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trachte, wo dem Mädchen erst Vieles verständlich werde, was^einer weiteren und vorsichtigen Ausbildung bedürfe. M Oesterreich-Ungarn. Bei den Wahlen zum ungarischen Abgeord netenhaus pflegt es lebhaft zuzugehen, tüchtige Schlä gereien, bei denen der Stock und auch das Messer, wenn nicht gar der Revolver, eine Rolle spielen, gehören zu dem eisernen Bestand der jede Wahl begleitenden Er scheinung. Auch bei den diesmaligen Wahlen ist es nicht anders, und es wird von einer ganzen Reihe von Wahlausschreitungen blutiger Art gemeldet, zu deren Beilegung die Gendarmerie mit der Waffe einschreiten mußte. So unfriedlich und häßlich aber die Agitation und der Wahlact selbst, so günstig ist das Wahlresultat. Denn wenn auch das endgültige Ergebniß officiell erst in einigen Tagen festgestellt werden kann, so ist doch bereits ein» starke, etwa der gesammten parlamen tarischen Vertretung ausmachende regierungsfreundliche Mehrheit als das Ergebniß der Wahlen zu betrachten. Belgien. Trotz des Beschlusses, in einen allgemeinen Ausstand nicht einzutreten, gewinnt die Streikbewegung unter den belgischen Grubenarbeitern in allen Kohlenberg werken am linken Ufer des Maasflusses an Ausdehnung. Die Zahl der Ausständigen wird jetzt auf 10,000 geschätzt. Afrika. Lord Kitchener scheint bereits die Ermächtigung in Händen zu haben, in Südafrika nach freiem Belieben zu schalten, denn nur so erklärt sich die Execution, die an den früheren dritten Staatsanwalt der Trans- vaalrepublik, Broeksma, vollzogen wurde, der wegen angeblichen Hochverraths standrechtlich erschossen wurde. Diese Execmion wird von deutschen Zeitungen als ein englischer Justizmord bezeichnet, da Beweise für die Schuld Broeksma's nicht zu erbringen gewesen sind. Aber selbst dann, wenn solche Beweise vorhanden wären, so daß formell Hochverrath vorläge, so könnte hier doch nicht mit dem gewöhnlichen Maße gemessen werden. Broeksma war, wie die „Nat.-Ztg.", hervorhebt einer der tüchtigsten, erfahrensten und wohlmeinendsten Beamten des Burenregimes, er wurde erschossen, weil er der Vermittler zwischen den im Felde stehenden Buren und Dr. Leyds und Dr. Krause gewesen ist. Broeksma hat als Bur den Buren zu nützen gesucht; aller Wahrschein lichkeit nach ist seine Vermittelung für die Herren in Holland wie für die Sache der Buren nicht einmal von großer Bedeutung gewesen, denn wenn es ihm selbst gelungen wäre, Dr. Leyds mit wichtigen Nachrichten zu versehen, so hat Broeksma mit den kämpfenden Buren doch schwerlich Fühlung haben können. Militärisch hat «r den Engländern durch seine Vermittlerrolle sicherlich nicht zu schaden vermocht; ebenso wenig wie vr. Krause, dessen Position nun auch für gefährdet gelten muß. Nur zwei Gründe können für das Vorgehen der Eng länder maßgebend gewesen sein; entweder sie trauen den in Holland befindlichen Buren-Diplomaten einen sehr großen Einfluß auf die Entwickelung der Tinge in Südafrika zu, oder sie haben den Buren, die noch im Felde stehen, einen demonstrativen Beweis ihrer Energie und ihres Stärkegefühls geben wollen. Unter den heutigen Verhältnissen ist jedoch weit eher zu er warten, daß nun auch die Buren an den in ihren Händen befindlichen englischen Gefangenen blutige Rache nehmen, als daß sie von den weiteren Kämpfen abge schreckt würden. Die Brüsseler Transvaalgesellschaft erklärt aufs ent schiedenste die Angabe, daß der Vicepräsident Trans vaals Schalk Burg her im Briefwechsel mit Kitchener irgendwelche Friedensanträge stellte, für falsch. Lord Kitchener schickte dem Vicepräsidenten persönlich ein Exemplar seiner Proclamation, worauf Schalk