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-144 - Tracht der Herzegowiner ist eine ganz andere als die der Bosnier. Die Serben kleiden sich ähnlich wie die Montene griner, während die Tracht der Katholiken inehr zur bosni schen Kleidung hinneigt. Ein fliegender türkischer Limo nadenschank hat sich auf dem Kirchplatze etabliert, der bei der Hitze von den Kirchgängern stark umlagert war. Um Herrn Tr. P. hatte sich, offenbar wegen des fremden Mannes, eine Gruppe Männer versammelt. Der Schwabe, wie sie aüs europäisch gekleideten Männer nennen, wurde angesiaunt. Herr Dr. P. befriedigte auch bald die Neugierde der Leute, indem er sagte: „Der Niemacki (der Deutsche) will sich erwre Trachten ansehen." Weder Dr. P. nych die Leute wußwn, daß ich das über mich geführte Gespräch verstand; heiter war es deshalb, die über meine Wenigkeit gefallenen Bemerkun gen zu hören, sie hielten mich für einen sonderbaren Kauz, weil ich wegen ihrer Kleider eine so weite Reise unternom men hätte. In Mostar brennt des Sommers eine afrikanische Sonne. Die Hitze steigt bis 40 Grad und macht einen Spa- ziergang zur Qual. Mitte September als ich dort weilte kam ich von einem Abendspaziergange noch ganz in Schweiß gebadet im Hotel an. Und doch ist es im September und Oktober am schönsten in Mostar. In allen überschwenglichen 'atten Farben leuchten die Blätter der Bäume und Sträucher, gelb und blau schimmern die prallen Trauben aus den Wein lauben hervor und überreife Feigen klopfen in das taufrische Gras. Wolkenlos steigt das Tagcsgestirn über die Felizinneu und Hsrzegowinerinnen, schlank wie die Tanne, bringen am frühen Morgen die herrlichen Früchte, in einem auf dem Kopfe getragenen Korbe, zum Verkauf. Kein Frost entblät tert im Winter die Rosen, die bei den linden Lüften bis tief in das Jahr hinein ihren Dust ausströmen. Interessant gestalteten sich für mich die Ausflüge, dis ich mit dem liebenswürdigen Dr. P. inner- und außerhalb der Stadt unternahm. Eingehend besichtigte ich mit ihm das alte Wahrzeichen von Mostar, die alte Narentabrücke, die in einem kühnen Bogen von 28 Meter Spannweite und r9 Meter Höhe den Fluß überspannt. Ueber den Ursprung dir sehr alten Brücke gehen die Meinungen der Forscher noch sehr auseinander. Beim Passieren der Brücke, die nur noch dem Fußverkehr dient, fällt einem die starke Steigung auf, welche durch Staffeln erleichtert wird. Von der Brücke bietet sich vom höchsten Punkte, stromauf- und abwärts ein fesseln des Bild über die eigenartige interessante Stadt; in der Tiefe erblickt man das wildzeriisiene felsige Flußbett der Narenta. Am Uicr sehe ich Frauen in malerischer Tracht, sie waschen grobfädigc Weiße Wäsche, aber auf eine andere Art als die deutschen Frauen, indem sie dieselbe auf einen Stein legen und mit einem schaufelartigen Instrument darauf schlagen, Seife und Soda findet dabei keine Verwendung In Er mangelung von grünen Wiesen wird die Wäsche auf Strauch werk zum Bleichen aufgehangen. Empfehlenswert ist ein Besuch der prächtigen Karagjoz- moschee. Als ich diese Moschee betrat, hockte eine Gruppe ernster Mosluns beisammen, der großgeblumten Kleidung nach zu urteilen, waren sic aus der Ferne hergekommen. Sie Verfolgten mich mit mißtrauischen Blicken, blieben aber regungslos sitzen, als sie sahen, daß ich die gebührende Rück sicht, Teppiche und Matten nicht mit den Füßen zu berühren, beobachtete. Bei den Mohammedanern sah ich öfter