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Frankreich. Der türkisch-französische Confliet ist zwar noch nicht endgültig beigelegt, aber es machen sich Anzeichen bemerkbar, die auf seine baldige und friedliche Beilegung schließen lassen. Frankreich beharrt auf seinen For derungen und die Pforte muß sie annehmen; es bleibt ihr gar nichts andres übrig. Die Angabe, daß England dem im persischen Golf gelegenen Hafen Koweit besetzt habe, ist unrichtig. Spanien. Spanien sucht keine Anleihe im Auslande aufzu nehme. Vor einigen Tagen veröffentlichte die „Voss. Ztg." eine ihr aus Madrid von unterrichteter Stelle zugegangene Drahtnachricht, der zufolge Spanien eine Anleihe von nicht weniger als 1^/z Milliarde im Aus lande aufzunehmen suche. Daß Spanien mit einer der artigen Finanzoperation kein Glück haben könnte, war Von vornherein behauptet worden. Nun erklärt auch der spanische Finanzminister Urzaiz, daß er keinen Gesetz entwurf betreffs Aufnahme einer ausländischen Anleihe ausarbeite oder vorzulegen beabsichtige. Bulgarien. Tie bulgarische Regierung hat die Verfügung ge troffen, daß alle Butter- und Käsesendungen aus dem Auslande nach Bulgarien mit entsprechenden Veterinär-Ursprungszeugnissen versehen werden müssen. Bulgarien, so meint die „Deutsche Tagesztg." dazu, könnte in diesem Falle dem deutschen Reiche recht wohl vorbildlich sein. England. Ein vor Monaten bereits aufgetretenes Gerücht, daß nämlich König Eduard die Beilegung des süd afrikanischen Krieges auf dem Wege der Verhand lungen anstrebe, ist dieser Tage wieder aufgewärmt worden. Durch Wiederholungen wird nun zwar eine innerlich unwahrscheinliche Sache nicht wahrscheinlicher. Das vorliegende Gerücht können wir aber nicht für absurd erklären, da mancherlei Gründe dafür sprechen, daß der König persönlich eingreifen und dem blutigen und endlosen Kriege ein Ende machen könnte. In dieser Beziehung meldet der Londoner „Star", ein Blatt radikaler Färbung, König Eduard soll infolge diplomatischer Intervention seitens gewisser kaiserlicher und königlicher Persönlichkeiten seinen Ministern Vorschläge gemacht haben, welche geeignet sind, mit den Buren Verhandlungen wegen Beendigung des südafrikanischen Krieges einzuleiten. Die Nachricht, die allerdings noch unbestimmt genug lautet, entbehrt, wie gesagt, der inneren Wahrscheinlichkeit nicht. Die Kriegsaussichten der Engländer in Südafrika werden mit jedem Tage ungünstiger, die Opfer, die der Krieg erheischt, sind kaum noch erschwinglich. Als der Krieg begann, saß König Eduard noch nicht auf dem Thron, so daß er für die Entwickelung der Dinge in Südafrika unmittel bar keine Verantwortung trägt. Wir haben schon darauf hingewiesen, daß die persönlichen Unterredungen mit dem deutschen und dem russischen Kaiser den König ebenfalls auf die Nothwendigkeit einer endlichen Bei legung der Feindseligkeiten in Südafrika hingewiesen haben könnten. Thatsache ist jedenfalls, daß der König nach seiner Reise auf dem Continent mit ersichtlich Unterhaltungstheil. Im Berghause. Novelle von Bertha v. Suttner. 