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»> WM««8 tz ^ ^^ ^ ^ NntrrhMmss-KkilM erabend. .M r». Sonntag, den 26 Febrnar. 1N0T. Die schwarze Schar. Roman, nach dem Französischen von Ludwig Wechsler. 2«. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) XI. In derselben Reicht und fast zur selben Minute, da die drei Banditen an ibrein gewohnten Zusammcnkunstsorte anlangten, bielt ein Mietivagen vor einem Hanse der in der Borstadt 2a Billette gelegenen Allcmagne-Straße. Eine hockgewachsene Frau entstieg dein Wagen und nachdem sie einen Blick über die Rachbarbäuser batte schwei fen lassen, als wollte sie sich vergewissern, das; sie nicht fehl- gcbe, pochte sie an die kleine Tür eines schuppenartigen Häuschens, über welcher man die Worte las: B e r g a m i. Ofensetzer. Tie Tür wurde vorsichtig geöffnet. „Signor Bergami zu Hanse?" fragte die Unbekannte mit fremdartiger Aussprache. „Was wünschen Tie?" fragte eine weibliche Stimme zurück. „Ich komme von Eesareo Conti." Run wurde die Tür vollends geöffnet und die Unbe kannte tonnte eintreten. Sie befand sich nnnmebr in einem ziemlich engen Raum, in welchen gns;eiserne Seien, zerbrochene (lamme nmbeniandcn, Stücke von Ofenröhren ninberlagen und an den Wänden die verschiedenartigsten, mit Staub bedeckte Werkzeuge bingen, die man niemals zu gebrauchen schien. In der Rabe des (tamins. in welchem einige erlöschende »oblensiückchen glimmten, sas; ein Mann, der eine Pfeife rauchte und den (lovs dabei in die Hände gesucht batte. Er batte die Antwort der Unbekannten vernommen, sland setzt auf und musterte sie mit argwöbnischcr Miene. Ter Signor Bergami war ein kleiner, untersetzter Mann mit einem langen Bart, ergrauendem Haar, das ihm fast bis zu den Schultern reichte, und kleinen, tiefschwarzen und sehr beweglichen Augen, die unter den dichten, struppigen Braunen fast ganz verschwanden. „Sie kommen von Eesareo Conti?" fragte er langsam, mit stark italienischem Akzent. „Ja. er bat mir Ihre Adresse gegeben." „Und was wünschen Sic von mir?" „Tas werde ich Ihnen schon sagen," erwiderte die Un bekannte, „allein vor alle» Tingen müssen Sie wissen, daß Sie volles Bcrtrauen zu mir haben dürfen." „Ich bin ein rechtschaffener Mann und habe Nichts und Niemanden zu fürchten," erklärte der Italiener mit mißtrauischer Miene. „Eeiareo Eonti bat mir gesagt, das; Sie ihren Lands leuten die .(linder zu verschalten pflegen, die sic dazu ver wenden, um in den Straßen zu betteln, oder die sie in die Provinz bringen, um sie dort das Schornstcinfcgerband- werk erlernen zu lassen." „Ja. ich habe das zuweilen ans bloßer Gefälligkeit ge tan," sagte Bergami. „Tocb das ist schon lange her," fügte er hinzu. „Ich wiederhole Ihnen, daß Sie bei mir nichts zu bc fürchten haben. Hören Sie mich vorerst an, hernach sollen Sie mir sagen, ob Sie mit meinem Vorschlag einverstanden sind oder nicht." Und nach einer kurzen Pause fuhr die Unbekannte mit gedämpfter Stimme zu sprechen fort: „Eine reiche Familie, mit der ich bekannt bin, möchte sich eines etwa zehnjährigen (lindes entledigen, (iönntcn Sie nun der Framilie hierzu behilflich sein und das Kind weit von Paris entfernen, natürlich in Begleitung einer ver läßlichen Perlon, die cs ausS strengste überwackjcu und ver hindern würde, daß es die Sache fremden Leuten verrät?" „Nein, nein," erklärte die Frau hastig. „Wir sind rechtschaffene Menschen und befassen uns mit diesen Din gen nicht." „Waren Sie auch so rechtschaffen," fragte die Unbe kannte ironisch, „als Sie eine goldene Uhr, die Ihr Gatte in einem Hause, in dem er arbeitete, gestohlen batte, zu Ihrem Landsmann Eesareo Conti, den Hehler, brachten, damit er Ihnen Geld dafür gebe?" Tie beiden Italiener schienen ein wenig betroffen zu sein. „Bergami batte die Ubr auf der Straße gefunden und war nicht bemüßigt zu wissen, wem sie gehörte, erklärte die Fran, die ihre Zuversicht alsbald zurückgewaun. „Machen Sie nicht so viel Umschweife, sondern sagen Sie mir. ob Sie auf meinen Vorschlag eingehen oder nicht." „Tas hängt von den Umständen ab," erklärte der Mann, den tückischen Blick ans die Unbekannte heftend. „Bei solche» Tiugcu setzt man immer viel aufs Spiel." Tie Unbekannte wußte sehr gut, daß die Versicherun gen der Rechtschaffenheit und das Zaudern des sauberen Paares bloß den Zweck hatten, den von ihnen begehrten Tiensl sich recht teuer bezahlen zu lassen. Sie zog eine wohlgefüllte Börse aus der Tasche und sagte: „Wenn Sie einwilligen, so bekommen Sie tausend Franken." Tie Augen des Italieners leuchteten aus und er warf einen habgierigen Blick ans die Börse. Ja. er tauschte mit seiner Frau sogar einen schnellen Blick, der der Unbekannten nicht entging. „Sie müssen das Geld aber auch verdienen," sprach sie. mit einem zierlichen, aber ziemlich langen Dolch spie lend. den sic von ihrem Gürtel hcrabhängen hatte und der sichtbar geworden war, als sie ihren Mantel zurückgeschla- gcn hatte. Ter Mann und die Frau schienen sich zu beraten. End lich ergriff Bergami wieder das Wort, indem er mit einem heuchlerischen Lächeln sagte: „Wir wollen cs tun. um Ihnen einen Gefallen zu er weisen. Wann sollen wir das (Und bekommen?" „In einer Stunde bringe ich es hierher. Ich mache aber zur Bedingung, daß es morgen früh nicht mehr in Paris ist." „Selbstverständlich." „Tas (Und muß in entfernte Gegenden, an die ent- legendste (lüste von Frankreich gebracht werden, doch derart, daß ich zu jeder Stunde weiß, wo es sich befindet." „Sie sollen zufrieden sein. — Und das Geld?" fügt2 er hinzu, indem er die Hand ausstreckte. „Das Geld werde ich Ihnen gleichzeitig mit dem Kinde übergeben."