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Blasewitz, Dienstag, 12. Februar 1923 85. Jahrgang. mit M. Ivo.—. berechnet, Reklamen bi« 4 qespatten» Zeü« »Vorschriften unb schwierigen Satzarten werben mit SV Pv« vormittag« 11 Uhr. Jür da« Erscheinen der SlageiHrn « telephonisch» Aufträge wirb k«!n« Gewähr geleistet. Etwaiger XL>.:lL eben, wenn nicht binnen 4 Wochen »ach dem Empßu^ lM Einziehung der Anzeigenbeträgr fällt der bewilligt» ZÜbatt f»M SiWsWie DoWW «MgWlksse """" K ,, ... - . mit Loschwitzer Anzeiger . l.b ------- TageSzekiung fiir das östliche Dresden u. selne Dororie Diese» Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen de» Rates zu Dresden für die Stadtteile ) Vlasewitz, Loschwitz, Weiher Hirsch, Bühlau, «schwitz und Laubegaft (ll. und lll. Verwaltungsbezirk) der Gemeinden Woche witz, Niederpoyritz, Hosterwitz, Pillnitz, Weitzig und Schönfeld, sowie der Amtshauptmannschaften Dresden-N. und Dresden-tz^ Erschrtnt täglich mit der Beilage «Aarar-Darte- unb Amtt. Nm- und Arrmbenllst«. Lezug-prett: Monatlich «»»eigen Verben di« «gespaltene Pattt-Zell, » 17A).-. außer Zustellgebahr, bei den deutschen Postanstalten M. 1700.-. Einzelverlaufsprri«: M. «0.-. M. S00.-. Anzeigen »ob rtettamen mit plah Akr AäNe hdherer Sevalt, Krieg, Streit« usv. hat der Bezieher feinen Anspruch aus Lieferung bezw. Jach. «Achlaa darechnet. Schluß dar AaMtaen-Annah tlefarung der Zeitung »der auf Rückzahlung des Lesegelde«. Druck : Elemen« Landgraf Iachfl., Dresden, bestimmten Lagen adv plätz», ßvwi« str i'.' .. Areital. Lei unverlangt eingesandten Manuskripten ist Rückporto belzusügen. Für Anzeigen, welch« durch gilt al« «atsenrodatt uwb «ßu» verweigert werben, Hsrasprecher aufgegeben werden, kann eia« Berantwortuag b«^ b«r Richtigkeit nicht übernommen v«rben. Rech««» dt» Achtung »ft^gt. ^B«t -sichtlicher Ein;! Nr. 36 Vernichtung der deutschen Souveränität Parts, 11. Febr. Poincare hat gestern mit dem belgischen Außenminister eine längere Besprechung gehabt, der auch der belgische Gesandte, der KriegSmintster, der Arbeitsminister, der Ftnanzminister und der Minister für die befreiten Ge biete beiwohnten. Nach Schluß dieser Sitzung wurde folgende Note veröffent licht, die der deutschen Regierung über geben werden soll: „Die belgische «nd die französische Regierung habe« festgestellt, daß -er Besuch des Reichskanzlers Cuno im Ruhrgebiet« «nd feine -ort ansgeübte Aktion einzig und allein de« Zweck ge habt hat, gefährliche Erregungen, de- wnders unter den Großindnstrielleir, Angestellte» »ud Staatsbeamte», her, oorznrufen. Unter diesen Bedingungen sehen sich die französische «nd die bel, gische Regierung, die im Interesse -er Bevölkerung stets bestrebt find, Wir ren z« vermeiden, die eine« blu ¬ tigen Berlanf haben könnten, genötigt, der RcichSreqkerung und -en Regierun gen der Länder mitzuteilen, daß die Reichsmintster «nd die Minister der Länder nicht mehr ermächtigt werden, das Nnhrgebiet zu betreten." * Der Friedensvertrag von Versailles und seine Ausläufer sollen nach den mehrfachen Aeußcrungen Potncares bis aufs letzte i-Tipfelchen durchgeführt werden. Um die materiellen Forde- rungen durchzuführen, welche Frankreich an Deutschland auf Grund dieser Ver trags-Ausläufer hat, wurde das Ruhrgebiet besetzt und damit derGrund- vertrag bereits umgestvßen. Der einen schweren Rechtsverletzung reiht jetzt die andere sich an. Schon jüngst, als in Parts Erregung über die Reise Cunos in das Ruhrgebiet herrschte, bemerkten wir im Anschluß an die betr. Meldung, daß deutschen Staatsmännern es nicht verboten werden könne, deutsche Ge biete zu bereisen, um über die Lage in diesen Gebieten sich zu informieren. Frankreich «nd Belgien maßen sich jetzt an, ein dahingehendes Verbot zu