Volltext Seite (XML)
Sächsische für den folgenden Tag. Beilagen: Osterreichischerseits erfolgte die Verkündigung der Wiederaufrichtnng des Königreichs Polen in der vorher russischen Gouvernementsstadt Lublin. Auch in dieser Stadt, nächst Warschau der schönste Ort Polens, ging die Begeisterung des Volkes hoch. Der Verlauf des geschicht- ichen Ereignisses ähnelte dem in Warschau, wie aus fol gendem Bericht zu ersehen ist: Lublin, 5. Nov. Die Proklamierung der Erkich tung des Königreichs Polen wurde überaus festlich began gen. Um 11 Uhr begann der Aufmarsch der Truppen der Narnison zur Ehrenwache und Spalicrbildung und die Auffahrt der Gäste vor dem Palais des Generalgouverne ments. Um 11 Uhr 30 Min. erfolgte der feierliche Einzug des Generalgouverneurs, der das Podium bestieg und mit der Verlesung der Proklamation begann. Am Schlüsse der selben stimmten alle Anwesenden begeistert in das Hoch auf eine glückliche Zukunft Polens ein, während die vor dem Palais aufgestellte Musikkapelle das polnische Natio nallied spielte. Zwei Flugzeuge erschienen über dem Haupt platze und warfen auf die begeisterte Menge viele polnische Fähnchen zur Erinnerung an den historischen Tag ab. Unterdessen nahm die Feierlichkeit im Saale ihren Fort gang. Namens der Bevölkerung hielt der Vizepräsident des Zentralen Hilfskomitees an den Generalgouvcrneur «ine Ansprache, in der er u. a. betonte, daß mit Recht auf die Notwendigkeit der Berücksichtigung der allgemeinen politischen Verhältnisse Europas Nachdruck gelegt sei. Die sem weisen Fingerzeig wollen wir treu folgen in der Über zeugung, datz hiervon die glückliche Zukunft der polnischen Nation abhängt. Redner schloss mit einem Hoch auf Kai ser Franz Josef, während die Musikkapelle die National hymne spielte. Hierauf wurden Hochrufe auf Kaiser Wil helm ausgebracht und die Kapelle stimmte „Heil Dir im Siegerkranz" an. Alsdann folgte die Fahrt nach der Ka- thedralkirche, wo ein feierliches Tedeum abgehalten wurde. Sodann begab sich der Generalgouverneur nach dem Ge bäude des zentralen Hilfskomitees, wo der Vizepräsident die Gäste empfing. Der Generalgouvcrneur begrüßte den Präsidenten in einer Ansprache als Vertreter aller Schich ten der Bevölkerung und gab dem Wunsche Ausdruck, daß es in gemeinsamer Arbeit gelingen möge, die Wünsche des Volkes nach Möglichkeit zu verwirklichen. Augenblick an. Unendlicher sich immer erneuernder Jubel begrüßte die Erfüllung der altnationalcn Wunsche, die neue Zukunft Polens. Auf seiner Rückfahrt nach Schloß Belvedere wurde Exzellenz von Beseler überall mit be geisterten dankerfüllten Kundgebungen begrüßt. Am Nachmittag fand eine feierliche Sitzung der Stadtverordneten statt, abends wurde von der ^tadt War schau eine Galaoper veranstaltet. r r ^kach Kr1«ra»e«d* - »Für »«sere Kr—: „NmtUche Frr»de»o u»d K»rlWe" ihnen alles gegeben, was sich niit der militärischen Not wendigkeit des Landes vertrug, und setzt gewährt es im Einverständnis mit Österreichs-Ungarn mitten im Kriege den Polen die staatliche Selbständigkeit. Dieser Schritt entsprang dem festen Entschlüsse, die uralten Beziehungen zwischen Deutschland und Polen in ein neues, für beide Teile ersprießliches Verhältnis zu bringen. Die Polen er halten das Höchstmaß nationaler und kulturpolitischer Freiheit. Wir