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—« di, t3S42 ey (3274 DschkitWObg a iipre jse n-ßeklntt >ü «jieKg,.n»krd»»pn>r»rcd»Ne»u. verrtaOt.<i««gl.-»«tt-mcdtVkerSe», M Kgl. Zuperinlenöenlur veeräen II, «lie Kgl. sofsttenllimter SrerÄen, Monlrdurg «< _ - E — — -— —- ««»4«» Nlhsisihk IMM- lM. 6S. Jahr-. Dienstag, den 15. Oktober 19V7. Nr. 241. zlehrrr, tmmckt. (S7VS »»»rkrrfe. ist Lnst«ck ; j,dn» g», l>ifi,>h«ste 8iv Lvmgl. xr oriedts. s uiet»t ksltsn »t voa inlcloi' ItL) > Äogot- u. ilgut - 81r. >»r iw 4olc«a. 4490. ------- «rstaktt-nSschdchr » Uh« G^chstmide der «edartio: st—» Uhr Nach«Ut«a». AkjchMnl in reLaktiovellev «vaelegenbeitev find nicht an den HZ«««» persönlich, sondern «mSschlteßltch an die Redaktion »u adressieren Dr«ß, Ekkiziiffe. Das Kaiserpaar reiste gestern nach kurzem Besuch in Danzig nach Hubertusstock. Staatssekretär von Schoen ist gestern in Klein-Flott- beck beim Reichskanzler ein^troffen. Das Befinden des Kaisers Franz Joseph war gestern cbend unverändert. Die Königin-Mutter Maria Christina von Spanien ist gestern in Wien eingetroffen. Die Entscheidung darüber, ob der Revision im Mord- Prozeß Hau stattgegeben wird oder nicht, wird am Diens tag den 15. Oktober mittags 1 Uhr vom Reichsgericht ver kündet werden. In der bayerischen Abgeordnetenkammer kam es am Sonnabend infolge von Angriffen des Zentrumsabgeord neten Lerno gegen den liberalen Führer Dr. Casselmann zu einem scharfen parlamentarischen Konflikt. In Mailand ist der Generalstreik am Sonnabend proklamiert worden. Das gesamte Geschästsleben stockt be reits. ' - Die neuen Duma-Wahlen sind im allgemeinen auf den 27. Oktober festgesetzt worden. Die amerikanischen Kreuzer „Tennessee" und „Wa shington" haben gestern von Hampton Road aus die Fahrt nach dem Stillen Ozean angetreten. Staatssekretär Dernbura erklärte in Daressalam, die Regierung werde alles, was in ihrer Macht stehe, für die kommerzielle 'Erschließung des Sachgebietes tun. M uud wider die Todeskrafe. Jahrtausende im Leben der Menschheit sind vorüber gerauscht, ohne daß es auch dem erleuchtetsten Geiste frühe rer Zeiten eingefallen wäre, die Berechtigung des Staats zu beanstanden, über solche Individuen, die sich todeswür diger Verbrechen schuldig gemacht hatten, die Todesstrafe zu verhängen. Wohl trat hie und da eine Milderung und Minderung dieser Strafe ein, wenn sie wider Verbrechen festgesetzt worden war, welche das Balksbewußtsein nicht für todeswürdig hielt. So ermäßigten z. B. die Athener die äußerst harten Gesetze Drakons in der Solonischen Gesetz gebung. Niemand, weder ein Grieche, noch ein Römer, und wäre er selbst einer der größten philosophischen Geister ge wesen, auch selbst der Philosoph auf dem Kaiserthron, Mark Aurel, wäre auf den Gedanken gekommen, daß es möglich sein würde, dia Todesstrafe vollständig, selbst bei den furcht barsten Verbrechen, abzuschaffen. Das Bewußtsein des Volkes der damaligen Zeiten verlangte aber, seiner Kulturstufe angemessen, unbedingt eine der Straftat entsprechende Vergeltung. Es war der psvchologische Inhalt des alten hebräischen Spruches: Auge um Äuge, Zahn um Zahn. Wer einen Menschen getötet hatte, dessen Blut sollte wieder vergoßen werden. Es sprach hier das Verlangen der Rache mit, das wohl noch heute in Corsika und andern südlichen Gegenden zur persönlichen Blutrache führt, wie es auch im Mittelalter bei uns und im skandinavischen Norden gang und gäbe war. Dieses sog. Jus Talionis batte auch Kaiser Karl und die folgenden Kaiser in ihren Strafbestimmungen ausgenommen. Die Sippe, die Familie des Ermordetkn, verlangte als Genug tuung, daß der Mörder mit dem Tode bestraft werde. Diese Bestrafung nimmt dann unter höherer Kultur der Staat in die Hand und duldet eine persönliche Blutrache nicht mehr. I«, auch wo die Familie eine Talion, eine Sühne, durch den Tod des Verbrechers nicht verlangt, tritt nun der Staat ein und verurteilt den Verbrecher. Wenn wir die Geschichte der Menschheitskultur zurück- blätlern, so kann es uns wohl schaudern, wenn wir sehen, wie dieses furchtbare staatliche Recht ausgeübt worden ist, von welchen Personen, in welchem Sinn und für welche Verbrechen. Wer erinnert sich nicht