erlassen! Das ist eine Mißachtung -er deutschen Eonveränität! Weiter aber: In der Form der Note kommt zum Ausdruck, daß Frankreich und Belgien sich für befugt halten, „Ermächtigungen" für deutsche Minister zu erteilen oder zu versagen. Darin lie"t nicht nur eine Mißach tung, sondern diese Form bedeutet die Aufhebung der deutschen Souveränität. Mit scheinbeiliaer Phrase ve- haupten ferner beide Länder, daß sie „stets bestrebt sind, Wirren zu vermeiden". Man muß nur folgende, am Sonnabend bei uns einaelausene Meldung mit dieser Heuchelet Zusammenhalten, um sie richtig zu illustrieren — ganz abgesehen von allen blutigen Vorkommnissen, von denen keines mit der Reise Cunos in troend einem Zusammenhang gebracht werden kann, weil sie sämtlich vor Cunos Reise liegen: Recklinghausen, 10. Febr. Der kom mandierende General der 47. französt'chen Infanteriedivision, General La'grelot, übt jn Recklinghgw'en ein Scksteckensregiment aus. Laignelot hat dem 'wnten Bürgermeister Dr. Niemeyer angekünvigt, daß er vor keiner Maßnahme zurückschrecken werde, bis die Be völkerung vor ihm auf den Knien liege. Einem anderen Vertreter der deutschen Behörden, der auf die furchtbare Erregung hinwies, die in der Stadt herrsche, daß fortwährend Tanks di« Straßen durchrasen und die Franzoien mit Schußwaffen, Gummiknüppeln, Gewehr kolben und Revolvern die friedlichen Bürger systematisch tätlich bedrohen, erklärte er: „Die Bevölkerung ist uns vollständig gleichgültig. Uns geht es äut. Weiter haben wir nichts notwendig. Wenn die Bevölkerung sich mei nem Willen nicht beugt, werde ich zu immer schärferen Maßnahmen greifen, vis sie mir aus der Hand frißt." Obwohl noch keinerlei Verbote für den Straßenverkehr bestehen, wird wahllos auf die friedlich ihres Weges gehenden Passanten eingeschlagen, eingeschossen und so weiter. So wurde gestern — um nur einige Fälle aus einer langen Reihe herauszugreifen — auf der Breiten Straß« «in Passant «ohne jede Veranlassung mit dein Kolben niedergeschla gen und mit Fußtritten mißhandelt und der artig zugerichtet, Paß er von der Bevölkerung, die sich seiner annahm, fortgeschafft werden mußte. Am Steintor wurde ein Bergmann von einem französischen Offizier vom Pferde herab so mißhandelt, daß er zu Boden stürzte. Als er sich wieder erhob, griff der Offizier wieder zur Reitpeitsche und schlug auf den Bergmann derartig ein, daß er blutige Strie men im Gesichte trägt. Aehnliche Vorfälle wiederholen sich dauernd. Frauen schreien in ohnmächtiger Wut. Die Vorgänge am vor- gestrigen Abend haben alles Seitherige noch Überboten. Alle Passanten wurden brutal überfallen und rücksichtslos nie >erge'chlaaen. Die Zahl der Verletzten ist noch nicht fcstgc- stellt. Der Gemüsehändler Burkenstein w ir- de derartig mit dem Gewchrkolben mißhan delt, daß er inzwischen seinen Verletzungen er legen ist. Sein ebenfalls harmlos des Weges gehender Begleiter wurde mit Dolchstichen traktiert. Don Münster kommende Reisende, die von Sinsen aus mit der Straßenbahn kamen und in Recklinghausen ahnungslos aus steigen wollten, wurden unbarmherzig aus den Wagen gerissen und aufs Sckwerste miß handelt, sogar Frauen und Kinder. Berg arbeiter, di« als solche deutlich zu erkennen waren, wurden in gleicher Weise brutal miß- handelt. Während der ganzen Nacht wurde fortwährend geschossen. Die Zahl der ver- letzten Frauen und Kinder bleibt hinter der der Männer nicht zurück. Stadtrat Vittvr wurde so verprügelt, daß er ins Krankenhaus eingeliefert werden mußte. Am Freitag nach mittag 4 Uhr wurden 30 katholische Semi naristen von französischen Offizieren mit Reit peitschen und von Mannschaften mit Kolben überfallen und blutig geschlagen. Ein gewiß unverdächtiger Zeuge, der sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Friedrich