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5. Skilage M AMn DorfMng M Elbgaaprrffe. Sonntag den 22. Dezember 1907 09. Jahrg. Haushalte der Natur. Er sprach über die Notwendigkeit der StickstofMngung und über die Ursachen der hohen Preise für Stickstoff, sodann über die Eigenschaften des Stickstoffes und über den Ersatz desselben durch Gründün gung. In unserer Zeit sucht man Stickstoff zu gewinnen aus den ÄbfallprodÄten der Zechenbetriebe, sowie aus Torf- und Moorlagern. Reicher Beifall lohnte den sehr in teressanten Vortrag. " Meißen. Ein hiesiger Händler, der nicht auf den Hund, sondern aufwärts vom Hund über den Esel hoch aufs Roß gekommen ist, wird mitunter noch wegen seiner frühe ren Betriebskraft, des Esels „Hans" wegen, gehänselt, weiß sich aber seiner Haut zu wehren. Als er dieser Tage an einer Haltestelle der Straßenbahn dem Verkaufe oblag, hielt dort auch die „Elektrische", und einer der aus dem Per ron stehenden Fahrgäste fragte spöttisch den Händler: „Wo haben Sie denn Ihren Esel?"— Die Antwort war: „Der fährt heute auf der Elektrischen l" — Es braucht nicht ge sagt zu werden, aui Westen Seite die Lacher waren. Zittau. Die nächste Generalversammlung des Vereins sächsischer Gemeindebeamten soll nach vorläufiger Bestimmung des Vorstandes am IS. Juli 1908 hier statt finden. Naunho f. Der Stadtgemeinderat beschloß, we gen der für einen ausgestellten Nachtrag zum Sparkassen statut vom Kgl. Ministerium getroffenen Anordnungen (die Einschaltung der Mündelmäßigkeit bei Ausleihungen und die Anschaffung von Wertpapieren) die Anfechtungs klage zu erheben. — Für die Kirchkaste wurde aufs folgende Jahr ein städtischer Zuschuß von 4l)00 Mark bewilligt. Chemnitz. Ms derzeitiger Vorort der sächsischen Gewerbekammern hatte im Namen derselben die Chem nitzer Gewerbekammer an den König eine Beileidskundgeb- ung anläßlich des Todes der Königin-Witwe gerichtet. Da raus ging bei der Chemnitzer Gewerbekammer nunmehr fol gendes Schreiben ein: „Seine Majestät der König haben mich zu beauftragen geruhl, den sächsischen Gewerbekam mern für die ausgesprochene wohltuende Teilnahme beim Linscheiden Ihrer Majestät der Königin-Witwe Carola, seiner geliebten, unvergeßlichen Tanie, Allerhöchstfeinen herzlichen Dank zum Ausdruck zu bringen. Dresden, 17. Dezember 1907. Der Kämmerer Seiner Majestät des Kö nigs, gez. von Criegern." Zwickau. Der hiesige Kreisverein für innere Mis- non hielt gestern nachmittag in der Herberge seine diesjäh rige Generalversammlung ab. Nack einer Begrüßungsan-i M ——KL«8^1» « », MU «tt öeu -er Do-e »tervorf«« Vsr« ru iLm»« MM.UNUMM. Werner vmpksklv: 8ekvsi.Lv Duekv, 8»11n8, 8tr1ekk»minxLrnv, sekvLrrv n. KILUV Oko^lols nnä vLwvuluek«, von» L Ä4 v. Llvrrvnstokkv kür Vsmvnkostümv, Locke usv. n. 8tokko kllr LvLdvn-LekIvlännx rn billigsten kreisen. (1579 Sörnewitz. — I a g d e r g e b n i s. Bei der gestern aus den Fluren von Brockwitz und Sörnewitz abgehaltenen Treib jagd wurden nur 53 'Hasen geschossen, in früheren Jähren weit über 100. Brockwitz bei Coswig. — Vortrag. In einer sehr gut besuchten Ver sammlung des hiesigen Landwirtschaftlichen Vereins sprach Herr Dr. Schellenberger aus Meißen über den Stickstoff im spräche durch Amtshauptmann Dr. Schnorr von Carolsfeld erstattete Pastor Klotz die Jahresrechnung auf 1906. Sie Weill eine Einnahme von 897 Mk. 80 Pf. und eine Aus- gäbe von 782 Mk. 32 Pf. auf. Das Voigtsche Vermächtnis, 