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Blasewih, Donnerstag, den 11. Januar 1917. Nr. 7. Feierabend- — »Für «nsere Frauen „Amtliche Fremde»- »nd K«rlifte" Ortchetnt jeden Wochentag nachmitlag« 5 Uhr für den folgenden Tag. Beilagen: ! 79. IM,. vezugogedühr: L ; durch die Post vierteljährlich 2.lO, monatlich —.70 1 ' desgleichen frei in« Hau« , 2.52, , —L4» , 2.40, , —^5» Abholung in der Expedition , 2.—, , —.701 Imserate kosten die 6 gespaltene Petitzelle LOPfg., kleine Anzeigen iS Psg., die Aeklamezeile SO Pfg.» Anzeigenannahme bis mittag« 1 Uhr. für die Kgl. Amtshauptmaimfchasten i Dresden-Altstadt u.Dresden-Neustadt das König!. Amtsgericht Dresden, süc die Königi Superinten Dresden II, das König!. Forstrentamt Dresden «nd für die Gemeinden: Blasewitz, Weitzer Hirsch, Laubegast, Dobritz, Wachwitz, Niederpoyritz, Hofterwitz, Pillnitz, Weitzig, Schönfeld Publikalionsorgan und Lokalanzeiger sür Loschwitz, Nochwitz, Bühlau, die Lötznitzgemeinden, Dresden-Striesen, -Neugruna und -Tolkewitz stelctzzgetrellie Wir verbinden unwillkürlich mit dem Gedanken des Friedensschlusses die Hoffnung auf Wiederherstellung der wirtschaftlichen Zustände, wie sie vor dem Kriege waren. Tic zwangsweise Erfassung und Verteilung der wichtigsten Lebensmittel ist eine große Last. Wir sind gründlich von dem Gedanken geheilt, daß durch eine staatliche Verteilung der Lebensmittel gerechte Zustände herbcigeführt werden. Jede Rationierung von Lebensmitteln trägt die Gefahr der Ungerechtigkeit in sich. Die Berücksichtigung der indivi- ducllen Bedürfnisse ist nicht bis zum letzten möglich. Selbst wenn wir uns bemühen, gerecht abzustufcn, den Schwer arbeitern und der Heranwachsenden Jugend mehr zu geben als der anderen Bevölkerung, wenn wir den Unterschied zwischen Stadt und Land machen und die Selbstversorger etwas besser stellen als die vom Staate versorgten; es blei ben stets Ungerechtigkeiten; der eine bekommt für seinen Bedarf zu wenig, der andere hat übrig. Dazu kommen nun all die den gewöhnlichen Sterblichen unverständlichen Folgen der rückhaltlosen Erfassung aller Bestände. Es wird dem Landwirt unverständlich bleiben, warum ihm auch das minderwertige, das feuchte, das ausgewachsene, das zerschlagene Getreide genommen werden muß, das doch in Friedcnszeiten ohne weiteres dem Vieh gegeben wird, und warum er statt dessen teuere andere Futtermittel kaufen muß. Die Landwirte werden stets darunter leiden, daß sie alles Getreide, das sie nicht selbst verzehren, abliefern und damit die hiervon gewonnene Kleie aus der Hand geben müssen u. s. w. Und trotzdem sind diese Maßnahmen zur Durchführung des gesamten Versorgungsplaues unbedingt nötig. Nun besteht Wohl allgemein die Hoffnung, daß, wenn der Friede kommt, alle diese Unnatürlichkeiten beseitigt werden, daß die Knappheit der Portionen aushört und das; jeder wieder so viel kaufen und verzehren kann, wie er will. Diese Hoffnung ist leider eine trügerische. Wir lver- den damit rechnen müssen, daß wir für eine geraume Zeit, vielleicht für mehrere Jahre, mit einer weiteren Beschrän kung des Verbrauchs und einer Rationierung der wichtig sten Lebensmittel uns abfinden müssen. Deutschland wird auch in den kommenden Friedcnsjahrcn zunächst fast aus schließlich auf das angewiesen sein, was in seinen eigenen Grenzen an Lebensmitteln hcrgestellt wird. Hieran wer den in erster Linie unsere Handels- und Währungsverhält nisse schuld sein. Der Schiffsraum zur Einfuhr ausländi schen Getreides wird außerordentlich knapp sein und wird für den Import anderer nötigerer Rohstoffe in Anspruch genommen werden. Die Verschlechterung unserer Valuta wird uns nötigen, so wenig wie möglich aus dem Auslande zu importieren und das ganze Streben darauf zu richten, die Ausfuhr zu steigern. Dabei ist noch nicht in Rechnung gezogen, inwieweit durch unfreundliche Zusammenschlüsse unserer Feinde auch über die Kriegszeit hinaus Schädigun gen unseres Grenzvcrkchrs eintretcn. Dazu kommt aber auch, daß in allen Na^barländern und auch in Amerika die Ernten sehr zurückgcgangen sind und daß in allen un seren Nachbarländern nach Schluß des Friedens eine ge