geben es ihnen in der Erwartung, daß Ke sich in Zukunft bewußt und entschlossen wirtschaftlich und kulturell an den mitteleuropäischen Bund anlehnen uyd d-r-ö-il ihrcs n-um nationalcn L^ns in eng-r. crnsttr I HLetiäts^'a^s? "L? nisationspolitik liegt uns fern. Tie Polen sollen sich, be-l freit vom russischen Drucke, national völlig selbständig cnt-t wickeln, wie es das Recht eines so alten Kulturvolkes ist. 1 Aber wir müssest die Gewißheit haben, daß sie nicht mit I den Ruffen, die immer noch viele Sympathien im Lande I besitzen, gemeinsame Sache gegen uns zachen, daß das! Heer, das das ritterliche Volk sich mit unserer Hilfe schaf-! fen wird, in einem künftigen Kriege nicht gegen uns! kämpft. Unsere Feinde werden diesen Schritt mit der! ihnen eigenen Entstellung der Tatsachen als eine Maß-1 regel hinzustellen suchen, die unsere militärische Schwäche! verrät. Dieses entschlichene Vorgehen in der po-tntschtn I Frage ist alles andere, als ein Zeichen unserer militärischen I Schwäche. Hoffen wir, daß sich die beiden Völker, Polens und Deutsche, in der gemeinsam aufbaucnden Arbeit, an! der es uns nach den furchtbaren Zerstörungen des Welt-! krieges nicht fehlen wird, verstehen und achten lernen. Der I Segen dieser Arbeit wird nicht ausbleiben und in Erfüllung! gehen wird das Wort: „Noch ist Polen nicht verloren." i Wie die Verkündigung der Wiederauf-! richtungPolens vor sich ging, ist aus nachfolgenden Berichten zu ersehen: ... - - Warschau,^ Nov. Seit den frühen Morgenstun den kündigte stetig wachsende Bewegung in den Straßen Warschaus das Vorgefühl der Bewohner der alten Königs stadt für das kommende geschichtliche Ereignis an. Der herrliche Herbsttag begünstigte den Zuzug der vielen Tau sende nach den Straßen, die zum Schloß führen, insbeson dere nach der Sigismundsäule, die der Menge zum Mittel punkt ihrer Versammlung wurde. . , Generalgouverneur v. Beseler l>atte die Vertreter der deutschen und polnischen Presse,-sowie die z. Z. in Warschau anwesenden Mitglieder der neutralen Presse ein geladen, sich ihm vor Beginn der offiziellen'Feierlichkeiten in seinem Wohnsitz im Schlosse Belvedere vorzustMm Exzellenz von Beseler begrüßte die. kleine Versammlung herzlich. Er wies in einer längeren eindrucksyollen An sprache auf die geschichtliche Bedeutung des Tages hin. Das bevorstehende Ereignis habe,sich aus den gegebenen Ver hältnissen heraus mit einer gewissen Naturnotwendigkeit entwickelt. Es gereicht uns zur Freude, bemerkte der Ge- neralgouverneur, daß dieser Schritt überhaupt einmal erst mit einer Frage aufräumen wird, die weit über 100 Jahre an Europa gezehrt hat. Wir haben das feste Vertrauen, daß diese uns gewordene Fügung zu gutem Ende führen wird. Alle, die die Verantwortung für diesen, vielleicht von mancher Seite angefochtenen Schritt tragen, sind sich besten voll bewußt. Wenn unsere Gegner sagen sollten, die Deutschen brauchen eben Soldaten, so ist uns das , Die Zukunft Galiziens. In einem Handschreiben des österreichischen Kaisers an den Minister Dr. v. Koerber heißt es: Im Sinne der von mir mit Seiner Majestät dem Deutschen Kaiser ge troffenen Vereinbarungen wird aus den von unseren tap feren Heeren der russischen Herrschaft entrißenen polnischen Gebieten ein selbständiger Staat mit erblicher Monarchie und