Volltext Seite (XML)
Leilagc M Sächsischen Lan-es-Anzeiger (Chemnitzer General anzeiger). Freitag, 8. Januar 1892. 1 — Verlag: « lexander Wiede in «hemnitz. — Nr. 5. — 12. Jahrgang- Amtliche Anzeigen. > Das im Grnndbuche auf de» Namen Johann Gotthilf Henschel »lugetraacuc Grundstück — Wohnhaus mit VerkattsSladen, Hinterge bäude mit eingebautem TchlachthanS, WaschhanS »nd Abtritt, sowie Garten »ndHofranm — Nr. 408o des Flurbuchs, Nr. 48 V des Brand« katasterS, Folnu» 469 des Grundbuchs für Gablenz, geschätzt aus SSV« Mark, soll a» hiesiger Auitsgerichtsstellc zwangsweise versteigert weiden »nd es ist der 8. Februar 18S2, Bormittag» VH, Uhr als Anmeldetermi», ferner der 22. Februar I8V2, Vormittag» 1«v, Uhr als VersteigernngStermin, sowie der 8. März 18V2, Vormittag» 11 Uhr ^ als Termin zu Verkündung des Vertheiluugöplan» anberaumt wordeit. Die Sicalbercchtigtcn werde» aufgesordert, di« auf dem Grundstücke lastenden Rückstände an wiederkehrcndcn Leistungen, sotvie Kostenfordernnge», spätestens im Anmeldeterminc auzumelde». Eine Uebcrsicht der ans dem Grundstücke lastenden Ansprüche nnd ihres Raugvcrhältiiisscs kann »ach dem Aniueldetermine in der Gerichtsschreiberei des U»ter„e!chueten Amtsgerichts cingcseheu werde». Königl. Amtsgericht Chemnitz, Abth. « , am 2 Januar 1892. B öhme. Das im Grmidbuchc auf de» Namen Emma Bertha verw. Pfnller geb. Lössler eiugeiragcue Grundstück — Wohnhan» mit Garten — Nr. 230 des Flurbuchs, Nr. 86 Abth. der Brandkatasters, Folinm 87 des Grund buchs sür Gablenz, geschäht auf S««« Mark, soll au hiesiger Amtsgerichts« stelle zwangsweise versteigert werde» nnd es ist der 21. Jannar 18V2, Vormittag» 1«'/, Uhr als VersteigernngStermin, sowie der ». Februar 1892, Vormittag» 11 Uhr als Termin znr Verkündung des VertheilungSPlan» anberaumt ivordc». Eine Ncbersicht der ans dem Grundstücke lastenden Ansprüche und ih>es RaugvcrhältnisscS k »n in der Gerichtsschreiberei des »nlerzeichucten Amts- gericl tS e »gesehen ivcrden. Königliches Slmtögerichr Chemnitz, Abth» L», am 2l. November 169l. Böhme. Erinnert wird nochmals au die Abführung des Schulgeldes mit dem Bemerken, daß na b Ablauf des 1«. Januar d. I. sofort das Mahn« resp. Zwangs« vollstrelkungSberfahren eiugeleitct werten wird. Cinfiedel, am 4. Januar 1882. Der Schulvorstand» C. Paul, Bors. Die Goldfee. Original Roman von Eunny Rdssi. (Fortsetzung.) Nachdruck verboten. 5. Kapitel. Dublin hat eine mustcrhaft organisirte Armenpflege. Alle- Elend ist auch durch Zusirömung fremder Elemente aus der Provinz »nd Landschasl Irlands entstanden, die Stadt ist reich, und das viel- beschriebene Elend der niedrige» Stände auf der „grünen Insel" ist hier selten auzntresferu Das städtische Waisenhaus für Mädchen, „die grauen Waisen", wie der Volksmiind sie nennt, ist ei» gut geleitetes HanS; die Er ziehmig der Verlassenen geht zwar nicht über die geringen Anfor derungen hinaus, die malt an Bedienstete zu stelle» berechtigt ist, aber alle diese Mädchen könne» lese» und schreibe», lernen weibliche Handarbeilcn und den Haushalt, nnd man bemüht sich, ihrem Characier F ömmigkeit einznprägen. Daß bei einer Massenwirknng i» einem Wnisenhausc, wo immer gegen dre,hundert Mädchen erzogen werden, individuelle Anlage» nicht