eine Perlenschnur, ähnlich den Rosenkränzen, im Gebrauch, sie lassen die Perlen unausgesetzt durch die Finger gleiten, bei jeder Perle sagen sie „Hu", das heißt er ist — nämlich Gott. Eine Fußwanderung in Begleitung des Herrn Dr. P. nach dem etwa neun Kilometer von Mostar so ungemein malerisch am Berge Hum gelegenen Torfe Rodoe gab mir Gelegenheit, das Leben und Treiben der Herzegowiner in Haus und Hof näher kennen zu lernen. Wir verfolgen eine Zeitlang den Lauf der Nadobolja, links und rechts liegen förmliche Feigenwälder und dazwischen oft im Grünen ver steckt ein hölzernes türkisches Kaffeehaus. Eine glühende Sonne steht über den Gassen, vermummte Gestalten — mo hammedanische Frauen — schleichen schüchtern an den Mauern dahin und schöne Herzegowinerinnen kommen mit wallenden Schleiern, der das Gesicht freiläßt und in den Nacken fällt, zur Stadt. Die sonst so ruhigen Tückenviertel waren heute von einer Menge ansgelassener Burschen belebt. Es war ja der letzte Tag des Beiramfestes, wir wissen, daß dies das Fest nach dem Ramasan, nach dem großen Fasten ist. Böller schüsse hatten schon frühmorgens den letzten Tag des Festes angekündigt; ein Haus ist mit einer großen grünseidenen Fahne geschmückt. Die kleinen Mädchen spielen am Wege, die größeren sind schon halb verschleiert und sehen uns nicht an, sie gehen leicht und elastisch. An einem Haustore, vas eine Handbreit geöffnet ist, minnt ein junger Bursche ver stohlen und leise mit seiner Angebeteten. — Auf halber Höhe am Hum entrollen sich dem Auge neue prächtige Blicke über Mostar bis hin zur Bunaquelle. Nach Stunde betreten wir auf einem steinigen Geröllwege das Dorf mit feinen kleinen Steinhäusern. Die Häuser sind oft mit Steinplatten gedeckt und an der vorderen Seite schützt eine Weinlaube, aus denen riesengroße Trauben hervorleuchten, gegen die sengenden Sonnenstrahlen. Vor den Häusern sehe ich große Mengerr von Feigen zum Trocknen ausgebreitet; die Felge gibt in der Gegend von Mostar jährlich drei Ernten. Granat bäume und Sträucher, deren schöne Früchte sich unter der Last herabneigen, Feigenbäume, Lorbeergebüsche. Wein- nnd Tabakpflanzungen sehe ich um die Häuser. Auf den steinigen Torfwegen, die an montenegrinische Saumpfade erinnern, sieht man keinen Menschen. Alles ist nur so wunderbar fremd, es ist eine ganz fremde Welt, die mich seltsam gesogen hält. Dr. P. scheint es auffällig zu sein, wenn ich so oft bewundernd stehen bleibe und mir die eigen artige Umgebung betrachte. Ein Bauer gesellt sich zu uns und bittet Herrn Dr. P., sein neues Haus zu besichtigen und einsegnen zu wollen. Tie Herzegowiner, welche als offen und ehrlich, aber gegen Fremde als zurückhaltend gelten, waren, dank meines Begleiters, gegen mich sehr freundlich und nahmen mich gastlich auf, jeden Winkel von Haus und Hof konnte ich besichtigen. Ein subtropisches Klima und andere Bodenverhältnisse bedingen auch andere Einrichtungen und Gebäude als bei uns in Deutschland. (Schluß folgt.) Rätsel. Lcke Bilderrätsel Auflösung des Vexierbildes in Nr. 3b: Dreht man das Bild herum, sieht man von oben rechts die Dame zwischen Tisch und Palmenwedel. Auflösung de? Bilderrätsels in Nr. 3b: Armeebefehl. Richtige Auflösungen sandten ein: Rudolf Barmer, August Richter, Franz König, Dresden. Verantwortlich: Hauptredakteur Richard Laven. Rotationsdruck der Saxonia-Buchdruckerei. Verlag des Katholischen Preßvereins, DreSden-A. 1», Holbeinstraße 46.