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Sächsischer Landes-Anzeiger : 02.12.1891
- Erscheinungsdatum
- 1891-12-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-189112022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18911202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18911202
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1891
-
Monat
1891-12
- Tag 1891-12-02
-
Monat
1891-12
-
Jahr
1891
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 02.12.1891
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Nr. 2 1) — 11. Jahrgang LIe an jedem Wochentag Abend (mit dt« Datum de» folgenden Tage-) zur Ver sendung gelangende unparteiische Zeitung „Sächsischer Landes-Anreiger": mit täglich einem Extra-Beiblatt i Kleine Botschaft s. Sächsischer Erzähler s Sächsische Gerichtözeitnng 4. Sächsisches Allerlei e. Jllnstr. Unterhaltungsblatt s. Sonntagsblatt ?. Lustiges Bilderbuch loste! bei d«n Ausgabestellen uioiiatll'ch 70 Pfg, bei den Post-Anstalten 75 Pfg. Tächsischer lM-cs-Ailstiser Verbreitetstes unparteiisches tägliches Lokalblatt. Die Hauptblätter de- „Sachs. Landes-Anzeigers" erscheinen (ohne dessen Extra-Beiblätter) auch In einer billigeren Sonder-Ausgabe alz: „Chemnitzer General-Anzeiger" für Chemnitz monatlich 4V Psg. frei inS HauS; außerhalb Chemnitz monatlich 60 Pfg. mit Zutragen. PostzeitnugSpreiSliste für 1891: Nr. 1315. Mitt.roch, 2. Dccember 1801. Der Sachs. LandeS-Anzcigcr ist für da» Jahr 1891 eingetragen in der deutschen Post-Zeitungr-PrciSliste unter Nr- 5419, in der österreichischen unter Nr- 3540. FürAbonnentenerscheint jeeinmaliinJahr: Jllnstr. WeihnachtSbnch (Jahrerbuch). Verlags-Anstalt: Alexander Wiede Chemnitz, Theaterstraße Nr. 5. Fernsprech-Anschluß Nr. 138. Telegr -Adr-: LandeS-Anzeiger, Chemnitz- außerhalb Sachsen wohnende Inserenten 20 Pfg. — Bevorzugte Stelle (Ispaltige Petitzeile) 30 Psg. angenommen werden, da Druck und Verbreitung der großen Auslage längere Zeit ersonern. — Ausgabe der Hauptblätter de» „Sächsischen LandeS-Anzeigers" ohne dessen tägliche Extra-Beiblätter). Das Beunruhigurigs-Capitel. Chemnitz, den 1. December. Im Reichstage hat der Nachfolger Fürst BiSmarck's. Herr von Caprivi. mit seiner Rede gegen die Beunruhigung im Deutschen Reiche eine oralvrische Meisterleistung geliefert; er wird »nn noch das staatSuiännische Meisterstück zu geben, mit andere» Worte»: zu beweisen haben, daß seine Anschauungen und Voraussetzungen im Große» und Ganze» zutreffend sind. Daß ein Minister sich i» Einzel» heilen einmal irren kann, ist selbstredend, das ist andere» großen Staa'sle,ilcrn auch passirt, aber im Hauptpunkt muß es klappe». Der Reichskanzler hat wiinschcnswerthe und wichtige Eröffnungen gemacht, und der Umstand, daß der leitende deutsche Staatsmann auch ein ausgezeichneter General ist, hat ihm Gelegenheit gegeben, bei seinen friedlichen Ausführungen über die allgemeine europäische Lage auch die militärische Seite sehr scharf zu beleuchten, lvas sonst zu ministeriellen Sieden im Allgemeine» nicht geschieht. Der Reichs kanzler hat vor Allem die bisher allgemein bestandene Anschauung zerstört, daß Rußlands Trnppenmassen an seiner Wcstgrenze den deutschen und österreichischen Grenzgarnisonen weit überlege» seien. Das ist nicht der Fall. Gewißheit über die Dauer