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Nr. 1t. > uwnn -H 7— Somtag. den 13. Januar 1997 69. Jahrg. Gustav-Adolf-Frauenverein. Mittwoch, den 16. Januar, Nachmittags 4 Uhr ar beitet der Nahverein im Konfirmandensaale. chende Gerechtigkeit." Solche Gerechtigkeit kann nie nach, Zahlen gemessen, sondern muß nach inneren Werten gewo gen werden. ES ist eine Frage von höchster sozialer und Airchengesangverein. Donnerstag, den 17. Januar, abends 8 Uhr, üben die Damen in der Aula. Laufe — Trauung — Bestattung Ar ßw SmarpßmltL Au Kirche Zeit. Namen. Namen durchschwirren die Luft, durchziehen die Blätter, werden mit Eifer und Erregung von Tausenden genannt in diesen Tagen. Und diese viel genannten Na men verkörpern Meinungen, Gegensätze, Bewegungen. In dem Namen spricht sich eine Fülle von Bestrebungen oder eine ganze Weltanschauung aus. Daß wir doch von dem Einen Namen, der über alle Namen ist, so durchdrungen waren, daß alle anderen Namen irgendwelcher Größen davor ganz in den Hintergrund träten! Aber gestehen wir es uns nur, dieser Eine große Name ist den Meisten von uns noch recht klein. Wenn wir Ihn auch noch ehrer bietig achten, so ist es doch mehr mit einer gewissen Scheu, die uns antreibt, bald an Ihm vorbeizukommen und zu Gewöhnlicherem herabzusteigen, als mit dem Verlangen, Ihm näher zu treten oder gar mit der Sehnsucht, in Ge meinschaft mit Ihm zu treten, dem innern Durst nach dem lebendigen Gott. Bei vielen aber ist der Grund ihrer Gottentfremdung ein tief gewurzelter Unglaube, der sich gerade heutzutage darin gefällt, sich überall breit zu ma chen. Wenn man noch einen Gott zugibt, so begreift man ihn höchstens als den Inbegriff aller Naturgesetze, als die Zusammenfassung der Weltkräfte, als das Gesamtbewußt sein der Menschheit. So wird nach und nach aufgeräumt nut allem Glauben, außer daß der Mensch noch an sich selbst glaubt, an seinen freien Verstand, an sein tiefes Ge müt, an seinen ehrlichen Willen. Schließlich muß man aber auch solchen Glauben fahren lassen und man steht vor dem öden schrecklichen Nichts. Will Einer von uns gut und tüchtig sein zum Tun und Kämpfen, der meine nicht, den Einen Unentbehrlichen entbehren zu können, sondern wende sich an Ihn. In diesem Namen wirst du siegen. L-i. Kirchliches für B l a s e w i tz. Sonntag, den 13. Januar, predigt Vormittags 9 Uhr Pastor Leuschner über Mat. 3, 13—17. Hierauf hält derselbe Beichte und Abendmahlsfcier. Vormittags 11 Uhr hält Pfarrer Lconhardi Kindergottesdienst und Abends 6 Uhr predigt derselbe über Psalm 111, 7—9. B i b e l st u n d e. Mittwoch, den 16. Januar, Abends 8 Uhr, hält Pa stor Leuschner im Konfirmandensaalc Bibelstunde über Col. 2, 1—15. Kollekten ertrag. Die am Erschcinungsfeste für unsere Leipziger Mis sion gesammelte Kollekte hat 105 Mk. erbracht. Tic beim Familienabend unserer Kirchengemeinde am Dienstag für die Ackerbauschule unseres Missionars Kabis in Pandour dargebrachten freiwilligen Gaben ergaben 45,50 Mk. In der letzten Woche wurden getauft: Max Ge org Fickert, Straßenbahnschaffners S. — Ottilie Maria Helene Hennig, Straßenbahnschaffners T. — Marie Eli- sabetWerschke, Markthelfers T. — Karl Erich Fritz, Schuh machermeisters S. — Ellen Margarete Rotermund, Kauf manns T. Erna Charlotte Mönch, Briefträgers T. Bestattet: Leberecht Adolf Förster, Steinmetz polier aus Ober-Oppach bei Löbau, 35 Jahre alt, hinter läßt Witwe und Tochter. — Gustav Eduard Wilhelm Hen nig, Gärtner, aus Helfenberg, «2 Jahre alt, hinterläßt Witwe, Sohn und Tochter. — Karl Arthur Peschke, Assi stent an der Staatsbahn in Falkenau, aus Dresden, 30 I. alt, ledig. E v. luth. I un glingsverein. Sonntag, den 13. Januar, Abends 5 bis 7 Uhr Spiele. 