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6S. Jahrg Donnerstag, den 13. Juni 1S07 M.135 liegen solle. Von einem solchen Vorschläge, dessen Zweck auch schwer erkennbar wäre, ist in den Berliner amtlichen Kreisen vorläufig nichts bekannt. Die französischen Blät ter begrüßen den Vorschlag, weil es ihnen angesichts ihrer schwachen Effektivstunde und ihres mangelhaften Festung systems erwünscht ist, wenn zwischen Kriegserklärung und Kriegsbeginn ein Zeitraum eingeschaltet wird. Beiter blickende Organe meinen jedoch lehr richtig, daß die se kundierenden Staaten Jir sich dgs Recht in Anspruch neh men werden, darauf zu halten, daß der Stand der Kriegs fertigkeit während der geplanten Bedenkzeiten auf beiden Seiten unverändert bleibt. Zugegeben, daß die belgischen Mägdlein gleich auf's Ganze gehen: Sie laden jeden Junggesellen, der eine Frau sucht, aber sie bisher nicht hat finden können, für den Fest tag des Heiratsmarktes in ihre Stadt, zeigen sich persönlich, wie bei der Darbietung von Speise und Trank und bei Spie! und Tanz von der besten Seite, und diese kann in der Tat nicht viel zu wünschen übrig lassen, denn das Resultat dieses letzten Heirats-Marktes waren 2 2 Brautpaare. Die jungen Damen müssen also wirklich eine Zugkraft besitzen, die auf die Männer Eindruck macht. Möglicherweise sagen sich auch kritische junge Leute, wenn ich eine Frau bekomme, die vom ersten Tage der Bekanntschaft an aus ihrem Wol len und Können kein Geheimnis macht, so bin ich besser dran, als wenn ich lange sie erst studieren soll. Vor allem beweist aber dieser lustige Brauch, daß die Mädchen von Eccausines wissen, daß' sie ein sehr gutes Re nommee unter den Töchtern des Landes haben, denn sonst würde ihnen ihr ganzer Heiratsmarkt nicht das Mindeste nützen. Und sie haben dies Renommee nicht bloß, sie pfle gen es auch, und mit Stolz berichten sie von den vielen glücklichen, in ihrer Stadt auf diesem, für sie nicht mehr ungewöhnlichem Wege abgeschlossenen Ehe. Konkurrenz ist ihnen anderswo noch nicht in dieser Art gemacht worden; die jungen Damen rümpfen sich wohl die Näschen über dies sich den Männern an den Hals Werfen, aber die Jung frauen von Eccausines lächeln darob stillvergnügt, lassen die anderen schelten und heiraten. Jedenfalls liegt — wenigstens heute noch — in dem Schelmenspiel der Kern der persönlichen hausfraulichen Tüchtigkeit der jungen Mädchen, sie sind hinter das kleine und doch so große Geheimnis gekommen, daß diejenige Frau die gesuchteste ist, die ihrem Mann von seinen Sorgen einen Teil abzunehmen, ihm das Leben leicht zu machen versteht. Diese jungen Belgerinnen sind Vertreterinnen des prakti schen Lebens; und das ist schließlich doch eine große Haupt sache'! kki»s Wisteschch Mlt Mist. * Im Residenztheater geht am Mittwoch und folgende Tage der Schwank „Die Doppel-Ehe" in Szene. * Eine neue Erklärung der Erdbeben. Ein bekannter und geschätzter Naturforscher, der das große Erdbeben von San Franzisko miterlebt hat^ Professor See, ist jetzt auf Grund seiner dortigen Erfahrungen mit einer neuen Auffassung über den Ursprung der Erdbeben hervor getreten, die er in einem Vortrag vor der amerikanischen Philosophischen Gesellschaft in Philadelphia entwickelt hat. Nach seiner Ueberzeugung werden alle heftigen Erdbeben, die sich über die ganze Welt bemerkbar machen, durch Lava- Explosionen unterhalb des Meeresbodens verursacht, und diese Explosionen sollen wieder durch das allmähliche Ein sickern von Seewasser in den Meeresboden und durch die Verwandlung dieses Wassers in Dampf entstehen. Er ver sucht nachzuweisen, daß der Druck der Waffermassen der Ozeane auf ihren festen Untergrund so gewaltig ist, daß das Wasser Durch die Gesteine der Erdkruste hindurchgetrie ben wird, bis es in einer Tiefe von etwa 30 Km. in Berüh rung mit geschmolzenen Gesteinen von etwa 2000 Grad Hitze gelangt. Dann entwickelt sich in der Erdkruste ein gewaltiger Dampf, dessen Spannung die festen Gesteine zerreißt und die Lava vom Grunde des Meeres gegen das Land zu treibt. Diese Kraft führt nach