des europäischen Friedens hat zwar auch der Reichskanzler nicht geben können, aber -er hat doch so viel, wie nur irgend anging, gesagt, und daß seine Darlegungen auch im Auslände großen und berechtigten Beifall ge funden haben, darüber liegen feste Thatsachcn vor. Täuscht ferner nicht Alles, so wird das gegenwärtige Septcnnat der ReichSarmce das letzte sein; es wird unter Verkürzung der Dienstzeit eine sich der Bcvvlkeiungsziffer anschließende Friedensstärke vvrgeschlagrn werden, die sich selbst in der Zukunft regnliren wird. Aber diese» Thema liegt noch zu fern, als daß es nöthig wäre, sich damit eingehend zu beschäftigen, wichtiger ist die heutige innere Politik. Herr v. Caprivi hat erklärt, daß er keinen Anlaß zur Beunruhigung sehen könne; wenigsten» liefen in der Hauptsache seine Worte doch daraus hinaus. Es sind nun auch wohl i» der That nicht viele Leute im Deutschen Reiche vorhanden gewesen, die mit blassen Gesichtern der Politik der neuen ReichSregierung entgegenschauten, weil hierzu kein crustlicher Grund vorlag. Was sich geltend machte, daS war mehr eine gespannte Erwartung, was da kommen werde, und diese Erwartung, die hier vielleicht «inen «twaS schärferen» dort einen etwa» milderen Charakter trug, war auS doppeltem Grunde berechtigt. Zunächst war r» sehr schwer, Fürst Bismarck'» Nachfolger zu sein, und dann hatte die Reichsregierung sich mit einem so tiefen Schweigen hinsichtlich ihrer Znkunftspläne umgebe», daß Mancher nicht recht wußte, woran er war. Die gegenwärtige ReichstagSdebatte hat schon recht viel Aufklärung gebracht, noch mehr wird komme», wenn die Erörterungen über die Handelsverträge erfolgen. Möge» in der Ab- stimmnng die Würfel fallen, wie sie wollen, daS steht fest, daß in dieser Session die festen Grundlagen für längere Jahre künftiger Reichspolitik gelegt werden. Der Gesammtinhalt der Rede des Reichskanzler» hat auch die Gewähr gegeben, daß da» streng verfassungs mäßige Regiment im Reiche nach wie vor ungetrübt sortbestehcn soll, und Herr von Caprivi hat nicht de» mindesten Zweifel darüber gelassen, daß er nicht bloß Reichskanzler heißt, sondern auch Reichskanzler ist. Er mag manche Dinge mit dem festen Soldatenmnth anschcn, der über Schwierig- leiten im Vollbewnßtsein seiner Kraft hinwegschaut, ans keinem einzigen Wort geht hervor, daß er beabsichtigt, dem Reichstage Znmuthungen zu stelle», die mit der Verfassung unvereinbar sind. Da» speciellc Programm der ReichSregierung wird erst später offenbar werden, heute ergicbt sich Eins als zwingende Nothwendigkeit für Regierung wie Parlament, daß wir sehr, sehr sparsam sein müssen, wenn wir dem Steuerzahler keine Erschwerung seiner Lasten bereiten wollen. In Zeiten, wo Handel und Wandel blühen, das Geld flott roulirt.das Verdienst nichts zu wünsche» übrig läßt, da braucht man auch im Parlament nicht jede einzelne Million ein paar Mal „umzudrehen". Aber diese Zeiten bestehen heute nicht, und der Vc>dicnstmangel ist es sicher» welcher in de» weiten Bevölkernngskreisen das stärkste Gefühl de» Mißbehagens erweckt. Hier ist eben der Punkt, an dem Alle sterblich sind. Deutschland steht heute nicht am Rande des Abgrundes, man braucht nicht von unstill barem Elend zu reden; aber daß es gut wäre, wenn die Vertreter und Leiter der Nation ct„as zur