konstitutioneller Verfassung gebildet werden. Bei die sem Anlaß gedenke ich bewegten Herzens der vielen Be weise der Hingebung und Treue, die ich im Laufe meiner Regierung seitens des Landes Galizien erfahren habe, so wie der großen und schweren Opfer, die dieses Land im gegenwärtigen Krieg, dem heftigen feindlichen Anprall ausgesetzt, im Interesse der siegreichen Verteidigung der östlichen Reichsgrenze zu bringen hatte uyd die ihm den dauernden Anspruch auf meine wärmste väterliche Für sorge sichert. Es ist daher mein Wille, in dem Augenblick, in welchem der neue Staat zur Entstehung gelangt, Hand in Hand mit dieser Entwicklung auchdemL a n deGa - lizien das Recht zu verleihen, seine Lan des a n g e.l e ge n h e i t e.n bis zum vollen Maße dessen, was mitseiner Zugehörigkeit zur staatlicken G c s a m t he i t u n d mit deren G e - en im Einkla n gsteht, selbständig zu rdnen, und damit der Bevölkerung Galiziens die Ge-_ bieten. Indem ich Ihnen diese meine Ansicht kundtue, beauftrage ich Sie, zu ihrer gesetzmäßigen Verwirklichung geeignete Vorschläge auszuarbeiten und mir vorzulegen. Lemberg, 5. Nov. (WTB.) In den Abendstun den fand hier aus Anlaß der Proklamation des Königrei ches Polen eine eindrucksvolle Kundgebung statt. Eine nach Tausenden zählende Menschenmenge durchzog die Straßen der Stadt. Vor dem Stadtkommando und vor prrkilMgimg <kr Sri * Der Deutsche Kaiser und der Kaiser von Österreich haben ein Manifest erlaßen, durch das Polen zum selb ständigen Königreich erhoben wird. Polen ist von der rus sischen Herrschaft befreit und hat durch den Anschluß an die beiden verbündeten Mächte die Möglichkeit zu freier Ent faltung seiner Kräfte erhalten. Die Neuaufrichtung des Königreiches ist eine folgenschwere kühne Tat. Während unsere vielköpfigen Feinde raten und reden, verleumden und verhetzen, versprechen und vertrösten, handelt Deutsch land, das seine Verbündeten nicht im Stiche läßt, wie es der Vierverband mit Belgien und Serbien, mit Monteur gro und Rumänien tat. Deutschland, das das Weichsel- land durch das Schwert erobert hat und jetzt nach Kriegs-! Beseler auf das herzlichste von den ^sch,^l'enei^ Herren " recht verwaltet, hat den Polen keine lockenden Versprechun- Nach Beendigung detz Empfanges beaaben iick die gen gemacht, aber es hat von Beginn inner Hemchaft an H nach dem Schloß, wo schon von N Nhr an die e n.it nrilitämicken Not- E Mittag angesetzteii Feftli^ gannen. Punkt 12 Uhr erschien der Generalgouverneur mit den Offizieren seines engsten Stabes, betrat nach der BegrüßMG de» Versammlung di« Estrade und nahm aus der Hand des persönlichen Adjutanten Hauptmann v o'n Heinitz die Proklamation entgegen, die er unter elK- erbietigem Stillschweigen der Versammlung mlt laute*, oft bewegter Stimme verlas. Hierauf übergab er den, Oberstleutnant Exzellenz -Graf Hutten - Czapski den polnischen Text zur Verlesung. Die Versammlung brach zum Schluß in wiederholte Niech zyje-Rüfe und an- vocstetx'r Universitätsrektor Dr. v. B r u d z y u s ss sprach den Tank Polens in folgender Rede aus: - Wir empfangen diese feierliche Kundgebung der beiden verbündeten Monarchen, durch welche unsere nie mals verjährten Rechte auf eine unabhängige stavtliche Existenz anerkannt und'bestätigt werden, in der festen Überzeugung, daß