7 bis h»9 Uhr Versammlung der jüngeren Abteilung. ZL9 Uhr Versammlung des Fußballklubs Wacker. Was i st Parität? Ein viel mißbrauchtes und mißhandeltes Fremd wort — daS ist es zunächst. Wir Deutschen lieben nun einmal die Fremdwörter, lassen uns dadurch imponieren und richten damit — unglaubliche Verwirrung in den Köpfen an. So wird denn auch unter „Parität" meist etwas verstanden, was damit gar nicht gesagt ist. Am häu figsten verwechselt man es mit Toleranz, d. h. religiöser Duldung. Im lieben Deutschland vergeht ja kaum eine Reichstagssession, wo nicht seitens des Zentrums Klage ge führt wird über mangelnde Toleranz und Parität gegen über der römischen Kirche, und es passiert nicht nur dem gewöhnlichen Durchschniltsdeutschen, sondern auch man chen, recht hochgestellten Manne, daß ihn ein Schauder überläuft, wenn einer bei ihm unparitätische Gesinnung wittern könnte. Ja, wir haben cs allmählich so herrlich weit gebracht, daß deutsche Männer — (wohl gemerkt, cs sind das aber meist nur die Evangelischen) — gegen ihr eigenes Bekenntnis und ihre eigene Kirche im höchsten Grade ungerecht werden, sie im Gespräch herabsetzcn: selbst verständlich aus Parität!! — Parität heißt aber zunächst nichts anderes als Gleichheit inbezug auf das Recht. Es ist aber das Wesen der Gerechtigkeit, daß sie nicht jedem das Gleiche, sondern nach dem Sinnspruch des höchsten preußi schen Ordens jedem das Seine zuerkennt: Suum cuique! So ist Parität wohl am besten zu deuten als „ausglej- politischer Wichtigkeit, wie der Staat daS Recht gegenüber den Kirchengemeinschaften verteilt und wie er sie einschätzt in ihrem Wert. Man darf es wohl aber gegenüber dem Paritätsgerede als Pflicht jedes evangelischen Manne- be zeichnen, daß er in den Tagen der immer wiederkehren- den Toleranzanträge, der Schulstreiks und Verketzerungen deS modernen Staates wenigstens sich klar wird, über da-, was Parität ist. Wir empfehlen dazu ein kleines Schrist- chen von Liz. Everling: „Parität als Schlagwort und al- Prinzip." (Verlag von Braun, Leidig. 30 Pf.) Jedem Evangelischen könnte man aber zurufen: Mehr Parität gegenüber deiner eigenen Kirche und gegenüber ihren Ro heiten auf allen Gebieten! Diese Mahnung wäre auch in unseren Parlamenten bei den evangelischen Gliedern der selben nicht unangebracht! Goethe über das Christentum: „Die christliche Religion ist ein mächtiges Wesen für sich, woran die gesunkene und leidende Menschheit von Zeit zu Zeit sich immer wieder emporgearbeitet hat; und indem man ihr diese Wirkung zugesteht, ist sie über aller Philo sophie erhaben und bedarf von ihr keiner Stütze." (Ge spräche mit Eckermann). Die neue Kolonie Lobetal des P. D. von Bodelschwingh. Ueber 50 000 Jünglinge unter 20 Jahren, die aus allen Teilen des Reiches stammten, haben im vergangenen! Jahre ihr Haupt in einem der beiden Berliner Asyle für Obdachlose niedergelegt. Viele von ihnen sinken erfahr ungsgemäß in diesen Asylen für immer in den tiefsten Schlamm. Um ihnen den Weg zur Rettung zu zeigen, hat P. von Bodelschwingh