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Bruder des Reichskanzlers, der in Lugano als Privat mann lebt, hat einer Meldung der „Volksztg." zufolge der chinesischen Gesandtschaft in Basel einen Besuch ab gestattet, worauf alsbald ein längeres Telegramm nach Berlin abging. Graf Bülow, der Reichskanzler, hat darauf Berlin verlassen und sich wieder nach Norderney begeben, von wo er zur Kaiserbegegnung nach Danzig geht. Man schließt auch daraus, daß die Kotau-Frage gelöst ist. MBei der Reichstagsersatzwahl in Neuwied-Alten kirchen wurde an Stelle des im Mai verstorbenen bisherigen Vertreters des Kreises, Bender (Ctr.), der Candidat des Centrums Krupp gleich im ersten Wahl gange mit großer Majorität gewählt. Aus Anlaß der Ruhrseuche unter den Mannschaften des preußischen Gardecorps schreibt das „Berl. Tgbl.": Tie gar zu häufig noch vorkommenden Massenerkrankungen beim Militär sollten Anlaß geben, insbesondere das Kantinenwesen auf das Strengste zu überwachen. Bei Kantinenlieferungen wird von den Gewerbetreibenden lebhaft über Preisdrückerei geklagt, unter der die Güte der Waare leiden müßte. Auf dem Jnnungstage, der am 8. September und den folgenden Tagen in Gotha stattfindet, wird die Erörterung der Frage: „Welcher Betrieb ist auf Grund der Jnnungsgesetzgebung als fabrikmäßiger oder handwerksmäßiger anzusehen" bezüglich ihrer Be deutung für das deutsche Handwerk die erste Stelle ein nehmen. ES werden in der Versammlung eine Reihe von Anträgen gestellt werden, in denen zunächst die Entscheidung der Gerichte über die Frage als der Ten denz der Jnnungsgesctze, widersprechend bezeichnet wird, da sie nicht nur jede gesunde Bildung von Zwangs- innungen unmöglich mache, sondern auch die Grundlagen der gesammten gewerblichen Erziehung auf das tiefste erschüttere. Dadurch werde die Leistungsfähigkeit des deutschen Handwerks ebenso erschüttert, wie die der deutschen Industrie überhaupt. Unabhängigkeit von England im überseeischen Ver kehrswesen wird von den deutschen Gesellschaften in anerkennenswerther Weise und mit größter Bereitwillig keit zu den dafür erforderlichen Opfern angestrebt. Wir haben ein eigenes Kabel mit Amerika und sind daher auf Englands Unterstützung nicht mehr angewiesen. Unsre Schifffahrt hat sich bezüglich des Schiffsbaues vollkommen unabhängig von England gemacht, sich von dem englischen Zwischenhandel zu befreien, ist jetzt ihr ernsthaftes Bemühen. Wie der „Franks. Ztg." gemeldet wird, steht unter Führung der Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Gesellschaft die Gründung einer Kohlendepot gesellschaft in Port Said bevor. Es handelt sich dabei um eine Genossenschaft, die deutsche Rhedereien bilden wollen, um sich vom englischen Zwischenhandel unab hängig zu machen. Die betheiligten Rhedereien beab sichtigen, in Port Said ein Kohlenlager zu halten, das für den Bedarf ihrer Schiffe vollständig ausreicht. Auch für andre wichtige ausländische Kohlenhäfen wollen Hamburger und Bremer Rhedereien deutsche Tepotgesell- schaften demnächst ins Leben zu rufen. Frankreich. Das officielle Programm für den Zarenbesuch ist nunmehr, nachdem der Kaiser Nicolaus in Kopen hagen eingetroffen, veröffentlicht worden. Ein Doppeltes interessirt daran: Graf Lambsdorff, der leitende russische Minister, begleitet den Zaren nicht nach Frankreich, ein Besuch des Zarenpaares in Paris findet nicht statt. Dieses Deficit können alle Begrüßungsansprachen und Freundschaftsversicherugen nicht ausgleichen. Es wird in ganz Frankreich aufs schmerzlichste empfunden, daß der Zar von einem Besuche der Hauptstadt des Landes Abstand nimmt, und die Politiker sind wie aus den Wolken gefallen, daß Graf Lambsdorff sich nicht bei