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Sächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse : 12.08.1920
- Erscheinungsdatum
- 1920-08-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480533490-192008126
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480533490-19200812
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480533490-19200812
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse
-
Jahr
1920
-
Monat
1920-08
- Tag 1920-08-12
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Monat
1920-08
-
Jahr
1920
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wachen hat." Die unabhängigen Lüberaleu -e» UnterhauftA versammelten sich ebenfalls un- berieten über bi« polnische Frag«. Sie nahmen eine Entschließung an, in der sic gegen jebe militärisch« Intervention durch Blockade, durch Ent- kcnüung von Truppen, Geld oder Munition Protest cinlegen. Gleichzeitig beschlossen st«, die Aufforderung an die Regierung zu richten, alle Maßnahmen zu ergreifen, damit ein allgemei ner Frie-en fichergestellt wird. Die Abteilung Lancashir« des Nationaliver-an-cs der englischen Eisenbahner hat eine Ent schließung angenommen, j» der verweigert wird, Munition für Polen zu verladen, und in der ferner die Aufnahme -es ' Handelsverkehr» mit Rußland verlangt wird. Di« Londoner Eisenbahnaufseher schickten eine Entschließung an Lloyd «Äeorge, in der es heißt, daß, wenn di« Regierung einen Ver such machen sollte, mit Rücksicht auf einen neuen Krieg Maß regeln herbeizüführen, sie die sofortige Einstellung der Arbeit veran!qfsen und sich weigern würden, Kriegsmaterial und Vorräte für militärische Zwecke zu verladen. Man darfigespannt sein, wie sich die Angelegenheit nach der Zusammenkunft zwischen Ruffen und Polen in Minsk weiter entwickeln wird. Auf teden Hall werden die Ruffen nicht eher eiuleaken, bi» sie die Hauptstadt von Polen, War schau, in Besitz haben und die» dürfte bergitS in den nächsten Stunden geschehen. MM» ,,»W»«SM!WSSS»M-S«W— Der stegreiche Vormarsch der . Die Ruffen schreiten weiter vüstig vorwärts, fortwäh rend die Trümmer der polnischen Armee vor sich hertretbend. Es liegen nachstehende Meldungen vor: Die vierte russische Arme« hat sich der Stadt Warschau aus 40 Kilometer genähert. Ein« Beschießung Warschau» durch Artillerie hat noch nicht stattgefunden. Das hiu am weitesten vorgedrungen Kavallcriekorps hat nür leichte Feld- rveschütze. Die direkte Bahnverbindung Warschau—Mlawa— Danzig ist, wie bereits gemeldet, unterbrochen, und die Polen haben nur noch die Strecke über Danzig—Bromberg—Thorn offen. Die bolschewistische Kavallerie hat die ehemalige deut sche Grenze noch nicht überschritten. Es ist kaum wahrschein- tich, daß die Ruffen nicht in den Korridor vordringen werden, da durch den polnischen Korridor eine Ueberflügelung des äußersten Nordflügcls her Russen dann mdgltch würde, weil die Polen über di« Bahn Posen—Thorn und über die Bahn Könitz—Graudenz-Strasburg Reserven in die Flanke der Russen heranbringen könnten. Die Meldung wirt» bestätigt, daß die Stoßrichtung des russischen Nordslügels gegen Thorn angesetzt ist. Au diesem ^>sweck ist der russische Rordflügel außerordentbich verstärkt worden. In der vordersten Linie siehe» zwei kaukasische KavalleriekorpS und drei Infanterie divisionen, dahinter in Reserve weitere acht Infanteriedivi sionen und das dritte kaukasische KavallerirkorpL Der pol nische Nordflügel befindet sich in völliger Auflösung. Der Munittousmangel macht sich jeden Tag stärker