neben seiner Kolonie Hoffnungstal bei Bernau eine neue Kolonie Lobetal eingeweiht, die 150 Einzelstübchen enthält. Schulanfänge in Kamerun. Wie Missionar Gehring, nachdem er ein kleines Schulhaus gebaut hatte, seine ersten Schüler vom König in Bamum erhielt und unterrichtete, erzählt er in folgen der Weise: Ein Soldat meldete mir auf englisch: „Meister, der König ruft dich". Ich sattelte mein Pferd und ritt nach der königlichen Wohnung. In deren Hofe waren fast sämtliche Soldaten angetreten. Die zukünftigen Schüler waren in einer Reihe, der Größe nach gemustert, aufge stellt. Der König grüßte mich militärisch. Ich stieg vom Pferde und sah mir die künftigen Jünger der Wissenschaft näher an. Es waren lauter nette Bürschlein mit viel ver sprechendem Aeußeren. Ich hielt ihnen eine Rede über regelmäßigen und anständigen Schulbesuch. Der König verschärfte das Gesagte kraft seiner königlichen Wmck«. Auf seine Frage an die Knaben, ob sie es gehört hätten. Ein^verhängnisvolles Blatt. 23, Erzühlung^von N. v. Liliencron. „Aber ich litts nicht," fuhr Hans Dietrich mit er regter Stimme fort und sagte es ihm gerade heraus: „Wie kannst du denn, „ja, ja, — leider, leider," dazu sagen, wenn von meinem Vater schlecht gesprochen wird? Du hast ihn doch lieb gehabt?" Der Onkel wollte noch weiter mit mir schön tun und redete immer auf mich ein. Aber der Fremde wurde ärgerlich und nannte mich einen naseweisen Bur schen. Er meinte, der Brotkorb müßte mir höher gehängt werden. Na, weißt du, Onkel Pletten, der hat mir gar nichts zu befehlen! Und tvas der von mir sagt, ist mir ganz schnuppe. Aber, daß er über meinen Vater so redete, das durfte ich mir nicht gefallen lassen. Da habe ich doch recht?"Pletten hatte kein Auge von dem Knaben abwenden können. Wie Hans Dietrich so vor ihm stand mit dem stolz erhobenen Krauskopf und den blitzenden Augen, konnte er sich ein getreues Bild von dem Augenblicke ma chen, als er — einer Rakete gleich — zu den beiden Herren hereingestürmt war. Jetzt legte Pletten seine Rechte auf die Hände des er regten Knaben, die sich fest um den Säbelknauf geschlossen hatten. „Halte daran fest im Leben, für ungerecht Angegrif fene und Unterdrückte einzutreten, Hans Dietrich," sagte er ernst. "Das ist ritterliche Tugend und Ritterpflicht von altersher. Für deines Vaters Ehre und guten Namen kannst du getrost durchs Feuer gehen, er verdient daS." Mit einem Lächeln fügte er dann noch hinzu: „Ob es nun gerade nötig ist, daß daS in solcher trotzigen Weise geschieht, wie du die Geschichte vollführt hast, will ich nicht behaupten." ' - Der Knabe achtete nicht auf den Schlußsatz. Seine Hände hatten den Säbel loSgelassen und sich um Plettens Arm geschlossen, vertrauensvoll schmiegte sich der KrauS- kopf an den Grafen. . du.» begann er von neuem mit dem beliebten Wort, wenn er eine Sache recht eindringlich machen wollte. „ich war doch schon acht Jahre, als der Vater in den Krieg zog. Ich entsinne mich noch genau des Abends, wie er an mein Bett kam und mir sagte: „Du wirst brav sein, wenn ich weg bin, wirst der Mutter Freude machen und für sie sorgen und sie schützen, wenn ich es nicht mehr kann." Tas hatte ich ihm versprochen und noch viel, viel mehr. Ich wollte so gut und so lieb und so tapfer werden wie er und für Mütterchen alles tun, aber auch für ihn, für meinen lieben, lieben Vater." Hans