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M O M U Feierabend WM WW Unterhaltungs-Beilage der Sächsischen Volkszeitung Nr. 35 Sonntag den 28. August MO Gottesglauben aus der Natur. CNN des Waldes lauschiges Dunkel winkt lind der Oöglcin fröhlicher Sang mich lackt, Dann macht' ich dich, Schöpfer der Welten, Herr, Loben und preisen. Dort grad', wo die flüchtige Welt vorbei wandelt blinden Auges und kalten Sinns, Dort gerade zeigst du, o Gott, dich in Mächtiger Größe. Großes schuf im irdischen Wettstreit wähl Und Bewundernswertes der Mensch; doch zeigt Jenen, der der irdischen Güter Krone Schenkte: das LebenI Jenes Leben, das in der kleinste» Hflanze Atmet und mit seiner geheimen Kraft wachsen läßt und Schößlinge treiben, die Mächtig emporblühn. Jenes Leben, das das geringstc Tier Höher stellt als kunstvolle Bauten von Menschenhand, die schöner dein Auge zwar Scheinen, doch tot sind. wer vcrmöcht' es, Sterblicher, Leben dem Linzuflößc», der sich der Schöpfung Krone Nennt in stolzem Wahn? V der Lrdc keiner! Alle verstummen! Tote Werke schaffen und Gottes Dasein Leugnen frechen Sinns, ja das ist »erstattet; Aber eine Welt zu regieren, das ist Keinem hier möglich! Kann der Denker sagen: „Ls lebt ein Gott!" wenn er hier in Fracht vor sich sicht die Welt, Deren Freuden rings uns umgeben? Bein! Beuge dich glaubend! I,. K. 15. Sonntag nach Pfingsten. Eoangelium: Ter Jüngling z» Naim. Lukas 7, il —16. Ter Tod läßt uns unsere Lebensgüter in ihrem rechten Werte erkennen. Um bei diesem ninsaisenden Gegenstände nicht zu weitschweifig zu werden, wollen wir nur einen Blick ans jene Güter werfen, an welche die Menschen besonders ihr Herz zu verpfänden pflegen. Und wem anders gebührt da wobl der erste Rang als dem Reichtum. Ter heilige Papst Gregor, als er die Worte Jobs in Ansehung der Reichen erklärt, sagt: Die Seele des Neichen schläft. Warum? weil nur das Fleisch bei ihnen wacht, für das sie sammeln und für dessen Freuden sie Güter suchen. Und die Seele, so fährt der Heilige Vater fort, wird nicht eher erwachen, bis das Fleisch zu schlafen beginnt, d. b. bis der Tod kommt und den Kerker der Seele öffnet und ihre Fesseln löst. Gehen wir in das Haus eines sterbende» Reichen, in den Palast, der vormals eine Stätte des Ueberslnsses war und nun eine Wohnung des Schmerzes ist: begeben wir uns bis in das stille Gemach zu dem prächtigen Bette, das die Weich lichkeit anfgerichtet hat und das nun das Lager der Qual geworden ist. Sehen wir den Kranken von einer Menge unnütz gewordener Diener und kraftlos gewordener Heil mittel nmgeben, wie er eine ruhige Lage sucht und sie nicht suchen kann, wie er das Ende kommen sieht und ihm nicht wehren kann. Selien wir, wie seine Kinder, die Erben seiner Schätze um ihn herstehen und zu helfen nicht ver mögen, und hören wir, was der Scheidende zu ihnen sagt. Einst war seine Sprache nichts als der Unterricht des Eigen- nutzes: jetzt, da ihm der Tod die Eitelkeit seiner Besitztümer zeigt, redet er ganz anders. Sehet, meine Lieben! spricht er, welch ein Ende cs mit mir und meinen Schätzen nimmt. Einst habe ich mein Glück auf die Erwerbung und Erhaltung derselben gesetzt, nun muß ich sie verlassen. Von so vielen Sorgen, die ich getragen, so vielen Mühen, denen ich mich unterzogen, so vielen Gütern, die ich gesammelt, bleibt mir nichts und nehme ich nichts mit hinweg als meine Tugenden und meine Laster. Ahmt mir nicht nach. Sammelt bessere Güter. Suchet rach Schätzen, die euch in die Ewigkeit folgen. Und vergeht nie, daß die kleinste gute Tat mehr wiegt ans der Wagschale des ewigen Richters als alles Gold und Silber der Welt. Die Nichtigkeit des Reichstums, sagen die anderen, sehen wir wohl ein, auch ohne des Todes ernste Lehre, aber cs gibt ein anderes Lebensgut, das in unseren Augen un gleich höher steht, das ist die Ehre, das Ansehen bei unseren Brüdern, die vorteilhafte Meinung, die andere von unseren Talenten, unseren Verdiensten und Leistungen haben. Ter Tod mag unseren Leib vernichten, wir mögen scheiden aus der Zahl der Lebendigen, unsere Reichtümer mögen andere unter sich verteilen oder sie mögen zu Staub werden, unser Ansehen, unser Name lebt fort. Und doch ist es eben hier, wo der Tod seine ganze Macht zeigt und auf die er schütterndste Weise triumphiert. Es mag wahr sein, daß einige wenige Namen von Fürsten, Helden, Weisen in der Weltgeschichte fortlebcn und das zweideutige Glück haben, von den Kindern auswendig gelernt und von einem Gc- schlechte auf das andere übertragen zu werden, im allge meinen aber, was kann rührender und zugleich demütigender sein, als zu bedenken, wie schnell wir, wenn wir erst von dieser Erde geschieden sind, auch vergessen und aus dem An denken der Menschen entrückt sein werden. Betrachtet sie doch, jene vielgenannten, mit Titeln, Ehren und Ansehen reich ausgestatteten Menschen: sehet die Freunde, die Diener, die Schmeichler, welche sie umgeben: was braucht es mehr als einen Augenblick, und alles ändert um sie her seine Ge stalt: der Tod zerstreut ihre Freunde, beraubt sie ihrer Diener und macht aus Schmeichlern, ach wie oft, die bittersten Tadler. Aber die Angehörigen, Verwandten, Erben. Wohl, um einige treue Seelen zu besitzen, brancht's weder eines berühmten Namens noch hohen Ansehens; der in dunkler Nichtbeachtung still und anspruchslos dabin- lebendc Mensch zählt unter der kleinen Zahl derer, die ihm näher stehen, oft die treuesten und anhänglichsten Seelen. Aber betrachte» wir die gewöhnliche Menge derer, welcl>e die Hohen und Mächtigen zu Grabe geleiten! Nun, sie wer den ihren Verlust beklagen, sie werden die Tugenden und Verdienste des Dabingeschiedencn in ibr Gedächtnis zurück- rufen, vielleicht auch eine Träne weinen, aber sie werden auch die ersten sein, die sich um den Erben seines Amtes, leines Titels, seines Ansehens von neuem sammeln und dadurch, daß sie den Vorangegangenen vergessen, den Nach folger zu ehren suchen. Hier, sagt der heilige Bernhard,