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I SU aillMII»»»»»»»»»» - lie ber Türken erfochten wurden, vorzugsweise der Fürbitte Marias zuzuschreiben, in ihre Hände die errungenen Lor beeren niederzulegen und für ewige Zeiten das Fest Mariä vom Siege (später Rosenkranzfest) anzuordnen. So wurde Maria der Morgenstern, der den christlichen Völkern Euro pas zuerst die Erhaltung ihrer Freiheit verkündete. Aber noch andere Gefahren von innen drohten oft der Kirche. Es gab Zeiten allgemeiner religiöser und sittlicher Erschlaffung. Der Glaubeaseifer war erkaltet, das kirchliche Leben unter dem eisigen Hauche eines widerchristlichen Zeit geistes erstarrt, und dis christliche Frömmigkeit, von der Welt gehaßt und geächtet, hatte aus der Oeffentlichkeit in verborgene Winkel sich zurückgezogen. Schon schien die Kirche selbst in der allgemeinen religiösen und sittlichen Ver sumpfung ihren Untergang finden zu sollen. So war es noch in einer nicht weit hinter uns liegenden Zeit. Aber so oft in s-lchen Zeiten eine neue und größere. Andacht zu Maria erwachte, zeigte sich auch ein allgemeiner Umschwung zum Besseren, denn die Marienverehrung bildet nach rhrem inneren wesentlichen Zusammenhang mit dem gesamten christlichen Glauben den Gradmesser und wirksamsten Hebel des ganzen religiös-christlichen Lebens. Und wie in der Geschichte der Kirche und an allen Wendepunkten der christlichen Jahrhunderte, so leuchtet Maria als der Morgenstern auch in die Geschichte des ein- zelnen Menschen. Auch im Leben des einzelnen Menschen gibt es schwere, dunkle Zeiten, Augenblicke, die über die ganze weitere Zukunft entscheiden; aber auch hier erscheint uns Maria stets als heilverkündender Morgenstern, wenn wir sie nur vertrauensvoll anrufen. Es kommen Stunden, Tage, Wochen drückender Leiden, niederbeugender Sorgen, in Nacht und Finsternis hüllt sich unser Leben. Wer kennt nicht die mancherlei äußeren und inneren Bedrängnisse, das Heer von Leiden, die das irdische Dasein des Menschen drücken? Mer wer je in solchen trüben Stunden zu Maria seine Zuflucht nahm, mutz bekennen, daß damit ihm ein erquickender Hoffnungsstrahl, der lichte Morgenstern aus nächtlichem Dunkel aufgegangen sei. Es kommt endlich auch die schwerste und finsterste aller Stunden, die Stunde des Todes. Ta liegt dann hinter uns das kurze, fliehende Leben, vor uns eine ungewisse Ewigkeit: hinter uns so viele Taten, die uns anklagen, vor uns die Strenge eines unbestechlichen und unerbittlichen Richters; hinter uns eine mit doppeltem Reiz das Herz fesselnde Welt, die wir verlassen sollen, und vor uns ein finsterer Abgrund, ans dem es keine Rettung gibt; in uns ein anklagcndes Ge- wissen, um uns trauernde Teuere und Freunde, unter uns eine weit geöffnete Hölle, die jetzt ihre letzten und größten Anstrengungen macht, um unseren Glauben und unser Ver trauen zu erschüttern und unsere Seele zugrunde zu rich ten, und über pns die Wage der göttlichen Gerechtigkeit, auf der jetzt für uns das Los einer ganzen Ewigkeit entschie den werden- soll. Ach, welche Nacht und Finsternis wird da über uns einbrcchcn? Doch verzagen wir nickt! Haben wir Maria im Leben stets geliebt und verehrt, so wird in ihr uns auch über die Finsternis de? Todes ein tröstender Mor genstern an dem Horizont der anderen Welt erscheinen: ja gerade in dieser schwersten und entscheidendsten Stunde zeigt sie sich gegen ihre treuen Diener in der ganzen himm lischen Milde ihrer Güte, in der ganzen Zärtlichkeit ihrer mütterlichen Liebe und in der ganzen Größe ihrer Macht. Erneuern wir denn unseren Eifer in der Andacht und Verehrung gegen diejenige, mit deren Geburt der Welt, der Kirche und einem jeden von uns ein stets heilverkündenver Morgenstern aufgegangen ist. Als strahlendes Himmelsge. stirn betritt Maria ihre lickte Bahn durch das Erdenleben und durch die Geschichte der Welt und immer reicher und immer schöner entfaltet sich ihr Glanz: sie wird stets das