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Sächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse : 21.01.1920
- Erscheinungsdatum
- 1920-01-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480533490-192001218
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480533490-19200121
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480533490-19200121
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse
-
Jahr
1920
-
Monat
1920-01
- Tag 1920-01-21
-
Monat
1920-01
-
Jahr
1920
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«r. 16. Wette «. Chemnitz. Dte Gtretklettun« -er Eisenbahner 1« Chemnitz teilte gestern mittag mit: Bet -er beute. Mon tag, stattgefundenen Abstimmung über Streik oder Arbeit haben die im «»»stand befindlichen Etsenbahnarbetter in Chemnitz. Leipzig und Zwickau beschlossen, -en Streik ad- zubrechen und die Arbeit sofort wieder aufzunehEN. Zwickau. Beendeter Streik. Dte seit einigen Lagen ausständigen 2000 Arbeiter des hiesigen Werkstätten- bahnhoftS haben heute -te Arbeit wieder ausgenommen, nach dem eine gestern gbgehaltene von 4000 Eisenbahnern au» Zwickau und den Nachbarstädten besuchte Eisenbahnerver- sammlun« die Einstellung de» Streik» unter der Voraus setzung beschlossen hatte, daß -ie Montag mittag zusammen- tretende Lohnkommission die Verhandlungen über die Lohn sätze auf d<r Basis der neueingereichten Forderungen führt und mit einer Tariferhöhung von mindesten» 75 Prozent der Mchrforderungen »um Abschluß bringt, daß die Streiktage be zahlt werden und keine Maßregelungen stattftnden. Sollte eine Vereinbarung auf dieser Grundlage nicht zustande kom men, so behält sich da» Betriebs- und Werkstättenpersonal »eitere Schritte vor- Netzschkau. Ein guter Fang gelang kürzlich einem hiesigen Poltzeibeamten, der zwei schwere, wertvolle Ochsen beschlagnahmen konnte, di« von einem auswärtigen Fleischermetster im Schleichhandels»«« zu einem sehr hohen Preis erworben worden waren zum Zweck der Schwarz schlachtung. Damit der Transport dcr gutgenährten Tiere nicht auffallen sollte, wäre» sie vor einen Wagen gespannt, der Mit sechs Säcken Hafer beladen war. Auf -er Durch fahrt in Richtung nach Mylau zu erfolgte die Beschlagnahme. T>Lr Führer des Wagens ergriff die Flucht, wurde aber unter halb der Gasanstalt eingeholt. Plauen. Die zweit« Stadtverordneten- sttzung dieses Jahres, die auf Antrag der unabhängigen sozialdemokratischen Fraktion zu einer Aussprache über die gegenwärtigen Ernährungsverhältnifse etnberufen war- artete zu einer 8i4stündigen Redeschlacht au» mit dem Er- »cbniS, daß dem Antrag« auf Einberufung eines außer ordentlichen StädtetageS, der sich mit Ernährungsfragen zu befassen hätte, zugesttmmt wurde. Das von unabhängiger Sette geforderte Mißtrauensvotum gegen dte Regierung wurde abgelehnt. Bezirkstag Dresden-Neustadt. Ein öffentlicher Bezirkstag der AmtShauptmannschaft DreSden-Neustadt wurde gestern nachmittag im Verband- lungssaal der AmtShauptmannschaft abgehalten. Nack der Eröffnung begrüßte der Vorsitzende, Herr Lagerhalter Kamp (Boxdorf) außer den erschienenen Mitgliedern der Bezirks- Versammlung nych den an der Sitzung teilnehmenden Kreis- Hauptmann Krug v. Nidda und v. Falkenstein, um sodann mit einigen Worten dankbaren Erinnerns des so früh un unerwartet verschiedenen AmtShauptmannS Grafen Castell- Castell zu gedenken und der außerordentlich verdienstvollen Tätigkeit des Verstorbenen im Interesse HO Bezirks. Die