dem Zaren befinden wird; wird dadurch doch jede Hoffnung auf weitere politische Abmachungen zwischen Len beiden befreundeten und Verbündeten Nationen hin fällig. Türkei. Der Säckel der türkischen Regierung ist, wie man weiß, immer schlaff und leer, die Beamten und Militärs harren vergeblich auf ihre Gelder. In Uesküb ist es des wegen zu einer Militärrevolte gekommen; Offiziere und Mannschaften, die seit Monaten keinen Sold er halten haben, überfielen den kaiserlichen Steuereinnehmer, mißhandelten ihn und erzwangen die Herausgabe des vorhandenen Geldes. So meldet man über Belgrad. Asten. In Persien ist der Teufel los. Der Schah bekommt täglich ganze Stöße von Drohbriefen, über die Haupt stadt des Landes, Teheran, ist der Belagerungszu stand verhängt worden, über die Ergreifung der Rädels führer der Bewegung ist vom Großvezier, gegen den sich die Bewegung hauptsächlich richtet, eine Belohnung von 5000 Tuman ausgesetzt worden. Ueber die ver wickelte Lage erfährt die „Köln. Ztg." im Einzelnen Folgendes: In Persien ist man einer weit verzweigten revolutionären Bewegung auf die Spur gekommen, die aus einer heftigen Verstimmung gegen die Regierung hervorgegangen ist. Es heißt im Volk, die Regierung verhandle mit Rußland wegen Aufnahme einer russischen Anleihe, und der Großvezier betriebe die Geschäfte Rußlands. Aus der Umgebung des Schahs ist die Aufhetzung der Massen hervorgegangen, die einen so gewaltigen Erfolg gehabt hat, daß zur Sicherung des Hofes und der Regierung der Belagerungszustand über die Hauptstadt verhängt werden mußte. Im Volke sagt man, der Großvezier habe den Norden Persiens bereits an Rußland verkauft und suche nun auch den Süden des Landes zu verschachern. Unter dem Vorgeben, Reformen einzuführen und Wegeverbesserungen vornehmen zu wollen, fülle der Großvezier seine eigenen Taschen. Ein Firman des Schahs fordert zur Ergreifung der Unruhestifter aus, zu welchem Zweck der hart ange klagte Großvezier die oben genannte Belohnung aus gesetzt hat. Afrika. Wie genügsam die Engländer schon geworden sind, beweist folgender Umstand. Lord Kitchener hatte gemeldet, das bei einer großen Operation, die vom 4. bis 20. August quer durch den Oranjefreistaat gemacht worden war, 42 Buren, wahrscheinlich zum Theil fried liche Bauern, gefangen genommen worden waren. Tas heißt pro Tag 3 Buren, und da an der großen Operation 6 Regimenter theilgenommcn hatten, für jedes Regiment täglich ein halber Bur. Das ist doch wahrhaftig nicht viel, und trotzdem hat Lord Kitchener seine Meldung nicht nur als Sicgrstelegramm abgesandt, sondern es ist als solches auch in England ausgenommen worden. In der That, John Bull ist sehr genügsam geworden. Lord Kitchener hatte von einem Zug-Ueberfall Seitens der Buren gemeldet, der sich auf einer Linie des nordöstlichen Transvaals zugetragen hatte und mit- getheilt, daß die Buren in dem Kampfe um den reich gefüllten Proviantzug den Oberst erschaffen hätten, der die Begleitmannschaft des Zuges commandirte. Der Generalissimus gab an, von weiteren Verlusten der Eng länder nichts zu wissen. Jetzt meldet er, daß außer dem Obersten 9 Mann gefallen und 17 verwundet worden seien, die gesammte Bedeckung des Zuges habe aus 45 Mann bestanden. Da sind also über die Hälfte aller Engländer von Burenkugeln getroffen worden, während von den Buren selbst auch nicht ein Mann verwundet oder getödtet worden zu sein scheint. Ueber den von den Engländern in den sogenannten Concentrationslagern verübten Massenmord giebt folgende Standard-Meldung Auskunft: Ende Juli be fanden sich in den Concentrationslagern Transvaals 62,479 Personen, darunter rund 23,000 Frauen und 28,000 Kinder. Bis Ende Juli waren 1067 Personen