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Amt < II 1 tt lül äie Ugl. Umtrdaupnnannrcdasten vreraenUttstalst u. keurtaät. cka§ sigl. llmtrgencbt vrerckei» ^gi. Zupenntenäentur vrercken !I. äie Kgl. rokttrentämter Dkesäen. Mokftrburg «« Itzl öle 6emei»äen, Laubesarl, Lottlewttr. vodrttr, ü-acdvttr. MeaespovNtt, korttswttr, bttlnNr. crudultr Nrvortta unä Lorredaia«. pdMllonr.vrgan unä LoHLl-^nrelger lür klarewitr, corchtvilL. 8ochwitr. Aeirrri stirrck. öüklau. äie tözsnilrgeiminüen. Vresäen-Zttieren uni» NeugninZ, --- F^vrkchn Beilagen: „Illustriertes Unterhallungöblutt" „Nach Aeier-brnd- «ud Gurteuwirtschuft^ * „Fremden-Liste". Telegramm - «dreste: «mt Dresden Nr 809. Druck und «erlag:Elbgau-BuchdruckereiundBerlag»anstaltHermanuBeyerLEo. Sldgauvrefie »wie».,. Sonntag, den 12. April 1908. Nr. 80. 70. Jahrg. Redaktionsschluß: !S Uhr Mittags. Sprechstunde der Redaktion: 5—6 Uhr Nachmittags. Zuschriften in redaktionellen Angelegenheiten sind nicht an den Redakteur persönlich, sondern ausschließlich an die Redaktion zu adressieren. Aeuesse Ereignisse. — Das deutsche Kaiserpaar tras gestern nach zehn Uhr mit der „Hohenzollern" vor Korfu unter Regen schauern ein und dcjeunierte mit dem Hcllenenkönig an Bord. — Auf die Begrüßung des Bürgermeisters Kollas von Korfu antwortete der Kaiser in griechischer Sprache. — In Paris wurden drei Anarchisten verhaftet. — Die deutsche Negierung ist prinzipiell mit den mazedonischen Reformvorschlägen Rußlands einver standen. — Bei dem Flottenmanöver vor Saßnitz liefen zwei Torpedoboote mit voller Fahrt auf einander und mußten zur Ausbesserung nach Kiel. — Der französische Gärtncrverband des Seine-De partements beschloß den Generalausstand. — Der Florentiner Bahnhof Campo di Marte ist abgebrannt, Kasse und Passagiergnt wurden gerettet. — Das französische Journal Officiel veröffentlicht heute Sonnabend den Bericht d'Amadcs über die Ereig nisse vom 12. bis 15. März (Umkommen von Weibern, Kindern und Waffenlosen am Zelt des Bunuala). Ulchenschau. Parlaments- und Schulglocke haben ausgeklungen nach langen Wochen angestrengter Tätigkeit; wir sind in der Osterzeit und damit in der rechten Frühlingszeit, in der sich die Natur, wie das Menschenherz ihr gutes Recht auf Lenz und Lenzfreude erobern wollen. In der Oster zeit fliegen die Gedanken weit in die Zukunft, und ein tüchtiges Stück Selbstbewußtsein und frohe Hoffnung zieht in die Jugend besonders ein, der ja die Zeit, die da kom men soll, gehört. Und wir wollen ihr das gönnen, wofern nur kein felbsttäuschender Uebermut daraus wird, der leichthin alle Hemmnisse aus dem Lebenswege beseitigen zu können meint, die sich einem Jeden entgegenstellen und nur mit Zähigkeit und unermüdlicher Arbeitskraft über wunden werden können. Für viele Tausende beginnen mit der Osterzeit die Lehrjahre; Lernen und Dienen ist nicht leicht, aber es ist noch Keinem erspart geblieben, aus dem etwas Rechtes geworden ist. Alle unsere großen Män ner, denen wir die Wiederaufrichtung des Deutschen Rei ches verdanken, haben Jahre unverdrossenen Lernens und treuen Dienstes aufzuweiscn, und der erste Kanzler sprach als 73jähriger Mann am Todestage Kaiser Wilhelms I., der