Burgher erwiderte, diese werde wirkungslos bleiben, weil die Buren ohne die Gewähr der vollsten Unabhängigkeit die Waffen nicht niederlegen. Tie Londoner Presse kann eine schwer gedrückte Stimmung nicht verbergen, da ihr dis Unzuverlässig keit und Schönfärbung der Kitchenerschen Kriegsberichte nicht entgehen kann. Zuverlässige Berichte lassen er kennen, daß auch die Schlacht bei Moedwill mit einer vollen Niederlage der Engländer endigte. Wie wenig die Engländer Herren der Bahnen und damit der Verpflegung sind, beleuchtet folgende „Times"- Meldung: Lord Kitchener konnte die Rückkehr der Civilbevölkerung nach dem Transvaal nicht zulaffen, weil er sich, im Falle die Buren die Zerstörung von Zügen wieder beginnen sollten, plötzlich verpflichtet sehen könne, nicht nur sein Heer, sondern eine zahlreiche Civilbevölkerung zu ernähren, während seine Bahnen zerstört wären. Es ist zwischen den Zugführern und Schaffnern und den zugzerstörenden Buren nun ein still schweigendes Uebereinkommen gewesen, daß, so lange gewisse Lebensmittel wie Kaffee, Zucker und Mehl an einer bestimmten und geeigneten Stelle der Strecke niedergelegt wurden, diese bestimmte Strecke der Linie nicht beschädigt werden würde. Und die Burghers haben niemals ihr Wort gebrochen, wenn die Bedingungen erfüllt wurden. Londoner Blätter erblicken in dieser Sachlage selbst den Beweis dafür, daß die Buren mit den Briten spielten und daß das Schicksal des britischen Heeres in ihrer Hand liege. In Londoner militärischen Kreisen wird die Lage in Südafrika im Lichte der letzten Kitchenerschen Depeschen äußerst pessimistisch aufgefaßt. Man hebt hervor, daß die Buren bei allen gemeldeten Gefechten die An» greiser waren und daß die Gefechte stets mit dem Rückzüge der Engländer endeten, so wahrscheinlich auch bei Moedwill, wofür die großen Verluste der Engländer und der Umstand sprechen, daß sie ihre Verwundeten nach dem rückwärts gelegenen Rustenburg schaffen mußten. An der Grenze von Nord-Natal und Zululand werden eiligst britische Truppen concentrirt, woraus ersichtlich wird, daß die Behörden durch Bothas Operationen über rascht und voller Bestürzung sind. Amerika. Sollte auch die Regierung der Vereinigten Staaten mit wirksamen Mitteln gegen den Anarchismus zurück halten, die Bürger des freien Amerika wollen von der Vogelfreiheit des Lebens und der Freiheit des „Erz anarchisten" Most nichts wissen, sondern bekämpfen den Anarchismus auf ihre Weise so gut sie können, und man muß sagen, mit befriedigendem Erfolg. So wurden, wie der „Frankf. Ztg." gemeldet wird, Hunderte von Menschen wegen ungehöriger Aeußerungen in Ver- bindung mit dem Attentat auf Mac Kinley hinter Schloß und Riegel gebracht. In Brooklyn wurde ein deutscher Socialist, der seinen Laden nicht schwarz drapirt hatte, von einem „Comite" von Bewohnern der Nachbarschaft besucht, das ihn aufforderte, das Versäumte schleunigst nachzuholen, andernfalls man zu „anderen Mitteln" greifen werde. Ans dem Mnldenthale. "Waldenburg, 4. October. Gestern Nachmittag gegen 2 Uhr wurde Ihre Erlaucht Gräfin Joachim von Schönburg-Glauchau von einem Sohne glücklich ent bunden. Die Freudenbotschaft wurde in Glauchau durch Böllerschüsse und Choralblasen vom Kirchthurme bekannt gegeben. * -— Gestern Abend kurz vor ^8 Uhr wurde hier n südöstlicher Richtung ein hellleuchtendes Meteor be obachtet. Der ganze Himmel war durch die Erscheinung sell erleuchtet. Tas Meteor zerplatzte anscheinend in zwei Theile, die sich roth glühend nach der Erde zu allend weiter bewegten. * — Nach Mittheilung des meteorologischen Instituts in Chemnitz ist in der dritten Tecade des Monats September im ganzen