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Freitag, den 2S Lugust 1907. Cafublanca zu marschieren. ES heißt, daß «sich unter den Truppen seine- Anhangs viele reguläre marokkanische Sol lten befinden. Der neu proklamierte Sultan will unver züglich gegen die Franzosen vorgehen und diese neuen An griffe durch den neuen Prätendenten dürften an Energie leine für die Franzosen recht unangenehme Steigerung er- fabren. So wird heute aus Paris depeschiert: Ein neuer Angriff scheint sich auf dem linken Flügel der französischen Stellung vorzubereiten. Die dritte aus der Umgebung von Rabat kommende Mahalla hat den Franzosen gegenüber ^Aufstellung genommen. — „Petit Pari'sien" meldet aus -Casablanca: Den Franzosen gelang es nicht, die marok kanischen Reiter zurückzuschlagen; ihre Lage wird kritisch. — Bei der geschilderten Situation ist es begreiflich, daß, wie „Figaro" meldet, General Drude am Dienstag in einem Telegramm an die Regierung Verstärkungen ver langt hat. Dem „Journal" zufolge wurde im französi schen Ministerrat am Dienstag beschlossen, verschiedenen weniger bedeutenden Wünschen des Generals Drude und des Admirals Philibert, die sich auf Besserung der Lage der Truppen beziehen. Rechnung zu txagen. Ueber die Hauptfrage, die Sendung von Verstärkungen, wurde jedoch kein Beschluß gefaßt. > Zwist zwischen den belgischen Dele gierten im Haag. Es scheint, daß der belgische Staatsminister Beernaert, der den Haag verlassen hat, in folge des Zwistes mit seinen belgischen Kollegen abgereist ist. Herr Beernaert, der erste belgische Delegierte, ist ein überzeugter Verfechter des obligatorischen Schiedsgerichts. Er sah sich in seinen Ansichten widersprochen von den zwei anderen belgischen Vertretern Vandenheuvel und Guil laume, die damit nur den Weisungen des Königs und der belgischen Regierung Folge leisteten. Man ist gegenwärtig bemüht, den Zwiespalt beizulegen und Beernaert zu be sänftigen. Aus diesem Grunde findet augenblicklich ein reger Depeschenwechsel zwischen dem Ministerium und dem König statt. -^Die Reisen Clemenceaus. Der franzö sische Ministerpräsident Georges Clemenceau hat sich, wie ein Telegramm aus Karlsbad meldet, im Automobil nach Marienbad begeben, wo er gestern nachmittag mit dem Kö nig von England zusammengetroffen ist. Es ist schon da rauf hingewiesen worden, daß diese Unterredung zwischen dem Ministerpräsidenten und dem König an Interesse noch dadurch gewinnen muß, daß sie sich eng an die Unterredung von Wilhelmshähe anschließt. Clemenceau, der feine Kur in Karlsbad beendet hat, wird am Sonnabend nach Mün chen reisen, wo er zwei Tage lang verweilen und die Wag ner-Vorstellungen im Prinzregenten-Theater besuchen wrll. Um Sonntag früh dürfte er wieder in Paris eintrefsen. Heer und Flotte. -s- KeinebuntenAchselklappen imsäch- fischen Heere. Gegenüber den verschiedenen Meldun gen in den letzten Tagen, daß in Sachsen die Einführung von bunten Achselklappen zur Unterscheidung der Regi menter des 12. von denjenigen 'des IS. Armeekorps in naher Aussicht stehe, können wir auf Grund von Erkundig ungen an maßgebender Stelle erklären, daß in Sachsen die Einführung farbiger Achselklappen nicht in Erwägung ge zogen ist und ein derartiges Abzeichen auch nicht zur Ein führung gelangen wird. Wenn -die Berliner „Zentral- Korresvondenz" bei Besprechung dieser Angelegenheit dir Bemerkung macht, daß man wohl oder übel die Form far biger Achselklappen wählen müsse, so ist dem entgegenzu halten, daß es schließlich doch Wohl noch andere Abzeichen gibt, um eine Unterscheidung der betreffenden Regimenter deutlich erkennbar werden zu lassen. Ob ein solches ge wählt werden wird, darüber scheinen die Verhandlungen der zuständigen Stellen noch nicht abgeschlossen zu sein. > Herr von Herbrinck sich im Eifer nicht zu weit fortreißen lassen und in mehr oder minder ernste Gefahr kommen könnte. Als aber