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Nr. 92. § Mittwoch, den 22. April 1908. ! 7 V. Jahrg. vor, i'555. ttt»e>Ur e. 2,-. ttimeate I« I,-. INN«, 'ilim, sttsa, »ünger, smsn: iflallz», ilbaum, »biinae, ollftaude, rakazie, llanj«, sn: amapftl, raoäi», eo. RcdatiionSschluh: L Uhr Mittags. Sprechstunde der Redaktion: S—6 Uhr Nachmittags. Zuschriften in redaktionellen Angelegenheiten find nicht an den Aedakteur persönlich, sondern ausschließlich an die Redaktion zu adressieren. ueiooicht, ltterchni, kblumm, >oru, mischt. it.2^0» tvv, i vloa, nominelle Gedanke in Europa richtig beurteilt ist, weise ich auf die letzte Rede des italienischen Ministers des Aeußern Tittoni im Parlament hin, mit dem ich sage, der Bau der Sandschakbahn kann Oesterreich-Ungarn nicht bestritten werden. Für Rußland ist cs um so natürlicher, die Bal- kanstaaten hierbei zu unterstützen, weil cs selbst keine Kon zessionen aus der Balkanhalbinsel sucht. Selbst Oestcr- reich-Ungarn hat sich mit unserem Vorschläge im Prinzip einverstanden erklärt und damit hat der Zwischenfall cnd- giltig jede Schärfe verloren. Doch nicht die Bahnfrage, sondern die Durchführung der unaufschiebbaren Reformen in Mazedonien bleibe die Hauptaufgabe, zu deren Verwirklichung er alles aufge- botcn habe. Die öffentliche Meinung Rußlands hat die englischen Vorschläge sehr sympathisch ausgenommen. Auf den ersten Blick verdiene ich tatsächlich Vorwürfe, daß ich nicht sofort mich auf das Entschiedenste den Vorschlägen angeschlossen habe und mit einem Gcgenprojekt hervorge treten bin. Ich muß daher meine Handlungsweise erklä ren. In einer seiner letzten Reden führte der englische Minister des Auswärtigen aus, England dürfe, wenn es jene Vorschläge zur mazedonischen Frage mache, in keinem Falle getrennt von andern Mächten oder unabhängig oder im Widerspruche mit dem europäischen Konzert handeln. Das würde für den allgemeinen Frieden gefährlich fein. Was gefährlich für England ist, ist doppelt gefährlich für Rußland. Rußland kann sich nicht, wie notwendig auch die Durchführung der mazedonischen Reformen ist, dieses Zieles willen der Möglichkeit kriegerischer Verwickelungen aussetzen. Beim Auftauchen eines Projektes müssen wir abwägen, ob dasselbe Aussicht habe, von allen Mächten in vollem Umfange angenommen zu werden, weil davon die Annahme seitens der Türkei abhängt. Tas Projekt Sir Greys enthält aber Punkte, die weder Aussicht auf einmütige Zustimmung der Mächte, noch auf freiwillige Annahme durch den Sultan haben. Als ich mit den Mo difikationen der englischen Vorschläge hervortrat, mußte ich alles aufs sorgfältigste vermeiden, was der Sultan als eine Verletzung seiner Hoheitsrechte hätte ansehen können. Maßnahmen, wie die Ernennung eines Generalgouver neurs, sind in den Augen des Sultans gleichbedeutend mit dem Anfang der politischen Trennung Mazedoniens vom türkischen Besitz. Mit großer Befriedigung könne er mit teilen, daß das meistinteressierte Oesterreich-Ungarn gegen die Heranziehung aller Mächte zur aktiven Teilnahme an den Reformen keine Einwendungen erhebe und das Gegen projekt in vollem Umfange angenommen habe. Auch Deutschland habe seine Zustimmung gegeben. Besonderes Entgegenkommen habe Rußland bei Frankreich gefunden, mit dem es sich in vollster Harmonie und herzlichen alliier ten Beziehungen befinde. In ganz kategorischer