bemerkbar. Die Auflösung «ging schon daraus hervor, daß Prasnynt.cz ohne ernsthafte Kämpfe aufgegeben wurde. Die auf einem Hügel gelegene Stadt ist sonst mit schwachen Kräften gegen Uebermacht zu halten. Werter südlich haben die Polen die »große Schlacht zwischen Oftrolenka und Bug abgebrochen, nachdem ihr kurzer. Widerstand bei Ostrom gebrochen war. Di« Ruffen haben den Vormarsch gegen Wyszkow angetreten. Die Kavallerie ist bis auf 10 Kilometer von -er Eisenbahn Warschau—Malkin entfernt. Malkin liegt schon unter dem Heuer der russischen Feldgeschütze von Sokolow. Westlich von Breft-LitowSk ist bereits Bialla erreicht und de; Bug hiS Wlodawa in breiter Front überschritten. Der Vormarsch hat bei der Zerrüttung auf dem äußersten polnischen Nordflllgcl Fortschritte gemacht. Die polnischen Heercsteile, die sich hier bisher am besten geschlagen hatten, fangen auch an, nachzu geben und auch quf -er Südfront scheint der Rückzug haltlose Horm anzunchnren. Ausammensaffend läßt sich die Lage da hin beurteilen, daß die polnische Armee «2 keinem Frontteile mehr ernsthaften Widerstand leisten kann. — Russische Trup pen erreichten heute nachmittag unweit des Dorfes Bialütten, südlich von Neidenburg, den Südzipfel -es DoldaugebieteS und damit den polixschen Korridor. Die Vorhut der russischen Infanterie hat Grudrufk, zwischen Mlawa und Przasznysz, besetz. -^7 Politische Nachrichten. Diplo«ateuzusa»me«k»rnst? Wie in Berliner politischen Kreisen verlautet, wird der Reichsminister des Auswärtigen, Dr. Simons, während sei nes Urlaubes in der Schweiz mit Lloyd George und dem italienischen Außenminister Graf Ssorz? -Emmenrrcsfcn. Frankreich hetzt wener. Der Pariser Korrespondent des „Niemve Rotterd. Cou rant" meldet aus Paris: Wenn Deutschland nicht sofort seine geheime Verständigung mit Sowjetrußland gegen Polen auf- acbe, werde eine ausgiebige Demonstration mit französischen Truppen erfolgen nach der Sanktion, die die Konferenz in Spa gegeben habe für den Kall, daß Deutschland am 10. No vember nicht die festgesetzte Menge Kohlen geliefert hat. Deutschlands Verhalten bedeute eine Saboticrung -es Krie- »ensvertrages, der den polnischen Staat gebildet bat. Würde man Deutschland zugestehen, den Frtedensvertrag im Osten zu schänden, dann würde der ganze Vertrag ins Wasser fallen. Fn»»z»ßfche Prefietzetze. Berlin, 10. August. Von zuständiger Stelle erfah ren wir: In -er französischen Presse Ist -te vom Grasen Oberndorfs kürzlich in Warschau überreichte Note wegen -er Bedrückung der deutschen Minderheit in den an Polen abge tretenen, vormals preußischen Landesteilen zum Gegenstand« höchst unfreundlicher Betrachtungen gemacht worden. Es wurde von -er französischen Presse so dargestellt, als sei deut scherseits beabsichtigt, sich unter Ausnützung der Notlage Po lens für alle Fälle einen Kriegsgrun- zu verschaffen. Dem gegenüber braucht nur darauf hingewiesen zu werden, -aß die Note von polnischer Seite nicht als Ausdruck unfreund licher Gesinnung angesehen worden ist. Im Gegenteil hat das polnische Ministerium de» Aeußeren unsere Vorstellun gen durchaus sachlich ausgenommen. Dem Grafen Obern dorfs wurde bet Ueberaabe -er Note versichert, die polnische Regierung werde alle Ptaßregeln treffen, um ein friedliche» Zusammenleben beider Nationalitäten zu sichern. Braunschweig für die Südlinte des Mittellandkanals. Braunschweig, 10. August. Der Landtag nahm heute Stellung zu einer Interpellation wegen der Linien führung des Mittellandkanals. Minister Antrick erklärte