der Ansicht von Professor See auch zur Bildung von Gebirgen, und er meint, daß unter allen Gebirgen Lagen von poröser Lava oder Bimstein zu finden sein müßten. Daraus schließt er auch den innigen Zusammenhang zwischen Vulkanausbrü chen und Erdbeben, wie er schon im Altertum angenommen und ganz neuerdings wiederum betont worden ist. Man darf gespannt sein, welche Aufnahme die neuen Lehren von Professor See bei seinen Fachgenossen finden werden. Vor läufig befinden sie sich in einem starken Widerspruch zu den bisherigen Auffassungen. Die Weite Haager Friedeaskaaferear. Im Haag ist es jetzt ähnlich, wie seinerzeit in dem kleinen spanischen Neste Algeciras: Die Zirbmer der weni gen vorhandenen Hotels sind bis auf das letzte zu sehr be achtenswerten Preisen an Diplomaten vermietet. Die Ho teliers und Gastwirte im Haag machen in den kommenden Wochen ein gutes Geschäft; das ist sicher. Und da wir allen Erwerbskreisen auf Erden und nicht zuletzt den Gast wirten, gute Geschäfte gönnen, so konstatieren wir gern, daß der zweiten Haager Friedenskonferenz wenigstens ein erfreuliches Ergebnis gesichert ist. Ob diesem noch viele andere folgen werden, wissen wir nicht; aber diese Unwis senheit geniert uns weiter nicht, da wir uns mit ihr in der besten Gesellschaft befinden. Die Diplomaten mit den klangvollsten Namen, die in diesen Tagen im Haag eintref- sen, müssen sich gleich uns mit der Weisheit des griechischen Philosophen und der modernen Physiologen begnügen: ig- uoramus, wir wissen's nicht. ZrveiimdMUjjg BrautMtt au riuern Tage. Bon Hans Wald. (Nachdruck verboten.) Die jungen Mädchen der belgischen Stadt Eccausines haben sich durch die Veranstaltung ihres neulich zum fünf ten Male stattgehabten „Heirats-Marktes" vielleicht mit dauernderen Buchstaben in das Buch der Geschichte der Frauen-Entwickelung eingetragen, als manche berühmte Zeitgenossin. Wir haben heute viele weibliche Stimmen zu verzeichnen, die nach einem idealen Zukunftsbilde für die ganze Frauenwelt streben, aber leider kommen wir vor viel zu viel Theorie nur wenig zur Praxis. Alle modernen Frauen-Rechtlerinnen meinen es zweifellos auf das Beste mit ihren Mitschwestern, aber das stößt die Tatsache nicht um, daß die meisten von diesen es immer noch mit dem alten Sah halten, ratet mir, ob ich heiraten soll, aber ratet mir nicht ab! Die Mehrheit des zarteren Geschlechts findet in dem Glücklichmachen eines Mannes höhere Genugtuung, als in der Herbeiführung eines Jdealzustandes für alle weiblichen Wesen, der schließlich doch nur auf Selbsttäu schung hinausläuft. Verlieben und Verloben findet zu jeder Jahreszeit statt; beim Fallen der Schneeflocken, wie beim Blühen der Role.r und beim welkenden Laub. Aber es soll nicht klar und deutlich verkündet werden: „Ich möchte gar zu gern heiraten." Denken können das alle jungen Mädchen, aus sprechen dürfen sie es höchstens in der anonymen Heirats- Annonce oder zum Heirats-Vermittler. Die jungen Da men der ghcn genannten belgischen Stadt meinen dagegen, wenn man so von Herzen einen geliebten Gegenstand haben möchte, dann auch heraus mit der Sprache! Viel leich: findet ein zartes Gemüt darin eine Rauheit der Sit ten und vermißt jede Poesie; aber wenn vor einer Ver lobung hörbar mit dem Geldbeutel geklingelt wird, dann ist die Poesie auch nur eine sogenannte. Rereße Ereigviße. Der Besuch des Königs am Detmolder Hofe wird am 20. Juni erfolgen. Dem „Matin" wird aus angeblich bester Petersbur ger Quelle die Meldung von einer bevorstehenden Zusam menkunft des Zaren mit Kaiser Wilhelm bestätigt. Die Zusammenkunft werde an Bord der kaiserlichen Jacht „Standard" Ende dieses Monats in der Nordsee erfolgen. Die Herkomerfahrt endete gestern nachmittag in Frankfurt a. M. Der Großherzog von Hessen, Prinz Hein rich von Preußen und die Frau Erbprinzessin von Sachsen- Meiningen hatten sich am Ziele eingefunden. Ned«rtim»»schdch r » Uh» UMt-as. GprechKunde der Nedakttp«: S S Uhr Nachmittag». Zuschriften in redaktionellen Angelegenheiten find nicht an den Redakieur persönlich, sondern ausschließlich