Dietrichs Stimme brach ab, ein paar Helle Tränen rannen über seine Wangen, und fester drückte er den Kops an Plettens Arm. Er wollte der Rührung nicht nachgeben, wollte nicht weinen, das war nicht männlich, nicht ritterlich, und das mußte er doch werden, wenn er seinem Vater gleichen sogllte.. Vielleicht hätte er etwas anders über das „männlich sein" in diesem Falle gedacht, wenn er aufgcblickt und die Rührung bemerkt hätte, die Plettens Züge ausdrückten. Nach einer kleinen Pause suhr HanS Dietrich fort: „Weißt du, ich habe mir das lange jeden Abend wiederholt, darum habe ich es so gut behalten. Ich durfte es doch nicht vergessen-, es war ja das letzte, was mir mein Vater gesagt hatte, und was ich ihm da so fest versprochen habe, das muß ich doch halten." Pletten drückte des Knaben Arni fester an sich. „Prachtjunge," dachte der Graf. Laut aber sagte er: „Tu das, mein Sohn, so wird Gott dich segnen." „Weißt du, den Vater muß ich verteidigen, aber auch die Mutter beschützen," erklärte Hans Dietrich mit Nachdruck. Pletten sah auf den schlanken Knaben herab, der ihm doch noch nicht zur Schulter heraufreichte und auf sein kindliches Gesicht. Er mußte lächeln, wenn er an diesen Schutz dachte. Bald sollte seine Mutter einen besseren Schutz haben, wenn er sie erst in seine starken, treuen Arme nehmen durfte. „Ich habe der Mutter nichts von dem gräßlichen Menschen gesagt," erzählte Hans Dietrich weiter. „Sie hätte sich ja darüber geärgert und geweint. Aber daS soll sie nicht, Vater hat gesagt, ich muß für sie sorgen." Und Pletten dachte wie kurz zuvor „Prachtjunge", und wie damals sagte er auch jetzt „tu das, Hans Dietrich," aber er setzte noch hinzu, „wenn du mal ein Anliegen hast oder einen Kummer, dann denke, daß außer deiner Mutter ich auch noch dazu da bin, um euch zu helfen und zu be raten." Ter Knabe nickte. Er nahm das als etwas ganz Selbstverständliches hin. Sein impulsives Herz hatte dem Grafen von vornherein warm entgegengeschlagen und sich zu ihm, der den gleichen Rock wie der Vater trug, be sonders hingezogen gefühlt. Der — das war ihm instink tiv bewußt — meinte es sehr gut mit der Mutter und ihm. Er hatte auch den Vater sehr lieb gehabt. Das alles öff nete ihm Herz und Lippen Pletten gegenüber. „Ich frage den Onkel nicht, wer der fremde Herr ge wesen ist," erzählte er, „ich spreche mit ihm nicht mehr da- von, aber wissen möchte ich doch, wer er war. Der Onkel nannte ihn Graf und hat mal gesagt, daß er hier in Ber- lin sein Haus habe und jetzt da irgendwo bei Danzig wäre. Zum Winter käme er aber wieder hierher, und weißt du, das mag ich nicht." Pletten schoß ein Gedanke durch den Kopf. Der hatte denn Kurt so beneidet, so gehaßt wie Berninghaus? „Der Herr war von meiner Größe, aber hager," sagte er, „einen kleinen rötlich - blonden Schnurrbart, eben sol ches Haupthaar und auf der linken Dange einen recht an sehnlichen Leberfleck." - l. Hans Dietrich hatte vor Erstaunen seine Arme sinken lassen. „Du weißt doch aber auch alles," wunderte er. sich, „genau so sieht er auS, und nicht wahr, du magst ihn auch nicht leiden?" Der Graf zögerte einen Augenblick, dann antwortete er, rasch darüber weggehend: „Nun, nicht gerade be sonders." Der Knabe zupfte ihn am Aermel. „Sage mir, wie er heißt." „Namen von Menschen, die un- wehe aetan haben, soll man in den Rauch schreiben," meinte Pletten. „Du