deren Inhalt, von aufrichtigem Wohl wollen getragen, bald und zi^lbcwusp verwirklicht wird. Die wesentlichste Gewahr dieser Verwirklichung würden wir in der Berufung eines Regenten als des Symbols der polnzschen Staatlichkeit sowie eines vor- läufigen tsrats erblicken bis zu dem Au genblick, in welchem der König von Polen an Vie i SprWt des ett-sguUjg HHLiüjiLWu und in seinen Hxep- zen festgelcgten polnischen Staates treten wird. Wir sind davon überzeugt, daß die Gemeinschaft der staat lichen Interessen, welche die Zentral Mächte und das Kö- ! nigreich Polen verbinden, zwischen ihnen feste freuud- I nachbarliche Beziehungen begründen und auf diese Wetse allen Angehörigen unseres Staates günstige Bediugun- l gen für die Entwicklung unseres nationalen Lebens ! schaffen wird. , , Euer Exzellenz bitten wir nunmehr, den beiden hochherzigen Monarchen den Ausdruck unseres festen Glaubens an die gedeihliche Verwirklichung ihres DÄl- ! lens zu übermitteln und ihnen unsere tiefgefühlte Dank- ! barkeit auszudrücken.' Es lebe ein freies und unctb- ! tßingifles Polen! Die Rede rief ernönte begeisterte Kundgebungen her- !vor. Man sah alte Männer Tränen vergießen. Die Be- sgersterung durchbrach schließlich das Zeremoniell, einzelne «Personen brachten in ununterbrochenevFolge Hochrufe aus I daH freie Pyleu und die verbündeten Monarchen aus. Die lGöuvernömeutskapelle spielte.oje aste polnische Rational- ! Hymne „Gott, der so Polen erhaltest hat". Als die Klänge «durch die geöffneteü Fenster ins Freie drangen, stimmten die im Schloßhofe und außerhalb versammelten Tausende I entblößten Hauptes in das seit russischer Herrschaft streng I verbotene Lied in tiefer Rührung ein. lene Lied in tiefer Rührung ein. deih Die auf dem Schloß hochgehenden Fahnen kündigtest ordn ,—.. „— — wsithin der harrenden Bevölkerung den - denkwürdigen mähr ihrer nationalen und wirtschaftlichen Entfaltung zu l d i durch die Post 2.10, monatlich —.70 r für die Kgl. Amtsharrptmamrlckatten ! . K , : bei Abholung in der Expedition , 2.—, , —.70; DrrS0ril*«ükvtKVr U.DresdeNsNoitktadt : J»see«te kosten die «gespalten« PetitzeUr 20Pfg^ L— , , r Kleine Anzeigen 15 Pfg , die Aekla»e»rtl« SO Pfg. r Das ovvmgl. Amtsgericht : Anzeigenannahme bi« mittag« 1 Uhr. - für die Königl. Superintendentur Dresden II, das König!. Forstrentamt Dresden st» die Gemeinden: Blasewitz, Weitzer Hirsch, Laubegaft, Dobritz, Wachwitz, Ntederpoorch, Hofterwitz, Pillnitz, Weißt«, TchSnfeid Publikationsorgan und Lokalanzeiger für Loschwitz, Rochnntz, Bühlau, dir Lößnitzgemeinden, Dresden-Sttiesen, -Neugruna und-Tolkewitz »rtsnlligM Polen;. — M Lukunft kallrien; Nebeniach-. °bw°U P°l«n immrr «in <üt«s Soldatenlnnd gew-ien ist. Hauptsache ist „ns das grotz- litische Ereignis, das Osteuropa ?n ein ganz anderes Verhältnis zu den uns vom Osten bedrohenden Mächten leben V°rMh°n s« nicht nur Polen ,um Nutzen gereichen, uba-^apt d«r gau^u Welt «in Beispiel dafür bi«. ten, d a h n ich ' ? k l e i n e n N a t i o n e n un ¬ ter dr uck e n, u n dd a ß w ir a uch g« w i l l t s i n d die Welt auf einen guten und festen Boden zu stellen. Nach düstr Ansprache verabschiedete sich Exzellenz v. GWusPrachrr: Amt Dreade» Mr. 2V 8VV : Elb,»»Prrff< Rr. 25S > Blasetvih, Dienstag, den 7. November 1918. ! 78. Jahrg.