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Sächsischer Landes-Anzeiger : 20.01.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-01-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-189201201
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18920120
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18920120
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1892
-
Monat
1892-01
- Tag 1892-01-20
-
Monat
1892-01
-
Jahr
1892
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 20.01.1892
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Beilage zum Sächsischen Limdes-Aiycigec (Chemnitzer General-Anzeiger). Mittwoch, 20. Januar 1892. — Verlag: St lexar»der Wiede i» Chemnitz. — Nr. 15. — 12. Jahrgang. Amtliche Anzeigen. lieber daS Vermögen des PimioforiehSndlerS Johann Vscar HSsel- -arih — Lsear Höselbarch - t» Chemnitz (Poststraße 7?) wird hente, am t«. Januar 1»V2, Vormittags 1V/s Nhr das Conciirsversahren rrössnet. Der Kaufmail» Franz Müller in Chemnitz (Chemnitzerstraße l) wird znm ConcnlSvcrwaller ernannt. Concnrssordernngc» sind biS »um 2«. Februar 1882 bei dem Ge richte nnznmeldcn. ES wird zur Beichlnßfassnng über die Wahl eines anderen Verwalters, sowie über die Bestell»»» eines Glänbigeraiisichusses und cinlretendcn Falles über die in 8 120 der Cvncnrsordnnng bezeichnetcn Gegenstände ans den 1». Februar 1«VS, Vormittags »V- Nhr und zur Prninng der angcmcldete» Forderungen ans den 28. März 1882, Vormittags 1t) nhr vor de»l »»tcrzcichneten Gerichte Termi» anbcraiimt. Alle» Personen, webte eine zur Concnrsn asse gehörige Sache in Besitz habe» oder zur Concncsmasse etwas schulsig sind, wird ansgegede», nicht» an de» Gcmcinschnldner zn verabfolgen 07er z» leisten, auch d>c Verpflichtung a»serlegt, non teni Besitze der Sache nnd non den Forderungen, für welche sie > ns der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Concursdermaltcr bis znm 1«. Februar 1882 Anzeige zn machem Königliches Amtsgericht Chemnitz, Abty. II. Böhme. Bekannt gemacht durch Act. Pötzsch, G.-S- Ueber das Vermögen des Bäckers Karl Gustav Köche in Nieder- rabensteln wird heute, am 1«. Januar 1«V2, Nachmittags « Uhr das Concnrsvcrsahren eröffnet. Der Rechtsanwalt Löser in Chemnitz wird znm Concursverwalter ernannt. CoiicurSfordernngen sind bis znm 20. Februar 1882 bei dem Ge richte oiiznmeldcii. Es wird zur Beschlußfassung über die Wahl eines anderen Verwalter», sowie über die Bestellung eines Glänbigrrausschnsses nnd eintrelende» Falles über die in 8 120 der ConcurSordnnng bezeichnet«, Gegenstände auf de» 1t. Februar 181)2, Vormittags 1() Nhr und zur Prüfung der angcmcldrlcn Forderungen auf de» 1«. Marz 1882, Vormittags 10'/- Nhr vor dem »nlerzeichneten Gerichte Termin autcranmt. Alten Personen, welche eine zur Coiicnrsmassc gehörige Sache in Besitz haben oder zur CvncnrSmasse etwa» schuldig sind, wird ansgcgebcn, nichts a» den Gcmeinichnldnrr zn verabfolgen oder z» leiste», auch die Verpflichtung anserlegt, von dem Besitze der Sache und von den Forderungen, für welche sic aus der Sache nbgesv»d«te Befriedigung in Anspruch nehme», dein Ce»c»rSvcrwaIter bis znm 10. Februar 1802 Anzeige z« machen. Königliches Amtsgericht Chemnitz, Abth. «. Böhme. Bekannt gemacht durch Act- Pötzsch, G.