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Nr. 164. Mittwoch, den 17. IM 1SV7 Beilagen: »Illustrierter Uvtertz«ltm,O<»l«tt- * * .Birch Krier«»e»st- * »Hrus med Grrtruwirtschrft- A »g^r«ste«'^iste^. Druck und «erlag: Llbgav-VuLdruckerei und BerlopranBalt -ermann «eher L Lo., Vlalevitz; verautw.: Löilh. v. vultlar, vlasewitz ----- Fernsprecher: ---- Amt Dresden Nr. 809. Amt 5 d 1211 clie Itgl. n»ttd-»pn»an»rcdrne» vrercke» u. kenrtintt, ck-5 F-«. ir»tt-ettcdt vrercke«. - > ' 77" M ckie Kgl. 5upenntencken1ur vrescken II, ckie Kgl. ?of§tten1«imle» vtescken. Mokilrburg «ad »r die «t»»Iad«>: Laade««« c»lllt«I«r, vodMr, w«I«lir, m«d«f»eMr. k«i«n»>«, eillattr, Ltabawe »«aertt« und kor»»»,««. tz»bli»«lis«r-vrge» und LvRel-Nlirtlarr w» VI»5r«,ilr, l«ch«itr. 8,d>«>itt. iv«jr«r kirr». Südlnu, di« l»55niirg«m«ind<n. 0se«lrn 5ttier«n und Neugnin«. Telegramm - Adresse: LIbgaupresse Blasewitz. 6S. Jahrg. «edaktiwurschlust r » Uhr «ittugs. Gprechstuude der Nedukti»»: S « Uhr Nuchmlttag». Zuschrilten in redaktionellen Angelegenheiten sind nicht an den Redakteur persönlich, sondern ausschließlich an die Redaktion zu adressieren Den,sie EttizMt. Wegen der Entwendung der Keim-Briefe hat die Staatsanwaltschaft jetzt Anklage erhöbe». Ter Regen Hat in verschiedenen Teilen Deutschlands, besonders in Schlesien., Ueberschwemmungen zur Folge ge habt. In Desio fand die Begegnung Tittonis und des Frei herrn von Aehrenthal statt. Bei dem gestrigen Nationalfest in Paris feuerte ein zugereister Seemann in größerer Entfernung vom Presi denten einen Revolver ab. Das Leben Les Präsidenten war nicht in Gefahr. Tie Anklageschrift gegen den GeneralStoessel ist ver öffentlicht worden. , Ein «euer Wind mhl über bir SliMl ! Noch steht doch das Getreide wie kann da die jreie Phantasie eines Zeitungsfchreibers von Stoppeln reden? — Ausreden lassen: der Wind weht über politische Stoppeln! Und er weht scharf und plötzlich aus einem Loche, von Wannen man ihn nicht vermutete. Nun hat nicht nur Preußen-Deutschland seinen kon servativ-liberalen Mimifter-Reichskanzler, nein, auch Sach- R»»ek«Ue Aphm»«ki> »i Siet»«. Im Goethe- und Schiller-Archiv zuWeimar wur den 171 ungedruckte Aphorismen Goethes gefunden, die vorläufig nur den Mitgliedern der Goethe-Gesellschaft zu gänglich gemacht werden sollen, deren Vorstand Max Höcker H Wit der Herausgabe betraut hat. Einige dieser Geistes perlen seien nachstehend mitgeteilt: Schauspieler gewinnen die Herzen und geben die ihrigen nicht hin; sie hintergehen aber mit Anmut. Der liebt nicht, der die Fehler des Geliebten nicht für Tugenden hält. * DieDeutfchenderaltenZeit freute nichts, als daß keiner dem andern gehorchen durfte. Die deutschen der neueren Zeit haben nichts anderes für Denk- und Preßfreiheit gehalten, als daß sie sich einander öffentlich mißachten dürfen. * Der Wolf im Schafspelz ist weniger gefähr lich als das Schaf in irgend einem Pelze, wo man es für .mehr als einen Schöps nimmt. * Der Tagan und für sich ist gar zu miserabel; wenn man nicht ein Lustrum anpackt, so gibts keine Garbe. * Der Tag gehört dem Irrtum und dem Fehler, die Zeitreihe dem Erfolg und dem Gelingen. O Bescheidenheit gehörte in gute, geschlossene Ge sellschaft. Schon in größerer Hozietät steht das Un bescheidene immer im Vorteil, aber Derbheit, ja Grob heit gehört in eine Volksversammlung, wo der Pöbel mit reden will und den man überschreien oder selbst schweigen und.sich nach Hause drücken muß. Es gibt keine Lage, die man nicht veredel? könntt durch Leisten oder Dulden. O Es ist mit den Jahren, wie mit den Sybillini- sens verantv