allgemeine» Aufbesserung beitragen möchten, das ist nulestrcilbar. Politische RtM-schau. Chemnitz, de» 1. Dccember. Deutsches Reich. Am Sonntag Abend 9 Uhr 30 Mi», ist der König von Dänemark von der Wildparkstation nach Stettin abgercist. Der Kaiser begleitete seinen hohen Gast zum Bahnhöfe. — Der Kaiser wird sich in der ersten Hälfte des nächsten Monats nach Stettin begeben, um dem Stapellauf eines neuen Panzerschiffe- beizuwohne». Der Hof steht vor baldiger Ueber- sicdelnng aus dem Neuen Palais zu Potsdam in das Berliner Königliche Schloß. — Fürst Bismarck als Kreistags Wähler. Fürst Bis marck traf Montag Mittag um 12 Uhr mit seinem Sohn Herbert von Friedrichsruh in Ratzeburg ei», wo er lebhaft begrüßt wurde. Fürst Bismarck äußerte zu den städtischen Collegien, daß sein Besuch bekunde, er sühl^sich nicht mehr als Berliner, sondern als Lauen- bnrger. Alsdaim nahm er an der Wahl eines KreistagSabgeordnete» an» den Großgrundbesitzer» Theil. Um 2 Uhr fand da» Mahl beim Landrath statt. Am Abend erfolgte unter erneuten Ovationen die Rückkehr »ach Friedrichsruh. — Die Erörterungen der Rede des Reichskanzlers vom Freitag dauern immer noch fort. Die „Nordd. Mg. Ztg." bringt folgende Zeilen: „Dem gcmei»schastlichen Umsichgreifen des Versuchs, Reincultnren de» Pessimismus zu züchten und zu jener Herabdrückting der Stimmnng beizutragen, für welche ein großer Theil des Publikums nur allzu sensibel ist, ist nun an berufenster Stelle A Ziel gesetzt worden, und da» gesunde Urtheil des Volkes in seiner «esammtheit wird di« patriotische Absicht diese» Unternehmens sicherlich -ch i» ivritttrr Folge ans » Nachhaltigste untttpatzen. Dir öfseut-j liche Meinung selbst aber wird gegen alle ferneren Versuche, Miß» trauen und Mißvergnügen in die nationale» Reihen zu säen» sich am besten zu schützen vermögen» wenn sie nicht ermüdet, die Thatsachen mit den Phrasen zu vergleichen, und wenn sie mit Berständniß und Eifer »ach de» verschiedenartige» Quellen und Ursachen forscht, aus denen die nur im Ziele der Verdunkelung und Beunruhigung ein» müthigen Alarmversuchc entspringen." — Gleichzeitig mit dem österreichisch-deutsche Handels- und Zollvertrage ist zwischen den beiden Monar- chieeu auch eine Veterinär-Convention vereinbart worden, welche als ein iutegrirender -Bcstandtheil de» Handelsvertrages gleichzeitig mit diesem i» Wirksamkeit treten soll. — Die Frage der Betheiligung Deutschlands an der Weltausstellung in Chicago wird, wie der „Reichs« anzeiger" »littheilt, seiten» der Industrielle» neuerdings unter gegen früher völlig veränderten Gesichtspunkten beuctheilt. Nahmen noch bis vor Kurzem die Vertreter selbst vielen für den Handel mit Amerika in erster Linie in Betracht kommende» Industriezweige eine ablehnend« Haltung ein, so gelaugt jetzt nahezu die Ueberzeugung zum Durch bruch, daß ein Fernbleiben von dem Wettbewerbe in Chicago für di« Gesammtheit der deutschen Industrie große Nachtheile im Ge folge haben würde. Ueberdics wird richtig erkannt, daß es eine Ehrenpflicht der deutsche» Industrie sei, für eine ihrer Bedeutung entsprechende Vertretung auf der Ansstelluug Sorge zu tragen. Der Rcichsanzeiger" bringt dann eine genaue Uebersicht der Industrie zweige, welche an der Ausstellung thcilnehmeu wollen. — Deutschland und Rußland. Wir thcilten dieser Tage eine Meldung de» „Hamburger Correspondenten" mit, daß deutscher seits keine handelspolitische» Annäherungsversuche an Rußland ge macht worden seien. Im Anschlüsse daran versichert jetzt die „Münch. Mg. Ztg.", daß notorisch solch« Versuche von Rußland, jedoch in nicht anuchmbarer Form, gemacht worden sind. — Oesterreich-Ungar«. DerErzherzog Heinrich vo» Oesterreich (geh. am 9. Mai 1828) und dessen Gemahlin Lcopoldine Freifrau vo» Waideck (geb. am 29. November 1842), sind nach kurzer Krankheit beide in Folge von Luugenentzün dnng gestorben. Di« Leichen de» erzherzoglichen Paares werden nach Bozen gebracht und dort in gemeinschaftlicher Gruft beigesetzt. Italien. KongräßlicheS. Aller guten Dinge sind drei In Rom ist nun »och ein 3. Friedciiscougceß zusämmengetkelen. Derselbe, beschickt vo» den politischen Arbeitervereine», hat im Glas saale des KunstgcbäudcS stattgefuiideii; von 3000 eiiigeladcnen Ver einen waren etwa 150 vertreten; alle Redner, auch die englischen Delegirten, welche Niemand verstand, wurden stürmisch beklatscht. Die lächerlichsten Anträge wurden gestellt, wie z. B. „der Staaten sturz und die allgemeine Revolution sei Vorbedingung deS Friedens" — England. Arbciterkrawalle haben am Sonntag in Chrlsea in England stattgefunden, wo eine svcialistische Versamm lung abgehalten wurde. Berittene Polizei stieß mit den Excedenten zu sammen. Mehrere Personen sind verwundet, eine größereZahl ist verhaftet — Frankreich. Es ist das Gerücht verbreitet, Mi- nisterpräsident Freycinet wolle sich nach seiner bevorstehenden Auf nahme in die Akademie der Wissenschaften in'» Privatleben zurnck- ziehen. Recht begründet scheint die Sache nicht zu sei». — Bei einer Gedenkfeier am Jahrestage der Schlacht bei Champigiiy geriethen Boulnngisten und ihre Gegner dermaßen aneinander, daß die Polizei die Ruhe herstelle» mußte. — I» Nord-Frankreich geht jetzt der Bergarbeiterstreik seinem Ende entgegen. Beide Theile wollen nachgeben. Rntzland. Was man in Petersburg zur Rede des Reichskanzlers sagt. Die Rede des Herrn v. Caprivi erfüllt dort mit Befriedigung. Der „Grashdanin" erkennt zwar die fried liche Bedeutung an, weist aber nach, daß die Ausführungen über de» Narwaer Besuch gegen die wahre Sachlage verstoßen. In Narwa habe die deutsche Politik Fiasko gemacht, und das sei der Ausgangs punkt aller Spannungen der letzten Zeit, die schließlich den Kron- städter Besuch veranlaßte». Na, »a! — Ein PferdeauSfuhr- verbot in Rußland. Wie der „Post" von sonst gut unter richteter Seite mitgetheilt wird, stände ein Pferdcaussuhrverbot in Rußland bevor; die Veröffentlichung wäre in den nächste» Tagen zu erwarten. An maßgebender Stelle ist indcß vo» der Eventualität eines derartigen Verbotes nichts bekannt. Asten. Der Aufstand in China macht Fortschritte. Londoner Zeitungen melden aus Tientsin, daß der Vormarsch der Aufständische» aus der Mandschurei ununterbrochen fortdauert, »nd daß diese die auf ihrer Marschroute liegenden Städte ohne Wider stand besetzen konnten. Die von den Rebellen unterwegs an de» Christen, namentlich in der Stadt Takow, begangenen Grausamkeiten solle» beispiellose sein. Die eingeborenen Christen wurden zuerst ab geschlachtet; dann ermordeten die Rebellen die kleinen Kinder in der grausamste» Weise, zerhackten deren Körper mit großen