Form habe sich Italien angeschlossen. Die Antwort Englands lasse erwarten, daß zwischen dem Petersburger und dem Londoner Kabinett ein endgiltigcs Einverständnis erzielt werden würde. England lasse zwei der schwierigsten Punkte fallen, nämlich die Ernennung eines Generalgouverneurs und die Reduzierung der türkischen Truppen. In betreff der übrigen Punkte dauerten die Verhandlungen fort. Wenn man sage, das europäische Konzert sei in der Ver gangenheit den Zielen der Politik Rußlands im Osten stets in den Weg getreten, so sei das teilweise richtig, doch es sei irrig zu glauben, daß die Geschichte sich immer wie derhole. Das Konzert wäre feindlich gewesen, als es den Verdacht hatte, Rußland verfolge auf der Balkanhalbinsel egoistische Zwecke und territoriale Erwerbungen. Wenn kein Zweifel bestehen könne, daß Rußland nur die Pazifi zierung Mazedoniens, die Erhaltung des status quo und des Gleichgewichts auf der Balkanhalbinsel anstrebe, so sei darauf zu rechnen, daß die das gleiche Ziel verfolgen den Mächte einmütig mit Rußland handeln werden. Ruß land gebe einen deutlichen Beweis seiner aufrichtigen Frie densliebe und nehme in seiner Politik keinerlei gefährliche Veränderungen vor, die Grundzüge seiner Politik blieben unverändert. Er hege auch betreffs der Unterstützung Deutschlands keine Zweifel. Fürst Bülow habe ganz offen erklärt, daß von Deutschland kein Enthusiasmus zu er warten sei für unausführbare oder gar gefährliche Vor- nm- p«m. ine«, siebet«, mteu, Pfl-r»«, iilia, M. tUIte», UUa», schlüge. Ter Vorschlag Rußlands jedoch erscheine der deut schen Regierung nicht nur nicht unausführbar oder gefähr lich, sondern habe im Gegenteil ihre volle Billigung. Da her sei er vollkommen überzeugt, die Vorschläge würden die loyalste Unterstützung Deutschlands finden; die über aus freundschaftlichen Beziehungen zu Deutschland seien keinen Augenblick unterbrochen worden. Daß es ihm ge lungen fei, ein durchführbares Projekt zu schaffen, bewei sen ihm aus verschiedenen Städten Bulgariens zugcgan- gene zustimmende Telegramme. Er fei überzeugt, daß die Christen Mazedoniens begreifen werden, daß, wenn ihnen Rußland einerseits die größte moralische Unterstützung er weise, es andererseits nichts unternehmen könne, was zu einem bewaffneten Konflikt führen würde, da Rußland in erster Linie des Friedens bedürfe zur Wiederherstellung seiner in den letzten Jahren erschütterten Kräfte. Bei den Angelegenheiten im nahen Osten müsse Rußland ein ge sunder Egoismus leiten, der am Ende auch für die Balkan staaten und Völker nützlicher wäre, die in Rußland ihren natürlichen Freund und Verteidiger sehen würden und ein starkes und blühendes Rußland brauchten. Nach dem Minister des Auswärtigen Iswolski sprach der Kadettenführer Miljukow. Er führte aus, bei dem Mürzsteger Abkommen sei nur Rußland selbstlos geblie ben, während die anderen Mächte den Nutzen davon gehabt hätten. Die russische Diplomatie habe es nicht verstanden, dem letzten glänzenden diplomatischen Erfolg Aehrenthals vorzubeugen. Die Sandschakbahn überliefere den Händen Oesterreichs den Weltweg nach Indien, auf dem wahr scheinlich auch England seine Poft befördern werde. Es sei daher klar, daßOesterreich nicht nur wirtschaftliche Vor teile von dieser Bahn erhalte, sondern in gewissem Maße sei auch die internationale politische Lage verändert. Wenn