Anwesenden erhoben sich zu seiner Ehrung von den Plätzen. Vor Eintritt in dte Tagesordnung stellte Herr Hahn (Laube- gast) den Antrag für di« durch das Hochwasser geschädigten Einwohner des Bezirkes die denGameinden entstehendenLasten auf die Bezirkskasse zu übernehmen und besonders wegen schleuniger und besserer Belieferung von Kohlen für die Betroffenen bei der Reichskohlenstell« vorstellig zu werden. Der Antrag fand Unterstützung und wurde dem Bezirksaus schuß überwiesen. ES erfolgte hierauf nach längerer Aus- spräche die Genehmigung der Geschäftsordnung für die Be- ztrksvcrsammlung mit einigen unwesentlichen Aenderungen, desgleichen sprach man sich auch für dte Beteiligung des Be- ztrksvcrbandeS bei der Errichtung einer Kraftwagen-Gesell schaft in Höhe von 15 000 Mark aus. Als man im weiteren Verlauf die JahreSrechnungen über die Bezirksvermögcns- verwaltung auf daS Jahr 1S18 und über die König Albert- Jubiläumsstiftung auf 1618 richtig gesprochen hatte, wurde die Genehmigung des Haushaltplanes auf das erste Viertel- fahr 1620 für a) Bezirksanstalt Leuben, b) Pflegebczirk DreS-en-Neustadt-Land und c) Bezirksvermögcnsverwaltung erteilt. Man lehnte jedoch mit 22 gegen 15 Stimmen einen Beitrag aus Bezirksmttteln für die « eistliche Versorg ung der Beztrksanstaltstnsassen ab, um an diese Stelle einen Betrag von 1000 M. zu Unterhaltung»- und Erholungszwecken zu 'ctzen. Weiter fanden Genehmigung außer der Annahme eines Antrages, der -ie Landesregierung ersucht, die Be dürfnisse deS Bezirks vorweg aus -en Anteilen der Gemein den an der Reichsabgabe zu zahlen uns summarisch an die AmtShauptmannschaft abzuliefern, noch der außerordentliche Haushaltplan für das erste Vierteljahr 1620. Ebenso über nahm man dte Mehrkosten -er Unterbringung von erholungS- «Ichßfche DsrfzeUnrt, «»- Elbga«presie. bedürftigen Kindern tu -er Schweiz im Jahre 1019 auf die Bezirtstasse. Die Wahr des Stellvertreters des Direktors der Beztrksanstalt aus die Jahre 1920 bis 1922 ergab Buchhändler Ettling (Lcuben). Dem Ersuchen -ex Stadtqemeind« Dresden um Gewährung eines außerordentlichen Beitrages aus Bezirksmttteln zur Deckung des Fehlbetrages der Ktn- derhetlstätte für Neu- und Antvnstadt (Maria-Anna-Kinder- Hospital 1919) wurde stattgegetnn und 3500 M. ausgeworsen. Die Uebernahme von 50 Prozent der den Gemeinden durch besondere Beihilfen für Erwerbslose entstehenden Aufwen dungen auf dte Bezirkskasse wird unter der Voraussetzung genehmigt, daß die Dresdner Grundsätze nicht überschritten würden. Ein vorliegender Einspruch gegen die Aufhebung der Zentralwursterei soll als Beschwerde an das Ministerium wettergegeben werden, während man zu dem Aufwand deS Arbeiter- und Soldatenrates Groß-Dresden vor dem 1. April 191» der Stadt Dresden einen Beitrag von 5000 Ndark be- willigte. Nach ähnlichen Grundsätzen wie die Stadt Dresden genehmigte man schließlich noch die Erhöhung der Krieger- Familtenunterstützungen uns die Grun-crwerbSsteuerord- nung für den Bezirksverband. Kleine Chronik. Aus dem Reiche. * Sera. G a st w i r t e u n d B r a u e r. Wegen der Erhöhung der vterpretsc hatten die niesige» Gastwirts be schlossen, Bier von den Brauereien nicht mehr zu veJeoeu. Da nun aber die Brauereien den Gastwirten soweit wie mög lich entgegen kommen wollen, haben die Wirte, um das Bnur- ereipersonal nicht brotlos zu machen, beschlossen, wieder V^r zu beziehen. * Berlin. Eine Vollversammlung der Ver einigung o roß städtischer Z e i t usn g s oe r l e g er verlangte in einer Entschließung, daß Zeituugoverbote auf Grund des Ausnahmezustandes niemals ohne Begründung und Befristung erfolgen dürfen. Ferner werden von Regie rung und Parlament Garantien gefordert, die Presse und das Zettungsgewerbe vor einem Zustande völliger Rechtslv- sigkett schützen. * Berlin. Kellner streik? Die zwischen Gast wirten und Kellnern schwebenden Tarifverhandlungen stan den bereits vor einem günstigen Abschluß. In allen wich tigen Fragen war eine Verständigung erzielt. Obwohl nun den Arbeitnehmern erhebliche Zugeständnisse gemacht waren, haben jetzt die Gehilfen neu« Forderungen ausgestellt, die sv weil gehen, daß sie den Arbeitgebern nicht erfüllbar erschei nen. Es ist daher mit einem baldigen Kcllnerstreik zu rech nen. Hotelkellnex kommen nicht in Betracht, da sie mit ih ren Arbeitgebern ein besonderes Abkommen getroffen haben. Am Montag findet eine Versammlung der Arbeitgeberaus- schüsie statt, in der endgültige Beschlüsse gefaßt werden sol len. — Das rätselhafte Verschwinden eines recht wertvollen Halsschmucks beschäftigt seit gestern die Berliner Kriminalpolizei. Aus der Wohnung einer Frau Konsul v. K. ist auf bisher unerklärliche Weise eine sehr wertvolle Perlenhalokette verschwunden, dte aus 130 erbsengroßen, reinen Perlen besteht. Das kostbare Schmuckstück hatte die Dame vormittags in eine unverschlossene Schublade ihres Schlafzimmers gelegt. Abends wax cs daraus spurlos ver schwunden. Andere offen auf dem Tisch stehende, ebenfalls sehr wertvolle Schmucksachen hatte der Dieb unberührt gelas sen. Die Wohnung liegt im hohen Erdgeschoß eines vor nehmen Hauses am Lietzensee in Eharlvttenburg. * Naumburg. Sozialisierung -es Haus besitzes. Eine große Protcstversammlung des hiesigen Hausbesitzexvereins nahm einstimmig eine Entschließung gegen di« Sozialisierung des Hausbesitzes und gegen die hier mit 20 Prozent Zuschlag zum Friedenspreise bemessene Höch/- mtete an. Ferner wurden« Anträge an die städtischen Kör perschaften gerichtet, die Straßenreinigung auf die Ltadt>zu übernehmen und die Wasserkosten, die schon wieder beträchtlich erhöht werden sollen, nicht nur von den Vermietern, sondern auch von den Mietern zu erheben. * Kassel. Scheide mannsEinsührung. Ge stern hat die Einführung des ehemaligen Ministerpräsidenten Schetdemann in sein Amt stattgesunden, der im Dezember zum Oberbürgermeister gewählt worden war. * Freiburg i. Br. De, orkanartige Föhn sturm, der in den vergangenen Wochen über den Schwarz wald htnwegtobte, hat einen Schaden von mehreren Millionen allein an den Wäldern angerichtet. * Beuthen. Infolge einer plötzlichen Störung im Elektrtzitätskraftwerk Ezorzow herrscht in ganz Oberschlesicn Dunkelheit. Wie lange die Störung an halten wird, läßt sich zur Zeit noch nicht übersehen. * Danzig. Luftverkehr Danzig —War schau—Krakau. Der von einigen polnischen Kapita listen fertiggestellte Plan für einen Luftverkehr Danzig- Mittwoch, den 21. Januar 1920. Warschau—Krakau, der zunächst nur diese Städte, später aber auch größere Zwtschenorte berühren i"", ist durch -en Mt. nister fiir Post und Telegraph an den polnischen Eisenbahn» Minister weitergereicht worden. Geplant ist eine Aktlenge- sellschast unter Beteiligung der polnischen 3i«gterung und d«r englischen Flugzeuggescllschast Händler) Page mit je 5^ M i» lionen Mark, so daß sich das Gesamtkapital auf 16i/> Mil lionen» Mart belaufen wird. Die Entfernung Danzig» von Warschau (290 Kilometer ) würde in 2i/§ Stunden, von War» ichau bis Krakau (200 Kilometer) in 2^4 Stunden durchflogen werden. Ans dem Ausland. * Kopenhagen. Gesunken. Der amerika nische Dampscx „Macona", der letzten Freitag von Kopen hagen nach Nedyork abgegangen war, scheiterte in dem schwe ren Sturm der vorletzten Nacht im Kattegat ungefähr eine Meile von der schwedischen Westküste und sank. Von der 50 Mann starken Besatzung wurden nur der Begleitmann gerettet. Die übrige« 49 Munn sind ertrunken. * Halifax. S ch i s f s u n g l ü ck. Eine am 18. Januar vormittags aufgenommeue drahtlose Meldung veiagt, daß auf dem Transportdampser,, „Powhatan" aus 51 Grad nördlicher Brett« und 20 Grad westlicher Länge eine Feuerö brunst ausgebrochen ist. Das eingedrungene Wasser steigt und hat die Pumpen überschwemmt und unbrauchbar ge macht. Das Schiff bittet um Hilfe. Die „Cedrta" meldet, daß sie in» früher Abendstunde an Ort und Stelle ctnzutrcsscn hoffe. An Bord der „Pvwhatau" bestnden sich 500 Perso nen. Ein drahtloses. Telegramm der „Cedria" besagt, si« werde die Passagiere an Bord nehmen, falls da» Wetter cs erlaubt. Aus dem Gerichtssaal. * Leipzig. In dem Prozeß gegen den Wenden führer Barth wurde« gestern dte r^weisausnahme und die Plaidvyers gegen 5 Uhr nachmittagsHUendet. Da- Urteil wird am Mittwoch mittag verkündet. * Leipzig. Betrügereien beim Bezüge von Arbeitslosen-, Kriegs- und anderen Unterstützungen au , öffentlichen Mitteln werden von den Gerichten mir ganz empfindlich.« Strafen g-ahndet; denn gerade heutzutage her. schen in weiteren» Kreisen recht laxe Ansicht«« über solch« Schwindeleien. Sv wurde jetzt eine Arbeirersfrau, die st«) mehrere Monate lung di« Arbeitslosenunterstützung ihre» Ehemannes, trotzdem er von hier verzogen war und alio keinen Anspruch mehr hatte, weiter auszahlen ließ, trotz ihrer bisherigen Unbescholtenheit zu einer Gefängnisstrafe von vier Monaten und ihr Bruder, der die Umerstützungsgeldcr al gehoben und mit dem Namen des Ehemannes quittier» hatte, zu drei Monate« Gefängnis verurteilt. * Berlin. Der Kaiserfilm Prozeß. o» den, Prozeß, den der ehemalige Kaiser gegen den Autor und Hauptdarsteller d«s Kaisersilms, Ferdinand Bonn, ange strengt hat, ist, wie das „Berliner Tageblatt" berichtet, der 14. Februar als Verhandlungstermin ange,etzt worden. Der Berliner Rechtsanwalt Dr. Alsberg, wird den ehemaligen Kaiser vertreten. Vermischtes. . E ch t a n g e l s ü ch s i s ch. Einen merkwürdigen Beschluß haben die Mitglieder -cs „Vereins der schottischen Veteranen -es Weltkrieges" in Neuyork gefaßt, indem sie sich nämlich an die amerikanisch« Regierung mit der Forderung gewandt haben, Shakespeares „Macbeth" aus dem Lehrplan der ameri kanischen Schulen vollständig zu entfernen. Diese Tragödie soll weder in den Literaturstundeu erwähnt noch etwa gar gelesen werden Die patroitischen Schotten berufen sich für dies« Aechtung eines dichterischen Meisterwerkes auf den Vor gang der jüdischen Gemeinde von Neu-Jersey, dte bet den Unterrichtsbehörden den Antrag gestellt hat, den Kaufmann von Venedig" aus den Schulen zu verbannen, weil der Cha rakter des Shylock eine Beleidigung des jüdischen Volkes darstelle. Die in Amerika lebenden Schotten glanben nun, daß ihnen recht sei, was den jüdischen Schotten billig ist. Sie verlangen, daß „in Anbetracht des Beschlusses der Behörden zugunsten der Juden dasselbe Vorrecht auch für Schottland anerkannt wird. Sie betonen, „daß der ruhmreiche Plan der Macbeths und das ganze schottische Volk durch die falsche Dar stellung Shakespeares verleugnet wird, der Macbeth in seinem Drama als Mörder und Verräter vvrführt. Wir sind der Ansicht, daß, wenn der jüdische Kastan von dem amerikanischen Unterrichtsministerium gereinigt wird, auch der Flecken, der das schottische Röckchen beschmutzt, zu entfernen ist." — Wie kommt, bemerkt die „Dtsche. Tagesztg." hierzu, Shakespeare nur zu diesem Volke? Er, der vom „B. T." allmorgens und allabends vernichtet würde, wen« er heute seinen Shylock zu schreiben wagte, wird in absehbarer Zeit auch aus der eng lischen Nation feierlich ausgestvßcn werden. Rittergut Wroynowo. Ostmärkischer Roman von Guido Kreutzer. IW (Nachdruck verboten^ Der andere lehnte diesen Wortschwall ab. „Ich hatte nie Gelegenheit und Veranlassung, mit »einem Vater derartige Fragen zu besprechen." Eigentlich hätte daS den Herrn Gorczewsky etwa» ver letzen müssen. Aber nicht im mindesten. Sein etwas farb loses Gesicht behielt unentwegt den Ausdruck zuvorkommen- der Verbindlichkeit fest. „Ich vermute eS, Herr Assessor. Aber dte Bestätigung dieser meiner Vermutung macht mich keineswegs unsicher. Ich hege vielmehr dte feste Überzeugung — wie ich die Gunst Ihre» verstorbenen Herrn Vaters besaß, fo wird eS Mir gelingen, auch Ihr gütige» Wohlwollen zu erringen. Um so mehr, al» gerade in unserem Falle ein festes Zu sammenarbeiten zwischen Gutsherrn und Beamten dte Grundbedingung de» Erfolge» sein wird." Da» hieß da»? Hansjürgen von Schilk horchte hoch auf. Dieser Pole hatte eine so merkwürdige Art, seinen schwungvollen Phrasenschwall immer mit einem Satz abzu schließen, der den Partner zwang, eine neue Frage zu tun und da» Gespräch in Bahnen zu lenken, die vielleicht ganz adsett» seiner vorher gehegten Absichten lagen. „Ein derartige» Zusammenarbeiten, eine derartige Harmonie,'sollte ich meinen, dürfte doch wohl nur eine selbstverständliche Erscheinung sein." Jetzt lächelte der Herr GorczewSkn etwa». Ganz fein; ganz diskret. Und -er Ton seiner Worte womöglich noch verbindlicher. „Eine gewisse sehr ideale Auffassung be» landwtrtschaft- lichen Berufe», Herr Assessor, die sich aber leider mit den Tatsachen nur festen deckt. Eine bedingungslose Harmonie zwischen Gutsherrn und Beamten — welch' eine Selten heit! Bettachtet sich nicht meist der Beamte nur als besserer bezahlter Aufseher, der fast nie daran denkt, die Interessen seine» Ehest auch mit zu den setnigen zu machen? Und hegt aubeversett» der Gutsherr nicht prinzipiell ein gewisse» Mißtrauen gegen jeden Beamten, den er sich neu verpflichtet und dem er einen Teil der Gutsgeschäfte notgedrungen in die Hand geben muß? Ich gestehe unumwunden zu, daß traurige Erfahrungen, Veruntreuung der Beamten, Vernach lässigung in öer Bestellung des Ackers und ähnliche Vor kommnisse einem derartigen Mißtrauen nur zu oft Nähr boden geben. Aber gerade deshalb sollte man die seltenen* Fälle von bedingungsloser Harmonie zwischen Gutsherrn und Beamten auch entsprechend würdigen." Da hellte in dem Gesicht Hansjürgen von Schilk ein warmer Schimmer auf. Und zum erstenmal während dieser Unterredung — zum erstenmal während der letzten vierund zwanzig Stunden — bekam der Klang seiner Stimme einen lebhafteren, herzlicheren Unterton. .Wie mich Ihre Worte doch an meine glücklichste Jugendzeit erinnern, Herr Gorczewsky. Meine ersten Reit versuche, meine