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Untersuchungen zur Klärung des Dunkels beitrügen, damit das Reichsmilitärgericht in den Stand gesetzt wird, ein Urtheil zu fällen, dessen Begründung Jeder mann aus dem Volke, nicht bloß aus dem Osfiziers- stande, einleuchten muß. Aus den Verhandlungen des 48. deutschen Katho likentages in Osnabrück wird weiter berichtet, daß Abg. Gröber das Thema des Antheils der Katholiken an der modernen Kulturentwickelung behandelte. Abg. Bachem hob hervor, daß unser gesellschaftliches Leben mehr vom christlichen Geiste erfüllt werden müsse. Die Socialdemokratie könne man nur bekämpfen, wenn man die Uebel, welche sie groß gemacht, bekämpfe. Di« Moral der Jesuiten sei die höchste und edelste. Abg. Lieber forderte zur Einigkeit auf, und Abg. Herold sprach über die wirthschaftlichen Interessen und deren Ausgleich; er betonte die Nothwendigkeit eines ange messenen Schutzes der Landwirthschaft. Das Centrum denke aber auch an den Ausgleich. Schon jetzt gebe es die Erklärung ab, daß es beantragen wird, die ge- sammten Mehreinnahmen aus den Zöllen zu Gunsten der Arbeiter zu verwenden. Bei den Verhandlungen sei das Ziel im Auge zu behalten, es zu Handelsver trägen zu bringen, weil sie im Interesse der Export fähigkeit nothwendig sind. Zollkriege seien immer für beide Theile verhängnißvoll. Für das Handwerk werde das Centrum nach wie vor eintreten. Abg. Schädler verbreitete sich über „der Katholik und die moderne Zeit mit ihren Aufgaben auf wissenschaftlichem Gebiet". Der Centrumsfraction des Reichstags wurde der Tank für ihren Toleranzantrag ausgesprochen. Ter Kaiser ließ für das Gelöbniß der Treue danken, und der Papst sandte erneuten Segen. Die „Deutsche Tampfschiffsahrtsgesellschaft Hansa in Bremen" scheint sich in Südafrika zu schämen, daß sie in Bremen ihren Sitz hat, und daß sie sich selbst eine deutsche Gesellschaft nennt. Ihre Vertreter De Waal L Co. in Turban begehen die Taktlosigkeit, die Mittheilung, daß die Linie neuerdings zwischen Turban und Port Elisabeth einen Dampfer eingestellt habe, nicht nur den deutschen Geschäften in Durban in englischer Sprache zugehen zu lassen, sondern auch am Kopf des Briefes den deutschen Ursprung der Firma offenbar ab sichtlich zu Verschleiern, indem sie nur folgende Firma bezeichnung darüber schreiben: „Hansa Line of Steamers, New-Bork-S.-Afrika." Bei dem sich in der ganzen Welt, auch in englischen Kreisen, immer mehr steigernden Ansehen der deutschen Schifffahrt ist es um so unbe greiflicher, daß eine alte deutsche Gesellschaft mit der artigen ausländischen Mätzchen Geschäfte machen zu müssen glaubt. Frankreich. Tie Generale Voyron und Bailloud, die Führer der französischen Chinaexpedition, beschleunigen ihre Heimreise, da der Zar den Wunsch auSgedrückt hat, sie in Dünkirchen zu begrüßen. Ob auch Graf Waldersee nach Danzig befohlen werden wird? Um dem Erlaß einer Amnestie, die im gegen wärtigen Augenblick für die Republik auch nicht unge ¬ fährlich wäre, scheint die Regierung zum Aerger der Nationalisten absehen zu wollen. Es scheint, daß der Ministerpräsident Waldeck-Rousseau den Präsidenten Loubet noch gerade rechtzeitig vor einem Acte gewarnt hat, welcher der ganzen Regierung verhängnißvoll wer den könnte. Es geht in Frankreich ohne die chauvinisti schen Schreier ganz gut; also mögen diese in der Ver bannung bleiben! Asten. Ein kaiserliches Edict, welches die Absicht deS Hofes bekannt giebt, ohne öffentliches Schaugepränge nach Peking zurückzukehren, spendet 10,000 Taels als Abschiedsbeitrag zur Linderung des Nothstandes in Singanfu und erläßt für