waltige Knappheit der Lebensmittel — wenn nicht gar eine Not — herrschen wird. Es wird sich das merkwürdige Bild enthüllen, daß Deutschland, das von seinen Feinden ausge hungert werden sollte, schließlich in seiner Versorgung mit den wichtigsten Lebensmitteln, insbesondere mit Getreide, das relativ am besten versorgte Land sein wird. Wenn Deutschland aber somit im wesentlichen auf sich angewiesen sein wird, dann wird — selbst wenn die für uns nutzbaren Flächen noch durch besetzte Gebiete vergrößert werden — eine Knappheit an Brot- und Futtergetreide und damit auch an Fett bei uns herrschen. Deutschland ist schon unter normalen Verhältnissen nicht in der Lage, das nötige Brot- und Futtergetreide selbst zu produzieren. Die Ernte kann schon bei vollem Ergebnis nur dann reichen, wenn rationiert wird. Nun ist aber durch die gegenwärtige Kriegswirtschaft die Leistungsfähigkeit der deutschen Land wirtschaft nicht unerheblich verringert. Es ist zwar dankens werterweise geschehen, was geschehen konnte. Die Zurück- Mi unä Lpaler. — 2 gebliebencu haben mit Aufbietung aller Kräfte gearbeitet; aber die Einschränkung der Zahl der Landarbeiter, ins besondere der eigenen Wirtschafter, die Beschränkung in der Belieferung mit künstlichem Dünger, die Behinderung der landwirtschaftlichen Maschinen wegen Stockung der Kohlen transporte u. s. w. haben doch eine derartig hemmende Wir kung auf die Produktion ausgeübt, daß wir mit vollen Ernten — selbst bei durchweg günstigem Wetter — uur nach Ablauf mehrerer Kareuzjahrc werden zu rechnen haben. Es wird also auch nach dem Frieden nötig sein, den Riemen eng geschnallt zu halten. Wir werden weiter scharf rationieren müssen. Wir werden weiter alles Brotgetreide, auch das minderwertige, für die menschliche Nahrung er fassen müssen, und wir werden bis über den Bäcker hin den Konsum zu regeln haben. Erleichterungen werden erst all mählich eintreten und werden dann mit großer Brfiedigung entqegengenommen werden. Man muß aber deu Gedanken mit vollem Ernst erfassen, daß zunächst wegen des Frie densschlusses eine Erleichterung auf dem Gebiete der Le bensmittelversorgung — soweit es sich wenigstens um die Massengüter handelt — nicht eintreten wird. Der Sehn suchtsruf „Gebt uns Frieden, gebt uns mehr Brot!" hat keine innere Begründung. Dessen müssen wir uns bewußt bleiben und nicht wegen des Mangels, unter dem wir lei den, nach Frieden schreien. Nein, sondern das Unvermeid lich tragen; sich gegenseitig helfen mit voller Selbstcntsag- ung, die Kräfte bis zum äußersten anspannen, um die Güter zu schaffen, die Deutschland hcrvorbringen kann, und im übrigen volles Vertrauen zu Gott und unserer gerechten Sache haben, das ist's, was not tut! Unterstaatssekretär Michaelis. Erfolgreicher Angriff deutscher Marineflugzeuge auf belgische Küstenlager. Berlin,!). Jan. Amtlich. Deutsche Marineflug zeuge griffen am 7. d. M. nachmittags ein Barackenlager westlich von La-Pannc-Bad und Nieuport-Bad erfolgreich mit Bomben an. Eine Frage an Gerard. Haag, 9. Januar. Reuter meldet aus Washington: Der Staatssekretär des Acußcren hat den Botschafter Gerard in Berlin drahtlich ersucht, Aufklärungen zu geben über die von ihm bei dem Bankett der amerikanischen Han delskammer in Berlin abgegebenen Erklärungen, welche lauteten, daß seit Beginn des Krieges die Beziehungen zwi schen den Vereinigten Staaten und Deutschland nie so herz lich gewesen sind, wie jetzt. (Eine Bestätigung dieser Nach richt bleibt abznwarten. D. Red.) Ultimatum an Griechenland. Piräus, 9. Jan. (Nentermeldung.) Die Entente mächte Frankreich, England, Rußland und Italien über reichten heute morgen der griechischen Regierung ein Ulti matum, worin die Annahme der in der Note vom 31. De zember enthaltenen Forderungen binnen 48 Stunden ver langt wird. (W. T. B.) A t h e u, 9. Jan. Reuter. Das Ultimatum der Al liierten bietet auch Bürgschaften gegen eine Ausdehnung der vcnizclistischen Bewegung. (Reuter hat die Empfänger dieses Telegramms später ersucht, cs nicht zu veröffent lichen.) Eine holländische Absage an den neuen englischen Gesandten. Zur Ernennung des neuen englischen Gesandten in Holland