21) (Fortsetzung.) Die letzten Worte Tildas — auf der ganzen Heim fahrt klangen sie ihm im Ohre nach — legte sich Bol ton fo aus: „Wir können einander morgen noch bei der Waldhütte sehen." Demzufolge, halb aus Neugierde halb aus Höflichkeit, ging er am folgenden Tage zur betreffenden Stunde an den betreffenden Ort. Tas Wetter hatte sich wieder aufgeheitert — es war alle Aussicht vorhanden, daß Tilda noch einen letzten Spa zierritt machen würde und . . warum nicht zur Wald hütte? Schon von weitem, als er zur Stelle kam, sah er, daß etwas auf dem Tische lag. Wäre sie etwa schon hier gewesen und wieder fort — oder war sie vielleicht im Innern des Häuschens? Er beschleunigte seine Schritte. Niemand da — die Thür verschlossen, der Schlüssel an seinem Platz. Und das, was aus dem Tische lag, es waren wieder Blumen, aber dieses Mal frische: ein kleiner Kranz von Vergiß meinnicht. Und noch ein Zeichen fand Bolton vor: unter dem Datum, das er neulich in die Tischplatte ge ritzt hatte, stand, mit Bleistift geschrieben, das heutige — ein kleines Ausrufungszeichen daneben. Er wartete eine Stunde — zwei Stunden: niemand kam. Da machte er sich wieder auf den Heimweg. Tas kleine Abenteuer — so gleichgiltig ihm Tilda Gahlis im Grunde auch war — interessirte ihn doch. Das Geheimniß, die Ungewißheit war es, was ihn reizte. Es war ja gar nicht sicher, daß jene Blumen zeichen von der gedachten Seite kamen, und daß sie ihm galten. Wer weiß, welches andere Liebespaar aus der Gegend hier miteinander mittels Rosen und Vergiß- stärkerem Eifer die südafrikanische Frage betreibt. Es fragt sich bloß, ob heute schon die Zeit für einen ent scheidenden Schritt des Königs gekommen ist, oder ob die Majorität des englischen Volkes die Fortsetzung des Krieges fordert. Die nächsten Wochen müssen auf diese Frage schon die Anntwort bringen. Wird der Frieden auf der Grundlage von Verhandlungen geschlossen, das möchten wir nur noch hervorheben, dann behalten die Buren selbstverständlich ihre Unabhängigkeit, um die sie tapfer und ehrenvoll gestritten und gelitten haben. Asten. Aus Peking wird gemeldet, der kaiserliche Hof habe nunmehr Singanfu verlassen und die Reise nach Kaifengfu angetreten. Wenn Kaiser Kwangsü wieder nach Peking kommen wird, ist noch immer ungewiß, da es den Anschein hat, als werde er in dem genannten Kaifengfu vorläufig Residenz nehmen. Für die Ent wickelung der Dinge in China verschlägt es auch nichts, wo sich der Kaiser des Reiches befindet. Geht es dort auch noch nicht so zu, wie man es wohl wünschen möchte, so darf doch darüber kein Zweifel bestehen, daß die Expedition der Mächte den Langzöpfen eine sehr heilsame Lection ertheilt hat. Es herrscht bei den Regierenden unverkennbar mehr Respect. Und wenn die Regierung des Landes gegen die fanatische Masse mit der gehörigen Energie vorgeht, dann wird es nicht lange dauern, bis überhaupt geordnete Zustände im Reiche der Mitte eintreten und sich auf die Tauer er halten werden. Nach einer Hongkonger Drahtmeldung ist eine zweite Baseler Missionsstation im Hsingning-Tistrict von fanatischen Chinesen zerstört worden. Hoffentlich ist es auch hier den Missionaren möglich gewesen, wenigstens das Leben zu retten. Tie im Süden Chinas aufge tretene Bewegung soll große Aehnlichkeit mit dem Boxer aufstand des vorigen Jahres in Tschili bieten. Das wäre schlimm, denn der damalige Aufstand hatte doch eine gewaltige Ausdehnung und wurde mit größter Energie durchgeführt. Bisher ist es freilich nicht ge lungen, den südchinesischen Aufstand, der sich vornehm lich gegen die Missionare richtet, zu ersticken. Afrika. In der englischen Presse will man im Allgemeinen noch nichts von Friedensverhandlungen mit den Buren wissen, sondern beharrt trotz der dutzendweise» Enttäuschungen bei dem Glauben, daß die Unterwerfung der Buren in nicht allzuferner Zeit erreicht werden würde. Kitchener habe jetzt freie Hand in der Kriegs leitung, so schreibt ein Londoner Jingoblatt, und auch seinem Verlangen nach Truppenverstärkungen werde bereits Folge gegeben. Zunächst werde eine ansehnliche Truppe berittener Infanterie abgesandt werden, der nöthigenfalls