in längerer Rede, daß Braunschweig in Gemeinschaft mit Sach sen, Anhalt, Oldenburg und Boden unentwegt für die süd- lichc Linienführung etntreten werde. Der Landtag nahm dann einstimmig eine entsprechende Entschließung an, in der u. a. Einspruch dagegen erhoben wird, daß die preußische Vor- läge auf der Grundlage der sogenannten Mittellinie verfas sungswidrig auf braunschweigisches Gebiet htnübergreife. Dadurch werde auch künftigen Entschließungen des Reiches über die zu wählende Kanalltnie vorgegrtfsen. Die braun schweigische Landesversammlung erwarte, daß die Reichsre gierung sich bei ihrer späteren Entschließung durch einen Ent schluß der preußischen Landesversammlung in keiner Weise beeinflussen lassen werde. Unangenehmer Zwischenfall. Allenstetn, 10. August. Zu einem bedauerlichen Zwischenfall kam es heute nachmittag, als mehrere betrun kene italienische Soldaten durch die Stadt zogen und von Beamten der Sicherheitspolizei zur Ruhe ausgefordert wur den. Im Verlaufe des Wortwechsels brachte ein italienischer Soldat einem Sicherheitsbeamten durch zwei Dolchstiche In den Hal» schwere Verletzungen bei. Die aufgebrachte 'Menge ergriff gegen die Italiener Partei und es entwickelte sich eine Schlägerei. Der Messerstecher wurde von einem hinzukommcndcn italienischen Offizier feftgenommcn und in Gewahrsam gebracht. Voller Erfolg der Wiesbadener Straßenbahn, Angestellten. Wie die „Frankfurter Zeitung" aus Wiesbaden meldet, hat der dreitägige Proteststreik der Straßenbahn-Angestellten mit einem vollen Erfolge gegenüber -er französischen Behörde sein Ende gefunden. Der französische Kommandant hat zu gesagt, beim General Degoutte die Erfüllung der Forderun gen zu befürworten, nämlich die französische Gerichtsbarkeit milder zu handhaben und Uebergriffe französischer Fahrgäste durch ständige Patrouillen zu verhindern. . Unterzeichnung des türkischen Vertrags. Paris, 10. August.. Der türkische Frtedensvertrag ist heute nachmittag in Stzpres unterzeichnet morden. Ei» vernichtendes Urteil. Die „Tägliche Eincinnatier Freie Presse", eine der größ ten deutsch-amrrikanischen Zeitungen, schreibt: In Berlin ist ein Bericht veröffentlicht worden, der beweisen soll, -aß Prä sident Wilson» Friedensbemühungen im Winter 1916 bis 1917 Erfolg gehabt haben könnten, wenn der unbeschränkte Tauchbootkrieg nicht gekommen wäre- Verfasser des Be richts ist der Sozialist Sttizhöimer, der als Vorsitzender des Untersuchungsausschusses, der die Ursachen des Krieges fest stellen sollt«, eine so traurige Rolle" gespielt hatte. Sinz- Heimer hat es von Anfang an als seine Ausgabe betrachtet, die Untersuchung so zu führen, daß das vom ihm beabsichtigte und erstrebte Resultat hcrauskam. Was ihm nicht in den Kram paßte, wurde unterdr,ückt, unbequeme Zeugen wurden anaepöbelt, dursten nicht sagen, was der Wahrheit hätte zum Siege bcrhelfcn können. Sinzheimers Kronzerme war der ehemalige Botschafter Bernstorff, der vor dem Ausschuß die Rolle des verkannten Retters Deutschlands spielte. Wir hier iu den Vereinigten Staaten sind mit der Tätigkeit Bern- ftorsfs besser vertraut. Wir wissen, daß er in kritischer Zeit seiner Stekftrng in keiner Weise gewachsen war, nicht imstande war, sich in der durch den Krieg geschaffenen Lage nur einiger maßen zurechtzufinden, eine Dummheit über die andere machte, bis ihm seine Paffe zugestellt wurden. Und aus dem Munde des Präsidenten Wilson, also jedenfalls aus der allerbesten Quelle, wissen wir, -atz die Vereinigten Staaten auch dann in den Krieg