England eine edle Pose annehme, so riskiere cs nichts da bei; es gewinne lm Gegenteil in den Augen Europas, wäh rend Rußland, wenn es dasselbe tue, Verpflichtungen auf sich nehme. Tas russische Projekt enthalte einen gesunden Kern, der die mazedonischen Reformen auf den rechten Weg bringe, auf dem man sich vielleicht Englands Vor schlägen nähere, jedoch ohne Komplikationen. ükttk-t Ereignisse. — Das deutsch-französische Kamerun-Abkommen wurde vom Staatssekretär von Schoen und dem Botschaf ter Canibon unterzeichnet. — Das Kaiserpaar machte am 1. Feiertage Aus flüge und der Kaiser hielt abends einen Vortrag über die Seeschlacht bei Trafalgar. Am 2. Feiertag fand auf der „Hohenzollcrn" Eiersuchen der Mannschaften statt. — Fürst und Fürstin Bülow mit Gefolge sind in Venedig cingetroffen. — Ter griechische Ministerpräsident Theotokis traf in Korfu ein. — Ter italienisch-türkische Konflikt erscheint beige legt. — Tas von Blättern gemeldete Komplott gegen die Zarenfamilie hat sich als unbegründet herausgestellt. — Muley Hafid wird nach Meldung aus Mogador die Algeciras-Mächte um ihre Intervention bitten. Aos der Standkkammrr. Der schriftliche Bericht der außerordentlichen Depu tation der Zweiten Ständekammer zur Vorberatung der Wahlrechtsvorlage der Regierung, erstattet von dem zum Berichterstatter gewählten Abgeordneten Tr. Kühlmorgen und unterzeichnet von sämtlichen 28 Mitgliedern der De putation, ist am Sonnabend abend vom Landtagsbureau herausgegeben worden. Er umfaßt 8-t Druckseiten. Der Be richt erwähnt zunächst, daß die Deputation sich am 16. De zember 1967 konstituierte, daß in der ersten Sitzung die Frage der Vertraulichkeit der Verhandlungen eingehend erwogen wurde, um dann die Einzelheiten der stattgefun- denen Beratungen wiederzugeben. Darnach wurde sofort nach der Erledigung der Vorfrage über die Vertraulichkeit der Sitzungen in die Beratung der Regierungsvorlage ein getreten, und zwar in der Weise, daß der Berichterstatter zunächst ein Bild von dem Gange der allgemeinen Vorbe ratung des Gesetzentwurfs im Plenum der Kammer gab, worauf nach kurzer Debatte zur Spezialberatung überge gangen wurde. Sehr lebhaft waren die Erörterungen über die vorgeschlagene Wahl durch Kommunalverbände. Dabei erklärte Staatsminister Graf Hohenthal u. a., daß er nicht darauf bestehen wolle, daß die Hälfte der Abgeordneten nach dem Kommunalprinzip gewählt werden solle, daß er jedoch ebensowenig für ein plutokratisches Pluralsystem, wie für ein System zu haben wäre, das nicht genügende Kautelcn in der Frage der drohenden Majorisierung von Besitz und Bildung durch die große Masse biete. Nachdem die national-liberalen Mitglieder der Deputation die Er klärung abgegeben hatten, daß das System der Kommunal wahlen für sie unannehmbar wäre, entschied man sich auf Auftrag des Abgeordneten Hähne! dafür, daß zunächst nur das Pluralsystem den Gegenstand der weiteren Beratungen bilden sollte. Die Ausgestaltung dieses Systems wurde dann in mehreren Sitzungen eingehend beraten und . das von der Regierung dazu gebotene statistische Material ge ¬ gen! ilia, !ee, dschöu, r Der rassische Uillißkr dcs Aevßkrn über die Oriealpolitib. In der Reichsduma nahm am Freitag vor Ostern der russische Minister des Aeußern, Herr von Iswolski, das Wort, um in längerer Rede die Balkanfrage zu behan deln. Da dieselbe den Stand der Frage