auch keine Zeit hatte, müde zu sein, von des „Dienstes ewig gleichgestellter Uhr". Lernen und Dienen sind eine Ehre, wenn ihre Zeit mit einem ganzen Erfolge schließt, und diesen Triumph des Erfolges kann auch dem schlich ten Bürgersmann Niemand rauben. So wünschen wir, daß unsere herangewachsene Äugend die vor ihr liegenden Aufgaben auffasse, dann wird sie nicht allein ein Recht aus die Zukunft haben, sondern dieselbe auch gewinnen. Dem Deutschen steht, wenn er etwas weiß, heute die ganze Welt offen! Unser Kaiserpaar wird, wenn diese Zeilen in die Hände unserer Leser gelangen, aus seinem Frühlingssiy Achilleion, dem marmorglänzcndcn Schlosse auf der Insel Korfu, welches einst der unglücklichen Kaiserin Elisabeth von Oesterreich gehörte, angclangt sein. Tic Majestäten haben überall während ihrer Reise den herzlichsten Will komm gefunden, sie werden sich auch aus der traumhaft schönen, idyllischen Insel wohl fühlen. Wie bekannt, gilt der Aufenthalt nur der Erholung; an sich liegt Korfu ja jenen Provinzen der Türkei, die jetzt wieder so viel von sich reden machten, Albanien und Mazedonien, ziemlich nahe, aber unsere deutschen Interessen an der Entwickelung der Verhältnisse auf der Balkanhalbinsel sind nicht groß ge nug, als daß wir die Staaten, welche hier die Führung haben, in derselben ablösen sollten. Das ist nicht nur ein unnötiges, sondern auch ein recht undankbares Geschäft, und wenn der deutsche Reichskanzler Fürst Bülow in die sen Tagen in Rom zu Konferenzen mit seinen italienischen Minister-Kollegen eintrisft, nachdem er neulich zu gleichem Zweck in Wien gewesen ist, so wird er nur der Einmütig keit des Dreibundes Rechnung tragen. Tie an den bevor stehenden Höflichkeitsbesuch des Reichskanzlers beim Papst Pius im Vatikanspalaste geknüpften Mutmaßungen von besonderen Erörterungen über innenpolitische deutsche Ver hältnisse sind grundlos, es gibt hier nichts von Bedeutung zu erledigen. Bemerkenswert ist es ja immerhin, daß Fürst Bülow der erste leitende Minister einer Großmacht ist, der dem gegenwärtigen Papst Pius X. einen Besuch in seiner Residenz abstattet. Ter Deutsche Reichstag ist in die Osterferien gegan gen, nachdem er die erheblichen Schwierigkeiten, die bei dem neuen Vereinsgesetz und bei dem neuen Börsengesetz obwalteten, überwunden hat. Freilich waren die Verhand lungen mitunter recht stürmisch, aber beide Vorlagen gin gen doch in derjenigen Fassung durch, die von den Mehr heitsparteien der deutschen Volksvertretung vereinbart war. Taniit wird für den kommenden Herbst auch die heikle Reichsfinanzsrage in hohem Maße in den Bereich einer voraussichtlichen Lösung gerückt, und daß diese Re gelung erforderlich ist, um der kostspieligen Anleihewirt- schast ein Ende zu machen, ist auch dem klar, der sich sonst nicht viel um diese Tinge bekümmert hat. Bei der jetzt stattsindenden Zeichnung von neuen großen Anleihen haben das Reich, wie Preußen, wieder zu einem Zinssatz von vier Prozent übergehen müssen, und es bedarf keiner langen Auseinandersetzung, um die Folgen davon für das ganze wirtschaftliche Leben und dem Geldmarkt erken nen zu lassen. Auch das preußische Abgeordnetenhaus und Herrenhaus und andere Landtage haben ihre Sitzungen geschlossen. In Preußen gibt es bekanntlich in naher Frist allgemeine Neuwahlen, und die erste Tat der ncugcwähl- ten Landesvcrtretung soll dann eine zeitgemäße Regelung der Beamtengehälter sein. Anscheinend sollen aber auch die Fähigkeits-Ansprüche an die Beamten erhöht werden. KttLiner Brief. Von A. SilviuS. (Nachdruck verboten.) Stagnation. — Stillstand überall. — Nirgend etwas los. — Die Karwoche. — Entdeckter Trick. — Enttäuschung. — Ostervorbcreitungen. — Tie schlauen Wirte. — Ostermo- den. — Die Flotte und der Lenkbare im Ei. — Osterzau- ber. — Die Bestie. — Auferstehung. Berlin befindet sich augenblicklich in einem Zustande der allaemeinen Stagnation. Damit wir uns recht ver stehen: Tie Stagnation bedeutet nicht etwa, daß Berlin ganz urplötzlich in seiner Entwicklung stehen geblieben sei — das ist nicht gut möglich. Stagnation bedeutet diesmal oder in demLalle, den ich im Auge habe, daß in Berlin zurzeit nichts recht klappen will, es ist alle Lebensfreude und Vergnügungsbetätigung gewichen. Woran das liegen mag? Ich weiß es nicht. Ich habe hier auch nur Dinge zu berichten, aber ich habe hier den Dingen nicht nachzufor- schcn. Also die Tatsache liegt vor — es ist, als ob das öffentliche Unterhaltungsbedürfnis wie mit einem Schlage unterbunden ist. Augenblicklich geht nämlich kein einziges Theater in Berlin. Wir sind ja gewohnt, daß in der Woche vor Ostern alles aus Ostern hin spart, so zeitig spart aber das Volk noch nicht, vor der Karwoche absolut nicht, und die Karwoche beginnt erst diesen Sonntag, resp. Montag. Aber schon seit acht bis zehn Tagen sind die öffentlichen Vergnügungsstätten wie ausgcstorbcn. Die stärksten Re- Pertoirstückc, wie z. B. „Walzcrtraum", vermögen nicht, nennenswertes Publikum ins Theater zu locken. Namen von besten! Klange, wie Bassermann und Triesch vom Les sing-Theater, üben keinerlei Reiz aus. DieZirkusie, die Ka baretts, die Varietees sind leer. Es ist eine allgemeine Lustlosigkeit vorhanden, wie sie selten zu beobachten ge wesen ist. Als ob das Volk von Ahnungen befangen wäre. Daß man nämlich in der Zeit vor Ostern, also um die Karwoche herum, den Strom ' öffentlicher Vergnügungen unterbinden will, ist eine alte Geschichte. Man eifert mehr und mehr dem englischen Beispiel nach, oder wie es auch in Oesterreich z. B. geübt wird, man will, daß in der Karwoche am Donnerstag, Freitag und Sonnabend alle öffentlichen Vergnügungen ruhen. Ich sehe diesen Zeitpunkt für Ber lin auch nicht mehr fern. Ganz besonders streng ist dies mal die Behörde bezüglich des Karfreitag selbst, für den noch im vorigen Jahre eine ganze Reihe von sogenannten „geschlossenen Unterhaltungen" geplant und durchgeführt wurden. Schon im vorigen Jahre war die Aufsichtsbe hörde diesen Veranstaltern aus die Spur ihrer Tricks ge kommen, nichts wird erlaubt, nicht eine Vorstellung für Vereine, also nicht eine sogenannte Vereins-Vorstellung. Für all' die Unternehmer allerdings eine harte Nuß und böse Enttäuschung. Nachdem die Karfreitags-Konzerte selbst unter Heranziehung der bekanntesten Namen nicht mehr gezogen haben, mußten Unternehmer naturgemäß auf andere Ideen kommen. Offiziell dursten die