-I. Morgen, Mittwoch, von Nachmittags VzS Uhr ab, sollen in der Restauration „zum Khsshänser", Jwickauerstraße Nr» 70 hier, daselbst eingestellte, den, Friseur Vogel abgcpfändete tSegenstänbe, na- lncntlich 3 Bar! i« stützte, 1 Drehsessel 3 gewöhnliche Stühle, 1 Tafel mit Schnbkästen, l Scbvank mit Glasanssatz, 1 Waschtisch, 3 große Pseilrrspicgcl mit Consolc» und Maimorplalleii, t Schirmständer, 1 spanische Wand, 1 Waage, t Blumenstrauß, Wäsch , Haar- nnd Aartbürsten, Schcercn, Brenn eisen, 2 Kopswalzcu, 1 Hotzkopf, Steingntgefäße, Glaesachen u. A. m. znr öffentlichen Versteigerung gebracht werben. Aciuar Berger, Ger.-Vvllz. bei dem Königlichen Amtsgeicht Ch.nnnitz. Die Goldfee. Original-Roman von Emmy Rossi. (Fortsetzung.) Nachdruck verboten. Darga» O'Ncitl erivartelc seines Freundes Rückkehr, er sah ge spannt auf, als dieser wieder eintrat. „Einige leichte Verletzungen, die in ein paar Tage» geheilt sind. Sie "verhalt sich sehr rnhig nnd gab sich vertrauensvoll meiner Be handlung hi», cs wird keine Schwierigkeiten machen, sie ganz dahin zu lenke», wvhi» ich wünsche." „Und wenn Tvrnhill und andere Aerzie hierher dringen? Was werden sie da»» beginnen?" Martigny lächelte sein mephistophelisches Lächeln. Dann öffnete er eine Schublade, entnahm ihr eine Porzellandose und zeigte die darin liegende» griinbräiinlichei, Pillen dem Freund. „Dies ist mein Zanbermittct — drei dieser Wnnderpilleii, »nd das Hirn ist seiner Function entrückt. O, es ist ein sehr lieblicher Wahnsinn, der dann das Hirn erfüllt, die wundersamsten Visionen steige» ans, der Orient mit seiner Märchenprachk» rauschende Quellen und lachender Sonncuschci», Blnmen »nd Blüthe» wachsen i» unge ahnter Schönheitsfüllc empor »nd berauschen mit Farben und Dust die entzückte Seele, die herrlichste» Früchte zerschmelzen im Munde, Alles, was die Kvchtuiist »msviist z» erreichen strebte, geniesst man in wasstoser Menge nnd Fülle. Dann tritt eine derartige Sensibilität '»er Nerven ein, das; jedes gesprochene Wort, jede körperliche Berühr ung, die diesen Wunneransch unterbricht, wie eine rohe Quälerei dazwischen lrilt, die man unwillig und znm Zorn gereizt abschütlelt. — Eine Staude nachdem man diese Pille» zn sich genommen, tritt diese Wirkung ei». Sollte» sich nun die Betreffende» einfinden, so hält man sie unter einem plausiblen Vorwand diese Stunde hin — sic »erde» dann selbst das Urtheil meiner Diagnose willig »uler- schrcibe». —" O'Neill war mit Interesse dieser Erklärung gefolgt, er liest die s Pillen dlircheinander i» ihrem porzellanen«» Bett rolle», dann kr»g er: „Und die Nachwirkung?" „Ter Zustand hält circa zwei Stunden an nnd dann folgt Ab spannung, liefe Traurigkeit — nach vieriindzwanzig Stunden «in langer, schwerer Schlaf und Lilie- ist vorüber." „lind wie heißt dies Wundermittel?" Doctor Martigny schloß die Porzellandose und legte die Hände darüber, als wollte er sein Eigcnthniii sichern. „ES ist eine Compositio», die mein Geheiminittel ist — der Hanptbestandlheil aber ist Haschisch!" 12. Kapitel. Am nächste» Morgen crknndigie sich der Arzt sehr theilnahms- voll bei seiner »cnc» Patientin, wie cs ihr gehe und ob sie irgend eine» Wunsch hege. „Wollen Sie mir gestatten zu schreiben »nd Briese fortzusenden, so bitte ich »m Schreibutensilien!" sagte Adah vcrjnchsweise. „Mit dem größten Vergnügen, meine gnädige Fra» — ich werde heute erst spät am Abend znrückkehre», indessen —" er klingelte — „Sie gestatten?" frug er.höflich, als es klopfte, und da sie zu- stimmend den Kopf neigte, rief er „herein!" Jim trat ein — die kleidsame Polizisten-Uniform hatte ver hindert. daß man früher seine ganze abstoßende Häßlichkeit bemerkte, kr trug jene Civilkleider, über die sein FnchSkopf