Stampfer, Chefredakteur -eS „Vorwärts", der in das Ruhrgebiet ge reist ist, gibt feinem Blatte über die Zu stände in Recklinghausen folgenden Be richt: „Als ich gestern morgen die Nachr-ich- ten aus Recklinghausen las, die so aben teuerlich und unwahrscheinlich klangen, glaubte ich die beste Gelegenheit gefun den zu haben, eine leichtfertige Bericht erstattung geradezu auf frischer Tat zu ertappen. Ich machte mich als« mit dem Genossen Martmöller vom Bergarbei- terverband und zwei enalilchen Kol legen ans den Weg nach Re-klinabanlen. Ich muß seststellen, daß kste Berichte ül'er Recklinahausen nicht übertrieben waren, sondern viele eber noch hinter der Wirklichkeit znrückbleiben. Nicht minder schändliche Dinge, ja sogar noch sch-'"dlchere, haben sich bei dem militä rischen Neberfall aus den Bahnhof Wanne abgespielt. Die'Entrüstung der Bevölkerung, die gewöhnt ist, ihre Kövle hoch zu tragen, und die jetzt mit Kolben und Reitpeitsche behandelt wird, ist unbeschreiblich. Die Bewegung geht jetzt hier unter sozialdemokratischer Führung. Wenn dem Treiben der Sol dateska nicht Einhalt geboten wird, kann niemand für das, was noch kom men kann, die Verantwortung über nehmen." Es bleibt aber — wie bei der Brutali tät, mit der Frankreich und Belgien vor gehen, gar nicht anders zu erwarten war — nicht bei der bloßen Anmaßung, Ministern keine „Ermächtigung" mehr zu erteilen für eine Einreise in das besetzte Gebiet, sondern ein neuer Gewalt- a k t beweist, daß Frm'.kreich sich sogar das Restätigungsrccht für Staats beamte an maßt, wozu im Friedens verträge überhaupt keine Grundlage vor handen ist. Im Gegenteil: Er schreibt ausdrücklich vor, daß die Selbständig?:' - Deutschlands nicht an^etastet werden darf. Und dazu aebört natürlich das schon durch Answeisun.'en zn Boden ge tretene, allein dem Reich«' oder seinen Gliedern zustehende Recht, Beamt«' anzu stellen oder zu ernennen. Lbne Rücksicht hierauf bot Frankreich sich folgenden neuen Rechtsbruch geleistet: Frankfurt a M., 11. Fcbr. Der Re gier« ngsvräsident vou WicSbadenHacnisch, aegcn dessen Amtsantritt die Rheinland kommission ein vorläufiges Vetorecht eingelegt hatte, weilte in den letzten Ta gen im besetzten Gebiet, nm als Kommis sar der preußischen Regierung Informa tionen über die wirtschaftliche und rwli- tische Lage einzuziehcn. Am Sonnabend nachmittag wurde er ans einer Besprech ung mit Landrätcn «nd Bürgermeistern des Reoierunasbezirks Wiesbaden durch französische Beamte znm französischen Oberdelegierten Marquis de Lillers ge nötigt, der ihn ebrenwörtlich verpflichten wollte, noch vor Mitternacht das besetzte Gebiet zu verlallen. Ltaenisch leimte das Ansinnen ab nnd erklärte, nnr der Ge walt zn weichen. Daraufhin wurde er in das sran'ösische Potizeikommissariat ge führt und einer gründlichen Untersuch ung unterzoaen, gegen die er unter Be rufung auf keine Immunität als rren- si'chek Landtaasaboeordnetcr entschieden vrotestkerte. Ebenso verweigerte er die Unterzeichnung eines vou dem französi schen Volizeitomwillar ausaenomwenen VrotokollS. Gegen halb lll Nbr wurden Kaenisch die Paniere zurttckgeoeben nnd er im französischen Militärantomobil über die Grenze des besetzten Gebietes gebracht. Aus all -cm geht hervor, daß Frankreich und Belgien es darauf anlegen, eine Katastrop he herbeizuführen. Die Ruhraktion war ein Schlag ins Wasser. Um die beiden Völker von diesem Miß erfolg abzulenken und um Frankreichs Ziele, die es in V e r s a i l l e s n i ch t e r- reichen konnte, auf anderem Weae erreichbar zu machen, soll Deutschland so lauge schikaniert werden, bis ihm der Ge duldsfaden reißt. Auch dieses veriide Spiel mit dem Gedanken an neue Men- schenschlächterei znm Zwecke des Länder- ranbeS muß