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gekommen ist. das gefallene Geschlecht aus dem Wahne wie- der zur Wahrheit zu erheben. Auch die Ungläubigen müssen gestehen, daß Christus gekommen, daß er also gelebt, ge wirkt und gelehrt, daß sein Evangelium alle Hindernisse überwunden, daß seine Verheißungen sich alle erfüllt, daß Jerusalem zerstört, die Juden zerstreut. Petrus der Fels der Einheit geworden, daß die Kirche durch 18 Jahrhunderte nicht hat erschüttert werden können, daß Millionen und Millionen in ihr den Weg des Heiles gefunden, daß die Weisesten, Edelsten und Besten ihre treuesten Kinder ge wesen. daß Europa. Laß die Welt durch sie umgestaltet wor den ist. Wer nun diese Kette von Ereignissen, die alle auf ein Ziel hinführen, für bloßen Zufall halten, wer leugnen kann, daß in Christo der Erlöser erschienen ist, den wir nur immer erwarten, wünschen können, wer seine Erhebung erst von einer Erlösung erwartet, die noch kommen soll, wer, wie die neuen Mesiasse, sein Heil in der Erlösung von der Er lösung Christi, seine Weisheit in der Lossagung von der göttlichen Wahrheit, seine Aufklärung in dem Zurückkehren zu aller Unklarheit und Unsicherheit in des Lebens erhaben sten Gegenständen sucht — dessen Wissen ist nichts als die Unwissenheit des Hochmutes und des Schwindelgeistes, und eine Zeit, die solchem Geiste folgt, führt in das Verderben der Einzelnen und der Nationen und in die geistige Finster nis der Heiden zurück. Die feindlichen Krüder. Roman von Albert Breyer. Nachdruck verboten. 11. Ein Unglücksfall. Die Vertreibung der alten Edeltraut aus der Wald hütte durch Fritz Leonhardt bot dem Neffen Hans eine neue Ursache des Mißtrauens, das, einmal erweckt, sich nicht wieder einschläfern ließ, zumal da weitere Geschehnisse dem selben frische Nahrung zutrugen. Der Onkel Fritz hatte die Alte eine Kupplerin genannt urrd sie wegen ihrer eingestan denen Vermittelung in der Liebesangelegenheit von Hans und Gretchen überaus hart angefahren, und das alles, nach dem er kurz zuvor seinem Neffen bei reichlicher Bewirtung die Hand der Tochter fest zugesichert. Unter solchen Umständen hätte Hans ein Idiot sein müssen, um nicht zu merken, aus welchem Loche hier der Wind pfiff. Er hätte auch keinen Augenblick gezögert, die kaum angeknüpften Beziehungen zu dem Hause eines solchen falschen Onkels wieder abzubrechen, wäre nicht in seinem Herzen die Liebe stärker gewesen als das hier sich geltend machende Bedenken gegen einen Verkehr, hinter dem offen sichtlich Verrat und Heimtücke lauerten. Um nicht Gretchen den Qualen einer hoffnungslosen Liebe auszuliefern, wollte der gute Bursche allen Gefahren Trotz bieten, die ihn in der gegenwärtigen Lage umlauern mochten, vertrauend auf den Schutz des Himmels und die eigene Wachsamkeit ausharren auf seinem Posten so lange bis vielleicht eine höhere Macht den Lauf der Dinge in hoffnungsreichere Bahnen lenkte. Einige Tage waren vergangen. Georg Leonhardt und Hans, die beide lange Stunden im Sonnenbrand auf dem Felde gearbeitet, saßen beim fru galen Vesperimbiß, der aus Milch und Butterbrot bestand und ihnen trefflich mundete. Sie waren mit dein Kau geschäfte nahezu fertig, als Lotti, ins Zimmer stürzend, rief: ^„Ein Unglück, kommt helfen — schnell, schnell!" Vater und Sohn eilten, dem Mädchen auf dem Fuße folgend, ins Freie. Tabei erzählte jene, mit fliegendein Atem, was geschehen. Sie habe ein rerterloses Pferd über das Feld hinstürmen sehen und