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Miinburger Tageblatt UNd Filialen: in Altstadtwaldenburg bei Herri 1901 Sonntag, den 2S August 198 den Tod erleiden müsse. Da das Berliner Polizen gefunden zu sein. Das Berliner Polizeipräsidium ver sendet nämlich folgende Erklärung: Gestern und heute sind Gerüchte umgegangen über neue Enthüllungen zu dem Prozeß wegen Ermordung des Rittmeisters v. Krosigk in Gumbinnen, bei denen Beamte der Berliner Schutzmannschaft genannt wurden. Diese Gerüchte sind anscheinend zurückzuführen auf die Thatsache, daß ein Schutzmann sich am 21. August verpflichtet gefühlt hat, Meldung zu machen über ein Gespräch, das er vor 5—6 Wochen über oie erwähnte Angelegenheit mit einem hiesigen Handelsmann geführt hat. Was an dieser Mittheilung begründet ist, muß von der zuständigen Stelle erst festgestellt werden. Diese Erklärung ist auf die Angabe zurückzuführen, daß ein seit 4 Monaten bei der Berliner Schutzmannschaft probeweise eingestellter früherer Angehöriger des 11. Dragoner-Regiments sich selbst bei seinem Revier gemeldet und angegeben habe, er sei Mitwisser des am 22. Januar d. I. an Ritt meister v. Krosigk verübten Mordes. Der Thäter sei ein früherer Unteroffizier der Krosigkschen Schwadron, der im Februar d. I., also wenige Wochen nach dem Morde, mit den Ersatztruppen nach China gegangen sei. Zu dieser Selbstbezichtigung war der oben erwähnte Schutzmann durch die Härte des über Marten gefällten Urtheils bewogen worden, da ihm sein Gewissen bei dem Gedanken keine Ruhe ließ, daß ein Unschuldiger Präsidium, das doch volle Kenntniß über die thatsäch- lichen Vorgänge besitzt, die Unrichtigkeit der betreffenden Gerüchte mit keiner Silbe behauptet, so glaubt man allgemein, daß eine neue Spur entdeckt worden sei, die den wirklichen Mörder des ermordeten Rittmeisters vor das Tribunal führen wird. Freilich würde eine amtliche Feststellung immerhin einige Zeit erfordern, wenn die Sachlage folgender Darstellung entspricht: Ein Handels mann Libfch traf am 17. Juli mit 6 Mann, die sich nach Südwestafrika begeben wollten, zusammen. Die Leute hatten bei dem 11. Dragoner-Regiment in Gum binnen gedient. Als die Rede auf den dortigen Mord prozeß kam, bemerkte einer von ihnen: Marten ist in der ersten Instanz freigesprochen worden, und er wird auch von dem Oberkriegsgericht freigesprochen werden, denn er ist nicht der Thäter. Der Mörder befindet sich längst in Ostasien. Von diesem Gespräch hat nach der Verurtheilung Martens der erwähnte Handelsmann einem aus Gumbinnen stammenden Schutzmann Markert Mittheilung gemacht, der davon sofort seiner Behörde Meldung erstattete. Die Untersuchung ist noch im Gange. Tas Gerücht, der Kronzeuge in dem Gumbinner Prozeß, Skopeck, habe gestanden, selbst der Mörder zu ein, hat sich, wie zu erwarten war, als unbegründet serausgestellt. Wie dem „Berl. Loc.-Anz." von zuver lässiger Seite mitgetheilt wird, haben sämmtliche Mit glieder des Gumbinner Kriegsgerichts sofort nach Fällung des Urtheils ein Gnadengesuch an den Kaiser um Um wandlung der über Marten verhängten Todesstrafe in eine Freiheitsstrafe gerichtet. In Kassel war ein Gerücht verbreitet, der Kaiser habe ein Telegramm erhalten des Inhalts, daß zum Mordprozeß Krosigk ein Fahnen- chmied den Mord eingestanden habe, Marten sei un- chuldig. Die „Voss. Ztg." veröffentlicht einige Stellen >er Rede des Vertheidigers des zum Tode verurtheilten Unteroffiziers Marten, des Rechtsanwalts Burchard, die darauf Hinweisen, daß die Soldaten durch ihre Vor gesetzten eingeschüchtert worden seien, da Diejenigen, welche zu Gunsten des Marten aussagten, als der Be- Wortlaut des Gesetzes halten, während beim mitfühlenden Publikum das Mitleid zur höchsten Instanz berufen wird. Etwas Ausnahmsweises möchte hier