beachtet werden können, ist selbstverständlich — man hat deßhalh noch nie von irgend einer glänzenden Carriore gehört, die im „Granen Hanse" begonnen, aber noch seltener hat irgend ein Mädchen, daß hier erzogen war, die Unzufriedenheit ihrer Herrschaft, wo sic als Dicnstwagd fnngirle, hervorgerusen — jede Veränderung nach der kalte», licblvse» Uniform-Erziehung dünkt diesen armen Linder» eine Wendung zu,» Bessere», die „Grauen Waise»" sind die beste» »nd lrciieste», i»,d beschall) auch die begehr testen Dicneriniie» der Sladt. Einmal im Jahr nahet sich ihnen auch d:c Liebe — das ist um die heilige Weihnachtszeit, da»» suche» die vornehme» .Patroninnen der Anstalt bei, verwaisten Kinder» eine Freude zu bereite», daun erhalten sie nicht nur das Nvthwendigc, sondern auch das Ueberflüssige, also dasjenige, was Kindcrherzc» am Meisten erfreut. Die Weihuachispnppe für die Kleinen ist hier eine Quelle höchster Glückseligkeit. Ein Beispiel sür lange Erilärinigcn: Unter de» Waiscnmädchen war auch eins, das l,icß City. Etty gehörte den Jahren »ach noch zu de» Kleinen — bis znm zehnte» Jahre erhielten diese die ersehnte Weihnachtspnppc — das elfte Jahr gehörte bereits dem Ernst des Lebens und der Nützlichkeit an. Nu» ivar Eitg trotz ihrer »ein» Jahre aber ei» wahres Niescnkind; manche Sechs,chnjährige, die in de» Dienst ziehen mußte, war weniger groß und stark als vier Enak-kiud. Die Vorsteherinnen hatten denn auch beschlösse», sie der größere» Abtheilinig beizngesellen, da ihre entwickelte Gestalt iniler de» Meine» Spvttlust Hervorrufe» konnte, wodurch der Ernst der heilige» Handlung litt. So kam cs, daß Elth an ihrem neunte» Heiligabend keine heiß- erschntc Puppe erhielt; sie war trostlos, und nur die Strenge der Disciplm hinderte sie an laute». Meine». Als aber Gesang und Predigt vorüber waren, schlich sie hinaus, und draußen ans dem öde» Cvrridor legte sie ihren hübsche» Kopf gegen die Wand und heiße Thräne» strömten a»S ihren treuherzigen Augen. „Wie, hier weint ein kleines Mädchen?" fr»g da eine Helle Mädchcnstimme; Etty fuhr hoch und glaubte eine» Augenblick, das Christkind selbst wäre zu ihr gekommen. Da stand ein blutjunges Mädchen in weißem Kleid, ein goldener Mantel von Haaren floß ni» ihre Schultern und sie richtete mit ihrer lilieuhaften Hand das betrüb!- Köpfchen des Waisenkindes hach. „Was fehlt Dir, mein liebes Lind? Wcßhalb weinst Du?" Elch Halle diesem gütigen Ton nnd Blick gegenüber Zutrauen. „Mau hat mir kciue Puppe geschenkt und ich bin erst neun Jahre alt." — Welche Tragik der Anmuth darin lag! Das gold haarige Mädchen sagte Aehnliches zu dem alten Herrn, der sie bc- gleite c, dann tröstete sie die große Kleine. „Verlaß' Dich darauf, Tu bekommst motgcn von mir eine wunderschöne Puppe — sage mir nur, wie Du heiß«, damit ich sie Dir schicken kau»." «Ich heiße Etty." „Und wie weiter?" «Weiter? —- Das Kind sah sie verwirrt an, es verstand noch nicht, daß jedem Vornamen auch ei» Vateniamen folgen muß. Da- kchvne Mädchen fühlte da» und brach rasch ab, indem sie da» Haar des Kindes streichelte, welche», straff hochgekämmt, sich gegen alle Discipti» auf der Stirne und im Nacken in kleinen Locken kräuselte. «Also morgen erhält die schwarze Etty eine