der Feuerschein immer dunkler wurde ! und das Glutrot immer mehr auf die Brandstätte zurück wich, kam eine tiefe, freie Befriedigung über sie, die nicht mehr erhöht werden konnte, als endlich die Meldung über bracht wurde, daß jede Gefahr glücklich beseitigt sei. Helene vollendete mit Hilfe ihrer flinken Zofe ihre Toilette und begab sich nach dem Arbeitszimmer des Vaters. Ihre Erwartung, mit dem Vater dort auch Herrn von Herbrinck ankommen zu sehen, hatte sie nicht ge täuscht. Der Graf trat polternd ein, Herbrinck folgte ihm gemessen. Sein markiges Gesicht war von Ruß ent stellt und die Kleidung an manchen Stellen versengt. Den Brandgeruch schleppten die Männer auch mit ins Schloß. „Na, Kleine," meinte Luckner, „das war mal etwas unsanft geweckt, ist aber nicht so schlimm geworden. Du kannst dich also beruhigen. Hat's dich denn arg mitge nommen?" „Nein, Papa. Du warst ja da und — Herr von Herbrinck —" Ihr Blick traf voll in Herbrincks Auge. „Ja, der zuerst," bestätigte Luckner herzlich. „Wie immer," fügte er hinzu. „Mögen Sie jetzt auch den Ha lunken ermitteln, der die Fackel angezündet hat. Und dann kein Federlesen mit ihm Wer sich selbst den Galgen aufbaut, kann nicht früh genug daran kommen, Himmel, wenn ich bedenke, was hatte werden können, was offenbar auch hat werden sollen! An dem armseligen Feimen ist jja nichts gelegen. Aber wenn die Glut auf die Stallung ' Sächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse. A». IS«, «eite 7. Im übrigen kann hinzugefügt werden, daß in Preußen di« Tage der bunten Achselklappen gezählt sein dürften. -t- Sechs schlesischeTruppenteile werden im nächsten Jahr ihr hundertjähriges Bestehen feiern können. Es sind dies die beiden schlesischen Grenadier- Regimenter Nr. 10 (Schweidnitz) und Nr. 11 (Breslau), die beiden schlesischen Jägerbataillone Nr. 5 (Hirschberg) und Nr. 6 (Leobschütz und Ratibor), die am 21. Novvem- ber 1808 gegründet wurden. Drei Tage später, am 24. November, wird das Artillerie-Regiment Nr. 6 (Breslau) dieselbe Gedenkfeier begehen. -s- Für die großen Flotten - Kaiser manöver findet eine Verstärkung der Hochseeflotte statt um eine Reserve-Torpedoflottille, die beiden Minenübungs schiffe „Pelikan" und „Nautilus" nebst zwei Minensuch divisionen, die beiden Küstenpanzerschiffe „Aegir" und „Frithjof" und das Torpedoübungsschiff „Nymphe". -1- Kaiserschießpreis. Den vom Kaiser spe ziell für die Regimenter der deutschen Armee, deren Chef er ist, gestifteten Preis, den sogenannten „Kaiserpreis", hat sich in diesem Jahre bei dem kürzlich abgehaltenen Konkur renzschießen die 12. Kompagnie (Hauptmann v. Thadden) des Leid-Grenadier-Regiments Nr. 8 in Frankfurt a. O. erschossen. Die gleiche Kompagnie hat den Preis bereits im Jahre 1901 erworben. Im vorigen Jahre fiel bekannt lich der Ehrenpreis der 12. Kompagnie (Hauptmann Eber hard-Löhlein) des bayerischen 6. Infanterie-Regiments in Amberg zu. -»ldswirtschtftliche». Hudel, 8e»erdk »i» Industrie. X Eine Kohlenteuerung in Sicht. Die Schlesische Zeitung läßt sich aus Fachkreisen schreiben, -daß die schon jetzt bemerkbare Kohlenknappheit sich in den näch sten Monaten erheblich verschärfen werde. Am Schlüsse des Artikels heißt es: Welche Einwirkung die augenblickliche Lage des Kohlenmarktes auf die Preise haben wird, läßt sich zurzeit mit bestimmten Zahlenangabcn nicht feststellen. Es hat in den letzten Tagen in Berlin eine Besprechung von Vertretern der bedeutendsten Privatgruben stattgefun- den, die sich mit der Frage beschäftigte. Soweit bisher be kannt geworden ist, dürfte allerdings eine Erhöhung der bisherigen Preise für Jndustriekohlen eintreten und zwar vermutlich vom 1. Januar oder vom 1. April ab. Vom 1. September ab soll für Stück, Würfel- und Nußkohlen ein Winterzuschlag eintreten, der bei den fiskalischen Gruben, wie bereits bekannt, die übliche Höhe von 50 Pfg., bei den privaten