cingetreten wären, wenn Deutschland keinen unfreundlichen Akt gegen unser Land be gangen, die Rechte seiner Bürger in keiner Weise beeinträch tigt hätte. Auch die gänzliche Einstellung des Tauchboot krieges hätte unseren Eintritt in -en Krieg nicht verhütet: und Englands Sieg wäre durch den Verzicht auf Fortsetzung des Touchbootkrieges über jeden Zweifel hinaus gewährleistet worden. ' Die Stadt Ochotsk veruichtet. Wladiwostok, 10. August. sReuter.) Nach hier eingetroffenen Nachrichten ist die Stadt Ochotsk niederge brannt. Die japanischen Einwohner der Stadt sind ermor det worden. SLchfische Nachrichten. Mitteilungen aus unserem Leserkreise über örtlich« Vorkommnisse sind un» stets willkommen na» » werden honoriert. * t * Die sächsifche-Regter u ng hat an -ap Wei»», kretskommando 4 un- an -aS Lan-esamt der Sicherheits polizei Schreiben gerichtet, in denen sie ihren Dank und ihr« Anerkennung für die Dienste ausspricht, welche die Retcho- wehr un- Sicherheitspolizei- durch -i« Wiederherstellung ruhiger un- «eor-neter Zustände im Zittauer Bezirk im ge» «einsamen Handeln -em bedrohten Gebiete un- der Allge meinheit geleistet haben. In dem SchreMn heißt «S u. a.: Dank und Anerkennung gelten den Kommandostellen für die tatkräftige un- umsichtig« Leitung Sie gelten ebenso auch -en Mannschaften, insbefondsre für ihr ruhige» und beson nenes Verhalten, da» zu d^m raschen Ershlge wesentlich bei getragen und ihnen überall die Sympathie de« Ordnung lie benden Bevölkerung erworben hat. * Eine öffentliche Sitzung -e» Bezirksaus schusses der Amtshauptmannschaft DreSden-A. findet am Freitag, den 20. August 1920, vorm. 10 Uhr statt. * Auda» Reichsernährung »Ministerium Berlin haben die Arbeitgeber- und Arbeitnehmer'- Ver bände folgende» Schreiben gerichtet: Der auf Beschluß -es Beiräte» -er Sachs. Landesgetreidestelle von -er «ächs. Re gierung beim Reichsernährungsmtntsterium gestellte Antrag, die LandeSgetreidestelle Sachsens zur selbständigen Aus gleichsstelle auszubauen, ist unseren Informationen nach ab gelehnt worden. Gegen diese Ablehnung »süssen wir -en schärfsten Widerspruch geltend machen. Ist denn dem ReichS- ernährungsministerium nicht bekannt, 1. welche schwere Miß stände in den letzten Monaten da» vollständige Versagen -er - Reichsgetreidestelle in Sachsen gezeitigt hat? 2. -aß z. B. in Dresden feit vielen Wochen die Reichsgetreidestelle 10 bi» 14 Tage mit -er Belieferung,vvn Mehl, das seit Monaten zur Hälfte aus F u t t e r m e h l besteht, überhaupt im Rück stände ist? 3. Sind die gesundheitktchen Schädigungen nicht bekannt, die durch das aus diesen Mehlen gebackene Brot entstanden sind? Diese heillosen Zustände werden -ie un terzeichneten Verbände nicht mehr mitmachen und stellen fol gende Forderungen: „Die Kommunalverbände SachsenS sind -er Landesgetreidestelle zu unterstellen. Nur über -ie Lav- -csgetretdestclle und mit deren Zustimmung hat die Reichs getreidestelle Verfügung!»- un- Kontrollrecht über die Kom- munalvcrbände." Sollte diesem Anträge nicht entsprochen 'werden, so sehen wir uns gezwungen, durch Flugblätter, unter Darlegung der oben geschilderten Mißstände und unter. Beibringung von ärztlichen Zeugnissen uns an die gesamte Bevölkerung zu wenden. fFolgen Unterschriften.) 