die Tauer eines Jahres die Steuern längs der Reiseroute durch die Provinzen Schansi, Honan und Tschili. Alle Ausgaben unterwegs sollen aus dem kaiserlichen Schatze bestritten werden. Afrika. Tie Engländer mochten geglaubt haben, als Lord Roberts seinen Siegeszug über Bloemfontein und Jo hannesburg nach Pretoria hielt, daß der südafrikanische Krieg, wenn nicht sofort beendigt, so doch auf das Ge- biet des nördlichen Transvaal beschränkt werden würde. In dieser Erwartung haben sich Lord Roberts und Lord Kitchener und das ganze Londoner Kriegsamt gar gewaltig getäuscht. Der Kriegsschauplatz hat nie zu vor so gewaltige Dimensionen besessen, wie er jetzt angenommen hat, und noch immer ist er in fortgesetzter Ausdehnung begriffen. Das Kapland bis zum Meere nach Westen, Süden und Osten bildet heute den Kriegs schauplatz ebensowohl, wie das Gebiet der beiden süd- astnkanischen Republiken, Natal, Basutoland rc. Ja, bis an die Grenzen Teutsch-Südwestafrikas sind bewaffnete Burencommandos vorgedrungen. Sollten diese die Grenze überschreiten, so würden sie von der deutschen Schutztruppe natürlich entwaffnet werden. Gleichzeitig dehnt sich der Aufstand der Kapholländer stark aus und nähert sich den Küsten erheblich. Deutsch-Südwestafrika wird einer Mittheilung der „Tägl. Rundsch." zufolge davon ersichtlich stärker berührt, als man annehmen konnte. Tas Schutzgebiet bekommt einen großen werth- vollen Bevölkerungszuwachs, das beste Mittel, die all mähliche Verengländerung unserer Colonic auszuhallen. Präsident Krüger bestätigte den Bericht Lord Kit- cheners, daß die Zahl der im Felde stehenden Buren 14,000 nicht übersteige, er behauptet aber, daß sie um 10,000 Kapcolonisten, die sich den verschiedenen Buren- commandos angeschlossen Haven, verstärkt worden seien. Die Thatsache, daß die Buren einige unmittelbar an der Meeresküste gelegenen Orte des Kaplandes be drohen, hat unter den Engländern furchtbare Er regung hervorgerufen. In den an der Mosselbai ge legenen Ortschaften, denen sich ein starkes Burencom- mando unter Scheepers genähert hat, wurden die Stadt wachen in Erwartung eines Angriffs mobilisirt. General French hat die Buren also in recht unzulänglicher Weise aus dem Kaplande verdrängt! Ein längerer Bericht über die Heldenthaten des Generals French, die anfangs bis in den Himmel erhoben wurden, läßt erkennen, daß im Ganzen nur 26 Buren gefangen genommen wurden; alle übrigen ent kamen auf Gebirgswegen. Die englische Cavallerie hatte zwar eine glänzende Umgehung des Feindes, dem sie auf den gefährlichen Felsenwegen nicht folgen konnte, veranstaltet; der Erfolg wäre auch ein durchschlagender und großartiger geworden, man sah die Buren bereits die Bergabhänge herunterkommen, wenn — nun wenn eben nicht ein ganz unerwartetes Hinderniß in der Ge stalt eines Stacheldrahtzaunes die englische Cavallerie aufgehalten hätte. Als das Hinderniß beseitigt war, waren die Buren verschwunden. Bald sind es durch gehende Maulesel, bald störrische Pferde, bald Stachel drahtzäune, kurz immer ganz niederträchtige Hindernisse, die die muthigen englischen Soldaten im letzten Augen blick um entscheidende Siege über die „Burenbanden" bringen. Tie armen, tapferen Engländer, sie haben den Schaden und den Spott obendrein. Aus dem Muldenthale. "Waldenburg, 29. August. Der hiesige König!. Sächs. Deutsche Kriegerverein begeht die Feier des Se danfestes nächsten Montag abends 8 Uhr durch Concert und Ball im Saale des Rathhauses und verbindet da mit zugleich die Feier seines Stiftungsfestes. *— Beim hiesigen Stadtrath ist eingegangen Reichs- Gesetzblatt Nr. 35, cmhaltend: Bekanntmachung, be treffend Beschränkungen der Ein- und Durchfuhr aus der europäischen Türkei einschließlich aller türkischen Häfen des Aegäischen und Schwarzen Meeres. *— Vom 1. October ab werden die Rundreisehefte in folgenden Verkehren aufgehoben: Rheinisch-süddeutsch- österreichischer Rundreiseverkehr; südwestdeutscher Rund reiseverkehr; deutsch-schweizerischer Rundreiseverkehr; in ternationaler Rundreiseverkehr mit Frankreich und Eng land, desgleichen mit Italien; französisch-belgisch-deutsch skandinavisch-finnländischer Rundreiseverkehr; Cooks Rund reisen; norddeutsch-rheinischer Rundreiseverkehr und schließ lich rheinisch-belgischer Rundreiseverkchr. Die zusammen stellbaren Fahrscheinhefte bleiben hiernach von dieser Maßregel unberührt. *— Der erzgebirgische Gauverband sächsischer Gewerbe vereine, welcher dermalen vom Herrn Lokalrichter Müller in Werdau geleitet wird, Hal an den sächsischen Landes verband der Gewerbevereine unter specieller Begründung den folgenden Antrag gestellt: „Ter Landesverband wolle den Bundesrath ersuchen, dem Reichstage den Entwurf eines Gesetzes vorzulegen, durch welches die Versicherungspflichtigkeit nach dem Alters- und Jnvalidi- tätsgesetze auf alle Gewerbetreibenden und sonstigen Be triebsunternehmer ohne Rücksicht auf die Zahl der von ihnen beschäftigten Personen bez. unter Beschränkung auf diejenigen Personen, deren gewerbliches Einkommen einen bestimmten Betrag nicht überschreitet, ausgedehnt wird, dafern aber eine solche Gesetzesänderung auf Annahme durch die gesetzgebenden Factoren nicht rechnen könnte, den Bundesrath zu ersuchen, wenigstens von der im Z 2, Absatz 1, Ziffer l des erwähnten Gesetzes einge räumten Befugniß Gebrauch zu machen und möglichst Unterhaltungstheil. Das Geheimnitz der „Maria". Novelle von Anton v. Perfall. 32» (Fortsetzung). „Tas will ich Euch sagen, Bill Steven," erwiderte Orelly. „Ich habe lange genug darüber nachgedacht. Mich anzeigen und am Galgen sterben, das wird nie mand nützen und nur mein Andenken Euch peinlich und Alice zum Kinde eines Geächteten machen. Tas will ich nicht. Ich verschwinde in der Wildniß spurlos — sie hat Platz genug für solche Existenzen — und kehre nie wieder zurück! Zuvor aber hinterlasse ich schriftlich die ganze Aufzeichnung der unglückseligen That und liefere sie dem Gerichte aus mit der Bitte, Euch öffent lich und amtlich als schuldlos zu erklären. Genügt Euch das, Bill Steven? Es ist eine bittere Sühne, und Euer Name ist wieder makellos. Vor meinem Eigenthum braucht Euch nicht zu grauen, es ist nichts von dem Blutgeld mehr dabei, mit dem war's gar schnell aus. Ihr könnt Euch ohne Vorwürfe darauf nieder lassen, und vielleicht denkt Ihr auch einmal ohne Haß an den alten Orelly, den die Wildniß verschlungen." „Tas war ehrlich gesprochen, Orelly," erwiderte Bill. „Hätte Euch dieser elende Fimey nicht in seine Klauen bekommen, Ihr ständet jetzt nicht so vor mir. Thut so, wie Ihr sagt, verschwindet in der Wildniß, aber gebt deshalb die Hoffnung nicht auf, Euer Kind wiederzu- fehen, wenn auch erst nach Jahren. Es ist eine harte Strafe, mit dieser Schuld auf dem Gewissen, allein, verlassen in der Welt umherzuirren." Martellos trat ein, erstaunt die Anwesenden betrach tend; er ahnte, um was es sich handle. Orelly war die Anwesenheit des Kaliforniers peinlich, vor ihm wollte er sich nicht demüthigen. „ Auf Wiedersehen, in vier Tagen komme ich — zum letzenmal," sagte er, und sein Blick ruhte fragend auf Alice. Sie verstand ihn Wohl und schüttelte wehmüthig das Haupt. „Laßt mich bei ihm, Vater," sagte sie, „ich kann nicht: anders!" Tann