drei britische Reiterregimenter folgen würden. Monatlich würden 8000 Pferde eingeschifft werden. Wahrscheinlich würden auch Canada und die australischen Colonien angegangen werden, weitere beritteneContingente zu stellen. Die neuen berittenen Truppen würden die müde Infanterie ablösen. Die englische Nation glaubt selbst nicht an diese Zukunftsmusik, die zu ihrer Be ruhigung angestimmt wird. Könnte England soviele Truppen und Pferde nach Südafrika schicken, wie es meinnicht correspondirte? Für den Fall aber, daß diese Vergißmeinnicht (die geeignetste Blume, vor einer Ab reise zu spenden) doch von Tilda stammten, mußte er den Gruß irgendwie erwidern. Wieder nach Zinndorf zu gehen, dazu hatte er keinen Anlaß, denn niemand hatte ihn dazu aufgefordert, und er empfand auch keine Sehnsucht danach. So verfuhr er in folgender Weise: Zu Hause angelangt, flocht er eigenhändig ein kleines Kränzchen aus in Gartcntöpfen gezüchteten Stiefmütter chen, auch eine sprechende Blume: — die beste Antwort auf Vergißmeinnicht: „ich denke Dein!" — und schickte es durch einen Boten an Gräfin Gahlis. War sie die Spenderin des lichtblauen Grußes, so würde sie den dunkelvioletten Gegengruß schon verstehen; war sie's nicht, nun, dann nahm sie die Sendung ein fach als Huldigung auf. Jetzt fühlte Bolton das Bedürfniß, mit seinem Freunde Trahlen zu plaudern; so setzte er sich denn hin und schrieb folgendes nieder: „Berghaus, im Rosenmonat (14.) 1889. „Machen Sie sich diesmal auf einen recht lang weiligen Brief gefaßt, mein Bester. Denn ich schicke voraus, daß ich ihn mehr meinet- als Ihretwegen schreibe. „Ich muß trachten, mit mir ein wenig ins Klare zu kommen, und das bewerkstellige ich wohl am besten, wenn ich meine Wirren schriftlich vortrage und mir da bei einen aufmerksamen Leser denke (als der Sie her halten müssen), dem ich das ganze selige Mysterium auseinandersetzen müßte. — Nun denn, hören Sie: „Nein! — Vorerst will ich Ihnen noch eine Nach richt mittheilen, die sie persönlich interessirt: Gräfin Tilda Gahlis reist morgen nach Paris und wird Sie dort von ihrer Ankunft verständigen. Ich habe allen Grund, zu glauben, daß die hübsche Wittwe, deren Lob Sie mir übrigens so lebhaft gesungen haben, für Sie schwärmt — also: Habt acht! hier angekündigt wird, dann entsteht doch von selbst die Frage, warum das nicht schon lange geschehen ist, denn nöthig war es doch schon lange. Ebenso ist es mit den Hoffnungen und Wünschen beschaffen, die von der KhakibegeistertenLondonerPresse über den voraussichtlichen Gang der Kriegsereigniffe zum Ausdruck gebracht werden. Da heißt es, im Südosten Transvaals vollziehe sich gegenwärtig eine große Truppenbewegung der Engländer unter Leitung des Generals Lyttleton behufs Einschließung der Buren. Es sei zwar zu fürchten, daß sie eine weitere Concentrirung vermeiden würden. Das HauptcorpS unter General Botha befinde sich jedoch innerhalb des britischen Cordons und werde also sicherlich gefangen genommen werden. Ein Einfall in Natal scheine durch die schleunige Operation Lord Kitcheners verhütet worden zu sein, ein Burencommando stehe allerdings noch dicht an der Grenze, ein anderes sei bei dem Versuche, diese zu überschreiten, zurückgeschlagen worden. Also auch hier nirgends etwas von einem wirklichen Erfolge der Engländer; alles nur Worte, und nichts als Worte! Daß Botha die geglaubte Einschließung gerade so glänzend vereiteln wird, wie es seiner Zeit Dewet gethan, be zweifeln wir keinen Augenblick. Aus dem Mnldeuthale. *Waldenburg, 8. Octobcr. Es sind nur wenige Tinge, die vor den strengen Augen eines modernen