gleich darauf auch den Un glücklichen erblickt, den das wilde Tier aus dem Sattel ge worfen. ..Drüben liegt er — regungslos — ach, der arme Mensch ist gewiß schon tot!" schloß Lotti aufschluchzend ihren Bericht. Bald umstanden alle drei den Verunglückten, einen anscheinend noch jugendlichen und sehr elegant gekleideten Mann, der zwar mit geschlossenen Augen und regungslos dalag, indessen noch leicht und leise atmete, also noch nicht tot war. Auch war. wenigstens auf den ersten Blick, eine äußere Verletzung an ihm nicht wahrnehmbar; er mußte also von dem Sturze einen innerlichen Schaden davonge tragen haben. Man schaffte ihn ohne weitere Umstände ins Haus und direkt in Lottis zu ebener Erde gelegenes Stübchen, woselbst er auf das hier vorhandene Reservelager sanft gebettet wurde. Zu helfen war hier Menschenpflicht, und wo diese ihr Recht forderte, da war Georg Leonhardt stets bereit und am Platze, so auch jetzt. „Ob du nicht einspannst und nach einem Arzte in die Stadt fährst?" sagte er, zu Hans gewendet, der soeben etwas genauer nach den Lebensgeistern des Verunglückten ge forscht. Der junge Mann schüttelte das Haupt. „Wenn nicht alles trügt, so wird er bald aus der Betäubung erwachen und dann werden wir sehen, was zu tun am ratsamsten ist. Zunächst wollen wir mit einigen Hausmitteln Vorgehen, die zuweilen besser wirken als Apothekermedikamente. Lotti, hier hast du den Schlüssel zu meiner Tischlade oben, dort habe ich eine Schachtel mit Pfefferminzkügelchen, gehe hin- auf und hole sie. Ich lesorge mittlerweile eine Mischung von Rum und Wasser zum Einreiben, wenn wir alles zusam menhaben, dann rücken wir der Ohnmacht ganz energisch zu Leibe. Allons!" „Ja, macht's, Kinder," sagte der Alte. „Ta ich hier nun überflüssig bin. so will ich wieder aufs Feld, an die Arbeit." Er ging und auch das Geschwisterpaar verließ zugleich die Kammer. Ter Fremde, allein zurückgeblieben, schlug die Augen auf und blickte um sich; ein sarkastisches Lächeln umspielte seinen nur von einem zierlickren Schnurrbärtchen beschatte ten Mund. „Famos," murmelte er, „ganz famos! Wenn jetzt noch einer sagt, daß mein Schauspielertalent nicht weit her ist. dann nenne ich ihn ein Hornvieh und das größte zweibeinige Schaf, das unser Jahrhundert geboren werden ließ. O, Homo sapiens! Es geht doch nichts über so a bissel Ko- mödienspiel." Als Hans und. Lotte wieder erschienen, lag der Fremde noch regungslos nrit geschlossenen Augen da, ganz wie Vor bau. als sie ihn verließen. „Rätselhaft! Er atmet und ist doch noch ohne Bewußt sein," sagte Hans leise. Tann begann er mit dem Rumwasscr, das er mitge bracht, ihm Schläfe und Stirn einzureiben. „Ach, der arme Mensch!" seufzte Lotti. „Wenn er inu nicht sterben möchte!" Sie ließ sich aus die Knie nieder und stopfte dem „armen Menschen" eines der scharfduftenden Plätzchen nach dem anderen in den Mund. ..Viel hilft viel," dachte das gute Mädchen bei sich. Dabei bemerkte sic nicht, wie der Fremde sie unter den halbgeschlossenen Lidein anblinzelte. Plötzlich begannen seine Wangen sich zu löten: das liebliche, engelschöne Mäd chen hatte mit ihren srischknoipenden Reizen sein Blut in solch ungestüme Wallungen versetzt, daß sein ganzes Gesicht bald wie in Glut getaucht erschien. Ta war es denn an der Zeit, daß er ..aufwachte": er mußte die Ohnmachtsrolle aufgeben, wenn er nicht als Be trüger entlarvt werden wollte. Er begann sich zu rühren zu recken — Lotti schob ibm noch schnell ein paar Pfeffer-