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l. Mage M Schönburger Tageblatt. N 81. Zm Merfche IVI. Von Alwin Römer. Gottlob, aus langer Winternacht, Aus schweren, sturmdurchbrausten Träumen Ist wiederum die Flur erwacht! . . . Der junge Saft treibt in den Bäumen Und sprengt der Knospen braunes Kleid; Schon grüßt in lichtem Blätterschleier Die Erle Dich und weit und breit Schmückt sich die Welt zur Frühlingsfeier! Des Ackers schwarze Krume bricht, Und aus den tausend schmalen Fugen Drängt Halm an Halm sich keck ans Licht, Um in die weite Au' zu lugen! . . . Am Waldrand grüßt, vom Wind bewegt Die weiße Frühlings-Anemone, Und Ostergrüße für Dich trägt Der Himmelsschlüssel gold'ne Krone! . . . Den Wald durchklingt's in Dur und Moll, Die Lerche jauchzt vom Himmelsbogen; Längst sind die Starenkästen voll; Sein Radnest hat der Storch bezogen; Aus dunklen Hüllen krochen auch Schon Falter, sich am Licht zu freuen: Des Lenzes warmer Lebenshauch Will überall die Welt erneuen! . . . So hehre Wunder sind gescheh'n, Laß Deine Seele mit frohlocken Und Hoffnung Dir die Brust durchweh'» Beim Jubelklang der Osterglocken! Auch Dich durchströmt Verjüngungskraft; Woll' sie in Zweifeln nicht vergeuden: Der Geist, der all' die Wunder schafft, Taucht auch Dein Herz in Osterfreuden! Froh wird Dein Sinn, Dein Auge klar, Wenn Du Dich ganz ihm hingegeben; Du fühlst auf Schwingen wunderbar Den Alltagsnöthen Dich entschweben; Ter Lerche nach, zu Gott empor, Strebst Du, erlöst aus Erdenbanden, Und jubelst mit im Osterchor Ter Frühlingswelt: Christ ist erstanden! ... Ostern. Fröhliche, selige Osterzeit! Ganz empfinden kann dich nur, wer mit Jesu in Gethsemane gezagt und auf Gol gatha geblutet hat. Ja, wer in den tiefsten Tiefen der Passion mit hinabgesticgen ist und ihre Ursache in unserer Miffcthat und ihre Frucht in unserer Erlösung gefunden hat, der kann, ja der muß zu Ostern hell auf- jubeln über den Sieg des Lebens und die für uns daraus quellenden neuen Lebenssäfte. Für die kleinen — „nd großen Kinder, die durch äußere Zeichen beeinflußt werden, tauscht heute die Kirche ihr schwarzes Trauerkleid gegen ein hohes Festgewand um, und fröhliche Töne durchfluthen nach langer, banger Pause das Heiligthum. Christ ist erstanden! Tas heißt: ein wahrer Mensch ist durch den Tod hindurchgedrungen und zeigt sich nun als wieder lebendig geworden. Daß der Sohn Gottes als Sohn weiter lebt, ist so selbstverständlich, daß dies gar keinen Trost für uns enthielte und keine Hoffnung gewährleistete. Aber, daß er als wahrer Mensch nach dem Tode fortlebt, dies ist das für alle Menschen so Erhebende und Erquickende an der Osterbotschaft. Nun ist der Beweis erbracht, daß es mit der Menschheit beim Tode nicht aus ist. Run triumphirt das in jeder Menschenbrust rege Gefühl, das sich gegen Sterben und Vergehen so sträubt. Nein, wir sind nicht blos dazu geboren, um unter Mühe und Sorge einige Jahre zu athmen, zu denken und zu ringen und dann vergessen zu werden. Dem „Erstling unter vielen Brüdern," dem Erstgeborenen aus den Todten" nach sollen auch wir, nachdem wir dem unabwendbaren irdischen Geschick unsern Tribut gezollt, wieder leben und lieben in Ewig keit. Wer uns diesen süßen Osterglauben verkümmern will, drückt den Menschen auf daß Niveau einer Ein tagsfliege herab und weiß nichts von Menschenwerth und Menschenwürde. In der Freude über Christi Auferstehung hält der Mensch dem Christen die Waage. Freut sich ^dieser, daß Gott Vater zu dem Versöhnungsopfer des Sohnes als einen vollwichtigen bekennt, so freut sich jener, daß das Menschenleben stärker ist, als der Menschentod. Wer nicht so weit denkt, dem ist an der Osterzeit wohl das Erwachen der Natur aus winterlich starrer Gebundenheit die Hauptsache. Nun daß Häschen und Sonntag, den 7. April 1901. Gräschen die Ohren wieder spitzen, und der unver meidliche Frühlingsdichter den Bleistift, das ist ja in mancher Hinsicht gewiß recht erfreulich. Aber wir wollen dabei nicht außer acht lassen, was Altmeister Goethe sagt: „Alles Vergängliche ist nur ein Gleichniß." Ist es ein Gleichniß, so hat es einen höheren Sinn; und den eben wollen wir darin finden. Ihr Mermorgm. Von Hans Wald. Nachdruck verboten. Sie sagten Alle: Er sei ein ganzer Mann und ein tüchtiger Ingenieur geworden! Ten Bau und den Be trieb des neuen Elektricitäts-Werkes in der Stadt hatte Karl Harder geleitet, und als er eines Tages zahlreichen Besuchern die geheimnißvolle Kraft, die er spielend be herrschte, vorführte, war man des Lobes voll. Unter diesen Maschinen und diesen furchtbaren Kraft-Strömen war er der Herr, und als er manches ängstliche Zucken bei allerlei <tz;perimenten bemerkte, da lächelte er. Sie hatten es Alle bemerkt, aber Allen war es gewesen, als müsse es so sein. Wer den kraftvollen Mann sah, der konnte sich kaum denken, daß er vor mehr als zwanzig Jahren mit seinen verarmten Eltern als schwaches Bürsch'chen die Vater stadt verlassen. Kein Glück und kein Stern hatte da ihnen geblüht, sie waren verschollen. Und nun war der von bekannten Autoritäten empfohlene Ingenieur jener armselige Junge gewesen, dem nicht Wenige aus Mit leid ein Brodlaib zugesteckt hatten. Ingenieur Harder wäre, besonders nachdem er seine feste Anstellung als Director des Werkes erhalten, in jedem Hause ein willkommener Freier gewesen, aber er war ein verschlossener Mann, der sich wenig um gesell schaftliche Vergnügungen bekümmerte. Man sprach viel über seine Zurückhaltung, aber auch diese kleinen freund schaftlichen Erinnerungen nützten nichts. Um so mehr war daher die ganze Stadt überrascht, als es eines Abends im Blatte zu lesen war, Karl Harder sei mit der stillen, blonden Gertrud Wender verlobt. Und am Abend vor Ostern war es! Tas war eine Sensation! Das junge Mädchen hatte ihren kranken Vater bisher gepflegt, die Mutter war längst todt, man sah sie auf keinem Balle, von nennens- werthem Vermögen war nicht die Rede, und es hieß, Fräulein Gertrud wolle überhaupt nicht heiraten, son dern sich nach dem Ableben ihres Vaters, das nach seinem Zustande nicht lange auf sich warten lassen könnte, dem Lehrfach widmen. Und die Beiden hatten sich aller dings seltsam gefunden. Da hatte ein betrunkener oder böswilliger Mensch Versuchen wollen, die elektrische Stromleitung zu einer Fabrik zu lösen, um aller Welt einen Schabernack zu spielen. Außerordentliches Unheil hätte eintreten können, als Gertrud Wender auf einem stillen Spaziergang ge rade dazu kam. Sie schlug Lärm, der Mensch rannte davon, und als noch Niemand sich zeigte, machte sie sich entschlossen auf zu dem Werk und erstattete dem Ingenieur Meldung. Das drohende Unheil konnte so abgewcndet werden! Diese entschlossene Handlung hatte den energischen Mann auf das junge Mädchen aufmerk sam gemacht. Es war keine lange Bekanntschaft, es war keine romantische Schwärmerei. Aber eine treue feste Liebe. Sie verstanden einander. Der kranke Herr Wender schlief . . . Gertrud saß in d«: Küche, das Abendbrod zuzubereiten, und mit vielem Wundern stand vor ihr die einstige im Haushalt ge legentlich hilfreich mitthätige Amme. Die gute Frau hatte eben die Verlobungs-Anzeige in der Zeitung ge lesen, sie war rein außer sich über das „geheimnißvolle Thun" auch ihr gegenüber. Das schicke sich gar nicht! Die glückliche Braut lächelte leise. Endlich hatte die Alte sich ausgewundert! Es fiel ihr auf, daß das junge Mädchen so nachdenklich dasaß. „Was hast Tu noch auf dem Herzen, Kind?" Gertrud Wender lachte wieder, aber diesmal etwas verlegen. „So sag' mir's doch!" „Kannst Du schweigen, Amme?" Tie schlug sich zum Zeichen der Bekräftigung auf den eigenen Mund. „Dann sieh' her!" Gertrud schob das volle Haar rechts zurück, es lag ziemlich weit hinein in die Stirn. „Oh, die alte Narbe!" sagte die Amme bedauernd. „Vom vorigen Jahr, als Tu eingeschlafen warst nebeu Papa's Bett und plötzlich emporfuhrst!" Sie sieht wirk lich nicht schön aus. Ich dachte, die wäre fort!" Die rothe Narbe sah wirklich nicht nett aus. Gertrud seufzte. „Mein Bräutigam sagte mir heute, wenn