gestorben, darunter 860 Kinder. Auf diese Weise ent ledigen sich die Engländer ihrer Feinde, besonders auch für die Zukunft, und bewirken die gänzliche Ausrottung des Burenvolkes, um von dessen Lande Besitz zu er greifen. Es ist natürlich zweifellos, daß die Sterblich keit in den Lagern eine zehnmal geringere sein würde, wenn die Engländer, wie es den Gefangenen gegenüber ihre Pflicht wäre, für deren Unterhalt sorgten. Können sie das nicht, dann hätten sic die Burenfamilien auf ihren Farmen lasten sollen. Jedenfalls sind derartige zum Himmel schreiende Grausamkeiten in der Weltge schichte unerhört, und es ist geradezu jammervoll, daß Niemand die Hand gegen ein so schändliches Treiben erhebt und das heldenhafte Burenvolk von seinen Peinigern befreit. Ter einzige Trost in diesem Leiden ist, daß den Engländern aller Wahrscheinlichkeit nach ihre Gewaltthätigkeiten doch noch werden vergolten werden, und daß ihre Macht in Südafrika eines Tages zusammenbrechen wird. Tie vorzügliche Haltung der Buren berechtigt zu dieser Hoffnung. Aus dem Kaplande meldet Lord Kitchener garnichts mehr. Da hat sich auch Wochen lang schon nichts mehr zugetragen, was dem Generalssimus der Meldung Werth erscheinen könnte. Im Südosten und Südwesten der Colonie sind die Buren siegreich bis zur Meeres küste vorgedrungen, unterstützt von den sich ihnen in immer größerer Zahl anschließenden Kapholländern. Da darf man eines Tages auch noch die Nachricht er warten, daß die Buren einen Angriff auf Kapstadt selbst gemacht und die Hauptstadt der Colonie im Sturme genommen haben. Aus dem Muldenthale. "Waldenburg, 3. September. Ihre Durchlauchten die Prinzen Sigismund und Friedrich von Schönburg- Waldenburg haben Schloß Lichtenstein gestern wieder verlassen, um sich nach Schloß Pomssen zurückzubegeben. *— Ter hiesige König!. Sächs. Deutsche Kriegerverein beging am gestrigen Abende im Rathhaussaale die Feier seines 31. Stiftungsfestes, bestehend in Concert und Ball, und verband damit zugleich eine Sedanfeier. Das Concert ward von der hiesigen Stadtkapelle unter Leitung des Herrn Musikdirector Heinrich zur Ausführung ge bracht und fand dasselbe den lebhaften Beifall seitens der Anwesenden; besonders war dies der Fall bei der Polka- Mazurka „Herzklopfen" für Xylophon von Riedel. Auch das große Tongemälde „Kaifer Wilhelm der Große" von Eilenberg fand aufmerksame Zuhörer. An Stelle der durch Trauer abgehaltenen beiden Vorsteher hieß Herr Maler Röder die Erschienenen herzlich willkommen und knüpfte daran ein Hoch auf Ihre Majestäten König Albert und Kaiser Wilhelm. Herr Cantor Uhlig widmete ein Hoch dem hohen Fürstenhause Schönburg und Herr Seminaroberlehrer Streubel brachte in längerer Aus führung einen Trinkspruch auf den Deutschen Krieger verein aus. Von dem Ehrenmitgliede des Vereins, Herrn Oberamtsrichter Bamberg war ein Glückwunsch telegramm eingegangen. Tie Feier endete mit einem fröhlichen Tänzchen. * — Gestern Vormittag zog durch unsere Stadt das gesammte 18. sächsische Manen-Regiment, um in Glauchau und Umgegend Quartier zu beziehen. Vorher war dieser Truppentheil in der Gegend von Wechselburg einquartiert gewesen. * — Nach Mittheilung des meteorologischen Instituts in Chemnitz betrug die Niederschlagsmenge in der dritten Decade des Monats August im unteren Thale der Zwickauer Mulde 9 mm (normal 21), im mittleren 6 (normal 24) und im oberen 9 (normal 26). * — Sehr stark wächst in Sachsen die Zahl der Bienenstöcke, ein Beweis für den guten Erfolg, mit welchem die bienenwirthschaftlichen Vereine thätig sind und die Ausbreitung der Imkerei zu fördern suchen. Man zählte am 10. Januar 1883: 53,756, 1. Dec. 1892: 57,662 und am 1. Dec. 1900: 75,736 Bienen