also nicht vorliegen, sondern nur, bei der Neuheit des Militär- Oeffentlichkeits-Verfahrens etwas Auffallendes. Und da bleibt dann der Gedanke selbstverständlich, daß über den Paragraphen die Gnade des obersten Kriegsherrn ihr Recht haben muß. Es sind in anderen Ländern mindestens ebenso schwere, und durch die Zahl ihrer Theilnehmer noch weit mehr ins Gewicht fallende, charakteristischer erscheinende Strafthaten vorgekommen. In mehr als einer Armee hat es Fälle einer sehr weit ausgedehnten offenen Meuterei gegeben, wie, um nur ein Beispiel anzuführen, in England zu wiederholten Malen. Dort hat man sich über diese Vorkommnisse, die uns wie ein halbes Wunder erscheinen wollten, durchaus nicht über mäßig lange aufgehalten, man hat sie in der Presfe in jeder Weise zu begütigen versucht, um zu verhindern, daß die Anwerbung von Rekruten auf Schwierigkeiten stoßen möchte, und die Schuldigen sind auch recht billig in der That, nicht etwa blos verhältnißmäßig, davon gekommen. Für solche schlimmen Kantonisten fehlt uns nun wieder jedes Mitleid, solche Kerle, die geflissentlich jede Disziplin außer Acht lassen, sind keine Soldaten, denen gebührt nach unserer Auffassung ihre exem plarische Strafe, die muß ihnen werden, die können sie aushalten! Aber bei uns soll, eben weil wir die schätzenswerthe Neuerung der Oeffentlichkeit der Militärgerichtsbarkeit haben, nicht die Annahme Boden gewinnen, für eine fchwere militärische Strafthat müßte unbedingt der Thäter ermittelt werden. Das ist keinem bürgerlichen und keinem militärischen Richter beschieden, er muß sich mit der Genugthuung, seine Schuldigkeit in vollem Maße gethan zu haben, begnügen! In unserer Zeit giebt cs confuse Köpfe, in welche excentrische Geister Alles hin einzutrichtern sich bemühen, was hineingehen will. Etwas bleibt hängen! Tas soll nicht sein, aber es ist so, Armee-Verhältnisse sind ja ein Thema, das von gewissen Leuten mit Wonne ausgeschlachtet wird; es sei dabei nur an die „Hunnenbriefe" und Anderes erinnert. Tas Mitleid soll und darf die Gerechtigkeit nicht beeinflussen; die Ueberzeugung des Gerichtshofes wird unter allen Umständen maßgebend fein müssen. Aber für die Verurtheilung dürfen nur Thatsachen sprechen, welche für sich selbst Alles bedeuten. Es kann unter Umständen anders sein, aber cs darf auch unter Um ständen nicht anders sein! , Zugleich weit verbreite m - St. Eaidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen- Attstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, N^derwierä Oberwiera, Oberwinkel, Oelsuitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, leuba-Niederhain, Langenleuba-Obery , Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. Kerusprrcher Nr. tt. . . . "Waldenburg, 24. August 19O1. Das Drama von Gumbinnen behauptet nach wie vor den ersten, ja beinahe den einzigen Platz im öffentlichen Interesse. „Ein Unteroffizier, und noch dazu ein degradirter!" Aber in der ungeheuren Theil- nahme, in dem allgewaltigen Mitleid mit dem zum Tode Verurtheilten zeigt sich nicht blos das ^ntereffe für die Person, sondern viel, viel mehr das für die Armee. Ist es ein Wunder, wenn sich das deutsche Volk für das Volk in Waffen, für seine Armee, so lebhaft herangezogen fühlt? Gewiß nicht! Tenn wenn auch kein Vater, der einen Sohn im Heere hat, oder der einen Sohn besitzt, von welchem er mit Fug und Recht annehmen kann, daß er einmal Soldat werden wird, an die Möglichkeit denken wird, daß seinem Sprößling eine ähnliche Anklage erwachsen könnte, wie dem Dragoner Marten, er weiß, daß des Dienstes strenge Pflichten für Jeden manche Klippen bergen, er wünscht vor Allem, daß „seinem Jungen" ein freund licher Vorgesetzter erstehen möge. Tie unbedingte Noth wendigkeit einer strengen Disziplin erkennt der Deutsche, der