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O Feierabend WW Anterhaltungr-VeUage -«r Sächsischen volkrzettung Nr. 50 Sonntag den Dezember MO Dritter Advrrttssnntag. S».: Johanne» d- T. antwortet der Gesandtschaft deS Hohen Rate». Johannes 1, 19—28. In dem heutigen Evangelium offenbart sich eine be wunderungswürdige Demut des hl. Johannes des Täufers. Dieser große Vorläufer des Weltheilandes, schon vor seiner Geburt geheiligt und von Gott im reichsten Maße be gnadigt, keusch wie ein Engel, dennoch ein strenger Büßer hervorragend vor seinen Zeitgenossen Lurch Gerechtigkeit und Weisheit, so daß er Staunen und Bewunderung in Israel erregte — dieser Mann heldenmütiger Tugenden zeigt sich so anspruchslos, bescheiden, demütig gegenüber Jesus Christus. Er sagt vor aller Welt: „Jener (der Hei- land) muß wachsen, ich muß geringer werden! Ich bin nicht ! Christus — in eurer Mitte steht der, den ihr nicht kennt. < Dieser ist es, der nach mir kommen wird, der vor mir ge- i Wesen ist, dessen Schuhriemen aufzulösen ich i nicht würdig bin." Solche Demut verdient unsere Bewunderung. — Wir sollen aber auch dem hl. Johannes ähnlich werden in seiner Demut. Wie er die Gutgesinnten ! Israels durch Erweckung und Uebung dieser Tugend auf j die Rettung durch Jesus vorbereitete, müssen auch wir unser s Herz in dieser hl. Adventszeit durch stete Uebung der Demut > für die Begnadigung durch den Heiland zur hl. Weihnacht ! empfänglich und würdig machen. Darum wird es auch für ! uns von großem Nutzen sein, wenn wir jetzt in Kürze die Art und Weise mit ganz besonderer Aufmerksamkeit be- ! trachten, welche die Heiligen beobachteten, um die Tugen- i der Demut in sich zu erwecken und zu bewahren. Sobald die Heiligen die außerordentliche Wissenschaft, ' welche sie von Gott erhielten und durch Studium sich an- k eigneten, erkannten, führten sie sich oft vor die Seele all die ! Dinge, welche sie nicht wußten, damit die Betrachtung ihrer ! Schwachheit sie demütige. — Bei den guten Werken, welche z sie ausiibten, erinnerten sie sich der sündhaften oder doch ! tadelnswerten Handlungen, welche sie in vergangener Zeit ! verrichtet hatten. Wenn man sich nämlich seine eigenen i Fehltritte vor Augen hält, wird man sich wegen des Der- ! dienstes, das man jetzt hat, niemals eitlem Wohlgefallen ; oder einer unbedachtsamen Freude überlassen. Nahmen die s Heiligen am Nächsten strafbare Handlungen wahr, so dachten ^ sie gleich, jener habe auch verborgene Tugenden, welche ! man eben nicht sähe. — Oftmals bekannten sie vor ihrem s Gotte ihre Armseligkeit und Sündhaftigkeit und hüteten , sich sorgfältig, sich ob eigener guter Werke über den Nächsten § zu erheben. Folgen wir ihnen nach und beachten wir stets ! diese Mahnung des hl. Papstes Gregor des Großen: „Haltet ; euch in allen euren Handlungen an die Demut als an die j Wurzel aller guten Werke. Betrachtet niemals diejenigen, s die ihr an Verdiensten übertrefft, sondern heftet eure i Augen auf jene, denen ihr in der Tugend weichen müßt, da- s mit ihr euch diejenigen, welche die vollkommensten Heiligen ^ find, zum Muster vorstellt und euch allezeit durch die Demut ! zu den größten Dingen erheben möget." Ahmen wir die i Demut deS hl. Täufers nach, so wird es uns auch an dem - edlen erhabenen Selbstgefühle de» von Gott verliehene» ^ Edlen und Guten nicht gebrechen, da» der große Vorläufer * Christi in seiner Antwort an die Abgesandten Jerusalem» nicht minder ausspricht: „Ich bin die Stimme des Rufenden in der Wüste. Bereitet den Weg des Herrn", denn wie die Demut uns vor der Hoffart bewahrt, fo bewahrt unS edle» christliches Selbstgefühl vor aller Entehrung. Sulamith. Sin Roman au» dem modernen Luni». Bon Slich Friesen. U»rtse»un, Nachdruck »erd»»»,. 12. SulamithS Flucht aus dem „goldenen Käfig". Drei Monate sind vergangen, seit Armin Rodewald im weißen Palast Abschied nahm von der Geliebten feine» Herzens. Vom Bahnhof in Tunis, in den soeben der von Goletta kommende Frühzug eingefahren ist, eilt eine junge tief- verschleierte Dame durch das Menschengewühl. An dem ersten Briefkasten macht sie Halt, zieht einen Brief aus der Tasche und läßt ihn rasch in die schmale Spalte gleiten. Dann eilt sie wieder weiter — über die „Place de la Bourse" ... die „Avenue de la Marine" entlang... in die schmale Nebenstraße, in der das „Teatre Franxai»" liegt. Hier erst, wo es um diese Mittagszeit fast menschen leer ist, schlägt sie den Schleier zurück. Es ist Sulamith. Aber nicht die Sulamith von früher. Ernst, zielbewußt blicken die großen Augen. Um be» lieblichen Mund liegt ein Zug von Kraft und Energie. Sie hat soeben dem Vater die Gründe ihrer Flucht mitgeteilt und ihn gebeten, sie nicht zurückzuholen in den „goldenen Käfig", den sie nie wieder betreten werde. Ihr Entschluß sei fest und unabänderlich. Aus eigener Kraft wolle sie weiterzuleben versuchen und geduldig auf Armin» Rückkehr warten, die — ihr Herz sag« es ihr — erfolgen muß! Niemals aber werde sie Sidi Assads Weib!! Nie mals!!! — Als vor drei Monaten Armin Rodewald Goletta verließ und gen Tripolis zog, um der Spur OmarS zu folgen — da strahlten ihre schwarzen Augen fester Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen. Und auch ihr Vater schien zufrieden. Wenigsten» quälte er seine Tochter eine Zeitlang nicht mehr mit dem verhaßten Sidi Assad. Selbst die wilden Söhne der Wüste dort hinten im Park verhielten sich ruhig. Daß sie weiter aufpaßten und spio nierten und nachts den weißen Palast umschlichen, gerade wie früher, wußten die beiden nicht. Nach einigen Wochen traf ein Brief von Armin ein — «in Brief voll Zärtlichkeit und Hoffnungsfreudigkeit, der Sulamith unendlich beglückte und ihren Mut anspornte. Er blieb der einzige. Nichts wieder hörte sie seitdem von dem Geliebten. Zuerst wartete sie, hoffte sie mit unumstößlicher Auv«»- ficht . . . dann begann ihr Mut zu fink«, und fi» >«»de «nvchi» . ..