wie eine Maske shervocragte, so wenig schien dieser, offenbar von Doctor Martigny abgelegte schäbige schwarze Saloiianzug zu ihm zu gehören. „Jim," befahl Doctor Martigny, „Sie haben der gnädigen Iran i» Allem Folge zu leiste», besorgen Sie stet- pünktlich, was sie Ihne» austragen wird. Jetzt können Sie gehen." Jim ging, Martigny besprach daun noch Einiges auf dir Verwundungen Bezug licheS nnd frug, ob die gnädige Frau sich ein paar Tage mit leichter Diät einverstanden erkläre, da sich ein leichte» Wnndfieber eiugestellt hatte; nur als Adah bat, ob sie ihr nicht einige Tageszeitungen schicke» wolle, znckie er mißbilligend die Achsel». „Ein paar Tage, ich bitte Sie inständig, verhalte» Sie sich ruhig, lesen Sie Nichts, waS Sie ausregen könnte, schreiben Sie auch nicht z» viel auf einmal. —Heute Abend komme ich noch einmal zu Ihne» — am liebste» wäre es mir, Sic blieben hente im Bett — doch wenn Sic um Mittag ei» Stündchen aufstch«, wolle», so seien Sie vorsichtig und schreidc» Sie, wie gesagt, nicht zu viel." Er reichte ihr wieder in kalicr, concentioneller Weise die Hand »nd empfahl sich. Adah n»d Etiy sahen sich staunend a», als die Thür sich hinter ihm schloß — dieses Eingehen ans alle Wünsche schien verdächtig sie wußten nicht, was sie davon denken sollten »nd fürchtete» sich säst, von seiner Erlanbniß Gebrauch zn mache». „Ec wird ineine Briefe unterschlage»," seufzte Adah, „indcß, das wird sich ja bald zeige», jedenfalls werde ich das, waS ich »iederschreibe, sehr svrgfälii'g überlegen." Es klopfte wieder. Jim brachte Tinte, Couverts und Brief papier, der Arzt halte von seinen eigenen elcganlestcn Bügen geschickt» schräg in der Ecke stand sein voller Name in Gvldbuchstabcn: „Alphonse Martigny, vc. »reck." Auch einige Postkarten hatte er nebst Briefmarken bcigcfügt. Fieberkrank nnd seelisch tief erreg!, vermochl« Adah nicht im Bett zu bleibe», obgleich des Arztes Nath gut schien, denn sie wankle bei dem kurzen Weg vom Schlafzimmer in's Wvhngeniach. Etty wollte ihr das Gehen auch gar nicht erlauben, sie hätte ihre geliebte „lebendige" Adah gern immer in ihren Armen umhergetragcn. Kalle Fieberschauer zwange» die kranke Fran, das Schreiben zn unterlasse», hiiigckaucrt ans dem Divan ecwartele sie nun sehnsuchts voll die schnelle Neinmachnng des Schlafzimmers, damit sic »nr wieder ihr Lager anssnche» könne. Sie fühlte sich sehr krank. Als E»y sie wieder frisch gcbeiiel hatte »nd ei» kurzer Schlaf ihr elwas Erquickung gewährte, kam Dr. Martignh noch einmal, doch diesmal winkle er nur Etty: „Hören Sic, junge Person," sagte er eindringlich, „verhindern Sie, daß irgend eine Zeitung zn Ihrer Herrin kommt, hente wird der Vater der armen Fran begraben, alle Blätter sprechen von dem Ereigniß, wir wolle c Mrs. O'Neill die Aufregung sparen. Daß Sic zuverlässig sind, weiß ich von Ihrer Herrin — also aufgepaßt!" „Gewiß, Herr Doctor." Martigny ging sort, indem er dachte: „Wenn dies Nicsenweib nicht so ocschräntlen Geistes zu sein schiene, könnte man sich vor ihr fürchten — aber Intelligenz be herrscht immer die stumpfe Materie." Nach dem Erwachen versuchte Adah im Bett zu schreibe», aber es wurde ihr auch das schwer; endlich bestimmte sie sich, mir eine Postkarle zu schreibe» — kommen würde Tvrnhill auch auf eine Zeile hin, falls sie an ihn gelangte, nnd in wenigen Momenten konnte sie ihm mündlich sage», was seitenlange Briefe nicht vcr mochte». Befördert man ihr Schreiben aber nicht, so waren briefliche Erklärungen unnütz. Die