örtlicher Minister hat die Schläuche des Aeolus geöffnet und gezeigt, welchen er Weg er sich vorgezeichnet, welchen Weg er zu wandeln gedenkt, unbekümmert um „Nebeneinflüsie". Noch rauscht der Sturm durch den säch sischen Blätterwald, den Herr von Hohenthal durch die früh zeitige Veröffentlichung feines, bezw. des Regierungsent wurfes des neuen Landtagswahlrechts heraufbcschworen. Wir kennen keinen Präzedenzfall, wo ein Minister wenig stens darin liberal war: Monate, bevor der Entwurf der Kammer zur Beratung und Entscheidung vorgelegt wird, veröffentlicht ihn der verantwortliche Minister sel ber, veröffentlicht ihn bei Gelegenheit einer Tagung von Kommunalbehörden, die man früher zu fragen nicht für nötig hielt, stellt den Entwurf mit seinen Licht- und Schattenseiten (auch solche besitzt er) zur öffentlichen Dis kussion im ganzen Lande! Wozu? Zweifelsohne doch zu dem Zweck und unter dem hochanzuerkennenden Gesichts punkt, daß auf diese Weise das ganze Volk reichlich Ge legenheit habe, sich über das neue Wahlgesetz zu äußern, je nach Parteizugehörigkeit dazu Stellung zu nehmen und den berufenen Vertretern in der Kammer, die über Leben und Tod des Gesetzes zu beschließen hat, seine Zufrieden heit oder Unzufriedenheit mit dem Entwurf, seine Mei nungen und Wünsche dazu bei Zeiten zur Berücksichtigung unterbreiten zu können. Ist das nicht auch Liberalismus? Und dieser Appell an das Volk, an die breiten politischen Parteien ist ja auch richtig verstandst, »vordem wie die Sitzung des Landesausschusses der Nationalliberalen Par tei und die Vorsitzenden-Konserenz des sächsischen Landes. Verbandes Evangelischer Arbeiter-Vereine zeigt. Und alle Parteien werden Stellung nehmen und die Diskussionen innerhalb derselben vor dem Zusammentritt des Land tags werden es ermöglichen, daß die Regierung b e i Zu sammentritt der Zweiten Kammer im Herbst ein klares Bild hat über die Ansichten des sächsischen Volkes in seiner Gesamtheit über das neue Wahlrecht, über Vorteile und schen Büchern; je mehr man ihrer verbrennt, desto teurer werden sie. Wer vorsieht, ist Herr des Tages. * Man muß eine Sache gefunden haben, wenn man wissen will, wo sie liegt. * Man muß nicht fürchten, überstimmt zu werden, wenn uns widersprochen wird. * Zum idealem Teile gehört der Kredit, zum realen Besitztum physische Macht. * Der Kreöitist eine durch reale Leistungen erzeugte Idee der Zuverlässigkeit. -st Eime richtige Antwort ist wie ein liebloser Kuß. * Ein ausgesprochenes Wort fordert sich selbst wieder. Ich denke immer, wenn ich einen Druckfehler sehe, es sei etwas neues erfunden. * Der zur Vernunft geborene Mensch bedarf noch gro ßer Bildung, sie mag sich ihm nun durch Sorgfalt der El tern und Erzieher, durch friedliches Beispiel oder durch strenge Erfahrung nach und nach offenbaren. Ebenso wird zwar der a n g e h e n d e K ü n'st ler , aber nicht der vo l l- endete geboren, sein Auge komme frisch auf die Welt, er habe glücklichen Blick für Gestalt, Proportion, Beweg ung; aber für höhere Komposition, für Haltung, Licht, Schatten, Farben kann ihm die natürliche Anlage fehlen, ohne daß er es Lewahr wird. Ist er nun nicht geneigt, von höher ausgebildeten Künstlern der Vor- und Mifzeit das zu lernen, was ihm fehlt, um eigentlicher Künstler zu sein, so wird er im fal schen Begriff von bewahrter Originalität hinter sich selbst zurückbleiben; denn nicht allein das, was mit uns geboren ist, sondern auch das, was wir erwerben können, gehört uns an und wir sind es. » I. -i/V Nachteile des Entwurfs, über seine Teile. Die Regierung wird somit in der Lage sein, schon vor der