'Auf Hebung der KatEpffelzwangswirt- ' schäft. Im Reichsministerium für Ernährung und Land wirtschaft Haven in letzter Zeit Verhandlungen über die Frage der Aufhebung der Kartoffelzwangswirtschaft mit Vertretern -er Landwirtschaft, des Handel» und der Verbraucher statt gefunden. Die gleiche Ftaqe war Gegenstand» eingehender' Erörterungen im Unterausschuß für Ernährung und Land wirtschaft de» Reichswirtschaftsrate» und im Volkswirtschafts ausschuß de» Reichstages. Mit Rücksicht aus die günstigen Ernteaussichten haben diese Ausschüsse übereinstimmend der Rerchsregteruna vorgeschlagen, vom 18. September 1920 ab -ie öffentliche Bewirtschaftung -er Kartoffeln mit -er Maßgabe aufzuheben, daß die auf Grund der Verordnung vom 21. Mai , -. I. abgeschlossenen Verträge bestehen bleiben un- «ine starke Reichsreserve zür Ueberwrndung etwa währen- der Herbst- un- Wiuternronate eintreten-er Notstände gebildet wird. Ls ist damit zu rechnen, daß ein entsprechender, vom Reichs ministerium für Ernähruna und Landwirtschaft ausgearbei toter Verordnungsentwurf Mitte August vom Volkswirtschaft lichen Ausschuß de» Reichstages angenommen »vird, so daß dem Handel von da ab zur Anknüpfynq seiner geschäftlichen Beziehungen die erforderliche Bewegungsfreibett gegeben , und er in -en Stand gesetzt wird, Kartoffeln zur Belieferung nach dem 14. September 1920 anzukaufen. Um die Preis bildung auf -em Markt für Speisekartofscln nicht zu beun ruhigen, sei schon jetzt darauf hingewiesen, -aß die Kartoffeln verarbeitende Industrie, insbesondere Brennereien, mit cin?r Einschränkung ihrer Betriebe zu rechnen haben werden- * Das Ende der Reichsfleischkarte. Durch Verordnung vom 7. August ist die Reichsfleischkarte mit Wir kung vom 23. August aufgehoben und durch die Kundenusre ersetzt. Wahlweise ist auch die Gemeindefleischkarte, falls darauf von -em einen oder anderen Lande besonderer Wer: gelegt werden sollte, zugelaffen. Die Aufhebung geschieht, weil die Reichsfleischkarte deren Zweck, den Fleischverbrauch zu überwachen, im GasthaUsverkchr tatsächlich immer mehr verloren hat und für die Ueberwachurrg des Verbrauch» in den Elnzclhaushaltungen die Kundenliste in Leu Schlächte reien ausreicht. ' . s k? r« e-ELEt--r k-»< w HO L Der Steuerabzug. Skizze von Karlernft Knatz. Nachdruck verboten. Als wir, meine Frau und ich, in der Zeitung die er schütternde Kunde gelesen hatten, daß der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer von jetzt an, laut Beschluß einer weisen Re gierung und Volksvertretung, sich als Steuereintreiber vor- zusrellen habe, gerieien wir in eine tiefsinnige Erörterung. Erstens waren die .Bestimmungen", denen man sein« Pflichten entnehmen sollte, hübsch lang and wortreich, dafür abex auch für ein nur dem Hausgebrauch angepaßte» Gehirn nicht leicht verständlich. Es gab da Mücken un- Tücken in den Texten. Wenn man sich durch die ersten drei Sätze tchwetßtriesend hindurchgebahnt hatte, so stieß man auf einen Knäuel weiterer Haupt- und Nebensätze, die wie ein Kästchen spiel für Kinder ineinander gebaut waren und einem harm losen Gemüt in unmittelbarem Gegensatz zu den ersten «ätzen zu stehen schien?«. Meine Frau, die oft gute Einfälle hat — Las muß man sagen — riet mir, die Sache einmal von hinten zu lesen. Das würde die Angelegenheit vielleicht klären. Aber auch dadurch kam ich nicht zum Ziel. Mit Vergnügen las ich deshalb am nächsten Tage, daß die Fassung von gestern durchaus falsch und irreführend sei. Drei Tage später wurde -ie zweite Fassung, -ie mir übrigens nicht durchsichtiger erschienen war als die erste, in der Zeitung sehr verächtlich behandelt, und ein neuer, un gleich längerer un- verwirrter Text als die endgültige Form des Gesetzes hinzugefügt. Bedauerlich war mir, daß ein Jurist