Postkarte war in ei» paar Minuten geschrieben, Etty klingelte und gav sie Jim zur Besorgung, der sie eilends zu seinem Herrn trug. vr. Martigny las: „Mein thenrer Frennd, ich bin leidend, sonst erhielte,, sie eine» ausführliche,, Brief, bitte besuche» Sic baldigst Ihre Adah." — Adressirt war an 0r. Toruhill, Dublin. Die Hand schrift war kaum kenntlich, da die »»sichere Lage die Hand er zittern ließ; unten stand des Arztes Adresse. Er dachte ei» wenig nach, da»» gab er Jim die Karte zurück. „Gnt, Jim — wenn Sie über dem Moor sind, dicht an der Brücke ist der Briefkasten, Sie wissen es vielleicht schon, dahin bringen Sie schnell de» Brief." Er sah ans seine Uhr. „Kominen Sie rasch wieder, ich muß znr Beerdigung des ermordeten Herrn Percy — komisch, nicht nähr, Jim, daß Jemand nach seinem Tode noch er mordet werde» lau»?" Jim ließ die Karle falle» und bückte sich, sie anfznhebcn, das Blut war ihm dabei zu Kops gestiegen, cs war ihm bis i» das Weiße seiner Augen gedrungen. Da sein Herr nichts wcil r hinznsügte, murmelte er etwas vor sich hi» und lief unn spornstreichs über das Moor. O, wer so lause» könnte bis an das Ende der Welt, fort von diesem schrecklichen Mensche», der allwissend »nd allsehcnd zu sei» schien. Granen packle ih», sei» irisches Naturell, welches znm Aberglauben neigt, brachte de» Doctor mit übernatürlichcn Dinge» in Zusammenhang. Als Doctor Tvrnhill von der Beerdigung seines liebste» Freundes zurnclkehrtc, fand er die Karte von dessen Tochter vor. Seine Fra» kam ihm fre.bestrahlend damit entgegen. „Sich nur, liebster Man», Adah Percy selbst hat Dir geschrieben, es ist also wahr und bestätigt sich, daß sie nicht geisteskrank ist." Toctor Tvrnhill sah die Karte sinnend au: „Sic hat mir mit Wissen ihres Arztes geschrieben; da sie seine Adresse nicht präcise angegeben hatte, fügte er selbst Nummer ,i»d Vorstadt hinzu. Wenn der Eintritt zn ihr aber so leicht ist, so bedarf es ja gar nicht des Eindringens mit andere» Acrzlen. Ich werde also von einer gericht liche» Untersuchung zunächst nbstchcn und sie »ur als Freund, nicht als Rechtsanwalt besuchen. Daraus werden sich alsdann weiter« Maßnahme» ergebe». Jedenfalls will ich dem arme» Jnnge» aber noch in sein Gefangniß heute den Trost bringen, daß ich sie scheu tvcrdc, vielleicht a»ch noch eine» ander» Trost, den, daß die ganze Welt für ihn Partei nimmt." Die kleine Fra» Tvrnhill umarmte ihre» Gatten mit einer reizenden Zärtlichkeit, sie war so stolz auf ihre» redegewandte» Man», de» ein englischer Gegner „die schärfste irische Zunge" genannt hatte, als ob sie statt in den kühlen Matrvnenjahrc» ii» Lenze ihres Lebens stände. „Geh' init Gott, mein guter Mann," sagte sie bewegt, „was können wir da tlm», »m unsere Schuld an die gütige schöne Goldjee abzntrage»! Bringe »ur womöglich das Herzblatt gleich mit in unser Haus." Die kinderlose Frau hatte von Jugend ans eine besondere Vor liebe für da» schöne, kluge Kind, und Sidney lvar der Jdealjnnge, den sie stets erwünscht, aber nie geboren hatte. ! Sie. vernahm denn auch mit Freude, daß Sidney etwas hoff nungsvoller geworden nnd daß ihr lieber Gatte gegen Mittag da- ! Goldlind in Marligny's Anstalt besuchen wollte. Er halte, sie zu beruhige», sofort eine Kart« abgesaudl, de- Inhalt-, daß er gegen ! Mittag seine theure Adah besuchen würde. Nach einer siebervolle» Nacht, die Etty treulich bei ihr durch wacht hatte, eiiipsttig Adah die Karte Toruhill's. Doctor Martigny .brachte sie ihr selbst. „Herr Doctor, Herr