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W O U N Feierabend OM Unterhaltungs-Beilage -er Sächsischen Volkszeitung Nr. 52 Sonntag den 25. Dezember MO Das hochheilige Weihnachstsest. Evangelium: Geburt Christi. Lukas 2. 1-20. „Und da? Wort ist Fleisch geworden." Wir können über diesen kurzen Ausspruch des erleuchteten Sehers von Patmos ohne Unterlass froinnic Betrachtungen anstellen, ohne fürchten zu müssen, es würde nnS jemals der Stoff für erbauliche und herzerhebende Erwägungen ausgehen, so groß ist die Fülle trostvoller und beseligender Wahrhei ten, die jener Satz in sich enthält. Führt doch in demselben der heilige Evangelist unseren Geist empor zum Himmel in den Schoß der allerheiligsten Dreifaltigkeit, und zeigt uns daselbst das ewige Wort Gottes, den eingeborenen Sovn des Vaters in jener göttlichen Herrlichkeit, die er von Ewig keit her mit dem Vater und dem heiligen Geiste besitzt. Zugleich aber läßt er uns schauen, wie der Sohn GotteS den Glanz seiner Majestät anfgibt, das Szepter seiner kö niglichen Gewalt niedcrlegt und vom Himmel auf die Erde berabsteigt, um als ein armes und schwaches Kiudlcin,. mit Tränen in den Angen unter uns zu erscheinen. Seinem auserwählten Volke hatte Gott der Herr ge- ossenbart. daß er in unzugänglichem Liebte wohne, nieman den zeige er sein Angesicht, zwar gab er genugsam seine Liebe zu erkennen, aber die Menschheit fürchtete doch mehr seine strafende Gerechtigkeit, als wie sie auf seine Liebe ver traute. weil sie durch ihr Schuldbewusstsein niedergedrückt, nicht wagte, aus die väterliche Huld und Gnade GotteS zu rechnen. Ta öffnete sich der bislang verschlossene Hirn- mel, ein Strom von Licht ergießt sich in die Finsternis, die die Erde rings umgibt, süßer Gesang ertönt ans der Höhe und Friedensboten verkünden den Völkern das beseligendstc- aller Ereignisse: Das Wort ist Fleisch geworden. Heute ist cuch in der Stadt Davids der Heiland geboren worden, der Christus der Herr ist. Nun wissen wir, daß unser Gott nicht ferne von uns wohnt, daß er das Werk seiner Hände nicht verstoßen bat, denn die Erde weilst er zu seinem Taber nakel ein, hier wird er Mensch und nimmt die Schwach- beiten und Gebrechlichkeiten der menschlichen Natur ans sich. Er wird Flei'cb, das null sagen, er verzichtet auf alle Ehren.und- Herrlichkeiten der Welt, nichts nimmt er von der Erde an, als die bloße menschliche Natur: er wird geboren, er wächst, er erreicht sein Manne-Salter, er stirbt, wie wir, er denkt und empfindet gleich un-S, er hat dieselben Bedürf nisse der Nahrung, Kleidung und Wohnung, der Tätigkeit und der Nutze, er teufst und weint und leidet gleich uns. Dürfen wir darum nickst mit Recht sagen: Der Sotzu Gottes ist unter Bruder geworden, durch seinen Sotzn ist Gott der Vater uns wiederum näher getreten und durch den Sohu dürfen wir hinwiederum dem Vater uns naben? Das Wort ist Fleisch geworden, das tzeisst: Unser Gott hat die Mütz- ieligkciten der menschlichen Natur ans 'einen eigenen gött lichen Schultern getragen, er versteht unsere Klagen auch darum, weil er unsere Schmerzen kennt, deshalb dürfen wir ganz fest versichert sein, daß er Mitleid mit unseren Be schwerden hat, daß wir uns au ilm, als den treuesten Freund, den mächtigsten Helfer, den liebreichsten Vater wen den dürfen. Kein Seufzer wird auf Erden ausgestoßen. den er nicht zählt, keine Träne wird geweint, die er nicht rechnete, kein Schmerz wird getragen, den er nicht beachtete, kein Leiden erduldet, das er nicht zu lindern bereit wäre. Und zeigt sich die Liebe nicht vyrzüglich im Helfen, Geben und Unterstützen? Beachten wir aber auch, für wen das Wort Fleisch geworden ist, bedenken wir die Tiefe des menschlichen Sündenelendes, rechnen wir nach, wie viele Opfer, wie heiße Mühen, wie zahllose Drangsale der Sohn Gottes es sich hat kosten lassen, uns aus diesem Elende zu erretten, erwägen wir, wie wir seine Liebe nicht im mindc- sten verdienten und wie er sich nicht daran genügen ließ, uns bloß zu trösten, sondern wie er uns aus dem Unglück zum Glück, aus der Schmach zur Ehre, aus -er Armut zum Reichtum erhoben, wie er uns aus elenden Sklaven des bösen Feindes zu freien und vielgeliebten Kindern unseres Gottes gemacht hat, dies alles haben wir zu erwägen und dann werden wir erkennen, wie die Liebe unseres Gottes in der Tat au Weihnachten das Fest ihres höchsten Trium phes feiert. Allen Menschen ist nach St. Pauli Wort die Gnade und Menschenfreundlichkeit unseres Gottes erschie nen, allen ruft er zu, daß es seine Wonne ist, bei den Men schenkindern zu sein. Möchten darum auch alle, alle zur Krippe des neugeborenen Heilandes kommen und in Demut und Liebe den verherrlichen, der aus Liebe zu uns gekom men ist. So wollen wir uns gegenseitig zurufen das Wort der frommen Hirten: Laßt uns nach Bethlehem gehen und schauen, was der Herr uns verkündigt hat. Wir feiern wiederum den hochheiligen, den überaus freudenreichen Tag. an dem die Menschheit nach viertau sendjähriger innerer Nacht die Sonne der ewigen Gerechtig keit emporsteigen sah. Wir feiern das Fest, dessen Geheim nis die Wurzel, den Ausgangspunkt, die Grundlage unserer Erlösung bildet, denn ohne die Menschwerdung des gött- licben Wortes gäbe cs auch keinen heiligen Erdenwandel, kein Leiden und Sterben des Gottessohnes und folglich auch leine Erlösung des menschlichen Geschlechtes, nun aber, nach dem die Engel das fröhliche Gloria über Bethlehems Flu ren gesungen haben, nun wissen wir, daß der Sehnsuchtsruf der Menschen erhört ist. Tauet ihr Himmel den Gerechten, ihr Wolken regnet ihn herab, nun wissen wir, daß alles Fleisch das Heil Gottes schauen soll. O, möchten wir weih- nächtliche Gefühle und weihnachtliche Früchte aus der Weih nachtszeit gewinnen. Sulamith. Ein Roman a»S dem modernen Tunis. Von E.ich Friesen. -chluh. Nachdruck verboten. Ringsum an den mit kostbaren Gobelins geschmückten Wänden schwellende, leuchtendseidene Diwans und farben prächtige Bilder. Den Boden vollständig bedeckend, ein dicker, weicher orientalischer Teppich. Von der vergoldeten, kuppelartigen Decke an goldener Kette tzerabhängend, eine rotverhängte Ampel, die den ganzen lauschigen Raum mit matter, lebens-warmer Glut überhaucht. Sulamith setzt sich auf einen der Diwans. Sie ist müde - wie stets, wenn sie mit ganzer Hingebung ihr? Nolle durchgeführt hat. Unwillkürlich schließt sie die