er eine erste Bitte an mich richten dürfe, möchte ich das Haar nicht so weit zur Stirn hineintragen!" „Hat er ganz Recht!" sagte die Amme gewichtig. „Ja, aber die Narbe! Und als ich ihm davon sage» wollte, wurde er gerade abgerufen!" „Hm, hm!" machte die Amme. „Du weißt, ich bin gar nicht eitel!" fuhr Gertrud fort, „aber - —" „Nun, wo Du heiraten willst, hättest Du die Narbe gern fort!" „Ja, gewiß!" „Aber wie?" Sie schwiegen lange. „Sag' mal, Gertrud, hast Du Courage?" „Ich dächte doch!" „Tu kennst doch den alten Weidenbrunnen drüben beim verfallenen Schloß. Tas ist Wunderwasser. Und heute in der Osternacht vor Sonnen-Aufgang mußt Tu es schöpfen. Eine Stunde Weges ist es. Traust Du Dich hin, will ich beim Vater wachen!" „Amme, Du bist nicht gescheidt!" „So, meinst Du? Dann kann ich ja wieder gehen! Aber wodurch hat Bürgermeister's Tochter das Mutter mal auf der Wange fortgebracht, he? Guten Abend, nun!" „Aber so bleib doch!" „Wenn ich nicht gescheidt bin? Nein!" „Ach, das meinte ich nicht so, ich kann es nur nicht glauben!" „Dann hilfst's nicht. Osterwasser aus dem Weiden brunnen geholt, macht schön und fein. Zwölf Mal im Jahre an jedem Sonntag Morgen zuerst im Monat mußt Tu damit Dich waschen!" „Aber wenn sie mich sehen?" „Mummele Dich gut ein!" „Nun ja dann!" Karl Harder hatte bis zum späten Abend mit seiner Braut und einigen Verwandten derselben geplaudert. Tie Osternacht war hereingebrochen, still, friedlich, im vollen Vollmondzauber. LeiseS Frühlingsrauschen, Elfen weben. Ter junge Mann konnte nicht schlafen, ruhelos wan derte er in seinem jungen Glück auf dem Werke her rum. Einige weibliche Gestalten huschten vorüber. „Sie wollen Osterwasser holen!" lachte der Ingenieur vor sich hin. „Heil'ger Aberglaube im Zeitalter der Elek« tricität! Gott sei Dank, daß meine Gertrud anderen Geistes ist!" Da, mit einem Male, ward er auf eine dunkle Ge stalt aufmerksam, welche einen einsamen Fußsteg in die Wiesen hineinlenkte. Wie Gertrud's erschien die Ge stalt! Harder schwankte einen Augenblick. „Wissen muß ich es!" rief er. Dann machte er sich auf den Weg. Er hatte bald das Ziel der einsamen Wanderin er kannt, und nun nahm er einen Richtweg. So war er früher zur Stelle als jene . . . Und nun kam sie, und als das verhüllende Kopftuch gefallen war, erkannte er Gertrud. Unmirsch brummte er: „Weiß der Kuckuck, für klüger hätte ich sie doch gehalten!" Da lag der volle Mondschein auf dem blassen Ge sicht, die Rechte tauchte in das rieselnde Wasser und fuhr damit über die Stirn. Und nun erkannte der Lauscher die Narbe: „Oh, du armes Ling!" flüsterte er. Ein ferner Schrei! Gertrud fuhr auf, und da er blickte sie auch den unwillkürlich zu ihrem Schutz hervor getretenen Mann. Sie erkannte ihn trotz ihres Schrek- kens. Und als er herangetreten war, konnte sie nur stammeln: „Vergieb!" Er fuhr leise mit den kühlen Fingern über die Stirn: „Tas war's!" „Als ich bei Papa wachte —", stammelte sie, „und ich dachte . . . , ich glaubte . . . ." Harder lachte leise: „Still, still, Kind, wenn du sprichst, geht der Zauber verloren!" Ta umschlang sie ihn mit ihren Armen Und sie gingen schweigend in den Ostermorgen hinein Wie es in ihnen grünte und blühte voll froher Früh lings-Hoffnungen. Jin neues AogenHt. Man war bis jetzt wohl allgemein der Meinung, in unseren heutigen Bogenlampen, die eine Entwicklungszeit von schon 80 Jahren durchgemacht haben, hätten wir die größte und zugleich auch billigste Lichtquelle erreicht. Ihr grelles Licht, das wir für unser Auge erst durch Abblenden mit Matt- oder Milchglas brauchbar machen müssen, ließ diese Annahme berechtigt erscheinen; man hielt eS kurzer Hand für vollkommen. Jetzt tritt aber Ingenieur Bremer mit seiner Erfindung in die Oeffent- lichkeit, durch die wir eine dreifach größere Ausnutzung des elektrischen Stromes erzielen, wodurch also unser Bogenlicht nur noch ^/z des alten kosten würde. Diese höhere Ausnutzung ist hauptsächlich durch eine bessere Vertheilung des leuchtenden Stoffes erzielt worden;