Doctor," weiter konnte sie vor Glückseligkeit nichts sage», er war also ihr Freund, errief ihre Freund« herbei, er wollte ihr Bestes! Sir schalt sich selbst, daß sie -isher sie» solche Anti. pathie gegen ih» gehabt hatte, sie hätte ihm am liebsten Abbitte ge- than, und warm drückte sie seine Hand, als er ihre» Puls prüft«. „Ich bi» nicht zufrieden mit Ihnen, meine beste Frau, Sie denken zn viel» daS Fieber nimmt zn, Sie müssen sich ganz, gang ruhig verhalten, sonst darf ich Ihnen keine Besuche erlauben." „O, ich will rnhig sein, still und gehorsam wie «in Kind, mei» guter Herr Doctor!" Ec lächelte sanft nnd erhob sich dann von dem Rand des Bette-, — auf den, er sich niedergelaffen, — um zn gehen. „Es bleibt bei den gestrigen Verordnungen — ehe ich Ihnen Herrn Doctor Toruhill hente Mittag t ringe, komme ich vorher noch einmal, um mich zn überzeugen, daß Sie wohl genug sind, ohne Schade» zu plaudern." * , A Sie nickte ihm glückli h zu — seine Freundschaft für sie schien ihr über allen Zweifel erhaben. c-V Er hielt auch Wort „nd kam gegen Ilr Uhr wieder. Zuerst machte er ein bedenkliches Gesicht und sagte, es sei gegen sei» cirztliche- Getvissc», ihr Besuch zu gestatte»; sie zagte i» ihrer süße», kindlichen Weise, die Hände erhebend» so herzinnig: „Bitte, bitte," daß er schwankend wurde. ' i „Nun gut," er gab »ach und nahm ans seiner Rocktasche eine kleine Porzellandose, die beim Oeffncn gräulich-braune Pillen zeigte» „so nehmen Sie diese Chinin-Pillen »nd liegen Sie ein Stündchen ganz »»gestört, bei Gefahr, sich bei Unfvlgsamkcit meine Ungnade zu- znziehen! Nicht einmal Ihre Wärterin soll Sie durch irgend ei« Geräusch stören — wenn Sie wolle», könne» Sie bis 3 Uhr Urlgub haben." Das nahm City gern au, sie glaubte zwar, der Brief an Doctor Tvrnhill sei überflüssig geworden, da er selbst kam, dennoch beschloß sie, ih» in de» Briefkasten zu werfen. > Aber ihr Vorsatz blieb heute wie gestern iinansführbar, der widerwärtige Mensch, der Jim, mußte sie begleite», sie war, Wen» auch in weiterem Sinne, eine Gefangene, Martigny traute Niemandem, als sich selbst. Kurz nachher klingelte Herr Toruhill. Er war, trotzdem er seit frühester Jugend seine Vaterstadt durchstreift halte, niemals in diese wüste Gegend hinansgekommen. Hinter dem Park an der Li'fsiybrücke endete die Civilisation der irischen Hauptstadt; das öde Moor sah schneebedeckt wie eine große Wasserwnste aus, die ei» eisiger Sturm wind in Wogen gefrieren gemacht. Alle Gerüchte von Doctor Mar« tigny's zweideutigem Charakter, seiner Person sowohl wie Anstaltz tauchten erschreckend in Toruhill's Erinnerung ans, als er über die Schneesläche fuhr, das HanS sah von Weitem so verfalle» und »n- wohulich au-, als ob cs die Statte geheimer Leide» sei. Doch bei der Ainiähcruiig schwand dieser Eindruck; eine Winter landschafl, die ein einzelnes Gebäude answeist, wird dem Hanse, falls es nicht ein Prachtpalast ist, immer den Stempel der Unwohnlichkeit anibrücken — der Prüfende Blick des Advokaten fand in der Nähe Nichts anszusctzen; das eiserne, mannshohe Gitter war im besten Zustande — daß es oben mit spitzen Stachel» versehen war und eine verschlossene Thüre hatte, rechtfertigte die einsame Lage schon allein. Innerhalb des Gitters war die Auffahrt mit einem Schutzdach ver sehe» — der Kutscher deckte sei e Pferde zn nnd trat ans des Portiers Aufforderung i» dessen Loge. Es lvar ein aller stnmpser Mann, dieser sogenannte Portier des Hauses, er that die niedrigen Verrichtungen