des verliebten Prinzen in „Emilia Galotti", der „recht gern" die Todesurteile unterzeichnen wfll, um nur nicht weiter belästigt zu wer den. Wer denkt nicht an die Zauberei- und Hepenprozesse, an die Inquisition und ihre Opfer. Wer schaudert nicht über einen sonst so frommen Mann, wie Calvin, der den Genfer Rat zur Verurteilung des Arztes Servetus ver anlaßte, weil dieser nicht an die Gottheit Christi glaubte. So chatte sich der Begriff todeswürdiger Verbrechen vervielfältigt, selbst freie Aeußerungen über Glaubens sachen galten als solche. Man könnte da wahrlich den Rechtszustand des römischen Reiches, ja selbst unter den Griechen, für kultivierter halten, die aus dem Gefühl einer wirklichen Vergeltung heraus die Tötung wieder mit Tod bestraften. Die Gerechtigkeit einer solchen Strafe wurde bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts nicht in Zweifel gezogen. Da veröffentlichte Cesare Le Beccaria, aus dem Ge schlecht der Marchesi de Beccaria, sein Buch über die „Ver brechen und Strafen", das in 22 Sprachen übersetzt wurde. In demselben bekämpfte er mit wirksamer GefühlsberQt- samkeit die Tortur und die Todesstrafe. In der Tat gibt es eine Reihe von Erwägungen, welche uns in der Ueberzeugung von der Berechtigung der Todesstrafe wankend zu machen geeignet sind. In unserer Zeit der Friedensbewegung, welche das entsetzliche Elend, das jeder Krieg im Gefolge hat, aus der Welt schaffen möchte und im Verhältnis zu der kurzen Zeit ihres Bestehens schon recht beträchtliche Erfolge aufzuwei sen hat, ist es nur angebracht, auch der Frage nach der Be rechtigung der Todesstrafe näher zu treten. Auch heute noch wird diese Berechtigung aus dem JusTalioüis, demVergeltungsrecht, vielfach hergeleitet, also indirekt auf das Gefühl persönlicher Rachsucht, nur daß die Vollstreckung auf den Staat übergegangen ist, welche die Sippe, das Volk, befriedigt. Ist dies aber ein der heutigen Kulturhöhe entspre chender sittlicher Standpunkt? — Wir glauben nicht! Die Strafe ist nach unseren Begriffen dazu da, den Verbrecher zu bessern, ein Weg, der durch die Todesstrafe abgeschnitten wird. Die Reue, die der zum Tode geführte Verbrecher zeigt, ist kaum je eine Besserung, fast immer lediglich Todes angst. Aehnlich will auch die Kirche, «daß der Verbrecher gebessert werde und immer wird ihr, wie sie sagt, durch die Todesstrafe unmöglich gemacht, ihn durch Lehre und Buße sedeo jt. 08^ stl» frisch und war« ,4335 stücksstui! wrritr, elstraße 7. Kmß, Wissnschist »d Mißt. Söntgl. Schauspielhaus. „Ballast". Uraufführung im König!. Schauspielhau». Wir Deutschen sind doch zu nette Leute. Während in Böhmen ein Vernichtungskampf gegen alles Deutsche mit solcher Heftigkeit geführt wird, daß z. B. in Prag die Zettel der deutschen Theater nicht einmal an den Anschlagesäulen geduldet werden, öffnet das Dresdner Hoftheater, das doch zweifellos Rücksichten der völkischen Würde zu wahren hätte, dem Stücke einer tschechischen Schriftstellerin feine Pforten, obwohl der literarische und dramatische Wert des Werkes säst gleich Null ist. Wir wollen in der Kunst durchaus kei nen Chauvinismus treiben, sondern gern das Gute überall nehmen, wo wir es finden und einem fremden Talente be reitwillig Teilnahme entgegenbringen. Aber von alledem kann bei dem sogenannten Lustspiel „Ballast" der Frau BozenaWikowaKuneticka keine Rede sein. Wenn, wie eine Vornotiz 'der Hoftheaterleitung besagte, Frau Ku- neticka wirklich eine hervorragende Stelle im tschechischen Schrifttums einnimmt, so ist das nur ein Beweis dafür, daß diese musikalisch so begabte Nation, die uns z. B. Dworschak, Kubelik und Burrian gab, in der Literatur auf einem höchst kümmerlichen Standpunkt steht und daß ein deutsches Hof- thoater Besseres zu tun hätte, als ein Stück uns als „lite rarisch" vorzusehen, gegen welches wir die Poffen eines Kotzebue, die Schwänke Kadelburgs und Blumenthals klas- fische Meisterwerke der Bühnenkunst sind. Die Handlung ist spärlich genug. Bei einer Bau- meistersfamilie in einer kleinen böhmischen Stadt lebt ein etwas verdrehter junger Mann, der Geld und Zeit genug bat, um den Modephilosophen zu spielen und die Befrei ung des menschlichen „Jch