geborene Soldat, weit mehr an, als der Ange hörige irgend einer anderen Nation, aber menschliche Gefühle machen auch ihre Rechte geltend! Und so er wächst leicht aus dem Mitleid die Forderung der Ge rechtigkeit nach jeder Seite hin! Tenn es ist doch klar: Wäre der erschossene Rittmeister von Krosigk nicht ein so harter Mann gewesen, als er thatsächlich war, über den Prozeß wären sicher erheblich andere Anschauungen laut geworden. Ein Verbrecher bleibt für seine Straf that verantwortlich in jedem Falle. Man mag sie er klären, und das geschieht gern, die Entschuldigung bleibt aber nur Herzenssache, wird niemals Rechtssache und kann es auch nicht werden, nie sein. Sehr stark, wenn auch nicht entfernt so stark, wie der Gumbinner Fall, hat das Drama in Mörchingen das Interesse der gesummten Bevölkerung in Anspruch genommen. Tort war der Angeschuldigte und Verur- thciltc ein Offizier, und, vor Allem, seiner That über führt. Gewiß, auch hier war Vieles erklärlich und entschuldbar für den Nicht-Militär und Nicht-Juristen, aber der Thatbestand war unanfechtbar. Diese Unan fechtbarkeit fehlt in der Gumbinner Tragödie. Es ist möglich, daß der jetzt Verurtheilte die That begangen hat, man kann selbst denen, die der Annahme zuneigen, daß nur der zum Tode Verurtheilte die That begangen haben kann, eine gewisse Berechtigung für ihre An schauung zuerkennen, aber daß es unter allen und jeden Umständen so sein muß, das kann man nun ge rade nicht sagen. Das Ungefähr, daß der Vorgang doch anders verlaufen sein könnte, als angenommen wird, bleibt bestehen. Wo der letzte, entscheidende Grad der Gewißheit fehlt, da bleibt eben allen Möglichkeiten Thür und Thor geöffnet. Unsere Reichsarmee hat für ihr Gerichtsverfahren die volle Oeffentlichkeit erhalten; in der zweiten Verhandlung des Gumbinner Prozesses hat diese Oeffentlichkeit gewiß m dankenswerther Weise ihre Verwirklichung gefunden, es ist nichts hinter verschlossenen Thüren abgemacht worden, was irgendwie von Belang gewesen wäre! Es kann also nicht der geringste Zweifel obwalten darüber daß der Gerichtshof seiner strengen Ueberzeugung gemäß s-in Ur heil fällte, etwas Anderes konnte und durfte er nicht thun! Nun trennt sich seine Ueber- Gerdes großen Publikums; dasselbe passirt aber auch Civ.lncht-rn nicht selten, die sich an den Witterunasbericht, ausgenommen am 24. August, nachm. 4 Uhr. "w.eirl auf den Meeresspiegel. Thermometerstand -ff 18,5- 6. (Morgens 8 Uhr -ff 15,;» 6.) Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Varometerstand 764 MW. reducirl al Windrichtung: West. Niederschlagsmenge in den letzten 24 Stunden bis 12 Uhr mittags: 0,0 MM. Lambrechts Polymeter 57 /». ThauPN xaher' Wjtterungsaussichten für den 25. August: Halb bis ganz heiter. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Aus Wilhclmshöhe wird gemeldet: Freitag Mittag traf König Eduard von England hier ein und wurde an der Station vom Kaiser empfangen, der die Uniform eines englischen Admirals trug. Nach herzlicher Be grüßung geleitete der Kaiser feinen hohen Gast, der preußische Garde-Tragoneruniform angelegt hatte, im offenen Vierspänner ins Schloß, woselbst ein Frühstück stattfand. Die Tafel war mit dem großen Auffatz ge schmückt, welchen der Kaiser dem König zum Geschenk machte. Am Sonntag will der Kaiser Schloß Wilhelms höhe verlaffen und nach Potsdam zurückkehren. Die Kaiserin folgt ihrem Gemahl in Begleitung ihrer jüngeren Kinder Montag Abend nach. Eine neue Spur im Mordprozeß Krosigk scheint Filialen: in Blistadtwaldenburg bei Herr» «ich MT-.- f E"Lnr^--<-b«A. Lt'ülvv UUU1H1T .. ., i. ------ Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. - - lt n den Städten Penig, Lunzenau, Ltchtenstein-Callnberg, und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: