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Zuschriften in redaktionell«« Angelegevbeilen find nicht an den Redakteur persönlich, sondern ausschließlich au die Redaktion -u adressieren. -titt-k -rrißiiffc. Tie Mitteilung in der Äaiscrrede von der cventl. Einführung der Junggesellen-Steuer soll lediglich die Be deutung eines scherzhaften Ausdrucks besitzen. Die philosophische Fakultät der Berliner Univer sität verhält sich der Berufung Bernhards gegenüber ab lehnend. Der preußische Landtag wurde vom Fürsten Bülow mit der Verlesung einer Allerhöchsten Botschaft eröffnet. Staatssekretär Dernburg ist in Kimberley einge troffen. Aus Deutsch-Südwcstafrika werden die ersten Dia mantenfunde gemeldet. > Kaiser Franz Josef ist zu seinem Sommeraufent halt nach Ischl abgereist. Mulcy Hafid schildert den in Berlin weilenden ma rokkanischen Gesandten seinen Triumphzug durch Marokko und ersucht sie, die Unterstützung Deutschlands für seine Pläne nachzusuchen. - - Der deutsche Gesandte in Teheran schloß sich den energischen Vorstellungen des russischen und englischen Ge sandten beim Schah an. Eine von dem persischen Botschafter bei der Pforte nachgesuchte Audienz ist von dem Sultan abgelehnt wor den; der Botschafter droht mit der Abreise. Der Schah von Persien befindet sich angeblich im Be sitz der Macht über Teheran; doch erscheint seine Stellung nicht gesichert. Japan soll — angeblich — 27 Kriegsschiffe. 3 Dreadnoughts und 125 Batterien in Auftrag gegeben haben! -kkliser -rief. Bon A. Silviu -. lNachdruck verboten.) Saison im Justizpalast. — Die Tragödie im Forsthaus. — Der Freispruch und die Nebendinge. — Zwei Harb» Steine. — Ins Grab gespuckt. — Die Tragödie Eulenburg. — Etwas für Philippi. — Der Feuerwächter. — Die Nacht- und Tag-Fahrerin. — Pferdeschutz. — Was fürs Grab. Es hat in Berlin auch in der Woche des Sommerbe- ginns nicht an Sensation gefehlt. Dafür sorgt seit einiger Zeit der Moabiter Justizpalast. Der Moabiter Justizpa last ist eben der Berliner, weil er aber im Moabiter Stadt teil liegt, sagt kein Mensch Berliner Justizpalast. Dort kämpft der jugendliche Graf Arx zu Versagg, ein Opfer der vielgenannten Frau Oberförster Lewandowsky, um seine Freisprechung von Betrug und Hochstapelei und die Frau Oberförsterin an seiner Seite kämpft mit Finten, mit Rücken und Tücken gegen ihn, während vor den Geschwore nen ein Försterssohn zu gleicher Zeit mit Erfolg um seine Freisprechung gekämpft hat. Der Prozeß Willi Schwar zenstein! Drei Tage währte er; er führte uns hinaus in die winterliche Landschaft bei Berlin. In einer kalten Winternacht ist der Rahnsdorfer Förster in der Nähe des Müggelsees aus dem Hinterhalt niedergeknallt worden, und sein erst 21 Jahre alter Sohn Willi ward angeklagt, den Vatermord begangen zu haben. Der Sohn wurde frei gesprochen. Dem geübten Auge und Ohr ist die Stimmung im großen Schwurgerichtssaal für den Angeklagten von Anbeginn an nicht entgangen. Ich rechnete mit dem Frei spruch und lenkte deshalb meine Aufmerksamkeit den Ne bendingen zu. Jeder große Prozeß gebiert solche Neben dinge. Hier waren sie interessanter als das Hauptmotiv. Eine Förster-Ehe! Sonst in Romanen und auf der Bühne eine Idylle: hier ein tragischer Moment. Der eine sagte:" es seien zwei harte Steine gewesen, der Förster und die Försterin. Der andere sagt: die Försterin habe in das Grab des Försters gespuckt. Man ist über diese Familien- Charakteristiken hinweggegangen, mir aber waren sie hoch bedeutsam für die Tatsache, daß das Feuer der Vernichtung jahrelang, von der Öffentlichkeit unbemerkt, unter einer Mschkischii. Ein ganzes Bündel von „Tagesfragen" liegt uns beim Sommer-Anfang vor; gegen Deutschland ist wieder mal ein bischen „g eputsch t". Nun, das sind wir nach gerade gewöhnt, und es ist auch die Antwort nicht ausge blieben, wie sie sich gehörte. Die englisch-russische Abma chung über Macedonien, die in Reval jüngst erfolgte, trifft ja uns, bisher wenigstens, nicht direkt, wohl aber unseren Verbündeten Oesterreich-Ungarn, denn es ist doch eine Antwort auf die orientalischen Eisenbahnbaupläne der habsburgischen Monarchie; zu gleicher Zeit werden neue Versuche angekündigt, Italien noch ein Stück weiter vom Dreibund ab- und zu Frankreich und England hinüberzu ziehen. In Marokko ist zu der Stellung des siegreichen Gegen-Sultans Muley Hafid das letzte Wort zu sprechen, bei dem Frankreich einen großen Fischzug trotz aller sei ner Uneigennützigkeits-Beteuerungen machen möchte, und in Persien, bezüglich dessen Rußland und England be kanntlich ebenfalls einenVertrag abgeschlossen haben, droht ein Bürgerkrieg. So stehen die Dinge, und wer weiß, was in ein paar Wochen schon wieder neu hinzugekommen ist. Auch in der inneren deutschen Politik herrscht keine wirkliche Ferienstille. Ter Kaiser verweilt an der Waterkante, um den dortigen sportlichen Veranstal tungen beizuwohnen, aber der Reichskanzler hat im heißen Berlin vor der Hand noch zu tun. Es fehlt zur Zeit nicht an Blumen im weiten Revier, aber der Strauß der neuen Steuergesetze für die Reichs-Finanz-Resorm ist nicht so leicht gewunden. Diese brennende Angelegenheit beschäf tigte auch die zur Zeit noch versammelten Einzel-Landtage, und namentlich in München ist sehr freimütig darüber ge sprochen. Da diesmal ganze Arbeit gemacht werden soll und muß, um nicht immer wieder Verdrießlichkeiten hcr- vorzurufen, ist das auch am besten. Selbsttäuschung und ein Hinter-dem-Berge-halten haben keinen Zweck. Das allerletzte Wort über die dem Reichstage vorzulegenden Decke glimmt. Jetzt schlugen die Flammen hoch, die För ster-Idylle bei Rahnsdorf wandelte sich mit einem Schlage in eine Tragödie, bei deren erzwungenen Veröffentlichung zutage tritt, daß alles nur Täuschung gewesen ist. Und so wird mit Beginn der Woche wieder ein Lug- und Trug- Schauspiel vor dem Richter beginnen. Ein Fürst, des Meineides angeklagt, tritt vor die Schranken, der stolze Name Eulenburg auf der Anklagebank. Das Schauspiel Harden im vierten Akt! Die Steigerung der in der gan zen Welt bekannten Affäre war enorm. Der erste Akt vor Gericht in Berlin hieß „Moltke", der zweite Akt in Mün chen: „Harden als Kläger", der dritte Akt in Leipzig: „Der revidierten Moltke", und nun kommt der vierte Akt: „Eu lenburg", der wieder in Berlin spielt. Der ungeheuer dra matische Stoff schreit nach Felix Philippi. Philippi ist der deutsche Aktualitätsdichter. Zweimal hat er „Die Zeitge schichte bei der Stirnlocke gepackt"; „Die Wohltäter der Menschheit" brachten die Kaiser-Friedrich-Krankheit, „Tas Erbe", den Sturz Bismarcks! Einen weniger Anspruchs vollen als Felix Philippi könnte auch die Berliner Brand stiftungsperiode reizen, die so viel von sich reden gemacht hat und jetzt gottlob im Abflauen ist. Man brauchte gar nicht willkürlich zu konstruieren, um den nötigen dramati schen Effekt hcrauszubekommen, denn die endliche Verhaf tung eines Berliner Brandstifters ergibt einen effektvollen Bühnenknaller. Ein Wächter, ein von einer halboffiziösen Behörde eingesetzter Wächter, der des Nachts ein scharfes Auge haben soll auf alle, die sich an Gut und Habe der Bürger vergehen, legt selbst Feuer an, um die Meldeprä mien einzukassieren. Er ist ein Lebemann im Kleinen; der Frau gibt er sein Gehalt und die Geliebte susteniert er durch das Geld, welches er als flinker Feuermelder ergat tert. Keine ahnte, daß alle die von ihm gemeldeten Feuer von ihm selbst angelegt worden sind. Nun, ihr Vorstadt- Dramatiker, nehmt die Feder und schreibt ein Brandstif terdrama! Ihr könnt auch noch einen kolossal berlinischen Zug hineinbringen, wenn ihr das Modernste verwendet, die beiden Taxameterführerinnen, welche jetzt ihre Rötzlein durch die Straßen Berlins lenken. Zwei Schwestern sind es, Töchter eines verstorbenen Fuhrherrn, der sein Fuhr- gewerbe in Ehren ausgeübt und als Ritter vom Kutscher Steuergesetze ist noch nicht gesprochen, aber so viel ist klar, daß es ohne Erweiterung der Erbschaftssteuer, Spiritus- Monopol und Zigarren-Banderolsteuer nicht abgehen wird, das heißt, das