3000 'Mk. für die Blindenversorgung, ergab 106 Mk. Zin sen, die für die Blinden verwendet worden sind. Der Fonds des RettungShauses ist bis auf 1666 M. 69 Pf. gestiegen. Angenommen wurde der Antrag von Pastor Ungnad, eine Vortragsreihe zur Aufklärung des Publikums über die Tä tigkeit der Inneren Mission zu veranstalten; mit der Aus führung wurden die Geistlichen Klotz, Schubert und Un gnad betraut. Zwickau. Bei der gestrigen Wahl zum Kaufmanns gericht wurden von der Lrste des Deutschnationalen Hand lungsgehilfenverbandes 3 Kandidaten, von der des Leip ziger Verbandes 2 und von der der verbündeten Vereine (Kaufmännischer Verein und Verein 1858er Hamburg) 1 Kandidat gewählt. Von Len Beisitzern des hiesigen Kauf mannsgerichts gehören nun 5 demDeutschnationalen Hand- lungsgehilfenverbande (Gewinn 1), 3 dem Leidiger Ver bände (Verlust 1), 4 dem Kaufmännischen Verein (w:e bishers^an. Meerane. An die Flurgrenze der Stadt Meerane grenzt teilweise das Herzogtum Sachsen-Altenburg. Die Grenze geht zuweilen mitten durch Gebäude hindurch, sodaß Teil zum Herzogtum Altenburg gehört. Der nahe Ort ein Teil des Anwesens zum Königreich Sachsen und ein Wäldsachsen gehört halb zum Königreich Sachsen und halb zu Altenburg. Die Grenze geht im bunten Zickzack durch den Ort. Während das eine Haus zu Sachsen gchört, ist oas Nachbarhaus altenburgisch, das andere wieder sächsisch usw. So sind in dem kleinen Ort zwei Gasthöfe mit voller Tanzgerechtigkeit. Beide Gasthöfe liegen nicht weit von einander, der eine liegt auf Altenburger und der andere auf sächsischer Flur. Daher kommt es auch, daß an Tagen, die im Königreich Sachsen als Feiertage gelten und an de nen öffentliche Lustbarkeiten verboten sind, um so lebhaf ter im benachbarten Gasthof auf Altenburger Flur getanzt und musiziert wird. Schönheide. Zum Vorsitzenden des hier neu ge gründeten Zweigvereins des Evangelischen Bundes wurde Pastor Gerlach, zum stellvertretenden Vorsitzenden Schul direktor Grohmann gewählt. Neustädte!. In der gemeinschaftlichen Sitzung oes Rates und der Stadtverordneten wurde beschlossen, die zur Durchführung und Förderung des Weiterbaues der Ei- senbahn Niederschlema—Schneeberq—Neustädte! erforder lichen Geldmittel aus der Stadtkaste bereit zu stellen. Sitchßschk Dichrichtei. Söbrigen. — Auf dem Strome stellen Hch trotz der abnorm warmen Witterung bereits Wintergäste ein, die be sonders nachts ihre Anwesenheit mit lautem Geschnatter kund machen: Enten. Die jetzt sichtbar werdende Knäk- oder Kräkente ist die gewöhnliche Art der auf den Moritz burger Teichen oder auf stehenden Elbarmen hausenden Wildenten, denen dort bereits der Frost die Nahrungsmit tel zugedeckt hat. Ab und zu bemerkt man auch selteneres Waffergevögel: das sehr scheue Wasterhühnchen, das ledig- lich seinen Kopf auf dem Master hervorstreckt, aber sofort untertaucht und auf großen Strecken unter Master sich fort bewegt. Das harmlose Tierchen, das kaum die Größe einer Amsel erreicht, findet sich sonst auch an den Tümpeln der Unterelbe vor, wird aber auch vom Froste dem Men schen näher getrieben. An Stelle der nach der hohen See gezogenen Flußseeschwalben bevölkern Schwärme von ^krähen die Flußufer. Pieschen. — Der dramatische Verein Lebenslust wird am ersten Weihnachtsfeiertag abends im Saale des Eta blissements Stadt Leipzig, Leipziger Straße, Die Wunder blume oder Muttersegen — Kinderglück von G. Starke, '!Nusik von R. Dellinger, zur