wunder., wunder schöne Puppe." — Die Kleine sah sie mit verzückten Auge» an. «Und sie >»»ß so laiige goldene Haare habe», wie Sie, Fräulein, und sie soll auch so heißen, wie Sie heiße», Fräulein — heiße» Sie Marie?" «Nein, Kind, ich heiße Adah. Weshalb glaubst Du den», daß ich Marie heiße?" «Weil Sie so schön und gut auSschen, wie die heilige Jungfrau," sagte Etty naiv, „aber Adah ist auch ein wunderschöner Name." — Heran-strömende Gäste und Waisenkinder »nterbrache» das Gespräch. — Am folgenden Morgen aber erhielt Etty die angekündigte Puppe, und sie war stumm vor Entzücken, als sie da- blondlockige Wachs- figürcheu der Hülle entnahm, und ihre Pnppe Adah blieb ihr herrlichstes Besitzthum, noch bis in eine Zeit hinein, wo die Tändelei der Kind heit längst der herben Arbeit gewichen war. Die goldhaarige Taufpathi» Adah sah sie ni« wieder, doch gedachte sie ihrer in Dankbarkeit, im Wachen und im Tran»,. Jene war ihre Schntzpatronin, ihre Heilige — dies heimathlose Waisenkind, welcher für Niemand zu beten hatte, vergaß niemals den Namen Adah in ihr tägliches Gebet einzuschließen. Darüber waren Jahre vergangen und Etty eine wahre Riesin geworden. Aber so robust und unzart ihr Aeußere», so weich und echt weiblich war ihr Gemnth. Dabei war sie ein hübsches Mädchen mit ihren schwarzen Augen und dem wellige» Haar, nur das unge wöhnliche Maß ihrer Erscheinung isolirte sie von dem landläufigen Begriff: Schönheit. Es war das Priucip der Anstalt, keines der Waisenmädchen vor dem vollendeten sechszehnie» Lehensjahre zn entlassen. Bom vierzehnten Jahr bis zu dieser Zeit lernte» sie die Pflichten einer Dienstmagd im Hanse, — auch mit Etty hatte man keine Ausnahme gemacht. — O'Neill, der als oberster Patron des Waisenhauses hin nnd wieder einen Rnndgang durch das Ganze machte, srng denn auch, als er Etty in ihrer überragenden Größe gewahrte, ob dies Mädchen denn nicht alt genug sei, eine Stellung anjnnehmen. Die Antwort, daß sie noch nicht 16 Jahre zähle, überraschte ihn, er behielt sie im Gedächtniß, »nbewnßt fast, als ob alles Außergewöhnliche dazu da sei, ihm zu dienen und sich seinen Befehlen zu stellen. Etty nun war ihm eingefallen, als er einer robusten Wärterin für seine Frau bedurfte, nnd hierher, »ach de», Hause der grauen Waise» lenkte er am Spätnachmittage seine Schritte. Wohl wollte er seine Frau zu Doctor Marligny bringen, aber selbst dort sollte eine zuverlässige weibliche Person, seine Creatur, zu ihrer Bedienung und Schutz bleibe». Ob Dargan O'Neill die Gerüchte von Mord und Verbrechen, die man Marligny nachsagle, glaubte, war fraglich, aber er kannte dessen Don-Jnan-Natnr und Schwärmerei für schöne Frauen. In dieser Beziehung tränte er ihm Sünden bis zum Ver brechen zu — und die Einsamkeit der Anstalt war gefährlich. Besser ihr eine zuverlässige, riesenstarke Wärterin geben, die nicht nur seine Fra», sondern allenfalls auch den Arzt überwältigen konnte. Es schlug sechs Uhr, als O'Neill läutete, der Portier zog die Schnur und salutirte, als er die Uniform gewahrte. — O'Neill frug »ach der Vorsteherin. Die Dame war sogleich mit Freuden bereit, ihn zn empfange», nnd seine Frage, ob Etty als Dienerin bei seiner armen Iran eintretcn könne, fand eifrige Bejahung. Die sensationelle