und ihre Entwick lung, ebenso wie auch die Auffassung der russischen Regie rung und ihre künftigen Absichten mit großer Klarheit zum Ausdruck bringt, so geben wir Iswolskis Ausführun gen hier im Wesentlichen wieder. Nach einer allgemeineren Einleitung bezüglich des Mürzsteger Abkommens, das ihm beim Antreten des Mi nisteriums als eine wertvolle Garantie einer friedlichen Entwicklung auf der Balkanhalbinsel erschien, ging der Minister auf das Projekt der Balkanbahn über, mit dem der österreichisch-ungarische Minister in den Delegationen hervorgetreten sei und gibt einen Rückblick auf die Aus führungen der russischen und auswärtigen Presse über dieses Projekt, aus denen gefolgert werde, Rußland müsse sich dem österreichischen Projekt energisch widersetzen. Demgegenüber erkläre er (der Minister), sein Ziel sei nicht, diplomatische Siege zu erringen, sondern die Sicherung der Realinteressen des Staates herbeizuführen unter Beseitigung der Umstände, die zu gefährlichen Ver wicklungen führen können. Daher sei er mit keinem Pro test gegen das Projekt der Sandschakbahn oder die Inter pretation des Artikels 25 des Berliner Vertrages durch Oesterreich-Ungarn oder das Abkommen von 1897 hervor getreten. Gleichwohl habe er seine Augen nicht dagegen verschließen können, daß das Projekt wesentlich die Sach lage auf der Balkanhalbinsel verändere. Die Vereinigung' dcs bosnischen Bahnnetzes mit dem türkischen erscheine als ein wichtiges Faktum der auswärtigen Politik. Könne man es zunächst auch nur ein wirtschaftliches nennen, so werde es doch sehr ernste politische Folgen haben. Jeden falls könne man das Faktum nur als zweifellosen Vorteil Oesterreich-Ungarns auf der Balkanhalbinsel betrachten. Rußland, fuhr der Minister fort, hat auf der Balkanhalb insel nur einen Zweck: Förderung des Wohls der einzelnen Balkanstaaten und Besserung des Loses der Christen in der Türkei. Daher können wir ohne Neid oder Mißgunst auf die von Oesterreich-Ungarn erworbenen Vorteile blicken. Gleichzeitig müssen wir aber darauf bedacht sein, daß daraus weder für die Balkanstaaten noch für die Chri sten in der Türkei ein Nachteil entsteht. Deshalb sind wir statt mit einem Proteste mit dem Vor schläge hervorgetreten, alle für die Balkanstaaten nützlich erscheinenden Bahupläne zu unterstützen. Zum Beweise, daß der uns leitende, von den Mächten sympathisch aufge- gratis. ilvl, »so --^S«v1pre«er:-^- Nmt Dretdm Nr. 809. »uujch. n! t -rvkottr ,.<r Lrntr, Amiatzweßev«: letz»« Veite. UIst§«««»« kV», dl« Gaes». d«m»«t>« MM G W,Omäam«a«S0M. KdrdwAafaahweaNtzi V . Garwüte Gdmia«Mt. Amiatzweßell Wchkitung M» EllWMjsk Bei tagen: „Illustriertes Uuterhattuugöblatt" * „Nach keirrablnd" * „Haus- und Gartenwirtschaft" * „Fretuden-Liste". Druck und Verlag: Elbgou-Buchdruckerei uud BerlagSanstalt Hermann Beyer L To. I ZWschk j'W eijter, sursto, ab^aei, -rbse», ImKkIätt tül sie llgl. Rmkrdattpnnannrcbaflen Vreraen-Mtlattt u. veurtttit. öas Isgk. llattrgeltcbl vrerck«, M sie llgl. buperintenäenlur vresäen tl, <iie Xgl. Lolstrenlämter vresclen. Monlrblttg «a ff eit «twrliid«», Laudtg««. vodMr, vttkdvlir. vltdesp-vrltt. korienvl«. ematir. c«»diltrund eotttdaidr. aM,«I»«5-0r»»ll und coKrl-Nmelg«' lü» 8I«n»ilr. lordmiir, «»»mir. weirrer Kind). 8LKI-U. di« lirrmUgtiminden. vserd<n-5I,ierkn inid Neugnm«. Telegramm - Adresse: Tlbgauprefie vlasewitz.