Aufführung bringen. Der Reinertrag soll, wie bei der Aufführung am Totensonntag, öem Wohltätigkeilsverein Sächsische Fechtschule zufließen, weshalb um einen recht regen Besuch gebeten wird. Uebigau. — Aus bekannten finanziellen Grün den hat der Stadttat es abgelehnt, das ihm zum Kaufe angebotene Uebigauer Schloß zu erwerben. Das Schloß stammt bekanntlich aus der Zeit Augusts des Starken und war zu jener Zeit der Schauplatz historischer Ereignisse von Bedeutung. Ott« kVsvItt., 4.. HVsIIstr»«»« LS, Lvkksus krsitssttssss Mit Kurs «ach Süden. Briefe v»u der Herbst-Ferieufah.t »ach P»rt«gal von Hugo Hertwtg-Behringer. (Nachdruck »erboten.) V. AuS Lissabon. .EinNimmig": Zum Zkkus — ;DaS rarte Gescdlecht — D r Königsthron wack-lt — Ohrenschmaus durch Straßenschreier. — 8l/r Millionen von den fluten verschlungen. — Lebt wohl, ihr Reiseg'nofien! - Gin Pomv-Begrä''nit - sprech wie die . . — An der SUitte de» Friedens. Mächtige Affichen zeigen an, daß im „Zirkus" zehn Tiger zur Vorführung gelangen. „Einstimmig" faßte un ser Quartett — einige Reisegenosten haben sich verkrümelt — den Beschluß, die Zirkusvorstellung anzusehen, denn an solchen Stätten, wo das Volk zum Vergnügen zusammen kommt, dort läßt sich am ehesten das Volk, sein Leben ken nen lernen. Der Zirkus selbst ist ein großer, schöner Bau, von dessen Decke nicht weniger als 36 große Bogenlampen her- abhängen und die Manege, wie den Zuschaucrraum, mit einer Fülle von Licht übergießen. Gewiß sehr viele deutsche Großstädte würden sich glücklich preisen, wenn sie einen derartigen Bau ihr eigen nennen dürften. Nicht ohne In teresse ist, daß die mächtige, das ganze Gebäude bedeckende Kuppel in Deutschland hergestellt wurden. Auf einem „cadeiras reservädas" sitzend, hielt ich Umschau. Der Zuschauerraum füllte sich mit Groß und Klein. Selbst Kinder, die auf dem Arme der Mutter getra gen wurden, waren da zu sehen. In den Logen der zwei Ränge nahmen Damen der Gesellschaft Platz. Mit dem Blitzen der edlen Gesteine, die als Boutons ober Broschen die Schönen schmückten, wetteiferten die Blitze, die aus den dunklen mandelförmigen Augen schossen. Die Fächer be haunen ihr Spiel. Rivalinnen in der Zuneigung zu einem Arenakünstler schienen es zu sein, die von verschiedenen Lo hest des 1. Ranges aus sich mit Flammenblicken maßen. Die Darbietungen selbst waren nichts Sonderliches, nichts, was man nicht schon, natürlich mit Variationen, ge sehen hätte, aber Beifallsgeklatsche-, Getrampele- und Ge pfeife gab es hier genug. Mit welchem Interesse die Dar bietungen verfolgt wurüen, oas beweisen die zahlreichen Zuschauer, die oen Vorführungen selbst keine Aufmerksam keit schenkten, sondern sich in das Lesen irgend einer Zei tung vertieften. Eine Eigenheit, die sich übrigens auch in den Theatern wahrnehmen läßt. Es gehört zum guten Ton, allabenolich ins Theater zu gehen; oaraufhören, was ge sprochen oder gesungen wird, ansehen, was auf der Bühne oder in der Arena vorgeht, oas braucht man aber nicht! Erst als die Tiger-Dressur-Vorführungen begannen, wurde auch der gelangweilteste Zuschauer etwas lebhafter und in geradezu ohrerschütternder Weise dröhnten am Schlüsse die Beifallskundgebungen in obenqeschliderter portugiesischer Art. Eine kleine Beobachtung möge hier eingeschalten sein. Die Portugiesinnen lieben es, sich stark zu pudern uno mancher der schwarzhaarigen, braunäugigen Senhoras stecht oies gar nicht