indes 50—80 Pfg. betragen soll. Wie sich der Fiskus, der durch die letzte Preisfestsetzung der fiskalischen Steinkohlenbergwerke bis zum 1. April 1908 mit seinen Preisen gebunden ist, zu einer etwaigen Erhöhung der Koh- lenprcise seitens der privaten Gruben späterhin verhalten wird, kann mit Bestimmtheit nicht gesagt werden. In In teressentenkreisen ist man jedoch der Ansicht, daß er einer Erhöhung eher zu- als abgeneigt ist. X Gurkenmißernte im Spreewald. Der Reisende, der eine Spreewaldstation im Zuge passiert, wird in Lübben und Lübbenau durch das volltönige Geschrei der Kellner: „Saure Gurken!" an das Kupeefenster gelockt. Er befindet sich mitten in dem berühmten Gurkenlande des Sprecwaldes. In großen Plantagen werden die Gurken pflanzen, die in der tiefschwarzen Erde des Spreewaldes vorzüglich gedeihen, angelegt. Die Gurken, die ja aus dem Orient stammen, sind äußerst verzärtelte Pflanzen, und es ist daher kein Wunder, daß in diesem kalten regnerischen Jahr im Spreewald eine völlige Gurkenmißernte eing> treten ist. Schon ein starker Regen ist imstande, die zar ten gelben Blüten oder die eben ansehende Frucht zu zer schlagen. Die Früchte bedürfen auch anhaltender Sonnen wärme, nm sich voll zu entwickeln. WaS der Regen Übriß gelassen hatte, daS haben die schweren Hagelschlage des Juni vernichtet. Die Preise für Gurken sind enorm hoch, di? Großhändler vermögen keine Ware aufzutreiben und ein zulegen. In den Liegnitzer Kräutereien wurde sogar da- Schock Schälgurken mit 6 Mark bezahlt, das ist ein Preis, wie er im Sommer noch nie gefordert wurde. Sonst käme» allsommerlich aus Liegnitz, in dessen Umgebung gleichfalls die Gurke stark gezüchtet wird, Hunderte von Wagenladun gen grüner Gurken zum Säuern nach Lübbenau ; in diesem Jahre sind die Sendungen fast gänzlich ausgeblieben, und so werden die sauren Gurken im kommenden Winter einen erheblichen Preisaufschlag erfahren. X „Der Kraft wagen als Erwerbsmit- t e l", — über dies zeitgemäße Thema äußert Herr Direk tor Peisert-Lichterfelde in einem Aufsatze folgendes: „Das Automobil-Droschkengewerbe macht eine schwere Krisis durch. Es ist dies hauptsächlich auf die Unerfahrenheit der Unternehmer in der Wahl des Systems und der Organi sation des Betriebes zurückzüführen. Für die Kraftdroschke empfiehlt sich die einfachste, aber solideste Konstruktion, die wenig Betriebsstoff erfordert und den geringsten Ver schleiß mit sich bringt. Nur die Wahl eines Systems ver bürgt den Gewinn; bei mehreren Systemen zehren die einen den Nutzen auf, den die anderen abwerfen. Die sogen. „Einspänner", d. h. Fahrer, di« ihren eigenen Wagen be sitzen, haben diesen meist auf Abzahlung genommen; sie zahlen ein Drittel an und fahren los. Die drei- bis vier fach höhere Einnahme wird aufgebraucht: selten werden Rücklagen gemacht, um für Gummi-, Reparatur-Rechnun gen, Abschreibungen ustv. Reserven zu schaffen. So kann es nicht ausbleiben, daß die Schuldenlast anschwillt und der Wagen schließlich unter Siegel kommt. Heute sind an nähernd 400 Wagen gepfändet und in einem sehr schlech ten Betriebszustande. Aber auch besser fundierte Gesell schaften klagen über die Unrentabilität des Auto-Droschken betriebes. Hier liegt die Schuld daran, daß die Fahrer durch das Anstellung-- und Lohnvcrbältnis kein rechtes Interesse für ihren Wagen haben und dies empfindliche Vermögens-Objekt nicht derart behandeln, als wenn es ihr Eigentum wäre. Dadurch erhöhen sich die Reparaturkosten so bedeutend, daß bei einer Anzahl von etwa 20 Wagen von einem Gesamtüberschusse keine Rede sein kann." Die rektor Peisert schlägt daher folgendes vor: Die Fahrer er halten ihren Wagen als Eigentum und haben das Kaufgelü zu verzinsen und allmählich zu tilgen. Ter Fahrer hat täg lich abzurechnen, wobei Betriebsstoff, Abzahlungs- und Zinsrate, Reparatur, Reserve usw. berücksichtigt werden; er verdient dann