eines Hausknechts, zu denen auch das Oeffneu und Schließen seiner Gitter- nnd Hansthür gehörte. Toruhill lvar angenehm enttäuscht, als er den Flur betrat, nichts von Kahlheit und Traurigkeit solcher Anstalten im Allge meinen. Ein Teppich nnd Stichle, sowie große Blattpflanzen und die Büste» mehrerer berühmter Aerzle schufen einen sehr com- fvrlable» Eindruck, der sich vergrößerte, als ihm der Eintritt in da- Speisezimmcr geboten wurde. Das Studierzimmer eines Gelehrte», vereinigt mit dem Comfort eines Lebemannes! Doctor Martigny war noch nicht von seiner Kranken tvnrnoe zurück, Herr Tvrnhill mußte warte», doch nicht allzu lange, dann erschien der Leiter der Anstalt. Dieselbe Ueberraschnng wie das Hans bot der Herr desselben. Herr Tvrnhill kannte ihn nur von Gesellschaften her. wo er ihm be gegnet lvar, ohne ihm je persönlich näher zu treten, da halte da» zuckersüße Wesen des cviirschncidenden Franzosen abstoßend gewirkt. Hier trat derselbe Mann ihm in seinem Berns ernst und würdevoll entgegen. Dis Sorgenfalte auf der Stirn zeugte von ticsergehcndem Interesse für seine Kranke». „Ach, Herr Doctor Toruhill; ich würde sagen, cs freut mich. Sie in meinem Hanse zu sehen, wenn die Veraulassnng nicht eine so üdcrans traurige wäre." „Iran O'Neill ist sehr trank?" „Körperlich wcnigcr, die leichten Schürfwunden heilen bereits — aber — aber! Es ist ein seltsamer Zustand, hochgradigue Nerven erregung! Frau O'Neill träumt mit vssencn Auge» die seligsten Träume — sobald aber die Wirklichkeit störend dazwischen tritt, wird sie zornig, ja oft rasend! Hin und wieder dann lichte Momente, in solchen schrieb sic Ihnen gestern — — — augenblicklich schläft unsere arme Kranke, doch," er sah nach der Uhr, „wenn ich Ihnen ein Bi'ericlstiiiidche» die Zeit vertreiben darf, so hoffe ich, daß wir gerade den vernünftigen Zwischcninoiiient treffen werden, der gewöhn lich nach einem kräftigen Schlafe folgt. Wurde es Sie vielleicht iiitcressire», meine Anstalt etwas i» Augenschein zu nehmen?" Tvrnhill, schmerzlich erregt von der betrübenden Kunde über Adah, nahm da» Anerbieten an, ittstinctiv säst, um sich ein Urtheil über dieselbe zn bilden. Das Haus enthielt nur 8—10 Zimmer sür Kranke und nicht mehr Patienten. Doctor Toruhill erhielt die Erlanbniß, einen Einblick in sämmtlichc Zimmer zu thn», und mit allen Patienten z» spreche». Tie erste war eine nicht mehr junge Dame, ihr Wahnsinn ging bereits ans ihrer Toilette hervor, sie trug ei» am Hals lief herab» gehendes rosa Tüll-Ballkleid und weiße Atlasschuhe. Ader Doctor," rief sie i» altjüngferlicher Prüderie dem Arzt entgegen — „Sic bringen mir Hcrrendesiich, um diese Friihstinide, ich empfange erst nach 3 Uhr!" Dabei hielt sic ihm die bnllantge- schmückte» Arme abwehrend entgegen. O, wir gehen sofort," rief Doctor Martigny, „dieser Herr wollte Ihne» „nr sei» Complimcnt sagen, er Hörle Sie früher im Concert singen I" DaS Roth de- Fieberwahn sinn- »nd der Schwindsucht erblühte höher auf ihre» knochigen Wange», mit tiefer Verbeugung gegen Toruhill begann sie; sich selbst Taet schlagend, mit gebrochener Stimme eilte italienisch« Arie zu singen. Sofort «ach de» erste» Tactcn npplau- dkt« Martigny, sie hörte auf zu singe», verbeugte sich zivei Mal tief, und die Herren ging,». „Dies ist di« früher so berühmte Primadonna Alice D. — sie hat ihre Stimme verloren »nd darüber dann auch den Verstand Heilung absolut unglaubhaft." (Fortsetzung folgt.)
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