und Fachmarkn in derselben Nummer auf zwei lan gen Spalten nachwies, daß das erwähnte Verlangen de» Staates erstens ungesetzlich, zweitens blödsinnig und drittens undurchführbar sei. Man wird mir zugeben, daß die gekennzeichnete Be handlung in der Presse einem Bürger -en Genuß dieser finanztechnischen Maßnahme einigermaßen verkümmerte. Aber wie dem auch sei, nach eingehendem und sachlichem Meinungsaustausch zwischen meiner Krau und mir, bet der zwei Teegläser, mein Einglas un- ein „Leitfaden durch die Steuergesetzgebung" einigen Schaden erlitten, beschloß ich, mir kurzerhand von meinem Rechtsanwalt das Preisrätsel lösen zu lassen. ' Obgleich ich an und für sich Grund zu der An nahme zu haben glaubte, daß ich überhaupt kein „Arbeitgeber" sei. Der RechtSanwali faßte genial den Inhalt dreier Ver ordnungen und zweier Sachvcrstänbigenäußerungen in die knappe Mitteilung zusammen, ich müsse meinem Dienstmäd chen am nächsten Ersten 20 v. H. vom Lohn abzichen. Dazu wünsche er mir herzlich Heil und Sieg. „Das machst du!" erklärte meine Frau, ohne auch nur im geringsten mit den hübschen langen Wimpern ihrer Augen zu zucken. „Steuern sind deine Sache!" ' „Gott soll wissen, daß sie es sind. Ich beschäftige mich neuerdings kaum noch mit etwas anderem". Aber in die sem Fall glaubte ich doch, meine Zuständigkeit bestreiten zu können und so seufzte ich: „Aber Dienstmädchen sind deine Sache!" Ich brauche für Kenner einer jüngeren Ehe nicht hinzu zufügen, daß dieser Kampf mit einer Niederlage endete. Nun muß man unsere Katharina kennen. Sie hatte mit einer bei der Reise ihrer Jahre verblüffenden Tüch tigkeit und Gründlichkeit den Uebergang vom „Mädchen für Alles" zur „Hausangestellten" vollzogen. Man kann sagen, sie war Hausangestellte von ihrem sparsamen, aber rötlich behaartem Iungsrauenhaupt bis zu den sehr beträchtlichen Füßen. Seit der Aufhebung der Gesin-eordnung entfernte eine Höhe, eine Würde ihr gegenüber jegliche Vertraulichkeit. Zitternd begab ich mich in das Reich Katharinas. Ich hatte mir eine sehr fachmännische und wohlgesetzte Rede zurechtgelegt. Ich sprach wie ein Finanzminister vor vollem Hause. Ausgehend von dem vaterländischen Begriff der Staatsnottvendigkeiten warf ich einen Rückblick auf die letzte Entwicklung der Steuergesetzgebung, ging dann kühn auf -in Sonderfall über und fügte gewinneu-e Bemerkungen über die Härte der Zeit und die hoffentlich gegenseitige Annehm lichkeit unserer hauSgenössischen Beziehungen hinzu. Katharina hörte mich sichtlich unwirsch an und zer- schrübbte dabei einen hölzernen Schtnkenteller bis zur Un kenntlichkeit. Dann äußerte sie sich: „Nun hören Se schon auf mit ihrem Gequatsche un- sagen Se, wat loS is!" Ich stotterte einie.es vom Fiskus uzch höherer Gewalt. „Ich kann nichts dazu — ich muß Ihnen die 20 vom Hundert abziehen." Ihre Antwort, ich gestehe es, war allen meinen Dar legungen an unwiderlegbarer Deutlichkeit un!d Endgültigkeit weit überlegen. „Abziehen wollen Sie mir?!" — sie schleuderte den zerschrubbten Schinkenteller in hohem Bogen in den Abwasch — „m i r wollen Sie wat abziehen?? Denn zieh ich ooch ab, sage-ick Ihnen! Wenn Sc mir so kommen — denn vischt wie raus aus Ihrer Bude! Und wenn der Herr FiSkuK r^der wie er heißt, et wagt und mir persönlich kommt, denn kann er wät erleben!" Wir hhben Katharina nicht» abgezogen. Aber ich suche jetzt Sachverständige, die mir Jagen sollen, wem ich meiner seits di« 20 vom Hundert wieder abziehen kann.
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