Nachricht, daß Fra» Adah O'Neill, die schöne Goldfee, am Abend vorher fast ein Opfer der Flamme» geworden wäre, der Mord ihres populäre» Vaters, das Verbrechen ihres Vetter-, war, wie ein Lauffeuer von allen Zeitungen verbreitet, auch bereits in dies stille Hau- der Barmherzigkeit gedrungen Und mehr als Alles halte der Schluß dieses Dramas die Herzen bewegt: Der Irrst»», dem das arme Opfer aller dieser Verbrechen aiiheimgcfalle». „Ich möchte das Mädchen gleich mitnehmcn," sagte O'Neill, «wollen Sie das Nöthige veranlassen." Die Oberin klingelte nnd befahl, daß man Etty Freitag her- bcirnfe. — «Es ist der Name, den sie von der Anstalt erhalten hat, sie wurde an einem Freitag ausgenommen — cS war ei» so zartes, reifendes Kind, man hätte niemals vermnthet, welche Riesin ans ihr würde. Aber Sie haben eine gute Wahl i» jeder Beziehung ge troffen, Sir, eS ist ein lenksames, gehorsames Gcmüth i» dem Mädchen." „Wer die Eckern waren, weiß man also nicht?" frag O'Neill, »m keine persönliche» Fragen auskommen zn lassen. „Nein, sie wurde ans der Straße gesunde», cs scheint, die Eltern sind gestorben — sie weinte nach Papa »nd Mama — ich glaubte auch zuerst, daß sic den Namen ihrer Eltern wisse, denn sie wurde angstvoll, wenn ma» sie dringend frug, — aber es ist do h wohl nicht anznnehme», daß ein so junges Lind, kaum fünf Jahre all, conseqnenles und bewußtes Schweigen bewahrte — jedenfalls ist sie eines unserer besten Kinder." Es klopfte, eine Untcrlchrcri» führte Etty ein. Diese arme» Kinder haben keinen eigene» Willen; sagt man ihnen, daß sie gehen müssen, so gehen sie in stummem Gehorsam, ohne daß sie Rechen schaft erwarte» oder erhalten. „Etty," sprach die Oberin, „dieser Herr hat eine kranke Frau, welcher Gott hoffentlich > Genesung verleihen wird. Wir setzen das Vertrauen in Dich, gewissenhaft ihre Dienerin zn werde» nnd Alles zu ihrem Beste» zn thnn. Du wirst sogleich mit Herr» O'Neill fahren, packe schnell Deine Sachen nnd sage Deinen Saalschwester» Adieu." Etty neigte stumm de» dunklen Kopf und ging. Ein Schmerz zog durch ihre Seele, für den sie sich kciue Rcchenjchast geben konnte. Daß sie ein paar Wochen vor der Zeit »nd so plötzlich aus diesem Hause scheiden mußte, konnte es nicht sein. Die meisten anderen Mädchen gingen ja gern in die Well hinaus, von der sie so selten eine» Schimmer gesehen — aber Etty fühlte, es war doch die Heimath, die sie verlassen mußte und so manche- Kind, welches ihr weiches Herz liebgewvnue». Ihre Alter-genossinne» hingen sich mit Küssen nnd Thrciuen an sie, als sie ihnen nun Lebewohl sagte, dann halfen sie ihr schnell die kleine hölzerne Liste packen, welche die ärmliche» Kleider der Waise aufnahm, Gebetbücher und eine Bibel Ware» das Einzige, Ivas sie außerdem besaß, und dann^noch einen Gegenstand, sorgfältig in Watte cin- gepackt nnd i» einer Pappschachtel verwahrt: eine hübsche blonde Wachspuppe. In fünf Minnlen war es geschehe», Etty band ihr Tuch um die Schulter» und setzte de» kleinen Hut auf ihr schwarze» Haar, — zwei andere Waisen trugen die kleine Kiste, die einem Kindersarg ähnelte, zum Portier hinab, der eine Droschke anrief »nd Herrn O'Neill jage» ließ, der Wagen warte. Da lvieder Schnee von, Himml rieselte, befahl Herr