Volltext Seite (XML)
Nr. 127. Täglichc Unterhaltunggbcilage zu den ~Ncucstcu Nachrichicu«. Drei Masken in Schwarz. Criminal-Roman von G e o rg H ö cke r. (Fortsetzttng·) Machdkuck verbotan Das junge Mädchen sah ihn mit einem langen, erloschcnen, entsesten Blise an nnd dann wendete sie sich mit einem verächt lich-n Auslachen plötzlich von ihm ab. »Ich will es nicht sagen!« stieß sie rauh hervor. Aber mit einem Sprunge war der Staatsanwalt wieder bei ihr. »Nein, Du kannst es nicht sagen«, zischte er, »denn das Kainszeichen der Sünde steht auf Deiner Stirn. « Ellen, um Gottes willen, wozu hast Du Dich hinreißen lassen? Sag’, welches schreckliche Geheiinnisz bestand zwischen jenem unseligen Weibe nnd Dir was fiir Dinge stehen in Deinem Leben, von denen-ich«n·icht wissen dan II « « · » - Da fuhr plötzlich ein Zornesblick aus Elleng Augen. Ein halb erstickter Schrei drang über ihre Lippen und in heftiger Be wegung stieß sie gewaltsam die Hände des Bräutigams zurück. »O geh geh - Du bist schlecht«, stammelte sie, ihrer Sinne kamn mehr mächtig; sie schwankte in den nächsten Sessel und sank gebrochen in diesen nieder, ihr Angesicht mit beiden Händen verhüllde . « « 4 « ·Ellen, sage ein Wori, ein einziges Wort«, beharrte Leo Stein und trat ganz dicht an sie heran. »Es gilt unser ganzes Lebensglück«, fuhr Leo Stein fort. «Sage ein Wort, Ellen, ich beschwöre Dich bei unserer Liebe bei Allem, was Dir heilig und theuer istl Wem hast Du die Waffe geschenkt« nenne mir den Namen den Namen, Hasses gilt unser Glück. Sag’ mir, wo warst Du in dieser a « Aber keine Antwort erfolgte. Da fuhr der Staatsanwalt nun-f dringender fort: »So sprich doch, es ist kein Augenblick me zu verlieren. Noch kann ich die Untersuchung hinhalten, wenigstens so lange, bis Du geflohen bist. Ellen«, tiefer dann noch einmal mit gepreßter Stimme, in deren Ton der ganze Kahnsinnige Schmerz seines Herzens lag, »ich liebe Dich namen los - aber fest sage mir die Wahrheit!« . Da verwandelte sich plötzlich der Gesichtsausdruck des Mädchens. Sie sprang anf nnd stieß mit einer Geberde des Abscheud die Hände ihres Verlobten zurück. »Ist es denn möglich L« ftannnelte sie nnd wich voller Abscheu immer weiter nor dem noch auf den Knieen Liegenden zurück. »Du, Du hältst mich wirklich fiir eine Mörderini« Ellen preßte beide Hände gegen die Schläfen, als ob sie fürchten müsse, dieselben möchten ihr zerspringen. Aber das dauerte nur Secunden, dann bezwang sie sich wieder. Sie nestelte an ihrem linken Goldfinger, an dem sich ein breiter, glatter Ring befand und außer sich vor Anf kegnng, schlenderte sie den blinkenden Ring dicht vor Leo auf den Boden nieder. »Herr Leo Stein, dieser schmachvolle, nn wiirdige Verdacht trennt uns für immer«,"sagte sie mit gepreßter, aber von nnbengfamer Festigkeit zeugender Stimme. «Der Mann, der mich fchirmen sollte durch mein ganzes Leben, der an mich glauben mußte, wie ich an ihn, er wagt es, anzunehmen, daß ich-« daß ich o nein«, unterbrach sie sich. »Das ist ab-» ichenlich, schändlich. Gehen Sie mir aus den Augen - Siej habenmich nicht geliebt nnd ich hasse, ich verabscheue Sie-« Bon der-furchtbaren Erregnng iiberwiiltigt, brach sie in einenl YThränenstrom ans und fant, an allen Gliedern bebend, in denl nächsten Sessel. s. Aiai. Wie geistesabtvesend starrte Leo Stein bald ans die