Messern und brieten sie aus Scheiterhaufen. Die Nonnen wurden zuerst den größten Qualen unterworfen, dann schlugen ihnen die Unnienschcn mit Knüppeln die Schädel ei». Die Pricster wurde» auf alle mög liche Weise mißhandelt; einem derselben wurde die Zunge und das Herz anSgerissen. Einer der erste» Mandarine» des Distrikts be- wirlhcte darauf die Missethäter i» festlicher Weise. (I) Die enropäischen Vertreter der freinden Mächte sind auf's Aenßerste empört, und unter den in China ansässigen Ausländern herrscht große Erregung. Die Rebellen dringen immer weiter südwärts vor. — Nach aus Tnr« kestan eingehende» Nachrichten ist der bekannte Asienfvrscher Oberstleutnant Grombczewski erkrankt und liegt hoffnungslos darnieder. Amerika. Aus Brasilien melden zuverlässige Pri vatberichte, daß i» Rio Grande die Kämpfe unter den Parteien begonnen haben. Schwer- Verwickelungen werde» befürchtet. Auch in Argentinien droht eine Revolution zu Gunsten de» General» Mitre. WW Deutscher Reichstag. 130. Sitzung dom 30. November. IV, Uhr. Am BundeSrathstische: von Caprivi, von Bötticher, vo» Marschall, von Maltzah» ». A. Das Haus ist etwas besser besetzt. Die erste Bcrathung des NeichshauShaltes für 1892,93 wird fortgesetzt. — Abg. Frhr. von H ucne (Ctr.): Im vorliegenden Etat finden fick manche AnSgabeposten, die auch uns nicht erfreue», und die Bemthuugeu der Bndgctcoiumissiou über dieselben werden deshalb außerordentlich genaue sein. Der Sins nach Erspar nissen bei de» Reichsausgaben klingt auS der Bevölkerung immer lauter heraus, »nd wir können diese» Ruf nicht iguoriren. Auch mit der Ver mehrung der Neichsschnld k »n eS so, wie bisher, in keine»! Falle weitergehe». Bei den Forderungen für Neubauten werden ganz bedeutende Abstriche er folgen müssen, sowohl im Milüär-, wie im Pestwesen, und namentlich dürfen wir i» keine»! Falle ans die Empfehlung einzelner Abgeordneten hören, die sich sitr die Herstellung bestimmter Bauten intcressiren. Was nicht »»bedingt er forderlich ist, muß schonungslos gestrichen werde». Anch die Alierii- und Jnvaliditäts-Versichernng bringt eine steigende Belastung mit sich. Hier werde» die verbündeten Regierungen mit großer Aufmerksamkeit daraus achten müssen, daß alle bisher hcrvorgelrctenen Ucbelstände sofort durch Gesetz beseitigt werden. Die Mehrsordernngc» für die Armee bedürfen zweifellos noch einer näheren Begründung vor der Bndgetcommission. Richtig ist ja, daß die Wassentechnik in der zwanzigjährigen Friedenszeit recht bedeutende Fortschritte gemacht hat, und eS ivürde Niemand verstehen, wenn wir im Falle eines Krieges unsere Soldaten mit einem Gewehr in'S Feld schicken wollten, von welchem seststeht, daß es nicht das beste ist. Wir müssen doch aber auch die Finanzlage in Anbetracht ziehen. Die zweijährige Dienstzeit wird sich meiner Ueberzeugung »ach bei de» steigenden Nensorderunge» für die Armee nicht mehr lauge vermeiden lassen, Weniger zwingend als die Forderungen sür die Armee scheinen die sür die Marine zu sein. Im nächste» Kriege wird allem Anschein nach die Marine nicht so sehr in Anspruch ge nommen werden, alsdieLanbarmee, die immer mehr berufen erscheint,die definitive Entjchcidmig zu gebcn.Anch angesichts der technischen Vervollkommnny in der Marine istcSsehrangebracht,vorsichligmitSchissS»enbautcnznsei». da