stöcke. Ganz besonders stark vermehrt haben sich dabei die Bienenstöcke mit beweglichen Waben, denn es be fanden sich solche unter der angegebenen Zahl im Jahre 1883: 21,870, 1892: 28,329, 1900: 44,878. * — Für den im laufenden Jahre einzuberufenden ordentlichen Landtag sind zur II. Kammer der Stände versammlung a) im 2. und 3. Wahlkreise der Stadt Dresden, im 2. und 4. Wahlkreise der Stadt Leipzig, im 2. Wahlkreise der Stadt Chemnitz, im 1., 3., 5., 9., 13., 16. und 20. städtischen Wahlkreise, sowie im 1., 2., 4., 5., 6., 9., 12., 14., 15., 31., 32., 36., 41., 42. und 44. Wahlkreise des platten Landes in Folge verfassungsmäßigen Ausscheidens der bisherigen Abge ordneten Ergänzungswahlen, sowie b) im 14. und 21. städtischen Wahlkreise und im 10. Wahlkreise des platten Landes in Folge Ablebens der bisherigen Abgeordneten Ersatzwahlen vorzunehmen. Das Ministerium des Innern hat verordnet, daß die Wahl der Wahlmänner für die Ergänzungswahlen und soweit dies in Folge von Tod, Wegzug oder sonstigem Ausscheiden von Wahlmännern erforderlich ist, auch für die Ersatzwahlen in der III- Abtheilung am 25. September, in der II. Abtheilung am 26. September, in der I. Abtheilung am 27. Sep tember, die Wahl der Abgeordneten aber Freitag, den II. October 1901 vorgenommen wird. * — Der zur Zeit in Hohenstein-Ernstthal aufhältliche Thierarzt Carl Dumont ist auf die Dauer der Ver tretung des Thierarztes Lauschke in Hohenstein-Ernstthal als wissenschaftlicher Fleischbcschaucr für die Orte Ober lungwitz, Gersdorf, Hermsdorf, Langenberg, Falken und Meinsdorf, Hüttengrund-Oberlungwitzer Antheil, sowie das Forstrevier Hainholz in Pflicht genommen worden. * — Tie Zahlungseinstellungen bewegen sich seit dem Jahre 1896 in aufsteigender Linie und liefern einen beredten Beitrag zum Niedergange des geschäftlichen Lebens. Besonders stark wird davon unser Sachsenland getroffen. Von 1105 im Jahre 1899 stieg die Zahl auf 1199 im Jahre 1900, also um 8,5 Proc. Im ersten Halbjahre des laufende» Jahres sind 709 Zahlungseinstellungen eröffnet worden, das sind 117 oder 19,8 Proc. mehr als in der gleichen Zeit des Vorjahres. Tie Zahl ist also wiederum bedeutend in die Höhe ge schnellt. Aussicht auf Besserung der Verhältnisse ist zur Zeit leider nicht vorhanden. In Leipzig speciell sind im ersten Halbjahre 91 Zahlungseinstellungen eröffnet worden, das ist 15 mehr als im Vorjahre. Innerhalb der letzten vier Monate sind in Leipzig nicht weniger als 67 Grundstücke mit einem gerichtlichen Taxwerthe von 5,403,526 Mk. zur Zwangsversteigerung ange kündigt worden. * — Ueber eine Million Einkommen hatten im Jahre 1900 in Sachsen 9 Personen (physische und juristische), nämlich je 1 Person 1,020,049 (40,800) Mk., 1,050,000 (41,920) Mk., 1,090,480 (43,600) Mk., 1,512,210 (60,480) Mk., 2,060,610 (82,400) Mk., 2,216,660 (88,640) Mk., 2,364,520 (94,560) Mk., 3,373,340 (134,880) Mk., 4,793,600 (191,680) Mk. Tie Ziffern in Klammern bedeuten den Steuerbetrug. *— Nach dem dieser Tage zur Ausgabe gelangten Statistischen Jahrbuch für das Königreich Sachsen auf das Jahr 1902 hat zum erste» Male die städtische Bevölkerung die ländliche überflügelt. Es entfallen nämlich nach den Ermittelungen vom 1. December v. I. 2,400,475 Köpfe auf die Stadtgemeinden und 2,099,283 auf die Landgemeinden. Während bei der Volkszählung von 1895 noch 51,15 Proc. der Bevöl kerung auf die Landgemeinden entfielen, haben sie jetzt nur noch einen Antheil von 49,99 Proc. an der Ge- sammtbevölkerung Sachsens. *— Seit dem Bestehen der Sparkaffen im Königreich Sachsen wurden aus den Ueberschüssen derselben zu ge meinnützigen oder wohlthätigen Zwecken 71,856,240 Mk. verwendet. Das Durchschnittsguthaben auf den Kopf