Theater- direktoren nicht spielen, und inosfiziell, um Billette unter der Hand zu verkaufen, dazu fehlten ihnen die Verbin dungen in den Vereinskreisen. So fanden sich die Unter nehmer ein, denen die Vereinshcerscharen zur Verfügung standen. Auf Grund dieser Vereinsleute wird schon seit langen! auch an gewöhnlichen Tagen das Theatergeschäft gemacht, warum sollte es nicht gemacht werden, wenn alle Kraft auf einen Tag konzentriert wird! Aber da es nicht bei den Vereinslcutcn selber blieb, sondern, da die Ver- einsmitgliedcr an Muhme, Base, Ohm und Vetter, und diese wieder in derselben Weise weiter verkauften, so wurde aus dem Vereinsgeschäft ein allgemeines und die Behörde ward genarrt. In diesem Jahre hat sie sie nicht mehr nar ren lassen. So begann für viele die Osterzeit mit einer Enttäuschung. Dagegen läßt sich nichts machen; und zahl reiche andere bitten wieder, daß sie zu Ostern vor anderen Enttäuschungen bewahrt bleiben mögen. Sehr voreilig rüsten sich nämlich die Wirte vor den Toren Berlins aus warme Osterfeiertage. Woher ihnen diese Wissenschaft kommt, woher diese Ahnungen in ihnen auskommen konn ten, das weiß ich nicht. Unsere Wetterpropheten haben sich zwar schon bescheiden gemeldet, aber so recht deutlich sind sie noch nicht gewesen; immerhin haben sie durchblicken las sen, daß sie den Osterseiertagen diesmal nicht recht ver trauen. Die Wirte um Berlin sind aber viel gescheiter — anscheinend wenigstens —, sie lassen sich durch nichts ab halten, in ihren Fcstvorbereitungen sortzusahren. Vorläu- sigsig sinkt das Barometer konstant. Was sonst in Berlin aus die Osterzeit hinweist, ist das nämliche wie jedes Jahr, diesmal wieder mit einigen Ostermodc-Neuheiten in Oster eiern und Osterkarten. Die Schaufenster sind hiervon er füllt. Bei den Geheimnissen der Ostereier spielen zu aller meist zwei wichtige Momente mit: die Flotte und der lenk bare Luftballon. Die großen Ostereier bergen große Schisse und große Lenkbare, oder das Osterei selbst ist ein Panzer oder ein Lenkbarer. Was man der Damenwelt, für die doch zumeist diese Oster-Angebinde bestimmt sind, da mit andeuten will, wenn inan seiner Angebeteten z. B. einen „Lenkbaren" überreicht, ahne ich nur. „Nimm mich in dein Schlepptau", oder: „Bin ich erst dein, so werde ich von dir leicht zu lenken sein!" — So wenigstens erklärte mir eine Verkäuferin, welche ich nm eine Aufklärung für diese Mode-Neuheit bat. Unsere Blumenhandlungen blei ben selbstverständlich nicht zuück; sie machen die Mode mit der Flotte und dem Lenkbaren mit und zeigen schon jetzt in kleinen Mustern, was sic als Ostergruß aus Blumen bieten werden. Dieser osterfeiertägliche Auftakt, der sich trotz der oben erwähnten „Stagnation" in fröhlicher Osterlaune offenbart, ist leider in dieser Woche wieder durch ein Ka pitalverbrechen getrübt worden, welches geeignet ist, unsere Kriminalpolizei nervös zu machen. Ich male nicht gern grau in grau, aber ich darf ja leider diesen grausigen Vor fall aus unserm Tiergarten nicht umgehen. Dort, vor dem in letzter Zeit vielgenannten Brandenburger Tor, beginnt es zu sprießen und zu grünen: Knospen, Blättchen und grüne Spitzen überall. Leben, neues junges Leben mit