soll in Vorschlag gebracht werden, wohin gegen die Idee einer Reichs-Einkommensteuer bei den ver bündeten Regierungen keine Zustimmung gefunden hat. Zusammengetreten ist der neugewählte preußische Land tag, der gleich noch einige kleinere Gesetze erledigen soll. Das kann in ein paar Tagen der Fall sein, wenn nicht etwa die zum ersten Male in die preußische Volksvertre tung gewählten Sozialdemokraten die Gelegenheit wahr nehmen, ihrem Herzen Luft zu machen. Es sind im Gan zen sieben Sozialisten gewählt, da sie bei der Stichwahl im 12. Berliner Wahlkreise obsiegten. Von den Wahlmän nern der bürgerlichen Parteien war schon eine Anzahl in die Sommerfrische gereist, und so blieb den Radikalen, die bis auf den letzten Mann auf dem Posten waren, der Sieg. Nötig wäre das nun gerade nicht gewesen. Schlechter Laune ist der französische Ministerpräsi dent Clemenceau trotz aller seiner Erfolge im In nern, wie nach Außen. Er erkennt, daß die Zahl derjeni gen Abgeordneten, die in ihm mehr einen Handlanger der britischen Politik, wie einen wirklich leitenden Staats mann sehen, im Wachsen ist. Und auch die in Marokko immer wieder auftauchenden Schwierigkeiten werden sei nem Mangel an besonnener Voraussicht zugeschoben. Wäre ein anderer Kandidat für den französischen Premiermini sterposten da, der Herrn Clemenceau die Stange zu halten vermöchte, es wäre wohl nächstens mit seiner Herrlichkeit vorbei. So bleibt er der Gefürchtete, wenn auch Unge liebte! In den Juli fällt die Reise des Präsidenten Fal- lieres nach Rußland; es fehlt aber schon nicht an Stim men, die meinen, der König von England habe bei seinem neulichen Besuch in Reval das Fett abqeschöpst. Und Ruß land kann ja schließlich wirklich lange nicht Alles leisten, was der Chauvinismus von ihm erwartet. Neulich ist der frühere französische.Minister des Auswärtigen, Del- bock in Ehren gestorben ist. Die Schwierigkeit, einen loh nenden Frauenberuf zu ergreifen, haben die beiden Hin terbliebenen Fuhrherrntöchter gelöst, sie schwangen sich selbst auf den Kutschbock, nahmen die Peitsch« in die Hand und trieben ihre Rößlein an. Und jedes Schwesterlein hat ein Dröschklein, und jede hat ein Rößlein. Die eine fährt am Tage, die andere fährt des Nachts. Ist die Tagestaxa- meterin unterwegs, schläft die Nachttaxameterin und um gekehrt. Schmuck sehen sie aus, die beiden Schwestern in ihrer hübschen Kutscherjacke mit der netten Mütze auf dem blonden Kopf. Ich kenne einen in Ehren ergrauten Lebe mann, dem die Tatsache, daß das Frauenleben der Fried richstadt zwei neue originelle Erscheinungen darbietet, neuen Lebensmut verliehen hat. Jetzt hat das Taxafahren für ihn wieder Wert; es war schon recht langweilig gewor den. Von diesen beiden Taxameterinnen zu einer Ausstel lung, die in der Philharmonie sich aufgetan, ist die Ver bindung leicht gegeben. Es handelt sich um die Ausstel lung für Pferdeschutz. Ein Wort der Bewunderung zu nächst, und zwar dafür, daß man immer neue Fachobjekte findet, die sich zu Ausstellungszwecken eignen. Ich finde, daß diese Pferdeschutz-Ausstellung in Ziel und Zweck außer ordentlich lobenswert ist. Der Tierschutz bezieht sich wohl in der allergrößten Hauptsache auf das Leben der Pferde, denn der Ziehhund ist doch wohl langsam im Aussterben begriffen. Aber eine andere Berliner Ausstellung hat mir doch ein wenig Kopfschütteln verursacht: die Ausstellung der Berliner Sargtischler! Ick bitte, nicht falsch zu ver stehen, ich meine die Fach-Ausstellung, welche die Berliner Sargtischler veranstaltet haben. Wo soll hier Ziel und' Zweck liegen? Ist man erst soweit, Herr du meiner Seele, was geht uns da der Sarg an, also ein persönliche- Inter esse kann beim Publikum nicht vorliegen. Den frommen berlinischen Wunsch „Du kannst dir bejraben lassen", hört man wohl oft, dazu braucht man doch aber keine Fach-Aus stellung von Särgen. Der Berliner hält aber auch hier auf Aeußeres. Je nach dem Sarg tariert er, und wenn dieser hübsch war, dann sagt er: „Du, det war ne schöne Mittel leiche!"