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— 11»— Tann huschte ein leises Lächeln über des guten Burschen Antlitz und seinen Lippen entfuhr ein derbes „Affe!" Aber feine Mittel, wenn er überhaupt solche hatte, tour- den alle, das merkte man an seinen Kleidern und an seiner Lebensführung. Zwar zu Vater Räusche! kam er noch jeden Abend und trank seine paar Schoppen Bier. Er bezahlte dieses Bier auch stets, indessen er mußte die wenigen Gro schen dazu erst mühsam zusammen suchen. Agentur- und Kommissionsgeschäfte machte er gar nicht mehr, statt dessen bewarb er sich um Schreibarbeiten, um elende Abschreibe reien bei Advokaten. Dabei wurde sein Haar grau, Stirn und Schläfen faltig. Nur sein Stolz blieb ungeschwächt, er wuchs sogar noch, je mehr er darben mutzte. Statt der Zigarre, die er sehr geliebt hatte, rauchte er jetzt Pfeife, die er selbst nach Räuschels Wirtsstuben mitbrachte. „Zigarre schmeckt mir nicht mehr!" sagte er und — man tat, als ob man ihm glaubte; Aennchen glaubte ihm sogar, sie stickte ihm einen Tabaksbeutel und schenkte ihm den. Es war das erste Geschenk, das sie ihm machte und vielleicht das einzige, das er jemals angenommen hatte. Sie war auch Wohl die einzige Person, von der er ein Geschenk ange nommen hätte. Aber er nahm es in der Tat an und be dankte sich mit einem „Äffe!" Tann zog er eine Schnupf, tabaksdose aus der Tasche, eine wundervolle, massiv goldene Schnupftabaksdose und präsentierte seinen Nachbarn an, Biertische eine Priese daraus. Auch Aennchen wurde mit einem solchen Angebot beehrt und nahm zwischen ihren zier lichen Fingern ein Prieschen, um es in ihre feingeschnitrcne Nase zu schieben. Es war das erste Mal, daß man diese Dose bei ihm sah, und es war augenscheinlich, daß er sie ab sichtlich zeigte, absichtlich, um mit solcher Kostbarkeit zu kokettieren. „Wetter noch einmal, Fritze! Wie kommst hp denn zu der Tose?" hieß es rings im Kreise. „— Wie komme ich zu der Dose!" Onkel Habermus öffnete den Teckel noch einmal und zeigte eine im Innern desselben befindliche Gravierung, „es ist ein Erbstück von meinem seligen Valcr!" In der Tat: die Inschrift besagte, daß ein deutscher Fürst daS Kleinod „dem Bürgermeister Friedrich Habermus in Gnaden für treue Dienste geschenkt" hatte. Seit diesen, Tage ging die kostbare Dose allabendlich am behaglichen Stammtische beginn. Auch Aennchen bekam und nahm jeden Abend ein Prieschen daraus. Da starben plötzlich Aennchens Eltern. Aus dem kletnen Mädchen war inzwischen ein zierliches Jüngferlein gewor den, aus Onkel Habermus ein vierzigjähriger Graukopf, wirklich sein Haar und Bart waren vollständig ergraut. Aber sein Stolz war noch ungeschwächt. Onkel Habermus war zu Aennchens Vormund ernannt worden. „Mußt nun heiraten. Kind!" „Pfui. Onkel Habermus!" In Aennchens Rehaugen perlten zwei Tränen auf. „Ja, was soll denn weiter werden? Mußt doch einen Mann in der Wirtschaft haben!" „Ich habe dich ja!" „Affe!" Aber trotz des „Affe" heiratete Aennchen nickt, w "lele )er Freier sick um das schmucke, wohlhabende Mädckcn auck bewarben. Dagegen sckloß sie sich noch inniger an Onkel Habermus an. So gingen die Jabre dahin. Aenncken wurde groß jährig und Onkel Habermus. der treu seines vormundschaft lichen Amtes waltete, immer grauer. „Wenn du jetzt nickt heiratest. Kleins, dann ich bekümmere mich nickt mehr um deine Angelegenheiten." „Das tust du ja dock, Onkel Habermus!" „Affe!" Aber Aenncken heiratete auck setzt noch nickt und Onkel Habermus mußte sich Wohl oder übel weiter um ihre Ange legenheiten bekümmern. Dabei ging es augenscheinlich mehr und mehr