umschlang sie, von plötzlichem, bitterem § Weh gepackt, seinen Hals. „Muth, Vater, und Du wirst es überstehen!" Er drückte einen Kuß auf ihre Stirn, riß sich ge waltsam los und verschwand eilig aus dem Zelte. „Tas ist in Ordnung, wie ich sehe," bemerkte Mar tellos. „Ter arme Orelly! Auch ein Opfer dieses ver dammten Fimey! Das wird eine böse Abrechnung!" Seine Faust ballte sich, und Helle Zornesröthe stieg ihm ins Gesicht bei dem bloßen Gedanken daran. Martellos kam jetzt immer erst beim Morgengrauen, oft erst am Hellen Tage, nach Hause. Anfangs glaubte Bill, er fröhne wieder seiner alten Leidenschaft, dem Whisky, aber davon war keine Spur auf Martellos' Antlitz zu sehen, auch die Rücksicht auf die Anwesenheit Alicens konnte nicht der Grund sein; denn wenn er auch zu Hause blieb, brachte er seit ihrer Anwesenheit die Nacht immer in eine Büffeldecke gehüllt im Freien zu, mit seinem riesigen Körper den Eingang zum Zelte förmlich versperrend. Endlich kam Bill darauf, wo Martellos seine Nächte zubrachte — bei den Schleusen! Martellos hatte richtig kalkulirt. Es war noch keine Woche vergangen, so munkelte man im „Salon" schon wieder von einem Defizit in den Schleusen. Diesmal schien der Dieb vorsichtiger vorzugehen. Die Schleusen waren nicht gänzlich ausgeräumt, und es war schwer, einen Diebstahl direkt nachzuweisen, doch behaupteten einige Miner steif und fest, es wäre nicht ganz richtig, es fehlten einzelne „Specimens," die sie absichtlich an bestimmte Plätze hingelegt. Fimey war nach der Exekution auf mehrere Tage vollständig verschwunden, wie die Leute glaubten, aus Scham über seine Erbärmlichkeit, in Wahrheit aber, um Bill und Alice aus der Ferne zu beobachten. Er hatte sich den Streich mit dem Schleusendiebstahl so herrlich ausgedacht, der Zufall, der Bill ihm so gelegen in den Weg führte, hatte ihn so vortrefflich unterstützt, und jetzt mußte er mit seiner Unüberlegtheit alles verderben! Aber wie konnte er ahnen, daß Alice wisse, wer dieser Bill Steven sei? Daran war nur die Geheimthuerei des alten Orelly schuld, der ihn von der Mitwissenschast seiner Tochter nicht genügend in Kenntniß gesetzt. Am besten war es jedenfalls, das Resultat seiner Dummheit in der Ferne abzuwarten, und so begab er sich nach Gold Hill, zur Flucht bereit. Zu seinem Erstaunen blieb alles ruhig in Norcroß. Alice schonte ihn wohl dem Vater zuliebe, der mit ihm fallen mußte! Oder sie scheute sich, Bill Steven alles zu bekennen — aber dieser selbst? Nachdem drei Tage vergangen waren, ohne daß sich etwas ereignet, kehrte Fimey nach Norcroß zurück, seine Abwesenheit mußte sonst Verdacht erregen, und — noch etwas trieb ihn dahin. Seine Taschen waren leer, und was er zuerst gethan, nur um Bill zu verderben, das wollte er jetzt thun, um diese zu füllen. Die Diebes leidenschast war in ihm wieder erwacht, und jetzt, WS" alles sich wieder in Sicherheit fühlte, war wohl gerade die geeignetste Zeit dazu. .Er schien die mißtrauischen Blicke gar nicht zu be achten, die ihn von allen Seiten trafen. Er sprach da von, daß er Nachrichten aus dem Osten bekommen habe, die ihn von hier abriefen, er wolle Norcroß auf einige Zeit, vielleicht auf immer verlaffen. Das Zelt Martellos mied er sorgfältig. — Der vierte Tag nach der Unterredung mit Orelly war angebrochen, mit schwerem Herzen sah ihm Alice ent gegen, galt es doch den Abschied vom Vater für immer. Was er auch gethan haben mochte, sie hing doch innig an ihm, das kam ihr jetzt erst recht zum Bewußtsein, und gerade in der letzten Zeit hatte er ihr ja bewiesen, daß er ein anderer geworden sei. (Fortsetzung folgt.)