übel. Portugiesische Schöne, die diese Bezeichnung mit Recht erhalten konnten, bekam ich unter den Damen der gutenGesellschaft nur recht wenige zu sehen. Das Gesicht ist meist stark fleischig, kein zartes Oval, nur die dunklen Augen sind das Anziehende darin. Auffällig viele Damen — ihrem Auftreten nach waren es solche der guten Gesellschaft — sah ich, die einen so überaus kräftigen Schnurrbartansatz hatten, daß mancher Gardeleutnant sie darum beneioen könnte. Die Lissabonerin liebt Geschmeide, glänzendes Ge stein, Spitzen und Seide, sowie elegante Chaussure; ein Deutscher, der durch mehrjährigen Aufenthalt in Portu gals Hauptstadt etwas unter die Oberfläche der Verhält nisse geschaut hatte, übte allerdings darüber recht bittere Kritik, indem er sagte: „Oben viel Putz und unten viel Schmutz!" Der Lissaboner Danoy, den man vorwiegend auf dem Rocio, insbesondere aber auf der Avenida da Liberdade herumflanieren sicht, ähnelt in seiner Wertschätzung der Äußerlichkeiten seinen dortigen Mitschwestern. Ob auch der Magen ihm knurrt, wenn auch nur einige der großen kupfernen 10- oder 20-Reisstücke als sein ganzes Barver mögen in der Tasche klimpern — er wahrt den Schein des Vornehmseins vom Kopfe bis zu den Lackschuhen. Unweit des Zirkus, gegenüber 0em Hauptbahnhof, liegt das von Deutschen viel besuchle „Cafe Suisse". Vor diesem, wie vor dem am Praca de Don Pedro, dem, Rocio, gelegenen „Cafe Josty" gibt es tagtäglich, namentlich na türlich in den Abendstunden, größere Menschenansammlun gen. Dort wird stark in Politik gemacht, dort sind die Hauptfammelpunkte jener Elemente, die auf eine republi kanische Umgestallung Portugals hinarbeiten . . . Der portugiesische Königsthron ist stark wurmstichig und recht bedenklich wacklich . . . In der Nähe der ebenerwähnten zwei Cafes ist das Ausschreien der Zeitungs-Jungen am lebhaftesten. In gel lendem oder quätschendem Tone, jenachdem Mutter Natur dem Jungen das Sprachorgan gebildet, schreit dieser dem Pastanten den Titel „seiner" Zeitung zu; klerikale Aus schreier wetteifern mit den republikanischen, revolutionäre mit den konservativen. Eine eigene Note wird zu gewissen Zeiten durch die Loshändler in das Lissaboner Straßen leben gebracht. Auch diese sparen keine Lungenkraft, um ihre Lose an den Mann oder an die Frau zu bringen und welcher von den fliegenden Kollekteuren am ausdauernd sten schreien kann, der erzielt das beste Geschäft. An jeder Straßenecke stehen diese Loshändler halbdutzendweise, und zwar sind es Menschen mit gesunden Gliedern, die sich ganz gut auf andere Weise ihr Brot verdienen könnten. Aber — arbeiten ist, wie schon gesagt, nicht des Portugiesen stärkste Seite. Als wir nach Zirkusschluß nach dem „Zentral-Hotel" kamen, wurde meinen Reisegenossen mitgeteill, daß sie die von ihnen bestellten Zimmer nicht mehr erhalten könnten, da es sich nötig gemacht habe, eine größere Anzahl der Schiffbrüchigen von dem am Abend untergegangenen Ha- pag-Dampfer „Borussia" unterzubringen. Und von dieser Katastrophe, die uns Deutsche am nächsten berührte, erfuhren wir, infolge unseres Zirkusbc- faches erst so spät! Der Versuch der Drei, noch nachts nach dem „La Plata" Ueberfahrt zu erhälten, scheiterte, dafür hatten wir Gelegenheit, in dem dem Zentral-Hotel benachbarten „Cafe Royal" einige Herren Offiziere des untergegangenen Dampfers „Borussia" kennen zu lernen und von diesen Einzelheiten der Katastrophe zu erfahren.