Hygienikers volle Gnade finden; zu diesen gehört aber in erster Linie frisches Obst, vorausgesetzt, daß es ge schält ist. Der Gehalt an Wasser ist im Obst stets be trächtlich, denn die meisten Sorten bestehen zu ^/z da raus. Tas Obst ist also berufen, eine wichtige Rolle als Durststiller in der Ernährung des Menschen zu spielen. Wer viel Obst ißt, braucht ohne Zweifel weniger zu trinken, und der reichliche Obstgenuß ist zur Befriedi- digung des Durstes besonders zu empfehlen, weil die Früchte die begehrte Flüssigkeit in einem ganz besonders feinen Geschmack darbieten. Ferner reizt das Obst, ob gleich es Von geringem Nährwerth ist, den Appetit und fördert die Verdauung. Ueberdies ist der Saft von frischgeschnittenem Obst völlig frei von Bakterien und die Fruchtsäuren haben auch die Neigung, krankhciterregende Keime in ihrer Entwickelung zu hemmen. Im Be sonderen ist das Obst zur Heilung von Skorbut von größter Wichtigkeit. Meist sind die Pflanzensäuren noch mit etwas Kali verbunden, so daß eine Obstkur dem Blut die gesunde alkalische Mischung erhält und der Ablagerung von Säuren in den Geweben entgegen wirkt, wie sie bei verschiedenen Krankheiten, z. B. der Gicht, erfolgt. Pfirsiche und ihre Abart, die Nektarinen, enthalten nur eine verschwindende Menge Von Zucker, so daß sie für Gicht- und Zuckerkranke ein ausgezeichnetes Genußmittel bilden. Während die meisten Menschen beim Genuß von Flüssigkeiten in ihrem Durst kein Maß zu halten verstehen und infolgedessen danach an übermäßiger Ausdünstung und einer unbehaglichen Empfindung leiden, kann das Verzehren von Obst nur gesunde Folgen für den körperlichen Zustand haben und vermag doch den Bedürfnissen ebenfalls vollkommen zu genügen. *— Der sächsische Landtag wird, wie wir aus bester „Jetzt kommt meine Angelegenheit — auch in Liebes sachen. Was sagen Sie dazu? Seit zehn Jahren haben Sie Ihren fleißigsten Correspondenten an mir," und in dem ganzen Briefwechsel blieb das schöne Ge- schlecht aus dem Spiele, obschon ich die Zeit über ein noch junger Mann war, der mitten im Weltgetriebe gelebt. Und jetzt, da ich als freiwilliger Greis in frei willige Weltabgeschiedenheit mich begeben habe, trage ich mich mit einem Liebestraum — — was sage ich,einem-, es sind der Liebesträume zwei, auch drei, wenn man will. Mit dem Gegenstand des ersten tausche ich Er klärungen in der Blumensprache — glaube bald, daß »sie- mich haben will, wogegen ich mich zur Wehr setze — bald, daß sie gar nicht an mich denkt, was mir un angenehm ist, was mir aber um so wahrscheinlicher er scheint, als sie meine Nähe verläßt. Der zweite Traum gilt einem Wesen, das — gar nicht existirt, der dritte einem Wesen, deffen ich mich nicht erinnern kann. „Ich bitte, aus allem diesen nicht etwa zu schließen, daß ich übergeschnappt sei. In normaler Geistesver- fassung ist auch ein einfach verliebter Mensch nicht — für einen dreifachen ist daher desto mehr Nachsicht am Platze. „Ueber Nummer 1 gehe ich hinweg — es ist ein zu gewöhnlicher Fall. Zweifeln und schwanken, ob man von einer koketten Frau geliebt werde, oder ob man sie selber liebt, ob man sich von ihr zurückziehen oder ihr zusetzen solle: das kommt häufig vor. Merkwürdiger ist schon die Schwärmerei für das Frauenbild, das gar nicht existirt. Sie kennen das Schicksal des Prinzen Tamino in der ,Zauberflöte-? Er verliebt sich sterblich in das Miniaturporträt einer Prinzessin, aber ihm steht doch die Möglichkeit offen, das Original zu suchen und zu finden. Ich hingegen bin durch ein Bild bezaubert worden, das zwar lebend, aber nicht — wirklich war. (Fortsetzung folgt.)