O'Neill dem Mädchen, welches zum Kutscher hinaufsteigen wollte, sich in den Wagen hliieinzusctze», dann folgt« er. Zwar gehörte er selbst zu den großen stattlichen Männern, dennoch überragte Etty ihn um KopfeShöhe; sie stieß sitzend fast an den Fond der Droschke. O'Neill lächelte, als er ihren deshalb gesenkten Kopf bemerkte. „Sie sind »och nicht scchSzehn Jahre — wenn Sie »och ei» U wenig so mit Wachse» beibleibe», können Sic sich als Riesin für Geld sehe» lassen," scherzte er, ihm lag daran, sie zntranlich zn Z machen, um sie ganz zu beherrschen, »nd junge Mädchen gewinnt man sicherer mit Güte als mit Strenge. — Aber sie grübelte diesen Worten nach, ohne sie zn verstehen, — was wußte dies weltfremd« H Waisenkind von Schanstellnngen lebender Menschen und ihrer Be zahlung dafür. Das Rasseln de- Wagens machte ein weiteres Gespräch un« thunlich — Etty saß stnnnn auf dem Rücksitz, di- Hände gefaltet —; es stürmte draußen, das Wasser der Liisry floß dunkel und lantlo» dahin — al- sie über die mächtige Brücke fuhren, polterte es, al»''Z würfe man Schollen ans einen Sarg. Noch ein paar Minuten, dann hielt der Wagen vor d«m Townhall, hier stiegen sie aus. Der Ches führte da- scheue junge s Mädchen durch die lange Reihe von Polizisten, die stramm vor ihrem , Obcrherrn Honneurs machten — er wollte ihr imponire», um sie gefügig zu machen, — dann ließ er sie hinter sich in sein Privat- Bureau eintreten. Sie zitterte von Kopf bis z» Fuß, ihr wurde klar, daß er ein mächtiger Mann war. Er gab ihr Zeit, die» nach- zufühlen und zählte etwa» Geld ans den Schreibtisch. „Sehen Sie hier, Etty, dies ist eine Voraiiszat,l»ng. dainit Sie ct sich etwa» Garderobe anschaffcn können — Sie scheine» nur sehr H wenig zn besitze»; dazu könne» Sic den morgigen Vormittag bl- Ä nutzen, jetzt will ich Sie zn meiner Frau snlircn — mein Hau» D liegt dicht nebenan. Vorher aber empfange» Sie meine Instruction, > für die Zeit, in der Sie meine arme Frau »och in meine», Hause-MM dienen werde» — später begleite» Sic dieselbe i» eine Heilanstalt ^ — doch davon später mehr. Vorerst: meine Frau ist von der irr?, thümlichen Meinung in ihren. Wahnsin» befangen, daß ich ihr fei>ld- lich gesonnen bi». Sie klagt mich der schrecklichste» Verbrechen au. Das wird sie auch bei Ihnen thnn, Sie dürfen nicht danach hören — am Besten ist, Sie stellen sich, als glaubten Sie Alles, da- wird ^ sie am ehesten beruhigen — Sie haben mir genau Alles Wort für j Wort wicdcrznsage», was sie spricht — habe» Sie verstanden?" -/Hi «Gewiß, Herr." , „Dann dürfen Sie nicht erlauben, daß sie die Schwelle de» Schlafzimmers überschreitet, da» heißt, »ach der Zimmerseite, dem Hause zn. Das daranstoßendc Baoeziinmer und das Tvileltezimmtr gehören mit zn den ihr erlaubten Räumen. Darin müsse» Sie un-. erbittlich streng sein; will sie nicht gehorche», so drohe» Sie ihr mit Gewalt, und hält nicht Ihr Wort sie zurück, so wende» Sie thätlich H Gewalt a», es bleibt nur daun nichts übrig, als sie zu fesseln. — Sie haben also vollständig verstanden und geloben mir »»bedingten Gehorsam?" «Gewiß, Herr." -': ^ «Gut — ich werde Ihre Dienste gut belohnen, jetzt und l» P Zuknnst." Er klingelte. Ein Polizist erschien. «Ist Jim im Hause?" „Ja, Sir." - -- „Er