wie die Nubraktiou zu nichte gemacht merden. Besonnen heit u n d G e s ch l o s s e n h e i t ist d«e einzige Parole, die zu gelten hat. Jede Sondcraktiou schwächt uns und liefert Frankreich nnd Belgien neue handhaben aus. mit einem Scheine des Rechtes htm- melschreiendeS Unrecht zu bemänteln und hinter diesem Mantel zu erweitern. Wichtige Ereignisse. Deutschen Ministern ist es Lurch Frank reich und Belgien verboten, die besetzten Gebiete zu bereisen. Poineares Erllärungen sind erst Eud< dieser Woche zu erwarten. * Vioiüui lmt sich gegen die allgemein« Abrüstung ausgesprochen / » Im Naciu- und Rnhtgc'.iet toll nun« mehr doch rechtswidrig eine eigen.- Wah rung cingesührt werden. s Devisenpolitik. Seitdem Deutschl.md in einen ErksteiH? kanwf cingetrcten ist. der im we'enl'i.>en vost der Widerstandskraft und drr Widerstand»«' freude ni'-t bevo7zug:rr Schichten, sonder«, der breiten Maske abhäntst, wendet,' man vermehrte Sora« jenen Erscheinungen zu, die an den N.roen oer Dwo.kerung brH der so unausgesetzt und au'reibend gezehrt haben: M m beginnt sich dafür zu rnterrssrs- ren. daß aus der tollen Teuerung nicht jens Erscheinung.m der Müdigkeit erwachsen, Liß die Kratt zum Durchhasten beeinträchtigen müßten. Das ist «'ne lobenswert« Best «ounA W-mngleich sie vielleicht schm frülxu t,Ll« einsetzen können, kann man doch zuaeben, daß sie nie zu spät kommt. Indessen ist es rat« sam, von vornherein dafür ^org« zu 1ra,ren. daß die etwa geplanten Maßnahmen nicht nnr vorüber-elreud oerhülend: seien, daß ii« nicht nur. ohne an den Dingen maleriell et-, was zu ändern, auf eine W-üe und ohne Möglichtest fondauernder Wirkung die Laa« etwas günstiger erscheinen lassen, als si« wirklich ist. Zu Maßnahmen solcher Art würde ;. B. eine Taktik geboren, die setz? von vielen Sei'ea, auch von Hanl<lskanp- mem und Preßoraanen, empfohlen wird» Die Taktik, die Preisgestaltung iür ein« Weil« so zu betreiben, daß der Kaufmann nickst seine vollen W ederoeschaffunaskösteis zur Preisgrundlag« macht, daß er a so, mH anderen Worten, an Substanz verliert. einck Entwicklung, die ganz naturnot.g«ndig nur von boW geringer Dauer lein kann und zrl weiterer Ersckune nng wichtiger Grundlagen allen kaufmännischen Lebens führen mutzt' Prozeduren dieser Art können ein paar Wo^ äxm oder Monate über den wirklich.'» Stansk der Dinge h:nrr>egtäusck)en, si« verändern ilnt nickst und mackxm das Erwockien nur noch schreckhafter. In Wahrheit wird die Teuerung fast durch» weg nickst von den Kalkulationsmethodeil der Kaufmannschaft bestimmt, sond-m dies« richten sich nach der Drvisenlag«. Es tst na türlich, daß demgemäß auch wieder dek Wimsch reg« wird, durch obrigkeitliche Matz-, nahmen auf die Lmr< am Devisenmarkt Einfluß zu gewannen, und in der Tat hört man, daß Besprechungen über eine neue De» oisenordnung im Gange seien und vielleicht schm in den nächsten Taacn zu ReiultaleN führen würden. Welck-er Art diese Verord nung sein könnte, ist noch nicht bekannt, ab«« insoweit es sich nicht um den natürlich i«hr wünschenswerten <freilich auch schroer durch- führbareni Ausschluß notsri ch unzuverlässi ger E'eiw.nie vom Deoilenhandei und um die Iai ibieruug o m Marissedi'en geaen Devisensiallerunq banoeit, besteht nach den Erfahrungen mit dm >>erbstgc eg n z cm ülM Slem'is inbemq aui dm Erfolg jedes Be» hördenchngrisfs. ^be Sachr-elsiä'idigcn auf den letzten Konferenz n und a .« Wis:«nscha^ ler von Ruf stehen strikt« aus Stand- vunlt, daß die beste Meihooe l> r Re>>.u «mag des Devi enmarkles darin best-h«, daß waa ihn sich ausfchlleß ich selbst regu'ieren la s«. Unter den gegenwär Ilgen tnisen,. in denen die Abstandnahme vum Devlsenkauf für große Gruppen der Bevölkerung u.cht» anderes bedeuten würde, a.» sich den llßne-