ersten Pürschgänge in unserer Gutsforst, mein ganzes bißchen landwirtschaftliche Kenntnisse, die ich inzwischen leider auch schon wieder vergessen habe — das alles verdanke ich doch unserem alten Administrator Elias Krottmann. Ich glaube, der kam schon zu Lebzeiten meines Großvaters nach Wroynowo. Und ich entsinne mich eigent lich aus meinen ganzen Jugendjahren nicht eines einzigen Falles von Differenz, die er mit meinem Vater gehabt hätte. Es war ja auch allgemein hier im Umkreise ein großes Rühmen über seine Fähigkeiten . . . Übrigens, Herr Gorczewsky, ich hatte keine Ahnung, baß der alte Krott mann nicht mehr auf Wroynowo sei. Ist er also doch wirk lich, wie man so sagt, in den Sielen gestorben, was er sich immer wünschte. Denn ich entsinne mich jetzt genau: — einmal an einem Vorsammerabend, al» wir beide — er und ich — von einer vergeblichen Pürsche auf 1>en Maibock zurückkehrten und langsam durch den Wald bummelten . . . da ereignete sich einer der seltenen Fälle, daß er von sich selbst erzählte. Von seinem Leben, das wirklich Mühe und Arbeit gewesen: von den kleinen bescheidenen Freuden seines Dasein-: und schließlich von seiner stillen Bitte an dos Schicksal, daß ihn der Tod einmal sanft und schmerzlos mitten in der Arbest überraschen möge . . ., weißt ja, Hans- türgen" — sinnierte « —, .Ich hab' mir da» natürlich schon manchmal ausgemalt, wenn's mal bei mir zum Hallalt bläst. Und da denk' ich mir das etwa so: — ein recht windiger VorfrühlingRag; dte Knechte pflügen einen große« Schlag um: die Drillmaschine klappert: ich reit' langsam über das Feld und rauche meine Pfeife und freu' mich, baß der Himmel schon nicht mehr so bleichsüchtig blaßblau auS- sieht wie noch vor acht Tagen. Und mit einemmal wird mir so'n bißchen komisch im Kopf, und da kann ich auch schon die Drillmaschine nicht mehr so richtig arbeiten sehen, und dann geht mir durch's Herz so ein ganz leiser, feiner Stich, den ich kaum spüre. Und ehe ich noch denken kann: — .Nanu, Elias, sollte dir die halbe Pulle Rotwein gestern abend nicht gut bekommen sein?" ... ehe ich das noch so richtig zu Ende denk' — kippe ich schon aus dem Bügel und rutsch' so an dem Gaul entlang, der unwillkürlich stehen bleibt: und merk' gar nichts von dem Sturz: und di; Kerls ihren Pflug und ihre Drillmaschine tm Stich lassen und kommen zu mir gelaufen ... — da bin ich schon tot!" „Das hat er damals zu mir gesagt. Ich lachte ein wenig verlegen über den wunderlichen Alten und dachte mir nichts bet seinen Worten und hatte sie eigentlich längst ver gessen. Bis sie mir jetzt wieder einfallen — jetzt, wo ich den alten Elia» Krottmann nicht mehr auf Wroynowo an treffe. Komisches Gefühl eigentlich!" Er schwieg. Er starrte vor sich hin; im Gesicht immer noch den Hellen Schimmer, der seine kantigen scharfen Züge ganz seltsam weich übersonnte. Und dann sagte Herr Nalecz Gorczewsky mitten in diese nachdenkliche Stille hinein — und auch er dämpfte unwill kürlich etwas die Stimme: — , .Der Herr Krottmann lebt aber noch, Herr Assessor.' Hansjürgen von Schilk schien tm ersten Moment den Sinn nicht begriffen zu haben. Langsam nur hob « den Kopf. Seine Augen waren groß und verständnislos. .Elias Krottmann lebt, Herr Gorczewsky? Aber ich habe ihn doch noch nicht gesehen? ES ist doch überhaupt gar nicht möglich, daß er noch auf WrouuamL tstr Hann sonst hätte er mich doch längst begrüßt?* GortlM«
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