soll kommen." — Etty nahm langsam Stück für Stück da» Geld auf, sie halte »och niemals so viel beisammen gesehen und 'Ä koniite kaum glaube», daß es ihr gehöre. — «Soll ich daS All«»' haben?" frug sic scheu. „Gewiß, mein ", er wollte „Kind" sagen, besau» sich aber »nd sagte: „Gewiß, und es ist mir ein kleiner Theil dessen, was Sie vierteljährlich von mir erhallen werden. Sie sehe», e» verlohnt sich schon, mir treu zn dienen." Etty war nun vollends gewonnen, sie nahm glückselig das Geld an sich nnd m»r»iclte i» sich hinein:- „O, wie viele sHöne Puppen man davon kaufe» kann!" — Jim trat ei». Sein FnchSkopf hing gesenkt aus der Brust, aus seine,» ganzcn Wesen sprach Verzweiflung. O'Neill schien es »icht zu sehen. „Hier, Jim, ist ihre erbetene Entlassung — wenn die Ver hältnisse sich später anders gestalten,- werde ich Sie wieder bei mir anstelle» —" Jim» Gesicht erhellte sich,-da-war doch ein HoffnnngS- stcrn — „dies Mädchen, sie heißt Etty, wird meine Frau zn Doctor Marligny begleiten, Sic werden also Hausgenosse» werde», Jim." Jim sah mit Verwunderung diese Enak-lochter an, gegen die er ein Zwerg war, »nd ei» Ausruf des Staunens kam ihm von de» Lippe». «Wie sind Sie da oben 'ranfgekvmmen?" fragte er in seiner listig satyrischcn Weise, die ja ein Erbtheil aller irische» Volkskinder ist, — „vH, ist das ein nettes kleines Mädchen!" Etty sah ihn a». Es lag etwas in ihrem Blick, daß er laug- sam sein spölliuhcs Lächeln einzog nnd höflich hinzufügtc: „Was an mir liegt, wird Fräulein Elth immer einen friedfertigen Hausge nossen haben." „Es ist gut, hier ist Ihr Salair sür den laufende» Monat, ich lege noch ein Trinkgeld bei," — er fügte einige Goldstücke hin zu, Jim klappte demülhig zusammen — „gehen Sie jetzt in Ihre neue Stellung; daß meine Fra» morgen eintrifft, könne» Sie Doctor Martigny mündlich bestellen." Jim ging. Ein paar Minuten ging auch O'Neill mit Etty. Auf dem Flur traf er den Polizeilientenant cku jo»r. „Hat Nr. 100 sich abgemeldet? Er ist ans eigenen Wunsch entlassen." „Jawohl, Sir — Sie weine» doch den tiolcot-ok-Innvo-man Jim?" „Gewiß, er bleibt »ntcr Controle. Doctor Marligny nimmt ihn als Diener." — Er ging weiter. — Elth bemerlte, daß e» Niemand gab, der sie nicht verwundert anschante, sie begann ihre Ausnahmestellung z» begreife» »nd die Blicke der Mensche» zu fürchten. — Znm ersten Mal im Leben sah sie ein so elegante» Entree, wie i» des verstorbenen Doctor Krug'» Hanse. Eine graue Marmormvsaik bildrte de» Fußboden, schwarze, gebogene Möbel mit gestickte» Polstern standen um eine» Tisch mit weißer Marmvrplalle — in den Ecken blühten trotz des ranhcn Winters himmelblaue Glvkcinie» »nd rolhe Fnchsias. Eine graue Marmvrtreppe mit gepolstertem, rvthsammetneni Geländer, leppichbclegt, führte i» die Etage». Oben, auf de», ersten Flur, schritt ein Man» in Pvlizciunifori» ans und nieder. Seine» Helm hatte er der hier postirte» Büste der Klhtia aufgestülpt, die ihr liebliches Köpfchen melancholisch unter diesem profanen Minervahelm neuester Mode senkte. Sr blieb ehr erbietig am Fenster stehen und salutirte schweigend. Als Etty, ebenfalls Halt machend, ihm gegenüberstaud, war p» fast so groß als dieser riesige Schutzmann — «» war Erail. (Fortsetzung folgte)