Königreich Sachsen kein Regen gefallen. Nach Falb sollten vom 18. September an bis zum 23. sehr reiche Niederschläge und vom 28. (kritischer Tag 1. Ordnung) erneute ziemlich starke Regcnfälle eintreten. Vom 1. bis 6. October sollte das regnerische Wetter anhalten. * — Der Wasserstand der Flüsse hat unter der an haltend trockenen Witterung sehr zu leiden. Hauptsäch lich haben die trockenen Ostwinde, die in den letzten Wochen herrschten, die starke Austrocknung der Fluß betten mit sich gebracht. Die Wälder sind ebenfalls ehr ausgetrocknet, sodaß auf einen Zufluß von dort ncht gerechnet werden kann. * — Beim Ausstreuen chemischen Düngers ist große Vorsicht für die damit beschäftigten Leute geboten. Ge ringe und wenig beachtete Verletzungen an den Händen jaben zu Blutvergiftungen geführt, die ernste Folgen nach sich zogen. Aber auch die Augen sind bei ent gegenkommender Luftströmung gefährdet. Tas Tragen von Schutzbrillen ist zu empfehlen. Das sächsische Landtagswahlsystem scheint dem Präsidenten des socialdemokratischen Parteitages, dem Abg. Singer, ein Buch mit sieben Siegeln zu sein, wie olgende heitere Episode beweist, die sich am Donnerstag auf dem socialdemokratischen Parteitage zugetragen hat: Präsident Singer erhebt sich und greift zur Glocke: es tritt lautlose Stille ein: Genossen! Ich bin in der angenehmen Lage, dem Parteitag von einem groß artigen Erfolg unsrer sächsischen Genossen Mittheilung machen zu können. Soeben meldet uns ein Telegramm aus Löbau i. S., daß bei den heutigen Landtags wahlen unsre Parteigenossen zwei Wahlkreise erobert und in vier Wahlkreisen in die Stichwahl gekommen ind. (Stürmischer, minutenlanger Beifall, Jubel und Händeklatschen.) — Abg. Geyer-Leipzig stürzt aufgeregt zum Präsidententisch, ausrufend: „Aber das ist ja Un inn, Blödsinn!" (Es entsteht eine peinliche Pause.) — Singer: Der Jubel war, wie mir soeben mitgetheilt wird, ein wenig verfrüht. Es handelt sich zunächst nur um das Ergebniß der dritten Wählerabtheilung. Hoffen wir aber, daß das ein gutes Omen sei. (Schallende Heiterkeit.) * — In Zwickau erscheint seit 1. d. eine von Herrn )r. Heinrich Spindler daselbst begründete neue Monats chrift: „Unsere Heimat." Sie will beitragen zur Ver breitung und Vertiefung der Kenntniß des Erzgebirges wie des Vogtlandes; sie will „nicht nur die Liebe der Einheimischen zu der Scholle, auf der Vater und Groß vater gesessen, wach halten und stärken, sondern auch neue Freunde und eifrige Besucher unserer herrlichen, von dem Strome reiselustiger Fremden noch zu wenig berührten, waldumrauschten Berge und Thäler gewinnen helfen." Das Heft enthält u. a. ein Gedicht von Anton Ohorn: Heimat. Gruß an das Erzgebirge. Von Hugo Christof Heinrich Meyer: Ein altes Hammerwerk im Erzgebirge. Anton Ohorn: Bruder Erwin. Eine Chem nitzer Klostergefchichte. Or. Ludwig Grimm: Vom 8. Ruinenfest zu Elsterberg. L. Riedel: „Mei Vugtland." Gedicht. Dr. Arthur Prüfer: Johann Hermann Schein. Or. C. Pfau: Vom Colditzer Heimatsfest. L. Bartsch: Tie Gründung der Stadt Buchholz. Eine Reihe von Bildern trägt zur Belebung des Inhalts wesentlich bei. Dem Unternehmen, das in seiner vornehmen Ausstattung einen guten Eindruck macht, rufen wir ein herzliches „Glück auf!" zu. *— Die im Jahre 1900 in Sachsen erhobenen in- directen Steuern (Zölle und Verbrauchssteuern) betrugen 71,238,548 Mk. und blieben gegen das Jahr 1899 um 102,315 Mk. zurück. Den Hauptantheil an diesen Steuern hat der für das Reich erhobene Eingangszoll, der nahezu 45 Mill. Mk. erbrachte, dann folgt die Branntweinsteuer mit rund 10,5 Mill. Mk. und die Brausteuer mit rund 4,5 Mill. Mk. Die für Sachsen zur Erhebung