definitiven Vorlage Aenderungen, Verbesserungen zu treffen und dadurch wird schon viel gewonnen — werden können! Aber nicht nur durch die frühzeitige Verlautbarung der Ideen als Schöpfer der neuen Vorlage hat der Graf von Hohenthal und Bergen bewiesen, daß mit seinem Ein zug in das Ministerhotel zu Dresden ein frischer, moderner Geist innerhalb der Staatsregierung Platz gegriffen hat, daß ein Mann die Zügel der Regierung ergriffen hat, der seiner Zeit schon weit bester vorsteht, als sein Vorgänger im Amt — er hat auch den Mut, sich öffentlich zu wahren gegen Nebeneinfsüste, die er als im höchsten Grade unbe rechtigt und unzulänglich erkannt hat. Ein neuer Wind weht über die Stoppeln — die Stoppeln der Reaktion; er weht schars um die Ohren ge wisser Herren, die sich unberechtigterweise einen nicht zum Nutzen des Landes dienenden Einfluß verschafft hatten?; ihnen den satirschen und nicht von großer Achtung zeugen den Titel „ungekrönter König von Sachsen und sein Schild knappe" eingetragen hatten. Wer wollte wohl so kurzsich tig, so politisch kurzsichtig sein, nicht trotz „Leipziger Ztg." aus dem Munde des Herrn Legationsrates von Nostitz- Wallwitz, der am Mittwoch abend im Dresdner Konser vativen Verein den „extrem-konservativen" Agrariern die Freundschaft aufkündigte, die Sprache seines Herrn und Meisters, des Grafen Hohenthal zu hören? Und geschah dies wohl von ungefähr, nachdem derselbe Herr von Noftitz bereits im April d. I., als Dresdens Oberbürgermeister feine Vorschläge für die unbedingt notwendige Reform des konservativen Parteiprogrammes vorlegtc, in der Dis kussion erklärte, „mit dem Nutoritätsprinzip allein laste sich das moderne Staatswesen nicht zusammenhalten, da mit locke man keinen Hund hinter dem Ofen hervor"? Ein Man kann Niemand lieben, als dessen Gegenwart man sicher ist, wenn man sein bedarf. O Vollkommenheit kann mit Disproportion bestehen, Schönheit allein mit Proportion. Der Humor entsteht, wenn die Vernunft nicht im Gleichgewicht mit den Dingen ist, sondern entweder sie zu beherrschen strebt und nicht damit zu stände kommen kann: welches der ärgerliche oder üble Humor ist; oder sich ihnen gewissenhaft unteNvirft und mit sich spielen läßt, salvo honore: welches der heitere Humor oder der gute ist. Sie läßt sich gut symbolisieren durch einen Vater, der sich herab läßt, mit seinen Kindern zu spielen, und mehr Spaß ein- ! nimmt als ausgibt. In diesem Falle spielt die Vernunft den Gosso, im ersten Fall den Moroso. Der echte Deutsche bezeichnet sich durch mannigfaltige Bildung und Einheit des Charakters. Die Kirche schwächt alles, was sie anrührt. * Die Ohrenbeichte im besten Sinne ist eine fortgesetzte Katechisation der Erwachsenen. * Zum Schluffe wollen wir die bisher ebenfalls unge druckte interessante Aeußerung wiedergeben, die Goethe über die Herausgabe seiner sämtlichen Werke machte. Sic gewährt einen tiefen Blick in das Seelenleben des Dichters, dem es eine große Freude ist, seine sämtlichen literarischen Arbeiten noch selbst redigieren zu können. Er schreibt: „Ta ich nicht lange mehr Zeit habe, meine vieljährig durchgedachten Ueberzeugungen auszusprechen, so verzeihe man, daß es hier geschieht; vielleicht erprobt sichs früh oder spat, was gegenwärtig den jüngeren Kunstgenoffen fremd, unzulästig und widerwärtig erscheinen mag." Warum ich mich besonders auf die Herausgabe meiner sämtlichen literarischen Arbeiten freue, warum ich wünsche, sie noch selbst zu redigieren, ist das Gefühl, haß ich zuletzt reiner auftreten kann als im Leben. Der Autor, der begleitet von der ganzen Maste seiner Bestre-