sich la fortwährend Acndernnge» in den Conslrnctionen bemerkbar machen. Wir müsse» hierauf sehr achten. Herr Rickert hat Freitag eine Steuer- und Finanzriform sür das deutsche Reich gcsordert. Er hat mir leider vergessen, mitzutheilen, woher das Geld genommen w-rdeu soll, wenn die 600 Millionen Zölle und indirekten Stenern sorlsalle». Daraus kommt es aber gerade an. Durch eine Einkommensteuer im Reiche kann doch der Ausfall beim beste» Willen nicht gedeckt werden, auch daun nicht, wenn man wirklich eine solche Steuer einsühre» wollte, was aber »och mit erheblichen Schwierigkeiten Verbund-n ist. Der Sündenbvck bei der Etatsberathnng ist natürlich der Kornzoll, dessen Aushebung di« Herren von der freisinnigen Partei verlangen. Das ist ja Alles recht schön gesagt, aber was würde das sür Folgen habe»? (Rnse: Billigeres Vrotl) Meine Herren, daS können Sie doch wirklich nicht glaubenI Bei Aushebung der Kornzölle würde da- heutige Bros »ich« um das Geringste größer werde»; dagegen haben wir bei einer demnächsligen günstigen Ernte die bestimmte Aussicht auf ein allmähliches Sinke» der Broipreise. I» den neuen Handelsverträgen ist ein Bruch mit der bisherigen Wirthschafts- und Zollpolitik nicht zu er blicke». Ich sehe denselben mit vollem Vertrauen entgegen- Freilich wird daS Bestrebe», durch wirthschafiliche Maßnahmen eine Gesundung unserer Ver hältnisse hcrbeiführen, nicht gelingen, wenn die religiösen Kräfte nicht mit zu Hilfe gezogen werden, »nb da ist es nicht z» verstehen, weshalb man nicht die Männer nach Deutschland znrückkomincn läßt, die für die Erziehung der Jugend und sür deren religiöse Bildung so hervorragend wirksam sein könne». Mit besonderer Besriedignng hat ineine Partei von den »cnlichc» Anssührungcn des Herrn Reichskanzlers über die Erleichterung der Paß-Vor schriften sür Elsaß-Lothringen »nd über seine Stellung zu den Pole» Kennt- niß genommen- Ich bin erfreut, zu hören, daß der Kanzler nicht aintsmüde ist, »nd kann ihm auch versichern, daß in den Reihen unserer Partei keinerlei Beunruhigung existirt. (Beifall.) — Abg. v. Koscielsli tPole.)Jch erkenne dankbar an, daß uns vo» dem Herr» Reichskanzler Vertraue» entgegengebracht ist; eS ist das das erste Mal unter prenßiichcr Regierung der Fall gewesen, und meine Landsleute werde» sich dieses Vertrauens würdig zu zeigen wisse». Wir sind gute Deutsche, wollen aber anch gute Polen bleiben. Kan» di« Einheit der Nationalitäten nicht erlangt werden, so begnügen Sie sich mit der staatliche» Einheit. Es kann ja wohl eine Zeit kommen, in welcher Preußen nnd Deutschland ein Interesse daran habe», eine starke Nation an ihrer Ostgrenzc zu ha en. Die Polen germanisirc» z» wollen, ist eine Schwäche; beschränke» Sie sich aber auf die staatliche Einbeziehung der Polen, so setzen Sic an Stelle der Politik der Schwäche eine solche der Macht. Im klebrige» danke ich dem Herrn Reichs kanzler nochmals für seine Ausführungen. Was den vorliegenden Ncichshans- halt aubelangt, so sind die Polen durchaus nicht Willens, zu Allein Ja nnd Amen zu sagen; mehr als je müsse» die diesjährigen Elatsheralbnngen im Zeichen der Ersparuiß stattsindcn, wenn wir selbstredend anch bewilligen, waS zur Erhöhung der deutschen Wehrkraft erforderlich ist. Tie Käscriienbanten, anch in enticrulercr Gegend von der Grenze, will ich bewilligen, denn sic sind doch nöthig, »m nnicre militärische Jugend vor den Einflüsterungen Derer zu bewahre», die sich Mühe geben, sie zu verführe». Was die Forderngen für die Marine anbctrisst, so kann ich den Vorwurf des Mangels a» Beständigkeit, der von anderer Seite erhoben worden ist, nicht billigen; Svarsa nkcit wünsche auch ich, aber Abstriche in den. Umfange, wie der Abg. Rickert sie wünschte, kann ich vor meinen Wühlern nicht verantworten. Wnnschcnswerlh wäre eS, daß dem Arbeitcrmangel in Posen undWestpieußeu durch Znlassiitig polnischer Arbeiter abgcholfen würde, die ans den Nachbarstaaten kommen könnten. — Reichskanzler vo» Caprivi: Ich möchte mir »»r zu den Worten des Herrn Vorredners einige kurze Bemerkungen erlauben. Herr von KoscielSki hat zroße Hoffnungen und Wünsche ausgesprochen; ich glaube aber kam», ,>aß meine Siede vom Freitag ihn dazu veranlaßt hnben kan», und was Herr von KoscielSki über die Bedeutung der Nationalitäten ägte. kann ich verstehen in der Erinnerung dessen, waS wir empfunden, als Deutschland machtlos war- Aber für richtig halte ich seine Ausführungen darum doch nicht. Rnr eine in sich geschlossene Nation ist stark. Widersprechen innß ich dem Herrn Vorredner anch darin, daß er meinte, erst in den letzten Jahren seien von der preußischen Regierung Maßnahmen zur Hebung der polnischen Landesthcile getroffen, während diese Gebiete früher wirthschastlich und politisch unterdrückt worden seien. DaS Gezentheil ist aber richtig. Schon Friedrich der Große hat Posen durch die Cnnalisirung der Warthe und Netze gehoben »»des braucht ferner nur»» die Verwaltung Flotlwcll scrinnert zu werden, um nachzuweiscn, daß die wirthschastlichc Hebung dieser LandcS- thcile mehr vo» der preußischen Regierung, als dur l, die «clbstvcrwaltnng gefördert worden ist. — Abg. Ri chlcr-Hagen lsrcis.): In der vorigen Sitzung hat der Herr Präsident betont, daß der constitutionellc Gebrauch, die Person und iie Worte des Monarchen hier nicht i» die Debatte zu ziehen, ausrecht erhalte» werde» solle- Ich bi» hiermit durchaus einverstanden, wünsche aber, dies Princip möchte auch außerhalb des Reichstages Beachtung finden. Tie Minister solle» nicht Erlasse deS Königs ohne Gegenzeichnung veröffentlichen, cs ist das ebenfalls nicht consiitmioncll. Ich gehe nun zum Etat über. Die Lasten in kemselben wachse» vo» Jahr zu Jahr und es wird unbedingt etwas zur Erleichterung geschehe» müffcn, auch wen» He r von Hnene die Möglichkeit dazu bezweifelt. Mittel zu solche» Zwecken sind genug vorhanden; ich will mir an die 40 Millionen erinnern, die den Spiritusbrennern geschenkt sind, an die ZuckeranssnhrprSmicn und andere Dinge, die leicht beseitigt werden können. Wie die Ding», heMv im Lande liegen, kan» x» mit unserer WirthschasiSpolitik so nicht weiM wie bisher gehen Herr von Frege hat an, Sonnabend das LalFsed diestr Pokilik gelungen, aber wirkliche Beweis« für ihren Nutzen-nkMscgen ihren großen Schade» hat er nicht gebracht. Herr von Frege nnd seincVagrarischtu Freunde behanplen stets, eine Aushebung der Zölle werde keine ' de» Brotkorner und des BroleS herbeisühren. Ich sehe ' warum sie denn die Fordrrmig nach einer Abschaffung der billig«'.« nicht ein, o HKtig
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