an dle Redaktion zu adressieren. Und es trifft eine erlesene Schar hervorragender Staatsmänner und Gelehrter im Haag ein. Das Deutsche Reich wird bekanntlich durch den Botschafter in Konstanti nopel, Freiherrn Marschall von Bieberstein, als seinen ersten Delegierten vertreten sein. Ihm stehen zur Seite: der Geheime Legationsrat im Auswärtigen Amt und Kai serlicher Gesandter Dr. Kriege, der Marineattachee an der kaiserlichen Botschaft in Paris, Kontreaümiral Siegel, der Oberquärtiermeister im preußischen großen Generalstabe, Generalmajor v. Gündell, der Bonner Universitätsprofes sor und Staatsrechtslehrer, Geheimer Justizrat Dr. Zorn, der Legationsrat Dr. Göppert, der Kapitänleutnant vom Admiralstabe der Marine Retzmann und der Petersburger Vizckonsul Dr. Trautmann. Das sind 8 Delegierte. Größer noch ist die Zahl der Vertreter anderer Staa ten. Unter den Delegierten Oesterreich-Ungarns befindet sich der außerordentliche Botschafter Kapitän Merey v. Ka- pos-Mere und der Minister v. Macchio, unter den engli schen Sir Edward Frey und Sir Ernest Sator, unter den russischen Botschafter Nelidow und Staatsrat v. Martens. Unter den Delegierten der Republik Frankreich, die als ersten Vertreter den bekannten Staatsmann Leon Bour geois entsandte, befindet sich^auch der Agitator des Welt friedengedankens Baron d'Estounelles de Constant. Sehr groß ist die Zahl der nordamerikanischen Delegierten, an deren Spitze der Botschafter Joseph Choate steht. Italien entsendet den Botschafter Tornielli, Spanien den Botschaf ter de Villa Morutia. Außerdem sind vertreten die drei skandinavischen Staaten, Griechenland, Rumänien, die Türkei, Brasilien, Argentinien, Columbien, Salvator, Ja pan und China. Den Vorsitz bei den Konferenzverhandlungen führt der Pariser Botschafter Rußlands Nelidow. Er ist zurzeit kränklich, so daß die Konferenz möglicherweise für ihn einen Ersatzmann wählen muß. Ein sogen. Sekundantenvorschlag soll Pariser Meld ungen zufolge vom Präsidenten Roosevelt auf der Haager Friedenskonferenz eingebracht werden. Das wesentliche dieses Vorschlags soll in der Bestimmung gipfeln, daß zwi schen der Kriegserklärung und dem Beginne der Feindselig keiten eine von neutralen Mächten zu überwachende Frist v,rtt,«jährlich »«wlltch «. I^o «. — SO , rss , —.74 , r— -^0 . i so . —LL Per »mkistkti» ii IjihstU Die heurige Jahresversammlung öer Bereini gung von Bürgermeistern in mittleren und kleineren Städten und der berufsmäßigen Gemeindevorstände des« Königreichs Sachsen wurde am Sonnabend in Jöhstadt ad- gehalten. Nach Begrüßung durch den Vorsitzenden, Bürger meister Goldammer-Geringswalde, und Absendung eines Huldigungstelegramms an König Friedrich August fand die Prüfung und Richtigsprechung der 'Jahresrechnung 1906/07 statt, sowie Borstandswahleu^Mchchenen Goldam mer-Geringswalde als Vorsitzender, HiDÄ-Hartha als Kas sierer, Kleinhempel-Wilkau als Schriftführer hervorgingen. Einen wertvollen Vortrag hielt darauf Herr Gemeinde- Vorstand Reinhardt- Cossebaude. Die Versammlung nahnr einstimmig folgende Resolution an: „Die Bereini gung wolle heute beschließen, beim Sächsischen Gemeindetag zu Bautzen dahin zu wirken, daß dieser den Beschluß fasse, an das Königliche Ministerium die Bitte zu richten, höch stens 10 Prozent des verzinslich angelegten Vermögens der Sparkassen in mündelsicheren Jnhaberpapieren zu fordern und bis zur Erreichung dieses Besitzstandes alljährlich höch stens ein Fünftel des Ueberschusses ihres verzinslich ange legten Vermögensbestandes über den Bestand des Vorjah res in dem vorgeschriebenen Anteilsverhältnisse zur An- schaffung von Jnhaberpapieren zu verwenden. Sollte das Königliche Ministerium diese Bitte nicht erfüllen, dann soll sich der Gemeindetag an den kommenden Landtag mit der DmstkitW »d ObMMkft A—1 rkIzt 1 M äie M llmirdanptmanntcdaNe» vkerae» RIM»« u. kensttOt, (las llgl. llmrgencbt vtercke«, /iInldvKskl sigi. Zupenntenckenlln vresäen II, äie Xgl. 5otstten1<imler vkesäen, Monlrbutg eie r-NltVNr, NelMtr. 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