s" von allem Ballast der Pflicht, der Sitte, des Gehorsams u. s. w. zu predigen. Die Folge ist, daß der Schwiegervater des Baumeisters, ein alter Pan- iosselheld, pch gegen seine drvchenhafte Frau auflehnt und fern seit vierzig Jahren vernachlässigtes Flötenspiel „ohne Rücksicht auf andere" auszuüben beginnt, sowie daß Jo hanna, Sie Gattin 'des Baumeisters, sich als unterdrückte Seele zu fühlen anfängt und die alten Erinnerungen an den Angebeteten ihrer ersten Mädchenzeit schwärmerisch wieder hervorsuchr, nachdem dieser ihr seinen Besuch ange- sagt hat. Dabei vergißt sie aber die Bereitung des Mittag essens und den Hunger sowie das Flötenspiel des befreiten Pantoffelhelden hält selbst der Philosoph nicht aus, welcher eiligst oas Haus verläßt. Und der „Jugendgeliebte" hat sich inzwischen zu einem höchst widerlichen Gesellen ausge wachsen, der alle zarten Hoffnungen Johannas bitter durch seine Bauernschlauheit und berechnende Roheit enttäuscht. Diese an sich nicht neue Idee, welche zu einem Einakter viel leicht ausgereicht hätte, wird durch unendliche Wiederholung aller Motive uno durch hundertlei Details aus dem all täglichsten, kleinen Familienleben mühsam gerdehnt. Daß in die'en Kleinmalereien aus der häuslichen Misere man ches recht gut und amüsant, mit fast photographischer Treue wiedergegeben ist, soll nicht bestritten werden. Um so schwe rer fällt der Mangel einer dramatischen Steigerung, des einheitlichen Aufbaues und der Entwicklung eines leitenden Gedankens ins Gewicht. Das Stück ist bestenfalls Kaffee klatschpoesie, wozu die Hereinziehung der Dienstmädchen- frage ganz trefflich paßt. Und von dem „Humor" des so genannten Lustspiels kann man sich einen Begriff machen, wenn man erfährt, daß der Hauptwitz darin besteht, daß ein Säugling im Kinderwagen schreit und „naßliegt". Großartig, was? Das Publikum hatte den besten Willen, sich zu unter halten und kam insofern auf seine Rechnung, als umer Herrn Lewingers Regie ganz vortrefflich flott gespielt wurde. Als Vertreter der Hauptrollen sind die Damen Bleibtreu, Verden und Werner, sowie die Herren TilIer, Fischer und Gunz zu nennen, die sämtlich ihr Bestes boten und aus ihren oft recht übertrie benen Rollen das Menschenmögliche machten. Im Ganzen aber hatte man den Eindruck, daß das Stück eher für das Ensemble eines Varietees als für unser Königliches Schauspielhaus passe, dessen ruhmreiche Tradition durch so minderwertige Importware wahrhaftig nicht gefördert wird. Ich vermute, daß eine neuere Berliner Agentur, wel ch' die Einfuhr fremdländischer Stücke als Spezialität be treibt, der Hoftheaterleitung auch diesen „Ballast" aufge hängt hat. Denn es ist undenkbar, daß ein Dramaturg, oer für Hebbel und Wilde so verdienstvoll eingetreten ist, nicht den literarischen Unwert dieses tschechischen Machwerkes er kannt l>aben sollte. Darum ist nur zu hoffen, daß die Hof- Lheaterleitung sich von den Einflüssen jener Berliner Agen tur baldigst wieder befreit, denn noch einige „Urauffüh rungen" so kläglicher Art und das literarische Ansehen des Dresdner Hofschauspiels erleidet eine bedenkliche Einbuße. Das Publikum lachte über viele Einzelheiten und be reitete der Neuheit einen leidlichen Heite^eits- und Dar- stellungscrfolg. F. A. Geißler. * Residenztheater. Am Dienstag wird in der 5. Serie des Operettcn-Abonnements „Gasparone" ge geben. Am Mittwoch gastiert das französische Ensemble der Tournee Constance de Linden mit „Education de Prince". Das Ensemble hatte in Antwerpen, Amsterdam und dieser Tage in Hamburg, mit dem gleichen Stück, einen sensationellen Erfolg. Die nächsten Wiederholungen des epochemachenden Lustspiels „Fräulein Josette — meine Frau," welches bei der Premiere am Sonnabend einen ^en- -sationellen Erfolg errang, finden am kommenden Sonn abend uns Sonntag abends statt. * Der Liederabend von Lotte Kreisleram Sonn- abend im Palmengarten, bei dem Herr Otto Urbach selbst die Begleitung übernommen hatte, bot in dem von Schu bert über Schumann und Draeseke zu Urbach und Wolf füh renden bedeutsamen Programm schon von vornherein ein besonderes Interesse und hatte die schönen Räume des Pal- mengartens fast gänzlich gefüllt. Die junge, anmutige