mit ihm bergab, nur die goldene Tose zirku lierte noch aüabends am Stammtische, bis auch sie eines Abends fehlte. „Wo ist denn die Dose heute abend, Fritze?" „Eh — habe ich zu Hause gelassen!" rief Onkel Haver- mus, und die Stammgäste waren es zufrieden. Aber Aennchen war cs nicht zufrieden, sie kannte den guten alten Onkel besser, sie wußte, wie uneigennützig er ihre Vormundschaft verwaltet batte, wie stolz und treu er war und zwei Tränen perlten wieder in ihren Rehangen auf, "Am folgenden Tage hatte sie einen eiligen Weg nach der Stadt, einen eiligen und geheimnisvollen Weg. Wie sie es möglich gemacht hatte, mögen die Götter wissen; aber sie hatte es in der Tat fertig gebracht, dem Onkel HabermuS seine abgegriffene Brieftasche zu eskamotieren und oerseiben einen Leihhauszettel zu entnehmen, laut welchem er das teure Andenken an seinen Vater versetzt hatte. „Onkel Habermus, bitte, ein Wort !" so rief sie den braven, alten Burschen am Abend in ihr Privat-Neven- stübchen. „Eine Priese gefällig?" so hielt sie ihm die goldene Dose mit lieblichem Lächeln entgegen. Onkel Habermus stutzte, fein Stolz bäumte sich aus, er wollte böse, sehr böse werden, aber vor dem Blick, der thn aus Aennckens Augen traf, schmolz sein Stolz. Und nun schlug Aennchen den Deckel der Dose auf und reichte thm dieselbe hin. Da lag ein Zettel darin. „Was soll denn dieser Zettel bedeuten?' „Lies, Onkel Habermus!" Und Onkel Habermus las: „Lieber, treuer Onkel Haber» mns, bester guter Fritz! Ich solle heiraten, sagst du immer; aber ich habe ja nur dich so lieb, daß ich dich heiraten mag. dick ganz allein. Wenn du mich nicht willst, dann heirate ich nie. nie! Hörst du?! „Affe!" wollte Onkel Habermus rufen, dazu kam er. aber gar nickt mehr, denn nun flog ihm Aennchen an den Hals. „Willst du, oder willst du nicht!" und küßte ihn so lange, bis er endlich — wollte. An dem Abend ist es hoch hcrgegangen in RäuschelS Wirtsstuben und ein Vierteljahr später bei der Hochzeit noch höher. Jetzt ist Papa Habermus schon Vater zweier Buden und der glücklichste Mann unter der Sonne. Schön- Aennchen hat aber ihre Wahl nicht zu bereuen, denn der alte Bursche ist um zwanzig Jahre jünger geworden, seitdem er sich in ihrer ausschließlichen Pflege und Sorgfalt befindet. Kunte Mder ans Bosnien und der Herzegowina » Don Ad. Spedlak, Zittau Fortsetzung Nachdruck verboten Die Geschickte der KaEoliken in Mostar ist eine lang; Leidensgeschichte. Bis in die fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts konnte der kckbolische Vikar nur verkleidet die Stadt betreten und den Christen geistlichen Beistand svenden. Mit großer Ausdauer und lleberwindung vieler Schwierig keiten erwirkte der ebenso fromme als unerschrockene Vikar Rafael Barisic, der in einer Hütte im Dorfe Sevnica resi dierte, die Erlaubnis zum Bau eines Hauses mit Kapelle in Mostar. Durck Furchtlosigkeit und Klugheit brachte Vikar Barisic später auck den Bau einer Kircke noch zustande. Heute befinden fick in Mostar zwei große Kirchen, zwei Klöster und ein katholisches Priesterseminar. Mostar ist auck der Sitz eines katholischen und eines orientalisch-ortbo- doren Metropoliten. Die große Franziskanerkirckc fand ich Sonntags dickt besetzt, auck hier konnte man sick an der an dächtigen Haltung der srommglänbigen Leute erbairen und -bre Ovferwilliakeit bewundern, denn es wurden mehrere Gabensammlungen während des Hockamtes abgehalten. Nach dem Gottesdienste betrachtete ick im Beisein des Herrn Dr. P. aus dem Platze vor der Kircke die stattlichen, bockgewack- senen Menscken, mit dem schönen südslawischen Vrovil Gi-