bei nur 120 Kilometer Fahrt (ohne Trink geld) sechs bis acht Mark täglich, welcher Betrag sich durch Amortisation ständig erhöht. Das Restkaufgeld ist sofort fällig, sobald der Fahrer 48 Stunden lang nicht zurückkehrt oder mit der Abrechnung säumig ist. Ein Vertrauenskör per entscheidet über etwa nötig scheinende Maßregelungen pflichtvergessener Fahrer. jdhidr»k»ii»k» »d Skkik -s-DerTelegraphen streik inAmerika. Der Generalvertreter der Western Union Telegraph Com pany ist in der Lage, auf Grund eines ihm zugekommcnrn Originalberichtes über den Telegraphistenstreik in Amerika mitzutcilen, daß sich die Situation bedeutend gebessert hat und normale Verhältnisse in kurzer Zeit wieder cuttreten dürften. Der Verkehr auf den Linien der Western Union Telegraph Company, welche über 24 000 eigene Offices in Amerika unterhält, ist mit Ausnahme von unbedeutenden Verspätungen auf kleinen Stationen in seiner Regelmäßig keit wieder hergestellt und funktioniert vollständig. übergegriffen hätte, wie es wahrscheinlich gedacht worden war! Die Angst von den armen Tieren, der pekuniäre Schaden, die Gefahr für die andere Umgebung! Aber wer kann das gewesen sein, wer, frage ich! Selbstentzündung — ausgeschlossen. Ja, wcnn's Heu gewesen wäre, aber Stroh — nein. Da war eine teuflische Hand im Spiel." Dem Grafen pflichtete auch Herbrinck bei, gab aber keine Andeutung von dem bereits aufgetauchten Namen. Wenn der Verdacht auch nicht unbegründet fein mochte, wollte er doch nicht den Grafen voreilig darauf hinlenken, sondern sich erst, wenn möglich, Gewißheit oder doch we nigstens eine breitere Grundlage verschaffen. Bel den Namen, die Luckner vermutungsweise hin warf, schüttelte er den Kopf. „Ja, heraus muß das aber kommen, Herbrinck!" „Ich hoffe es," antwortete er zurückhaltend. „Und damit keine Zeit versäumt wird — ich bitte, mich jetzt zu entlassen." „Was wollen Sie anfangen?" „Die Umgebung absuchen." „Schön. Erstatten Sie mir bald Bericht." Herbrinck fühlte seine Hand einen Augenblick von der der Komteß fest umschlossen und sog ihren leuchtenden Blick in sich hinein, dann verließ er hastig das Gemach, traf seitwärts auf dem Hofe Löhr mit Pferden wartend und warf sich in den Sattel. Die Mitternacht war noch nicht herangekommen, als die beiden Reiter an den Wachmannschaften, die auf der Brandstätte aufgestellt worben waren, vorüber trabten und außerhalb deS Gutes ihre zufällig tags zuvor mit frisch geschärften Eisen versehenen Tiere bald ausgreifen ließen. Herbrinck preßte die Lippen fest aufeinander und seine Gedanken weilten bei der Komteß, deren feine, edel vornehme Zurückhaltung nach seiner Befürchtung von ihren Empfindungen einen Augenblick überflutet worden war. Was er getan hatte, war nichts von Bedeutung gewesen; aber die tiefer gehende Neigung des Mädchens konnte eine übertreibende Größe hineinlegen und eine Bewunderung in sich aufblühen lassen, die sie mehr und mehr gefangen nahm. Nnd die Angst um das geliebte Mädchen ließ ihn alles Wünschen wieder in das sorgende Verlangen zusam menfassen: „Nur das nicht!" Wie aus weiter Ferne schlug ein Ruf Löhrs an sein Ohr. „Wie —?" fragte er ungewiß. Löhr hielt sein Pferd an und wies mit ausgestreck tem Arm über die Feldfläche. „Da! Da läuft jemand!" Herbrinck spähte nach der angedeuteten Richtung und stieß einen Laut der Ueberrafchung aus. „Ja, Löhr! — Halten Sie mein Pferd." Herbrinck. eilte über die Weiße Fläche hinter dem Flis« henden her. An einem Knick, durch den der Flüchtige verschwun den war, erreichte er die Fußspur, zwängte sich durch das Buschwerk und nahm die Fährte jenseits wieder auf. Von der den Nettelsee umgebenden Waldung trennte ihn nur noch eine schmale Feldzunge, und auf dieser war die Gestalt des Fliehenden nicht mehr zu entdecken. Die Fährte lief aberLerade auf die Waldung zu, in der der Verfolgte Schutz suchen mochte. (Fortsetzung folgt.). .