Weincnde, bald auf den blinkenden Goldreifen, der dicht vor ihm auf dem Bodenteppich lag. Dann plötzlich schoß tiefe dunkle Röthe durch sein Angesicht und es war, als ob er sich der Rolle, die er bis dahin gespielt, schäme. »Ellen«, sagte er noch einmal mit kaum mehr verständlich klingender Stimme. »Du handelst wie eine Rasende. Du weißt nicht, daß der Verdacht gegen Dich sich schon fast bis zur Gewißheit gesteigert hat. Wo aber diese Gewißheit anfängt, hört jede Rücksichtnahme auf. Zum letzten Male, Ellen, besinne Dich. Die Schuldbeweise müssen Dich zer malmen. Falls Du keine. Barmherzigkeit mit mir empfindest, übe Mitleid mit Dir selbst. Noch bin ich bereit, Dir zu helfen, trotz der-Schmach, die Du mir angethan hast. Jm nächsten Augenblicke aber nimmt das Berhtingniß seinen Lauf.« Das junge Mädchen sah ihn blitzenden Auges an. »Wenn Sie kein Unwürdiger sind«, rief sie, vor Empiirung an allen Gliedern zitternd, »dann thun Sie Jhre Pflicht. Jch selbst dringe darauf, daß diese abscheuliche, fluchwürdige Verdächtigung von mir genommen «wird.« « « . · · 4 » Da flammte aber auch ein verheerender Zorn in den Augen des jungen Staatsanwaltes auf. Außer sich eilte er auf die Thür des Nebenzimmers zu. Mit einein gewaltigen Rucke riß er sie auf. Dann, als der Untersuchungsrichter, der bis dahin vergeblich die weinende Beatrice über die furchtbaren Vorgänge da drinnen hatte hinwegtäuschen wollen, bestürzt näher trat, murmelte er mit zuckenden Lippen, halb ohnmächtig auf den schirmend ihm entgegengestreckten Arm des alten Freundes sich stützend: »Gott ist mein Zeuge -- ich habe nichts unversucht gelassen aber Alles blieb vergeblich - nun nehme das Ver hängniß seinen Lauf-« Beatrice Longfellow stieß einen schwachen Schrei ans; sie richtete sich ein wenig in die Höhe, nnd während eine erfchreckende Blässe ihr Angesicht bedeckte, starrte sie mit flackernden, angstvollen Blicken nach der mitten im Zimmer mit über der Brust gefalteten Händen unbeweglich stehenden Schwester. Der Untersuchungsrichter Daumiller eilte auf den jungen Staatsanwalt zu und faßte diesen bei der Hand. ~Stein —- Freund ich bitte Sie, fassen Sie sich«, murmelte er voll Theilnahme. Ellen war, als die Stimme ihres bisherigen Verlobten an ihr Ohr geklungen, nervös zusammengezuckt. Einen fast irren, erloschenen Blick hatte sie noch auf den Mann geworfen, der bis dahin ihr Höchstes gewesen war, dann ging ein eonvulsivifcher Schauer dnrch ihren schlanken Leib, und mit einem gellenden Weheschrei stürzte sie an den Männern vorüber auf die bleiche, Fitternge Schwester zu. Vor dem Ruhebette der Letzteren sank ie me er. · Mit bebenden Händen umschlang Beatrice den Nacken der vor ihr knieenden Schwester. ~Ellen mein Liebling —- ävas sagt Dein Bräutigam ?« brachte sie mit zuckenden Lippen ervor. 4 f , , Da schrie das junge Mädchen auf und schüttelte mit wilder Energie den Kopf. »Nenne seinen Namen nicht ich will ihn nicht hören —- es ist zuviel der Schmach«, stieß sie mit heftiger Stimme hervor, während eine hohe Röthe ihr Angesicht bedeckte, und ihre Augen vor Entrüftung glühten. »Aber was sagte er nur ?« fragte Beatrice wieder, die kaum noch die Herrschaft über ihre zitternden Glieder behaupten konnte. »Wefsen beschuldigt er Dich ?« - »Des Mordes«, entgegnete Ellen und ein danges Aechzen ging über ihre Lippen.