Augenmerk, die Hoffnung und der Trost der christlichen Völker sein, und wie am Anfang der Menscheugesckicbte <wo sic im Paradiese als Mutter des Erlösers verheißen wurdet und in der Mitte der Zeiten, so wird sie auch am Ende der Welt zur Rechten ihres Sohnes als ein Himmelsgestirn leuchten, dessen sanfter Glanz für die Gerechten die Strenge des göttlichen Weltenrichters mildert. Mehr und mehr werde sie auch für uns ein strahlendes Himmelsgestirn, auf welches wir unverwandt unsere Blicke richten, an dem wir unsere Herzen erwärmen und dessen Licht wir stets folgen, um nicht abzuirren von der rechten Bahn. Der Name Marias Weiche nicht aus unserem Herzen, er weiche nicht von unse rem Munde, sie sei unsere Hoffnung im Leben, unser Trost im Sterben. Auch eine Priese! Eine wahre Geschichte von Karl Rode Nachdruck verbaten „Onkel Habermus." so hatte sie ihn genannt, so lange sie denken konnte. „Onkel Habermus." Und er hatte ..Aennchen" oder „Kleine" zu ihr gesagt; zuweilen auch Ouirl, Pussel, Kind oder „Affe", wie es der Augenblick just mit sich brachte. Nur einmal war eine Unterbrechung darin eingetreten. 1870 nämlich, als die Trommeln durch die Lande wirbelten. Da mußten er und ihr Vater mit, er als Vizefeldwebel, ihr Vater als Gefreiter in seinem Zuge. Da mals war sie fünf Jahre alt gewesen, er 27 und ihr Vater 30. Das hatte einen tränenreichen Abschied gegeben und Aenn chen hatte sich nicht eher beruhigen wollen, ehe ihr Onkel Habermus nicht versprochen hatte, daß er ihren Vater und sich selber wieder heil zurückbringen wollte. Er hatte auch Wort gehalten, wenn auch weniger in Bezug auf seine Per sönlichkeit. Zwei Chassepotskugeln und ein Reitersäbel hatten sich bei ihm einquartieren wollen. Aennchen wclnie und lachte, küßte ihm die bärtigen Lippen und nannte ihn zur Abwechslung mal ihren „lieben Onkel Habermus". Tann trat die alte Ordnung wieder ein. Aennchens Vater hatte eine kleine Gastwirtschaft vor der Stadt, ein Haus mit Stallung und Garten. Vor dem Kriege war es ärmlich hergegangen bei ihm, da war Onkel Habcrmus des Abenos oft sein einziger Gast gewesen. Nach dem Feldzüge änderte sich das plötzlich. Ganze Häuserreihen entstanden draußen vor dem Tore und Vater Räusckels Garten wurde einer der beliebtesten Erholungsstätten, seine Wirtsstuben mußten er weitert werden und seine Geldtruhen nicht minder. Anders gestaltete sich die Sache mit Onkel Habermus. Er war Kaufmann, hatte vor dein Kriege ein nickt unbedeutendes Agentur- und Kommissionsgeschäft gehabt, das war während des Feldzuges eingegangen. Jetzt wurde es ihm schwer, die alten Verbindungen wieder anzuknüpfen, noch schwerer aber der neu erwachsenden Konkurrenz die Stirn zu bieten. Seine Wunden heilten zwar mit der Zeit; aber sein Ge dächtnis erlangte die alte Schärfe nickt wieder. Freunde, das heißt wirklich gute Freunde, nannten ihn „sisselich"; auch Aennchens Vater, sein alter Kriegskamerad, nannte ihn so. Nichtsdestoweniger blieb es, wie gesagt, zwischen ihm und Aennchen bei dem alten Verhältnis. Zu Onkel Habermusens „Fisselickkcit" gesellte sich leider noch ein peinliches, ich möchte sagen krankhaftes Ehrgefühl, ein unberechtigter Stolz. Trotzdem er im Kriege verwundet worden war und infolge dieser Verwundung an seiner Er- werbsfäbigkeit ganz erhebliche Einbuße erlitt — er hatte in der Tat oft bitteren Mangel — verzichtete er auf Pen sion. Ein kleines, ohne Zweifel gar nicht böse gemeintes Wörtchen der ressortmäßigen Behörde war ihm zu Kopfe ge stiegen, er war „grob" geworden und — bekam nichts. Allem Einreden seiner Freunde setzte er die gereizten Worte ent gegen: „Ich bin kein Bettler!" „Du hast ja zu fordern, Fritze!" „Das habe ick getan und nichts gekriegt; betteln mag ich nickt und nun haltet eure geehrten Mäuler!" Die Freunde schüttelten die Köpfe. „Du bist sisselich Fritze!" Aennchen blickte ibn mit ihren braunen Augen an: „Das ist recht, Oakel Habermus' Du brauchst auch nicht zu betteln."