kommende Schlachtsteuer brachte mit den verschiedenen Nebenabgaben 5,748,789 Mk. ein. — Von den Zwickauer Kasernenneubauten ist nun auch die letzte Bataillonskaserne unter Dach und Fach gebracht. Am 1. Juli nächsten Jahres wird das Ge bäude bezogen werden. — Ter 18jährige Lehrling Tuflcr in Zwickau ver übte am Donnerstag Vormittag auf den Meister in der Fabrik von Negelin u. Hübner einen Mordversuch mittelst Revolvers, worauf er sich selbst tödtete. Der Meister ist tödtlich verletzt. Aus dem Sachseulande. — Abermals geht ein großes Familiendoppelwohn haus des Dresdner Spar- und Bauvereins an der Leipziger Straße daselbst seiner Vollendung entgegen. In dieses sind 36 Familienwohnungen mit 7 Läden und 5 Werkstätten eingebaut worden. Ter Verein hat nunmehr 123 billige Wohnungen im Preise von 194 — 450 Mk. geschaffen. — In Folge schlechten Geschäftsganges haben sich mehrere Dresdner Gastwirthe entschlossen, die Preise der Biere erheblich herabzusetzen. — Ter am 10. Februar verstorbene Dr. tfisol. st pfiil. Max Krenkel in Dresden hat dem Gemeinnützigen Verein daselbst für seine Feriencolonien 9000 Mk. letzt willig hinterlassen. Universalerbe war der Verein „Volkswohl". — Die Folgen der wirthschaftlichen Krise machen sich in Dresden und in der Umgebung in immer beäng stigenderer Weise bemerkbar. Sehr viele Fabriken haben ihre Arbeiterschaft bis auf ein Viertel des ehemaligen Bestandes entlassen oder ihre Thore überhaupt geschlossen. Viele Hunderte von Familienvätern sind jetzt brotlos geworden. — Es ist ein „Pfarrverein" für die Geistlichen des Königreichs Sachsen in der Bildung begriffen. Der selbe hat sich u. A. neben der Pflege kollegialer Inter essen auch die Erzielung billigerer Einkaufspreise zur Aufgabe gestellt. Wie verlautet, beabsichtigt der Schutz verband für Handel und Gewerbe in Mitteldeutschland, Sitz Leipzig, sich mit einer Eingabe an das Landes- consistorium zu wenden, in welcher dasselbe gebeten wird, auf den Verein dahingehend einzuwirken, daß von dem hier angegebenen Ziele Abstand genommen werde, weil der Handels- und Gewerbestand darunter leiden würde. — Tas „CH. Tgbl." veröffentlicht die Tabelle der im 3. Quartal dieses Jahres aus dem Consulatsbczirk Chemnitz nach den Vereinigten Staaten von Nord amerika ausgeführten Waaren. Dieselben belaufen sich auf 1,274,223 Doll, gegen 1,391,371 Doll, im selben Zeitraum des Vorjahres. Mithin Abnahme: 147,148 Dollars. — Die Freie Vereinigung Evangelischer Arbeiter vereine im Königreich Sachsen hält am 6. d. in Chem nitz eine Delegirten-Versammlung ab. Am Abend findet in Verbindung mit dem Stiftungsfeste des Chemnitzer Vereins ein Familienabend statt, bei welchem die Herren Superintendent Fischer, Archidiaconus Lötze, sowie der Vorsitzende des Evangelischen Arbeitervereins Dresden-Ost, Herr Archidiaconus Reichel, Ansprachen halten werden. Die Mitgliederzahl der Freien Vereinigung, der außer kleineren vier der größten sächsischen Vereine angehören, beträgt zur Zeit etwa 4300. , Als unverrückbares Ziel tellt diese Vereinigung auf, die Evangelischen Arbeiter vereine in den alten bewährten Bahnen zu erhalten. — Am 1. October erfolgte in Burgstädt durch eine chlichte Feier die Einweihung des neuen Postgebäudes. Dasselbe liegt an der Ecke der Bahnhof- und Mittweidaer- Straße und hat eine Gesammtlänge von 29 Metern. — Der Handelsmann Blitz aus Hohevftein-Grust- thal, der vor einigen Wochen nach Brasilien auswanderte und der nach umlaufenden Gerüchten unterwegs mit Tode abgegangen sein sollte, ist dieser Tage nach Hohenstein-Ernstthal zurückgekehrt, um seine Familie nach Brasilien nachzuholen. Wie Herr Blitz mittheilte, hat