meint ein Blatt im Haag: Wenn in der englischen Prcssc hcrvorgehoben werde, daß der neue Gesandte eine kräftige Persönlichkeit sei und wiße, wie er an den natio nalen Geist derjenigen Niederländer appellieren müsse, die mcht auf der deutschen Seite stehen, so berührten solche Eigenschaften die Holländer wenig sympathisch. Holland brauche keinen starken Mann aus dem Auslände, um es zu zwingen, seinen neutralen Pflichten genau nachzu kommen. Ui strkgrlsge. U-Boots-Ankauf durch Holland. H a a g, 9. Jan. In einer Denkschrift zu dem Ma rineetat für 1917 machte der Marineminister Rambonnet gestern der Zweiten holländischen Kammer die über raschende Mitteilung, daß die Regierung mit der englischen und der deutschen Regierung in Verhandlungen stehe, um die beiden in Holland internierten Unterseeboote anzukau fen. Bekanntlich hätte das holländische Parlament bereits die Mittel zum Bau vou Unterseebooten bewilligt, aber da der Bau durch die Zeitvcrhältuisse verzögert werde und es wünschenswert sei, daß die holländische Regierung schnell stens in den Besitz einer Unterseebootflottille gelange, wur den diese Kaufverhandlungen angeknüpft, die vor dem Ab schluß stellen. Das englische Tauchboot hat eine Wasser verdrängung von 335 To. an der Oberfläche und 434 To. unter Wasser, mit 4 Torpcdoröhren; es wurde während des Krieges in Montreal (Kanada) angefertigt. Das deutsche U-Boot ist ein Minenleger von 160 To. Wasserverdrängung an der Oberfläche und 180 To. unter Wasser. Die Lage der BerbanbSmächte „unrettbar". Die „Köln. Ztg." meldet aus Madrid: Aufsehen erregt hier ein Aufsatz des Pariser Mitarbeiters des „He- raldo". Er bezeichnet die Lage der Verbandsmächte als schwer und vielleicht unrettbar. Er schiebt in erster Linie England die Verantwortlichkeit zu, klagt aber Rußland und Italien unmittelbar an, weil sic für die allgemeinen Ver bandszwecke nicht genug geleistet hätten. Da der Aufsatz aus Paris kommt, also die französische Zensur passiert hat, knüpft man an diese Anklage der Bundesgenossen Frank reichs, die sich in der französischen Presse nur höchst ver einzelt und vorsichtig versteckt findet, allerlei Mutmaßun gen über die Stimmung der Verbandsmächtc gegenein ander. Dieser Notschrei Frankreichs paßt nun aber gar nicht zu Briands Befriedigung über die Ergebnisse der Konfe renz in Rom. Ein englischer Vorschlag auf Bekanntgabe der Friedensbedingungen. Der' frühere Lordkanzler Buckmastcr sagte einer Mel dung des „Nieuwc Rotterd. Cour." zufolge am Sonnabend in einer öffentlichen Versammlung in London, daß alle Friedensbedingungen der beiden kriegführenden Gruppen sobald wie möglich bekanntgcgebeu werden müßten. Kein Vorschlag dürfte ohne weiteres verworfen werden. Jeder Vorschlag müsse auf seine eigentlichen Beweggründe bin untersucht und genau beantwortet werden. Aufnahme des deutschen Friedensangebotes an der eng lischen Front. Ein Offizier an der Front, der mit kriegsgefangenen Engländern kürzlich gesprochen hat, weiß über seine Ein drücke Folgendes zu erzählen: Die während der Somme-Kämpfe gegen Ende des alten Jahres gefangenen Engländer, welche aus allen Tei len des vereinigten Königreichs stammen, sowie die Kana dier und Australier haben durchweg, mit ganz wenigen Ausnahmen, aus ihrer großen Friedensschnsucht und ihrer vollständigen Kriegsmüdigkeit kein Hehl gemacht. Ihre Stimmung stand ganz im Gegensatz zu dem nach englischen Zeitungen angeblich in der Heimat herrschenden kriegeri schen Geiste. Während man im englischen Parlament und in der englischen Presse daS deutsche Friedensangebot kühl aufnahm, teilweise sogar ablehnend, hat die Botschaft des Deutschen Kaisers an der englischen Front — soweit sie den Soldaten durch Vorgesetzte oder durch Zeitungen bekannt wurde (in verschiedenen Gcfechtsabschnitten war bis zum 19. und auch teilweise bis Ende Dezember noch nichts über das Angebot bekannt) — fast allgemein eine freudige Be geisterung ausgelöst. Ter Grabcnkämpfer stellte sich voll kommen in Gegensatz zu den leitenden Männern in der Heimat. Nal)ezu überall gaben sich die englischen Soldaten der Hoffnung hin, daß das Angebot wenigstens der Aus-