastfreundschaft angenommen hatte. Der Gras gehörte zn den vornehmsten Pair» de- Rciches. Und Johann hörte, wie Baron Emil i» nngewöhiili'ch trengem Tone zn seiner Gattin sagte: „Nimm Dich doch recht zu- ammen, Ottilie, daß Du keine» Verstoß begehst! Armin ist durch und durch Aristokrat — sehr empfindlich — sehr verwöhnt — c- wäre mir recht unangenehm, wenn . . ." DI« junge Frau erblaßte bis in die Lippe» und wurde dann flammend sroth. Johann, der eben servirte, sah «S — nicht aber der Barvn, der, achtlos, zerstreut, eichtgesinnt wie immer, mit seinem Lieblingshnnde spielte. Und auch gestern, als der Graf ankam, übe,sah Johann mit seine,» schon geschärften PeobachtungSvermögen die ganze Situation. (Fortsetzung folgt.)